10.01.2019

10 Forderungen für eine bessere Unternehmerpolitik

Gastkommentar. Der Unternehmer und Russmedia International-CEO Michael Tillian hat klare Forderungen an die Regierung in Punkto Unternehmerpolitik.
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Michael Tillian: 10 Forderungen zur Unternehmerpolitik
(c) Valerie Voithofer: Michael Tillian

Das Ziel der Unternehmerpolitik muss die Verbesserung der unternehmerischen Rahmenbedingungen sein. Unternehmer sollen motiviert werden mutig zu sein, starke Leistungen zu erbringen und Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Die Bundesregierung zeigt diesbezüglich durchaus gute Ansätze. Es besteht aber weiterhin Handlungsbedarf. Untenstehende Punkte wurden zum Teil schon oft und von vielen vorgebracht. Leider sind sie aber bis dato nicht umgesetzt, obwohl dies dringend notwendig und überfällig wäre. Zum Anlass der aktuellen Regierungsklausur sei daran erinnert.

+++ Warum der Ex-Google-Chef Eric Schmidt die Regierung berät +++

1. Breite Deregulierung in vielen Bereichen

Im Arbeits- und Sozialrecht muss es mehr Freiheit und Eigenverantwortung geben. Ab einem bestimmten Einkommen sollte es möglich sein, alles frei zu vereinbaren (z.B. Entgelt, Freizeit, Arbeitszeit, Ruhezeiten, Urlaube, etc.). Entgeltfragen gehören in die Privatautonomie. Bestrafung und Stigmatisierung im Zusammenhang mit Entgeltfragen müssen abgeschafft werden.

Die Zwangsmitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer muss abgeschafft werden. Die Gewerbeordnung muss massiv dereguliert werden. Es gibt kleine Unternehmen, die fünf oder mehr Gewerbeberechtigungen brauchen, zum Teil um kleine Nebenerlöse erwirtschaften zu können. Das kostet unnötig Zeit und Geld. Der Markt ist hart und transparent – er reguliert ohnedies, wenn die Qualität nicht stimmt.

Digitale Dienstleistungen müssen erleichtert werden: Das Datenschutz-, Telekommunikations-, Zahlungsdienstleistungs- und E-Commerce Recht muss stark entrümpelt werden. Die Regelungen müssen auch für kleine und mittlere Unternehmen umsetzbar sein. Das ist derzeit zum Teil nicht der Fall und der Administrationsaufwand ist enorm.

2. Spürbare und dauerhafte Senkung der Lohnnebenkosten

Ein Mitarbeiter, der 2.400 netto pro Monat verdient, kostet den Arbeitgeber etwa 5000 Euro pro Monat. Diese Schere ist viel zu groß und muss dringend verkleinert werden. Auch Geschäftsführende Gesellschafter von KMU bis zu einer bestimmten Entgelthöhe sollten steuerlich entlastet werden.

3. Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Entrümpelung der Regelungen

Die Anhebung der maximal zulässigen täglichen Arbeitszeit auf zwölf Stunden war ein Schritt in die richtige Richtung. Die Flexibilisierung muss aber noch weiter gehen. In vielen Branchen ist es weiterhin kaum möglich rechtskonform zu arbeiten. Schattenaufzeichnungen werden geführt. Selbst Dienstnehmer verstehen und wollen die übertriebenen Beschränkungen und bürokratischen Regelungen nicht. Denn neben der Arbeitszeit gibt es auch Themen wie aktive Reisezeit, passive Reisezeit, Tagesruhe, Wochenruhe, etc. Für alles gibt es komplizierte und je nach KV unterschiedliche Regelungen. Das braucht es nicht. Stattdessen sollten Eigenverantwortung und Privatautonomie gestärkt werden. Gute Mitarbeiter in höheren und mittleren Positionen sind stark und selbstbewusst genug, die Arbeitszeiten mit dem Dienstgeber zu vereinbaren. Mehr Arbeit, weniger Freizeit, weniger Urlaub und dafür mehr Entgelt und mehr Flexibilität müssen möglich sein.

4. Atypische Dienstverhältnisse ermöglichen

Werkverträge und freie Dienstverträge müssen möglich sein, wenn dies beide Vertragspartner wünschen. Dies ist derzeit in der Praxis kaum möglich. Die GKK qualifiziert atypische Dienstverhältnisse aggressiv um. Es bleibt kaum Raum dafür. Dies wäre aber insbesondere für Spitzenabdeckungen und Teilzeitlösungen in vielen Bereichen sehr wichtig.

5. Mitarbeiterbeteiligungen erleichtern

Die Einräumung von Mitarbeiterbeteiligungen muss massiv erleichtert und steuerlich entlastet werden. Derzeit gelten Beteiligungen in vielen Fällen bereits als steuerlich realisiert, obwohl der Mitarbeiter noch keinen Cent mit dieser Beteiligung verdient hat. Im schlimmsten Fall müsste der Mitarbeiter Steuern zahlen, obwohl er noch kein Geld aus der Beteiligung erhalten hat. Mitarbeiterbeteiligungen werden oft als lohnwerte Vorteile qualifiziert, mit allen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen. Das muss geändert werden.

6. Steuerliche Anreize für Eigenkapital

Unternehmerische Investitionen in Form von Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Finanzierungen müssen steuerlich voll absetzbar sein. Dasselbe muss jedenfalls auch für Verluste aus Beteiligungen gelten. Die Voraussetzungen für Verlustbeteiligungsmodelle müssen gelockert und vereinfacht werden.

7. Schwellen für Forschungs- und Innovationsförderung herabsetzen

Grundsätzlich gibt es einige gute Möglichkeiten, Forschungs- und Innovationsförderungen zu bekommen. Die Schwellen dafür sind aber zum Teil inhaltlich und administrativ zu hoch und sollten herabgesetzt werden, damit der Zugang erleichtert wird. KMU brauchen in diesem Zusammenhang insbesondere auch erleichterte Dokumentationsvorschriften.

8. Senkung der Körperschaftssteuer und der Kapitalertragssteuer

Rund um Österreich finden sich mehrere Körperschaftsteuersätze unter 20 Prozent. In Ungarn sind es etwa lediglich neun Prozent. Eine Tarif-Entlastung bei der Körperschaftsteuer (derzeit 25 Prozent) und bei der Kapitalertragssteuer bei der Ausschüttung an Gesellschafter (derzeit 27,5 Prozent) ist dringend notwendig. Die WKO-Forderung nach 19 Prozent ist gut – hier sollte eine Rasche Umsetzung folgen.

9. Entbürokratisierung und Effizienzsteigerungen

Die oben dargestellten Maßnahmen können durch Kostensenkungen, Verfahrensbeschleunigungen und Effizienzsteigerungen in der öffentlichen Verwaltung, der Gerichtsbarkeit und im Bereich der Sozialversicherungen erreicht werden, wie sie nun endlich teilweise geplant sind. zB: Sozialversicherungsträger zusammenführen, Mehrfachversicherungen abschaffen, Verwaltungsverfahren vereinfachen, leistungsrechte Entlohnung in der Verwaltung auf Basis von Leistungsmessung, Abschaffung der Pragmatisierung in vielen Bereichen, etc.

10. Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts

Überzogene Regelungen im Wirtschafts- und Korruptionsstrafrecht ebenso wie im Arbeits- und Verwaltungsstrafrecht müssen dringend entschärft und entrümpelt werden.


Zur Person:

Michael Tillian (45) blickt bereits auf eine spannende Karriere zurück. Nach einer Manager-Karriere bei der Styria und einer Tätigkeit als Anwalt bei DLA Piper wurde der Jurist Vorstand der Regionalmedien Austria AG, die in ganz Österreich Wochenzeitungen verlegt (u.a. Bezirksblätter). Später übernahm Tillian die Verantwortung für die nationalen Styria-Tageszeitungen “Die Presse” und “WirtschaftsBlatt” als Vorsitzender der Geschäftsführung. 2014 wurde er im Rahmen eines Management-Buy-in geschäftsführender Gesellschafter des Technologie- und Medienunternehmens MaxFun Sports. Im Mai 2017 beteiligte sich Tillian im Rahmen des Management-Buy-out auch am Brutkasten. Seit 2017 ist er CEO der Russmedia International AG, welche mit 15 % am Brutkasten beteiligt ist.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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