11.10.2017

Start:IP – Technologien ohne Gründer finden Gründer ohne Technologie

START:IP ist eine neue Initiative des universitären High Tech Inkubators INiTS und den Wiener Universitäten. Dabei sollen Spitzenforscher auf hochkarätige Gründerpersönlichkeiten treffen, um aus High Tech Erfindungen innovative Produkte und spannende Geschäftsideen zu kreieren. Wie das genau ablaufen soll, erzählen die Organisatoren des Projekts, Erwin Hemetsberger und Markus Pietzka. Bis 29.01. 2020 können sich interessierte Gründer derzeit registrieren.
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Markus und Erwin, stellt euch bitte kurz vor.

Erwin: Der Markus ist Chemiker und hat viel technisches Know-How. Ich bin Betriebswirt und mache bei INiTS Marketing und Kommunikation. Eine meiner Hauptaufgaben war das Übersetzen der Produktbeschreibungen in alltagstaugliche Sprache. Der Schwerpunkt von Markus ist Intellectual Property, das ist für dieses Projekt besonders wichtig. Er ist also quasi für die Hardware zuständig und klärt, welche Technologien teilnehmen können und wie das juristisch, vor allem patentrechtlich, alles aussieht. Ich kommuniziere das nach außen – wir sind sozusagen ein kongeniales Team.

Was passiert im Rahmen von Start:IP?

Technologien ohne Gründer finden Gründer ohne Technologie. Es geht also darum, Technologien, die eine starke Marktnähe haben und spannend sind, Gründern zugänglich zu machen, die damit ein Unternehmen basteln.

Wie läuft das ab?

Zunächst muss man sich anschauen, wie Technologietransfer an österreichischen Universitäten funktioniert. Wenn an der Universität etwas erfunden wurde, müssen die Forscher zu ihrem Technologietransfer gehen, das ist eine Abteilung, die jede Universität hat. Der hat die Aufgabe, die Erfindungsmeldung zu beurteilen und die Entscheidung zu treffen, ob die Universität die Erfindungsmeldung aufgreift, um sie dann in weiterer Folge einer Verwertung zuzuführen, oder nicht. Wenn die Universität das will, hat sie die Aufgabe, die Technologie auch entsprechend zu kommerzialisieren. Das macht sie entweder, indem sie für diese Technologie ein Unternehmen findet, das sie einlizensiert, oder indem der Forscher zu INiTS kommt und sagt, er möchte gerne selbst ein Unternehmen gründen. Start:IP vereinfacht diesen Prozess. Über die Plattform können nun für Erfindungen passende Gründer gefunden werden.

Gibt es viele Technolgien ohne Gründer?

Es gibt viele Forscher, die nicht gründen wollen – weil sie eben forschen wollen. Es bringt nichts, jemanden, der Forscher bleiben möchte, auf Unternehmer umzumodeln. Darum suchen wir Gründer von außen.

Wer ist die Zielgruppe von Start:IP?

Es gibt vier Zielgruppen. Zunächst die Universitäten. Sie haben als Technologiegeber jetzt eine zusätzliche Möglichkeit zur Verwertung. Außerdem können sie herausfinden, an welchen Technologien Interesse besteht und an welchen nicht. Für die Patente, die die Universitäten halten, müssen sie nämlich Gebühren zahlen. Wenn man sieht, dass ein gewisse Technologie ein Ladenhüter ist und sich niemand dafür interessiert, kann sich die Universität diese Gebühren sparen.
Die nächste Zielgruppe sind die Gründer, die bekommen Zugang zu ausgewählter Technologie, die der Technologietransfer schon angeschaut hat und auch von uns vorsortiert wurde.

Nach welchen Kriterien wurde vorsortiert?

Die Technologien sollen innerhalb von drei Jahren marktreif sein können und haben einen Deckel von Investitionsvolumen, sind also einzelgründertauglich. Nicht dabei sind alle Dinge, die regulatorische Anforderungen haben, z.B. der Pharma Bereich oder die Luftfahrt.

Und die restlichen Zielgruppen?

Dann haben wir noch Investoren, also sowohl Business-Angels als auch Risikokapitalgeber und die Unternehmen, die hier entweder neue Technologien finden oder selbst als Technologiegeber mitmachen können.

Wie ist das Projekt angelaufen?

Wir haben bis jetzt knapp 20 Gründer, die sich registriert, also auf die 15 ausgewählten Technologien reflektiert haben. In zwei Fällen haben die Leute sogar schon angefangen, im Hintergrund miteinander zu sprechen. Alle, die noch keinen Kontakt aufgenommen haben, treffen am 16. Oktober zum ersten Mal aufeinander und werden dann einander vorgestellt.

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Wie wird das Kick-Off Event ablaufen?

Nach der Registrierung und Begrüßung gibt es ganz kurze Technologie-Pitches. Dann haben die Teilnehmer die Aufgabe, ihre Favoriten zu finden, mit denen dann ein Speeddating stattfindet. Nach dem Mittagessen geben wir den Gästen die Möglichkeit, mit dem Technologie-Transfer-Manager zu sprechen und mögliche Fragen hinsichtlich Lizenzierung zu klären. Dann teilt sich das Programm in zwei Stränge auf. Die, die Gründungsinteressierte gefunden haben, haben dann ein paar Stunden, um sich kennen zu lernen und zu schauen, wie sie zusammen passen und konkrete nächste Schritte zu definieren. Die andere Gruppe besteht aus jenen, die niemanden gefunden haben. Für sie gibt es ein Business-Model-Workshop.

Und dann?

Ab dann begleiten wir die Teams, die sich gebildet haben. Sie bekommen dann einen Berater zur Seite gestellt. Ziel ist ein näheres Kennenlernen und ein Einarbeiten in die Thematik und schließlich eine gemeinsame Entwicklung des Geschäftsmodells. Beim Abschlusstermin präsentieren die Teams ihre Geschäftsmodelle vor den Investoren und auch wenn nichts heraugekommen ist, dann sollen sie dort präsentieren, denn auch das ist eine wichtige Information für die Technologiegeber.

Was passiert also im besten Fall?

Im Idealfall findet sich ein Startup, das die Lizenz für die Technologie erwirbt und sich dann auch gleich für unseren Inkubator anmeldet. INiTS ist also quasi die fünfte Zielgruppe.

Heißt das, ihr wollt die neuen Startups alle nach Wien holen?

Nein. Es ist nicht der Versuch, Technologie aus den anderen Universitätsstädten abzuziehen. Die Nachbetreuung soll dort stattfinden, wo es inhaltlich und geografisch Sinn macht. Wir betreuen die Teams bis Jänner.

Mehr Infos zu START:Ip findet ihr hier.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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