13.04.2018

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

Thomas Hajek, Geschäftsführer von netinsurer, im Interview über die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung für Versicherer, Agenten und Makler.
/artikel/thomas-hayek-von-netinsurer-ueber-den-pivot-von-b2c-zu-b2b
netinsurer Thomas Hayek
(c) HKR GmbH: Thomas Hayek

2014 von Thomas Hajek zusammen mit Bernhard Klemen und Christian Rieger gegründet, hat sich netinsurer vom Online-Direktverkäufer von Versicherungen zum B2B-Softwareanbieter mit 15 Mitarbeitern gewandelt. Anspruch des Unternehmens war, den Versicherungsbetrieb neu zu denken und alternative Geschäftsmodelle für eine innovationsscheue Branche zu entwickeln.


Am Anfang hat netinsurer Krankenversicherungen für Hunde und Katzen sowie Fahrrad-Versicherungen angeboten. Was ist schief gegangen?

Wir haben uns die virtuellen Telefonieanbieter zum Vorbild genommen und die Partnerschaft mit einem Versicherer gesucht. Der hat das Risiko gezeichnet und wir haben den Online-Vertrieb unter eigener Marke übernommen. Im Nachhinein ist klar, dass wir 2014 einfach zu früh dran waren. Aus der damals mangelnden Marktakzeptanz beim Endkunden, dem Versicherungsnehmer, hat sich aber das heutige Business entwickelt: Wir wurden früh von anderen Versicherern angesprochen, die auf unsere Software aufsetzen wollten. Heute machen wir kein eigenes Versicherungsgeschäft mehr, sondern verstehen uns als Ermöglicher für die gesamte digitale Transformation der Versicherungsbranche. Insofern ist auch nichts schief gegangen.

netinsurer hat sich also zur White-Label-Lösung entwickelt. Woher kam das IT-Know-how?

Mal abgesehen davon, dass wir hier schon nicht ganz unbedarft waren, hat die HKR GmbH, die hinter der Marke netinsurer steht, das Software-Unternehmen LIEMMEC übernommen. LIEMMEC hatte sich im Bereich der Versicherungsberatung spezialisiert und wir haben das Produkt mit unserer Erfahrung kombiniert und neu aufgelegt. Diese Übernahme hat uns in die Lage versetzt, sowohl Maklern als auch Versicheren Lösungen anzubieten.

“Es ist entscheidend, ein Versicherungsprodukt zum einen regulatorisch konform und zum anderen mit einer sinnvollen Conversion-Rate einzurichten.”

Ist Eure Branchenerfahrung auch bei der Produktentwicklung gefragt?

Ja, da sind wir weiterhin beratend tätig. Wir helfen auch dabei, Produkte für den Online-Absatz zu optimieren und reviewen die Abschlusstrecken im Webshop. Es ist entscheidend, ein Versicherungsprodukt zum einen regulatorisch konform und zum anderen mit einer sinnvollen Conversion-Rate einzurichten. In der Hinsicht haben wir vor allem zu Beginn extrem viel Wissen angehäuft.

Wie steht die Versicherungsbranche nach der Wirtschaftskrise da?

Durch die Niedrigzinsphase, in der wir uns nach wie vor bewegen, ist eine der wichtigsten Querfinanzierungsquellen faktisch weggefallen: das Geschäft mit den Lebensversicherungen. Versicherer funktionieren ja so, dass sie mit den eingesammelten Prämien arbeiten können und Überschüsse produzieren. Das ist lange vorbei. Inzwischen ist es Standard, dass jedes Produkt für alle Teilnehmer lukrativ sein muss. Wenn nur der Versicherer profitiert, wird das kein Kunde kaufen. Wenn es nicht kostendeckend ist, kann es kein Geschäft für den Versicherer sein. Die Chance der Digitalisierung ist u.a. eine verbesserte Transparenz für den Kunden. Er kann verstehen, was in den Produkten steckt, und das führt definitiv zu einem besseren Versicherungsschutz, zu einer höheren Kundenzufriedenheit – und damit zu einer erfolgreicheren und längerfristigen Partnerschaft.

“In Österreich sind wir bereits ein anerkannter Player und werden nicht mehr nur als nettes kleines Startup mit guten Ideen gesehen.”

Brauchen wir künftig noch die Maklerin bzw. den Makler, wenn das Geschäft ins Netz wandert?

Unbedingt, und unser Produkt richtet sich auch nicht zuletzt an diese Berufsgruppe. Bei der Frage, ob Kunden bereit sind, für Beratung zu zahlen, ist die österreichische Gesellschaft durchaus heterogen. Klar ist, dass ein Bruchteil der Versicherungsprämie an den Makler oder Agenten geht. Der hat ein Interesse daran, gewisse Geschäftsfälle – sprich, den Verkauf von Produkten mit niedriger Marge – schlank zu halten. Das heißt aber nicht, dass er damit nichts mehr zu tun haben will. Er kann jedoch seinen Workflow möglichst so automatisieren, dass er Anpassungen, die Kunden nach einiger Zeit wünschen und brauchen, effizient abhandelt. Diese Effizienz schaffen wir mit unserer Lösung: Wir automatisieren repetitive Tätigkeiten – sodass der Vermittler möglichst viel Zeit für die Kunden selbst hat.

Welche Ziele strebt Ihr für 2018 an?

Ziel ist es, dieses Jahr den Break Even zu erreichen. Dazu expandieren wir auch gerade in Richtung Deutschland und versuchen uns dort zu etablieren. In Österreich sind wir bereits ein anerkannter Player und werden nicht mehr nur als nettes kleines Startup mit guten Ideen gesehen. Gerade im B2B-Sales geht es um Positionierung und Glaubwürdigkeit. Wir wollen uns als Partner auf Augenhöhe etablieren und entsprechend wachsen.

⇒ Zur Page des Startups

Deine ungelesenen Artikel:
04.11.2024

Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
/artikel/carbon-cleanup-portraet
04.11.2024

Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
/artikel/carbon-cleanup-portraet

Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Thomas Hajek von InsureTech-Startup netinsurer über den Pivot von B2C zu B2B