04.06.2019

WWDC 2019: So bewerten österreichische Developer die Apple-Neuheiten

Apple hat am 4. Juni auf der Entwicklerkonferenz WWDC diverse Neuheiten rund um das iPhone, das iPad und den Mac präsentiert. Zwei Experten aus Österreich erklären, was das für Developer und Unternehmen bedeutet.
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Künftig dürfte es mehr Apps für den Mac geben. (c) Apple

Am 3. Juni hat Apple die Entwicklerkonferenz WWDC 2019 eröffnet. Wie jedes Jahr startete das Event auch diesmal mit einer Präsentation diverser Neuheiten aus Cupertino. Neben Hardware-Neuigkeiten wie einem neuen Mac Pro liegt der Fokus vor allem auf Software und neuen Tools für Apps.

Zwei Experten analysieren für den brutkasten die wichtigsten Neuerungen für Developer.

Stichwort Privacy: Einloggen mit Apple

“Privacy auf dem iPhone ist ein großes Thema”, sagt Martin Zehetner, CTO bei Tailored Apps, welche am Montag Abend ein Public Viewing der Keynote in Wien Döbling organisiert haben. So wird es etwa möglich sein, einzelnen Apps nur einmalig eine Berechtigung – etwa für das Abrufen des Standorts – zu erteilen.

Eine große Neuerung ist auch die Möglichkeit zu “Sign in with Apple”: Künftig können sich User auf Websites nicht nur mit Facebook- und Google-Accounts, sondern auch mit ihren Apple-Accounts einloggen. Der Fokus liegt dabei auf Privatsphäre: Zum Beispiel werden auf Wunsch zufällige Emailadressen generiert, welche bei der Registrierung auf der Website verwendet werden können. Von diesen Mailadressen werden Emails des Anbieters an den User weiter geleitet, so dass dieser seine eigene Mailadresse nicht preisgeben muss.

Bei der Präsentation des Features wurde das österreichische Startup Fretello auf der großen Bühne gefeatured. “Unsere App in der Key Note der WWDC zu sehen war für uns extrem aufregend”, sagt Florian Lettner, CEO von Fretello: “Unser Team steckt viel Herzblut und Leidenschaft in unsere Vision qualitativ hochwertigen Musikunterricht einer breiten Masse zur Verfügung zu stellen. Und obwohl wir intensiv an Partnerschaften mit Unternehmen wie Apple arbeiten, waren wir von der prominenten Präsentation überrascht.” Am aufregendsten war das Ereignis laut Lettner für das iOS-Team, das geschlossen vor Ort war.  “Wir freuen uns darauf, Sign in with Apple als eine der ersten Apps im Laufe des Jahres anbieten zu können”, sagt er.

“Für Developer wird Sign in with Apple noch ein wichtiges Thema sein”, sagt Zehetner: Interessant werde es vor allem, wie sich de Registrierung über eine anonyme Adresse in Sachen DSGVO bemerkbar macht.

Swift UI: Einfacheres Tool für die App-Entwicklung

Eine weitere große Neuerung für Developer war die Vorstellung von Swift UI, also die Verbesserung von Apples Programmiersprache Swift. Hier wurden auf der Bühne beeindruckende Anwendungsszenarien gezeigt: Änderungen wurden etwa sofort auf dem verbundenen iOS-Gerät sichtbar und können dort live getestet werden.

Peter Steinberger, CEO und Founder von Pspdfkit, ist auf der WWDC vor Ort und bremst gegenüber dem brutkasten die Erwartungen: “Da dies iOS 13 benötigt und auch noch etwas roh ist, wird es wohl noch länger dauern bis Apps das nutzen können”, sagt er: “Mehrwert für die User gibt es hier wenig, hauptsächlich geht’s um schnellere Interationszeiten.” Auch Zehetner betont, dass man noch nicht genau wisse, wie sich die Neuerung auf die Developer-Szene auswirken wird.

Catalyst: iOS-Apps kommen auf den Mac

Weiters ist für die Entwickler das Thema Mac OS Catalyst interessant: Hier ist es möglich, mit minimalem Aufwand Apps, die für iOS-Geräte wie das iPhone und das iPad geschrieben wurden, auf den Mac zu bringen. Als Beispiel wurde bei der Keynote unter anderem die Twitter-App genannt, aber auch die Auswahl an Spielen auf dem Mac dürfte dadurch wachsen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie weniger Ressourcen brauchen: Mit ihrem iOS-Entwicklerteam bringen sie in kürzester Zeit auch Software auf den Mac.

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Laut Zehetner bedeutet dies, dass sich auch das Pricing der Apps ändern könnte, denn derzeit sind Mac-Apps teurer als Apps für iOS-Geräte: Auf jeden Fall werde aber die Anzahl der Mac-Apps deutlich steigen. Steinberger verweist darauf, dass das neue Apple Music in AppKit geschrieben wurde – was seiner Ansicht nach bedeutet, dass die neue vorgestellte Lösung noch reifen muss. “Hier werden wir bald sehen, wie gut es wirklich ist”, sagt er.

Die weiteren Neuigkeiten der WWDC: iOS 13 und Mac OS

Steinberger betont, dass ihn eher die kleinen Neuerungen begeistern, von denen einige über das neue Mobile-Betriebssystem iOS 13 den Weg auf das iPhone finden werden. Steinberger, der sich davon vor Ort ein Bild machen konnte, betont etwa, dass der systemweite Dark Mode auf OLEDs sehr gut wirkt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Darstellungen soll der Dark Mode schonender für die Augen sein. Unter anderem bekommen in iOS 13 die News-App, der Kalender, die Messages und die Foto-App einen Dark Mode. Mit Swift UI können Entwickler den systemweiten einfach Dark Mode in ihre Apps bringen.

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Für das iPad kommt nun das Betriebssystem iPad OS, das unter anderem Multitasking vereinfacht und einen Split Screen Mode ermöglicht, so dass man zwei Dokumente gleichzeitig bearbeiten kann. Außerdem gibt es einen Dateibrowser, der zum Beispiel auch reichhaltige Metadaten zu Dateien anzeigt. Safari soll künftig Websites auf dem iPad so darstellen, wie sie auch auf Desktop-Geräten angezeigt werden. “Apple holt hier etwas auf gegenüber ChromeOS, dessen Browser das seit Anfang an richtig gemacht hat”, sagt Steinberger: “Generell ist der Multi-Window-Modus am iPad extrem gut gelöst und eine der besten Neuerungen – unsere User wünschen sich das für PDF-Viewer schon lange.”

Disclaimer: Lorenz Edtmayer und Maximilian Nimmervoll sind Teileigentümer des brutkasten.

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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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