18.05.2020

Marry Icetea: scheinbar doch kein Potenzmittel sondern beruhigend

Im vergangenen Herbst brachte das Grazer Startup Marry the berried ice tea GmbH seine zweite Sorte Barry mit dem schwer nachvollziehbaren Claim auf den Markt, das Getränk sei aphrodisierend. Inzwischen gab es einen Schwenk im Marketing und eine Listung bei Spar.
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Die Marry Icetea-Gründer Xiaoao Dong und David Prott
(c) Paul Pichler: Die Marry Icetea-Gründer Xiaoao Dong und David Prott

“Die sogenannte ‘Blaue Klitorie’ gilt als pflanzliches Aphrodisiakum und Potenzmittel”, schrieb die Marry the berried ice tea GmbH aus Graz im vergangenen Herbst in einer Aussendung zum Release ihrer zweiten Eistee-Sorte “Barry”. Der Tee aus den Blüten ebendieser “blauen Klitorie” bildet, neben Brombeer-Saft, die Basis des Getränks aus dem Hause Marry Icetea. Die Zusammensetzung des Getränks ist nach wie vor gleich. Bloß sind einige Monate später auf der Page des Startups weder Angaben zur angeblichen aphrodisierenden und potenzfördernden Wirkung zu finden, noch die Bezeichnung “blaue Klitorie”.

+++ Alles zum Thema 2 Minuten 2 Millionen +++

Anchan statt Klitorie, beruhigend statt Potenzmittel

Stattdessen nutzt das Startup für die Pflanze nun ihren thailändischen Namen “Anchan” und schreibt ihr eine stressreduzierende Wirkung (laut ayurvedischer Medizin) zu. Dieser Schwenk im Marketing ist durchaus nachvollziehbar. Denn wie der brutkasten bereits beim Release im Herbst berichtete, finden sich zumindest in einer Web-Recherche keine Hinweise auf eine aphrodisierende Wirkung der Pflanze, oder gar einen Einsatz als Potenzmittel. Der Name kommt von einer entfernten optischen Ähnlichkeit der blauen Blüte mit dem weiblichen Geschlechtsorgan. Die nun angeführte beruhigende Wirkung ist hingegen eine sehr weit verbreitete Zuschreibung. Barry wird somit ein Gegenpart zu Marry, dem ersten Eisteee des Startups, der eine aufputschende Wirkung haben soll.

Blaue Klitorie - Aphrodisiakum und Potenz-Mittel?
Die Blüte der Blauen Klitorie – (c) Ton Rulkens – wikimedia commons

Marry Icetea bundesweit bei Spar und diese Woche bei 2 Minuten 2 Millionen

Die neue Auslegung dürfte der Nachfrage keinen Abbruch getan haben – im Gegenteil. Inzwischen kann man Marry Icetea in vielen Supermärkten kaufen. Kürzlich erfolgte eine bundesweite Listung bei Spar sowie eine Listung bei Metro. Diese Woche wird ein Auftritt des Grazer Startups bei 2 Minuten 2 Millionen ausgestrahlt. Ob es gelungen ist, nach Spar über das Rewe-Startup-Ticket auch noch bei Billa, Bipa und Merkur gelistet zu werden, wir sich am Dienstagabend zeigen.

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Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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AI Summaries

Marry Icetea: scheinbar doch kein Potenzmittel sondern beruhigend

  • “Die sogenannte ‘Blaue Klitorie’ gilt als pflanzliches Aphrodisiakum und Potenzmittel”, schrieb die Marry the berried ice tea GmbH aus Graz im vergangenen Herbst in einer Aussendung zum Release ihrer zweiten Eistee-Sorte “Barry”.
  • Der Tee aus den Blüten ebendieser “blauen Klitorie” bildet, neben Brombeer-Saft, die Basis des Getränks aus dem Hause Marry Icetea.
  • Einige Monate später sind auf der Page des Startups weder Angaben zur angeblichen aphrodisierenden und potenzfördernden Wirkung zu finden, noch die Bezeichnung “blaue Klitorie”.
  • Die selbe Pflanze wird nun bei ihrem Thai-Namen Anchan genannt und ihr wird eine sehr weit verbreitete beruhigende Wirkung zugeschrieben.
  • Kürzlich erfolgte eine bundesweite Listung bei Spar sowie eine Listung bei Metro.
  • Diese Woche wird ein Auftritt des Grazer Startups bei 2 Minuten 2 Millionen ausgestrahlt.

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