05.12.2022

Wie ein Mödlinger Founder half Russlands Getreidediebstahl aufzudecken

Eine gefinkelte Schmuggelaktion von gestohlenem Getreide aus der Ukraine wurde u.a. durch Daten von Spire Global offenbar.
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(c) Stock.Adobe/ Federico Rostagno - Russland stahl ukrainisches Getreide im Wert von fast einer Mrd. US-Dollar. (Beispielfoto)

Letzte Woche wurde es publik. Russland hat aus der Ukraine rund 5,8 Millionen Tonnen Getreide im Wert von etwa 950 Millionen US-Dollar gestohlen. Das Wallstreet Journal deckte Anfang Dezember Russlands Schmuggelversuche auf und bekam dabei Hilfe von Spire-Co-Founder und CEO Peter Platzer. Und dessen Satelliten.

Spire Global: Mehr als eine halbe Mrd. US-Dollar an Investments

Spire wurde 2012 gegründet und hat nach Angaben von Crunchbase bisher rund 678 Mio. US-Dollar von Investoren eingesammelt. Das Unternehmen mit Sitz in San Francisco nützt sogenannte Nanosatelliten, die in etwa „so groß und so schwer wie eine Flasche Champagner“ sind. Derzeit befinden sich mehr als 100 Satelliten (Stand 2021) des Unternehmens im All. Mittels dieser werden Daten erhoben und analysiert. Mit einem Software-as-a-Service-Ansatz werden Kunden aus Branchen wie der See- oder Luftfahrt bedient.

Spire Global: Co-Founder & CEO Peter Platzer und einer der Nanosatelliten
(c) Spire Global – Co-Founder & CEO Peter Platzer und einer der Nanosatelliten.

Platzer selbst stammt aus Mödling und hat nach seinem Studium an der Technischen Universität Wien unter anderem bei der Boston Consulting Group sowie bei einem Hedgefonds in New York gearbeitet. Nun half er eine Schmuggelaktion aufzudecken, die eines Hollywood-Filmes würdig wäre und schrieb am 2. Dezember per öffentlichem Post: “Ich bin stolz, bei Spire zu arbeiten, das sich für Transparenz und Lösungen für die globale Sicherheit einsetzt.”

Das System der Schmuggelaktion

Die Ukraine galt vor dem Kriegsausbruch als viertgrößter Getreide-Exporteur der Welt. Nach dem Angriff blockierte die russische Marine beinahe ein halbes Jahr lang ukrainischen Häfen und plünderte Getreide-Vorräte.

Dieses Jahr sank der ukrainische Export von Weizen, Mais und Gerste von 25,8 Millionen Tonnen auf 18,1 Millionen.

Nun brachte eine Untersuchung des Wall Street Journals ans Licht, dass Schiffe, die mit Russlands größtem Getreidehändler (RIF Trading House LLC) in Verbindung stehen, Tausende von Tonnen gestohlenen ukrainischen Getreides an globale Käufer verschifft haben. Ein ausgeklügeltes System von Zubringerschiffen und Schwimmkränen sei dabei zum Einsatz gekommen.

Die Schiffe selbst sind, so das Journal weiter, entweder durch ihr Management oder durch ihre Eigentümerschaft mit Unternehmen verbunden, die von dem russischen Geschäftsmann Peter Khodykin kontrolliert werden. Ihm wiederum gehört die RIF Trading House LLC.

Gestohlenes Getreide von der Krim zu Abnehmern

Der erste Schritt im Schmuggelprozess war der Transport des gestohlenen ukrainischen Getreides von der Krim zu weltweiten Abnehmern: Eine Flotte kleinerer Schiffe transportierte das geschmuggelte Getreide vom Krim-Hafen Sewastopol aus zu größeren Frachtschiffen, die auf See warteten. Jene luden ihre Ladung mithilfe von Kränen um. Diese größeren Schiffe stechen dann in See und steuern weit entfernte Häfen an, so die Kurzfassung.

Diese Getreidewechsel auf See dienten dazu, so die Vermutung, die wahre Herkunft der Schiffsladungen zu verschleiern, um keine Käufer abzuschrecken. Durch die Umladungen wurde zudem das direkte Anlaufen der Containerschiffe zum Hafen Sewastopol vermieden.

Ukrainischen Behörden sowie Schifffahrts- und Getreidemarktanalysten haben mittlerweile Sewastopol auch als wichtigen Umschlagplatz für gestohlenes Getreide identifiziert, das per Lkw oder Bahn aus der Ostukraine eingeführt wird. Nach Angaben des Genfer Marktforschungsunternehmens AgFlow wurden von Anfang März bis Oktober rund 848.400 Tonnen Getreide wie Weizen und Gerste nach Sewastopol verschifft, fast 15 Mal so viel wie im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres.

RIF dementiert

Khodykin war für eine persönliche Stellungnahme nicht zu erreichen; RIF betonte, es habe nichts mit dem ukrainischen Getreidediebstahl zu tun und äußerte sich per E-Mail im Wallstreet Journal wie folgt: “Wir legen Wert auf unseren guten Ruf und halten uns an die Gesetzgebung der Russischen Föderation und alle internationalen Regeln.”

Aber: Spire Global indes unterstützte die Recherchen des US-Mediums mit seinem Tracking-Service, der die Ankunft von Schiffen, wie der Emmakris II dokumentierte.

So traf am 14. Juni die unter russischer Flagge fahrende M. Andreev, ein kleines Zubringerschiff, in der Nähe der Straße von Kertsch ein, beladen mit Gerste aus Sewastopol, wie aus einem Dokument des ukrainischen Geheimdienstes hervorgeht. In der Nähe der Meerenge traf es neben der unter der Flagge Panamas fahrenden Emmakris II ein, die laut den Daten von Spire Global bereits Anfang des Monats eingetroffen war.

Laut der Schiffsdatenbank Equasis wird die Emmakris II seit 2020 von der in Dubai ansässigen MCF Shipping DMCC verwaltet. Sie ist als Eigentum einer Tochtergesellschaft von MCF Shipping aufgeführt. MCF Shipping wiederum teilt sich den Registrator und Verwalter der Unternehmenswebsite mit GTCS Trading DMCC, einem weiteren Unternehmen aus Dubai, das laut einem Moskauer Schiedsgerichtsdokument aus dem Jahr 2019 im wirtschaftlichen Eigentum von Khodykin von RIF steht. Das Unternehmen firmiert auch unter GTCS Trading JLT.

Ein Schiffstrio und ihre sieben Stunden

Am 15. Juni tauchten dann die Emmakris II und die M. Andreev auf Schiffsortungsanlagen nebeneinander auf, zusammen mit einem weiteren Schiff (der Petra II) mit montiertem Kran.

Laut Schiffstracking-Daten und einem Dokument des ukrainischen Geheimdienstes, in dem es heißt, dass die M. Andreev an diesem Punkt ihr Getreide entladen hat, lagen die drei Schiffe mehr als sieben Stunden lang eng beieinander.

Das Kranschiff, Petra II, wird laut der Equasis-Schiffsdatenbank ebenfalls von MCF Shipping verwaltet, dem in Dubai ansässigen Unternehmen, das mit Khodykin in Verbindung steht. Es befindet sich im Besitz einer Tochtergesellschaft von MCF Shipping.

Spire beweist Weg ins Schwarze Meer und Bosporus

Die Emmakris II setzte sich nach einem weiteren Treffen mit russischen Zubringerschiffen in Bewegung (um, wie ukrainische Beamte behaupten, das gestohlene Getreide mit russischem zu mischen und dadurch die Nachverfolgung schwerer zu gestalten) und fuhr am 10. Juli zunächst ins Schwarze Meer und dann durch den Bosporus, wie aus den Schiffsverfolgungsdaten von Spire Global hervorgeht.

Das Schiff gelangte folglich in den Persischen Golf, wo sein Ortungstransponder nicht mehr sendete, sodass es für Schiffsverfolger unsichtbar wurde.

Als die Emakris II am 4. September wieder auftauchte, gab es als Zielort Umm Qasr, im Irak, an. Laut den Schiffsverfolgungsdaten hat das Schiff jedoch nie einen Hafen im Irak angelaufen. Das endgültige Ziel dieser Reise konnte innerhalb der WJ-Recherche nicht ermittelt werden.

Wieder aufgetaucht

Seit September hat die Emmakris II laut Schiffsverfolgungsdaten zwei weitere Fahrten durch das Schwarze Meer zur Straße von Kertsch unternommen. Bei der ersten dieser Fahrten kehrte das Schiff in den Persischen Golf zurück. Anfang November verließ es erneut das Schwarze Meer und durchquerte den Suezkanal auf dem Weg zum Roten Meer.

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Die Kurstafel:

​⚠️ Das Bitcoin-Halving steht unmittelbar bevor

Es steht jetzt endgültig bevor: das vierte Bitcoin-Halving wird in der Nacht auf Samstag über die Bühne gehen. Beim Halving wird die Belohnung, die Miner erhalten, um neue Blöcke zu Bitcoin-Blockchain hinzufügen, halbiert. Die Folge: Es kommen weniger neue Bitcoins in den Umlauf als es ohne Halving der Fall wäre. Diesmal sinkt diese “Ausschüttung” von 6,25 Bitcoin auf 3,125 Bitcoin.

Wer gut im Kopfrechnen ist, kann es sich schon herleiten: Nachdem es das vierte Halving ist, ist die Belohnung zunächst von 50 auf 25 (im Jahr 2012), dann von 25 auf 12,5 (im Jahr 2016) und zuletzt 2020 von 12,5 auf 6,25 gesunken. Das Halving ist dabei aber nicht über einen Zeitraum definiert, allerdings dennoch klar vorherbestimmt: Es findet alle 210.000 Blöcke statt - was in der Praxis aktuell (bei einer Blockzeit von zehn Minuten)  auf etwa vier Jahre hinausläuft.

Das Halving spielt eine extrem wichtige Rolle für die Geldpolitik von Bitcoin. Denn dass die Menge aller jemals bestehender Bitcoin begrenzt ist, ist eines der zentralen Merkmale von Bitcoin. Und geht Hand in Hand mit einer deterministischen Geldpolitik. Es entscheidet keine Zentralbank nach eigenem Ermessen, wie viele Bitcoin in Umlauf kommen. Sondern es ist im Code vorgegeben. 

Und weil neue Bitcoin eben als “Block-Subvention” für Miner entstehen, hängt die Anzahl der im Umlauf befindlichen Coins klarerweise direkt davon ab, wie viele Bitcoin diese “Belohnung” ausmacht. Mit dem Halving ist sichergestellt, dass die Anzahl der neu entstehenden Coins langfristig sinkt. Wichtig dabei: Es sinkt nicht die Gesamtzahl der Bitcoin - es kommen weiterhin neue dazu, nur eben nicht mehr so viele wie vorher.

​📈 Warum das Halving den Bitcoin-Kurs antreiben könnte…

Soweit einmal die Auswirkungen des Halvings auf die in Umlauf kommenden Bitcoin. Für viele, die am Markt aktiv sind, ist aber ein anderer Aspekt interessanter: Wie wirkt sich das Halving auf den Bitcoin-Kurs aus? 

Und auch hier gibt es Theorien, die in Crypto Weekly auch immer wieder diskutiert worden sind. Eine der populärsten Annahmen: Auf das Halving folgt ein Bullenmarkt mit steigenden Kursen. 

Bei den vergangenen drei Halvings war dies - mit einigen Monaten Verzögerung - auch tatsächlich der Fall. Drei Fälle sind aber statistisch nicht viel und die zeitliche Verzögerung macht es noch einmal schwieriger, Kausalitäten herzuleiten. Zumal Bitcoin sich im Jahr 2024 unter völlig anderen Rahmenbedingungen bewegt als in den Jahren 2012, 2016 und 2020.

Anstatt uns von der Vergangenheit leiten zu lassen, werfen wir doch einen Blick auf die Logik hinter der Annahme. Die lautet im Wesentlichen: Wenn weniger Bitcoin in Umlauf kommen, werden sie wertvoller. 

🤔 …und warum vielleicht auch nicht

Aber diese Begründung hat gewisse Probleme: Einerseits sinkt ja das Bitcoin-Angebot nicht, sondern es kommen weiterhin neue dazu. Andererseits ist es beim Bitcoin-Kurs so wie bei jedem anderen Asset: Er wird nicht monokausal vom Angebot bestimmt - ebenso entscheidend ist auch die Nachfrage. Und die hängt von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren ab - die mitunter sogar völlig außerhalb des Kryptomarkts angesiedelt sind. Etwa, wenn makroökonomische oder geopolitische Entwicklungen die Nachfrage nach sämtlichen “Risk Assets” dämpfen. 

Dazu kommt: Dass das Halving kommt, ist bekannt. Wahrscheinlich gibt es nur sehr wenige Ereignisse in der Finanzwelt, deren Eintreten mit dermaßen geringer Unsicherheit vorhergesagt werden kann. Und kursrelevante Ereignisse, die bereits bekannt sind, sind im Normalfall bereits im Kurs widergespiegelt. 

Natürlich kann man trefflich darüber diskutieren, ob der Kryptomarkt einen effizienten Markt darstellt. Aber grundsätzlich ist die geschilderte Annahme plausibel: Wer ein iPhone verkauft, von dem man sicher weiß, dass es in drei Monaten kaputt geht, wird dafür einen geringeren Preis erzielen als wenn dies nicht der Fall ist. Der Käufer weiß, dass das passieren wird - und preist es dementsprechend ein. Analog dazu läuft es an den Finanzmärkten. 

Heißt das nun also, dass das Halving keine Auswirkungen auf den Bitcoin-Kurs haben wird? So einfach ist es dann auch wieder nicht. Wie schon in Crypto Weekly #124 geschildert, kann das Halving bis zu einem gewissen Grad auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden: Wenn alle auf einen Kursanstieg setzen, kommt er dann tatsächlich - zumindest vorübergehend. Der Kurs wird in einem solchen Fall also nicht vom Halving selbst getrieben, sondern von der Wahrnehmung des Halvings durch die Trader:innen. 

Entscheidend dabei ist aber: Die kurzfristige Kursreaktion auf das Halving ist jedenfalls spekulativ getrieben. Und spekulativ getriebene Marktbewegungen können schnell in die eine wie auch in die andere Richtung gehen. Wie sich das Bitcoin-Halving kurzfristig auf den Kurs auswirken wird, werden wir morgen wissen. Zuverlässig voraussagen, lässt es sich jedenfalls nicht.


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