14.01.2022

Terra-Quantum-Gründer: “Wer Quantentechnologie nicht hat, wird zum Dritte-Welt-Land absteigen”

Im Interview spricht der renommierte Quantenphysiker und Gründer des Schweizer Startups Terra Quantum, Markus Pflitsch, über die Kommerzialisierung der Quantentechnologie und die Zielsetzung des neuen Quantum Cloud Data Centers in Wien.
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Terra Quantum
(c) Terra Quantum

In Wien gibt es nun ein Quantencomputing-Center, das in seiner Art laut den Betreibern weltweit einzigartig ist. Mit einer virtuellen Lösung gelingt es dem Schweizer Quantentechnologie-Startup Terra Quantum konkrete Quantenalgorithmen auf einer hybriden Quantencomputing-Plattform laufen zu lassen. Ein Beispiel: Beim Investmentbanking könne ein wichtiger klassischer Optimierungsalgorithmus, die sogenannte „Collateral Portfolio Optimization“ bei der Überführung in einen Quantenalgorithmus und anschließender Anwendung auf der hybriden Quantencomputer-Plattform jährliche Einsparungen von 120 Millionen Euro bringen, wenn das Portfolio 400 Milliarden Euro umfasst, beschreibt Terra-Quantum-Gründer Markus Pflitsch im Gespräch mit dem brutkasten.

Für das Angebot in Wien hat Terra Quantum gemeinsam mit dem österreichischen Unternehmen Novarion das Joint Venture QMware gegründet. Novarion bietet klassisches High Performance Computing an, auf dem beispielsweise Börsenhandel läuft. Das hybride Quantum Cloud Data Center in Wien ist das erste von mehreren, die in Europa entstehen sollen. Im Interview spricht Pflitsch darüber, wie die Technologie funktioniert, was sie bringt, welche Anwendungsfälle in Frage kommen und wie sich Europa im globalen Rennen im Bereich Quantentechnologie entwickelt.


Wie sind Sie auf die Idee zu Terra Quantum gekommen?

Ich bin Physiker und habe im Bereich Quantenphysik am CERN Ende der 90er Jahre geforscht. Dann habe ich über 20 Jahre bei BCG, im Investmentbanking und Corporate Finance Bereich gearbeitet. Vor vier Jahren habe ich entschieden, diese zwei Welten für mich zusammenzubringen, um Quantentechnologie zu kommerzialisieren. In Folge habe ich Terra Quantum und QMware gegründet. Beide haben ihren Sitz in der Schweiz. Wenn man sich die „Emerging Quantum Tech Landscape“ ansieht, dann ist sie primär geprägt durch Spinoffs aus der akademischen Welt. Es sind also oftmals Forscher, die das Thema vorantreiben. Ich bringe aber auch die kommerzielle Seite herein. Mit Terra Quantum konnte ich auch sehr früh institutionelle Geldgeber an Bord holen, unter anderem Lakestar.

Terra Quantum hat sich auf die Fahnen geschrieben, Quantentechnologie zu kommerzialisieren. Wie gehen Sie das an?

Wir wollen ein kommerzielles Unternehmen aufbauen und nicht nur eine verlängerte R&D-Werkbank der Universitäten sein. Wir sind von Forschungsgeldern unabhängig. Wir schauen deshalb auf den Bereich der Quantentechnologie, die eine frühe Kommerzialisierung ermöglicht. Wir haben in diesem Bereich bereits kommerzialisierbare Produkte mit wesentlichen Geschäftsvorteilen in Anwendung. Das ist unser USP. US-amerikanische BigTechs sagen oft, dass industrielle Quantenanwendungen aufgrund der Fehleranfälligkeit der nativen Quantenprozessoren noch nicht so weit sind. Das ist eine Halbwahrheit. Es gibt heute schon Bereiche, wo man mit Algorithmen, auf einer hybriden Quantencomputing-Architektur Geschäftsvorteile erzielen kann.

Was unterscheidet Terra Quantum von anderen Anbietern?

Wir sind eine Quantum-as-a-Service Company. Am Markt gibt es sehr viele Hardware-Player. Diese sind in vielen Fällen noch in der Entwicklung, also sehr stark mit R&D beschäftigt und noch nicht so stark in der Kommerzialisierung. Sie entwickeln etwas, was erst in ein paar Jahren was werden könnte. Auf der anderen Seite gibt es Softwareplayer, die Quantenalgorithmen entwickeln. Auch sie haben eine Herausforderung bei der Kommerzialisierung, weil sie Algorithmen haben, die auf Computern laufen, die erst in ein paar Jahren einsatzfähig sind.

Wir haben drei Bereiche: Im Bereich „Quantum Algorithms as a Service“ entwickeln wir Quantenalgorithmen für eine Vielzahl von Use Cases. Der zweite Bereich umfasst „Quantum Computing as a Service“. Dazu gehört mit der QMware auch die Quantencloud. Der dritte Bereich umfasst „Quantum Security as a Service“. Wir haben ein Team von ca. 100 Quantenphysikern und mathematischen Physikern – damit gehören wir weltweit zu den großen Playern. Durch die QMware haben wir jetzt auch eine hybride Quantenmaschine, die intelligent verzahnt High Performance Computing und Quantencomputing über eine hybride Quantencloud zugänglich macht. Das eröffnen wir in Wien im NTT Data Center, dem ersten seiner Art. Darauf können wir unsere Algorithmen laufen lassen. Damit erzielen wir heute schon wesentliche Geschäftsvorteile.

Wie weit ist Terra Quantum bei der Kommerzialisierung und welche Rolle spielt dabei das Quantum Cloud Data Center in Wien?

Lassen Sie uns ein Beispiel nehmen, welches zeigt, was heute schon mit unserer hybriden Quantenplattform, auf die die Unternehmen über die Cloud zugreifen können, möglich ist: Im Investmentbanking gibt es das sogenannte „Collateral Portfolio“, welches bei den großen Banken mehrere hundert Milliarden Euro groß ist. Über die verschiedenen Kunden der Bank hinweg hat die Bank Bilanzpositionen in unterschiedlichen Asset Klassen, bspw. verschiedene Währungen, Aktien und Government Bonds. Diese müssen hinsichtlich zu unterlegender Risikokosten sowie der Liquiditäts- und Finanzierungserfordernisse optimiert werden. Das ist ein „mission critical“ Optimierungsalgorithmus im Finanzwesen. Heute laufen diese klassischen Algorithmen auf klassischen High Performance Computern. Wir haben uns das angeschaut für ein Portfolio von 400 Milliarden Euro Collateral und mit unserem Team bei Terra Quantum einen Quantenalgorithmus kreiert, den wir auf der QMware Maschine laufen lassen können. Das Ergebnis ist eine Optimierung der zugrundeliegenden Kosten von sechs Basispunkten in Bezug auf das Portfolio. Dies übersetzt sich in diesem Fall in 120 Millionen Euro jährlich wiederkehrende Kosteneinsparung nur durch die Migration dieses einen klassischen Algorithmus in den Quantenraum. Das können wir heute schon machen.

Wie funktioniert das?

Warum ermöglicht unsere hybride Maschine das heute schon? Die nativen Quantenprozessoren, also bspw. der 55-Qbit-Chip eines amerikanischen Herstellers, sind noch sehr fehlerbehaftet. Bei 55 Qbits ist die tatsächliche Performance sehr viel geringer, man nennt die derzeitige Entwicklungsstufe von Quantencomputern auch das NISQ-Zeitalter (NISQ steht für Noisy intermediate-scale quantum era). Das liegt daran, dass es noch mechanische Herausforderungen gibt, bspw, bei der Qbit-Technologie, die auf Supraleitung basiert, stabile Rahmenbedingungen herzustellen. Wir hingegen haben bei QMware auf klassischen High Performance Computing Komponenten aufgebaut. Im Prinzip simulieren wir einen Quantencomputer. Wir haben eine IP-relevante Bauweise, wie wir diese HPC-Komponenten konfigurieren, also beispielsweise, wie wir auf den Speicher zugreifen. Dadurch können wir 40 logische Qbits virtuell darstellen. Die sind sehr viel performanter als native Qbits, da sie keine Fehler aufweisen. Deshalb ist unser Quantenvolumen sehr hoch und unsere Maschine im derzeitigen Entwicklungsstadium der Hardware besser. Deshalb können wir diese Ergebnisse heute schon erzielen.

In einigen Jahren wird die Hardware aber so weit sein.

In der Tat, sonst wäre das ein Widerspruch zur exponentiellen Zunahme der Rechenleistung im Quantencomputing bei entsprechender Erhöhung der Anzahl der Qbits. So kann man praktisch nicht mehr bspw. 200 Qbits logisch nachbilden. Das sprengt den dafür notwendigen Speicher. Deshalb haben wir die QMware Cloud so gebaut, dass wir neben unserem Prozessor mit den 40 logischen Qbits auch andere QPUs, eigene oder die anderer Hersteller, integrieren können. Der gesamte Softwarelayer, also beispielsweise die Quantenalgorithmen für das Investmentbanking, ist kompatibel gestaltet und läuft jetzt schon und er wird stabil zukünftig dann eben mit noch mehr zugrundeliegenden nativen Qbits laufen. Wir integrieren den Quantenchip einfach, sobald er da ist und die Performance steigt. Dann ist zum Beispiel bei der „Collateral“-Anwendung die Kosteneinsparung nicht mehr bei sechs Basispunkten, sondern vielleicht bei zwölf. Was jetzt schon geht und sich nicht ändern wird: Sie können als Unternehmen über unsere Cloud auf eine hybride Quantencomputing-Plattform zugreifen und darauf ihre Algorithmen laufen lassen.

Wie können Unternehmen das neue Angebot in Wien nutzen?

Aktuell sind native Quantencomputing-Angebote eher über Forschungszentren zugänglich und nicht industriell ausgerichtet. Bei uns kann man sehr einfach darauf zugreifen wie auf andere Cloud-Dienstleitungen auch.

Welche Anwendungsfälle bieten sich neben dem Beispiel aus dem Investmentbanking an?

Alles, was mit Optimierung, Simulation und Machine Learning zu tun hat und Big-Data-intensiv ist. Diese Bereiche zeigen mit Quantenalgorithmen in der Regel eine bessere Performance. Ein Beispiel ist etwa ein neuronales Quanten -Netzwerk, wo für die Werte der Neuronen Qbits hinterlegt sind. Das kann man unter anderem zur verbesserten Bilderkennung einsetzen. Da sprechen wir etwa mit Automobilproduzenten im Bereich des autonomen Fahrens. Wir sprechen aber auch mit Robotikfirmen oder mit Herstellern medizinischer Diagnostik – etwa, wenn es darum geht, Melanome zu erkennen. Wir haben Kunden u.a. in den Bereichen Automobil, Logistik und Retail, Finanzdienstleistung und Chemie.

Europa ist nicht unbedingt bekannt für eine rasche Kommerzialisierung innovativer Technologien. Hat Europa bei Quantentechnologie eine bessere Position im globalen Wettbewerb?

Ja, ich bin Optimist. Es ist eine Chance und vor allem auch eine Notwendigkeit. Wer Quantentechnologie nicht hat, wird zum Dritte-Welt-Land absteigen. Quantentechnologie ist die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Die Ausnutzung zweier quantenphysikalischer Prinzipien, Superposition und Verschränkung, schafft eine exponentielle Zunahme der Rechenleistung eines Quantencomputers mit zunehmender Anzahl der Qbits. Die Exponentialfunktion schlägt alles. Verfahrenstechniken, Wirkstoffentwicklung, das passiert heute alles auf Großrechnern. In Zukunft kann man das mit einem Quantencomputer sehr viel schneller simulieren. Mit universellen Quantencomputern können in Zukunft perspektivisch Probleme gelöst werden, für die heute die schnellsten Supercomputer länger brauchen würden als das Alter des Universums. Das wird fast jede Industrie verändern – Chemie, Finanzdienstleistungen, Pharma, Automobil. Europäische Regierungen sollten das also massiv fördern und die durchaus substanziellen nationalen Förderprogramme intelligent überregional verzahnen, dann könnten wir das mit unseren Top-Forschern schaffen.

Wer wird die Innovation dann auf den Boden bringen?

Wenn man sich die Automobilindustrie ansieht, waren es nicht die großen etablierten Autohersteller, die Disruption gebracht haben, sondern ein Startup – Tesla. Ähnlich könnte es auch im Quantencomputing sein. Wir brauchen junge Unternehmen wie Terra Quantum, denn die sind sehr viel schneller am Markt.

Sind wir in einer Aufholjagd mit China und USA oder geht es für Europa eher darum, überhaupt etwas in diesem Bereich zu tun?

Es ist eine Aufholjagd, die wir schaffen können. Wir dürfen es aber nicht als Beitrag zur europäischen Tech-Souveränität feiern, wenn wir einen amerikanischen Quantencomputer kaufen und bei uns hinstellen. Das ist kein Erfolg. Ein Erfolg ist es, wenn wir den selbst bauen. Wir haben das Know-how dafür. Man muss die Mittel dafür europaweit vernünftig bündeln.


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Das Gründerteam Christian Hill und Gerhard Prossliner © BRAVE Analytics, Leljak

Das Grazer Spin-off BRAVE Analytics wurde von Christian Hill und Gerhard Prossliner im Jahr 2020 gegründet. Den Gedanken an ein gemeinsames Unternehmen gab es schon einige Zeit davor an der MedUni Graz. Nach erfolgreicher Dissertation und dem FFG Spin-off Fellowship kam es zur Ausgründung, zu ersten Kund:innen und einem Standortwechsel. Und schließlich zur erfolgreichen Einbindung in den Life Science Cluster Human.technology Styria unterstützt von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG.

Mittlerweile zählt BRAVE Analytics ein 14-köpfiges Team und sitzt im ZWT Accelerator in Graz, einem Kooperationsprojekt zwischen SFG und Medizinischen Universität Graz.

Das Team von BRAVE Analytics (c) © BRAVE Analytics, Leljak

Mut in der Geschäftsphilosophie

BRAVE Analytics steht für Mut in der Geschäftsphilosophie der beiden Gründer und des gesamten Teams: Christian Hill und Gerhard Prossliner fühlen sich “zu Entdeckungen hingezogen und lieben es, die Dinge aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Und genau diesen Spirit leben wir auch im Team.”

Wahrlich hat das Gründerduo mit seinem Spin-off das Forschungsgebiet Life Science in ein neues Licht gerückt: Denn BRAVE Analytics beschäftigt sich mit der automatisierten Qualitätssicherung für Pharma-, BioTech-Produkte, Wasser, Mineralien und Chemikalien. “Und das auf Partikel-Ebene. Das Ganze nennt sich Partikel-Charakterisierung und -Analytik”, erklärt Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten.

Neu ist die Technologie insofern, als dass die Partikel-Analyse direkt im Herstellungsprozess von Pharmaprodukten passiert. Also integriert, das heißt weder vor- noch nachgelagert, und damit effizient und kostensparend. “Damit machen wir eine sogenannte Prozessanalytik im Nano-Bereich”, erklärt Co-Founder Hill.

Die Lösung für ein Bottleneck

Damit haben die beiden Gründer zusammen mit ihrem Team eine Lösung für ein bis dato bestehendes “Bottleneck in der Industrie” geschaffen. Mit den modularen Messgeräten von BRAVE Analytics kann die Qualität von Produkten im Pharma- und BioTech-Sektor nämlich in Echtzeit gemessen werden. Das Kernstück der Lösung bildet die vom Spin-off eigens entwickelte, mehrfach patentierte OF2i Technologie.

Doch bekannterweise benötigen Life-Science-Lösungen wie diese einen breiten Umfang an Forschungsinfrastruktur, der sich gerade für frisch gegründete Spin-offs schwer stemmen lässt. Und: Es braucht die richtigen Verträge, das richtige Kapital und das richtige Team. Auf der Suche danach gab es für BRAVE Analytics einige Schlüsselmomente, wie Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten erzählt.

Der Standort für Life Science Startups

Die ersten Hardware-Aufbauten und Experimente fanden an der Medizinischen Universität Graz statt, die von den Anfängen mit Infrastruktur und Forschungspersonal unterstützte, die Universität Graz deckte die Bereiche Theorie und physikalisches Modelling und in Kooperation mit dem FELMI/ZFE der Technischen Universität Graz wird seit 2022 ein Zusatzmodul entwickelt.

Beim Schutz des geistigen Eigentums standen die Medizinische Universität Graz, die Steirische Wirtschaftsförderung SFG und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG als helfende Hände zur Seite. Konkret mit Unterstützung für die Erarbeitung von Exklusiv-Lizenzen, Agreements und generell mit dem Know-how, wie man eine Firma aufbaut. Hier waren uns auch das Unicorn der Universität Graz, die Gründungsgarage und der Science Park Graz eine große Hilfe”, so Prossliner.

“Wir sind klassische Science-Preneure”

Die fachspezifische Unterstützung kam im richtigen Moment: “Wir sind die klassischen Science-Preneure. Unser Background ist das Universitäts- und Ingenieurswesen. Für uns war es wichtig zu lernen, wie man in das Unternehmertum reinkommt und den Produkt-Market-Fit findet. Man muss diese Produktverliebtheit, die man als Erfinder meistens hat, loswerden. Und das passiert ganz viel durch Learning by Doing.”

Besonders hilfreich habe sich vor allem das Bootcamp des FFG-Spin-off-Fellowship und das LBG Innovator’s Road Programme erwiesen, welche “eine schrittweise Einführung für den Weg von der Wissenschaft in Richtung Unternehmung” geboten haben, so Hill. Förderungen erhielt das Spin-off außerdem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, der Austria Wirtschaftsservice aws, der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und auf EU-Ebene.

Die Szene, die “Gold wert” ist

Nicht nur “by doing”, sondern vor allem auch “von anderen, die die gleichen Themen, Probleme und Potenziale haben”, hat das Startup im Aufbau sehr viel an Know-how und Erfahrung gewonnen. “Das Peer-Learning ist für uns einer der wichtigsten Wissensfonds”, so Co-Founder Prossliner im Interview.

Ein dafür zugeschnittenes Netzwerk gibt es in der Grazer Life Science Szene: “Auch abseits institutioneller Veranstaltungen befinden wir uns hier in einem sehr lebendigen Startup-Umfeld. Vieles passiert auf Eigeninitiative von Gründer:innen. Das Startup-Leben hier ist wirklich Gold wert.”

Global Player nur “fünf Rad-Minuten entfernt”

“Wir sind Hardware-Hersteller, wir brauchen Hochpräzisionsfertiger für unsere Prozesstechnologie. Die Steiermark und insbesondere Graz haben sich zu einem Stakeholder-Nest der besonderen Vielfalt entwickelt. Kooperationspartner aus Industrie, Wirtschaft und Forschung sitzen hier in unmittelbarer Nähe. Wir finden Experten, Lieferanten und Fertiger mit extremer Präzision und einer super Verlässlichkeit”, erzählt Prossliner und meint weiter: “Wir arbeiten hier in einem sehr engen Umfeld mit einer sehr schnellen Dynamik. Das ist unglaublich wertvoll.”

Ein ganzes Stakeholder-Feld mit internationaler Spitzenstellung findet sich also im Grazer Becken. Oder, wie es Gründer Prossliner erneut unterstreicht: “Da sind Global Player dabei, die wir in wenigen Rad-Minuten erreichen. Man muss also nicht gleich nach Asien oder in die USA, das Netzwerk gibt es hier auch.” Nicht umsonst spricht man seit geraumer Zeit von der “Medical Science City Graz” – mit Playern wie der Medizinischen Universität und dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer ZWT im Netzwerk.

Gerhard Prossliner (links) und Christian Hill (rechts) mit der Geschäftsführung des ZWT – Anke Dettelbacher (Mitte rechts) und Thomas Mrak (Mitte links) ©ZWT/Lunghammer.

Besenrein eingemietet

Grund genug auch für BRAVE Analytics, sich hier als aufstrebendes Life-Science-Startup niederzulassen. Nach seinen Anfängen in den Räumlichkeiten der MedUni Graz hat sich BRAVE Analytics nämlich im ZWT Accelerator einquartiert: “Wir waren unter den Ersten, die hier eingezogen sind. Als alles noch ziemlich besenrein war.”

Mittlerweile wird auch mit anderen dort sitzenden Startups stockwerkübergreifend genetzwerkt. Sei es im Stiegenhaus, bei Weihnachtsfeiern oder informellen ZWT-Treffen. Manchmal wird auch gemeinsam gefrühstückt und in den Abendstunden philosophiert. Daneben gibt es regelmäßige Get-Together-Formate wie das ZWT-Frühstück. Im Zuge der Startupmark finden auch themenspezifische Kooperationsformate wie der Life Science Pitch Day, ein exklusives Pitchingevent für Startups und Investor:innen aus dem Life Science-Bereich, statt.

Fußläufig flexibel

Thomas Mrak, Geschäftsführer des ZWT, erzählt dazu: “Vernetzung steht bei uns an erster Stelle. Und zwar nicht nur unter Foundern, sondern auch zwischen bereits etablierten Firmen, Unis, Instituten, Professor:innen und Ärzt:innen, die alle flexibel und fast fußläufig zu erreichen sind. Ich würde sagen, das ist die Essenz der Medical Science City Graz und bildet das optimale Umfeld, um als Spin-off Fuß zu fassen.”

Unterstützung gibt es im Grazer ZWT auch mit einer optimalen Infrastruktur und “startup freundlichen” Mietverträgen und Mietkonditionen: “Wir bieten Startups, die bei uns einziehen, ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis, eine perfekte Ausstattung und sehr flexible Bedingungen. Vor allem hohe Investitionskosten und lange Bindungszeiten sind für Startups schon aufgrund ihrer dynamischen und teils volatilen Entwicklungen sehr kritisch, dabei helfen wir. Je nach Möglichkeit stellen wir nicht nur Büros und Laborinfrastruktur, sondern auch Seminar- und Besprechungsräume zur Verfügung.”

“Wir verstehen uns hier einfach sehr gut”

Unverkennbar gestaltet sich der Life Science Bereich in Graz als multidimensionaler Hub für Startups und Spin-offs – und das nicht nur auf akademischer Ebene: “Wir verstehen uns hier alle untereinander sehr gut. Es gibt kurze Wege, kurze Kommunikationswege und wir arbeiten zusammen auf Augenhöhe. Es klappt einfach zwischenmenschlich”, so Mrak.

BRAVE Analytics-Co-Founder Prossliner empfiehlt dahingehend: “Nutzt das tolle österreichische Förderungssystem. Wir haben hier vonseiten der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Austria Wirtschaftsservice aws und der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG tolle Unterstützung erhalten. Vom ZWT, der MedUni Graz, der Uni Graz und der TU Graz ganz zu schweigen.”

Und: “Bindet schon frühzeitig Kund:innen ein. Nur so ermittelt man die real-life Kundenbedürfnisse potentieller Märkte, und man kann vielleicht auch erste Umsätze generieren, die man wiederum mit Förderungen hebeln kann. Man muss sich schließlich auch finanziell stabilisieren, um für Investor:innen attraktiv zu sein.”

Der Asia Pull für Life Science

Aktuell erarbeitet BRAVE Analytics eine Investitionsrunde. Mittlerweile hält das Spin-off unterschiedliche Produkte und Kunden am Markt. Auch Industriepartner sind vorhanden. Aktuell befinde man sich in der Prescaling-Phase – mit einem starken “Asia Pull”. Interesse kommt nämlich zunehmend von Abnehmern aus Asien, wie Christian Hill erzählt:

“Unsere Technologie eignet sich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für Wasser, Kläranlagen und Mikroplastik – und sogar für die Halbleiterindustrie. Wir bewegen uns hier in einem multidimensionalen Anwendungsfeld, gerade für das Umwelt- und Wassermonitoring. Das zieht viele Kunden aus Übersee an. Jetzt heißt es: die richtigen Schritte setzen und klug skalieren.”

Damit Christian Hill und Gerhard Prossliner ihre Ziele auch weiter verfolgen können, braucht es Menschen, die in den Life Science Sektor investieren: “Life Science ist ein Technologie- und Wissenschaftsfeld, das uns in Zukunft noch viel intensiver begleiten wird. Und auf das wir angewiesen sind”, so Thomas Mrak. Der ZWT-Geschäftsführer appelliert indes: “Es arbeiten so viele tolle Menschen mit persönlicher Motivation in diesem Feld. Diese haben das Potenzial, die Zukunft maßgeblich zu verändern. Doch dafür braucht es finanzielle Unterstützung, fundierte Netzwerke und noch mehr Aufmerksamkeit.”

Mehr Informationen zum steirischen Startup-Ökosystem und der Startupmark sind hier zu finden.

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