31.01.2019

Speedinvest 3 noch 2019: 175 Mio. Euro für Seed-Investments

Dreieinhalb Jahre nach Speedinvest 2 stellt der Wiener VC seinen dritten Fonds auf. 175 Mio. Euro sollen eingesammelt werden. Das Closing soll noch dieses Jahr erfolgen. Im Pressegespräch gab uns CEO Oliver Holle dazu Hintergrundinformationen.
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Speedinvest: Oliver Holle
(c) Speedinvest: Oliver Holle

Eine große Überraschung ist es für Beobachter gewiss nicht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Wiener VC Speedinvest seinen dritten Fonds aufstellt – schließlich neigt sich das Kapital des zweiten Fonds für initiale Investments dem Ende zu. Für Folgeinvestments ist freilich noch genug vom ca. 90 Mio.-Euro-Topf da. “Das ist unser Geschäft. Alle vier Jahre neu am Start”, kommentiert Speedinvest CEO Oliver Holle bei einem Pressegespräch trocken. Dann geht er in Detail zu Speedinvest 3.

+++ Speedinvest: Zwei ungebremste Fonds +++

Auf dem Weg zu größten Seed-VC Europas

175 Millionen Euro sollen es demnach diesmal werden. 65 Millionen davon sollen in initiale Investments, die restlichen 110 Millionen Euro in Anschlussrunden fließen. Das Fundraising für Speedinvest 3 habe vor Kurzem begonnen – einige Commitments gebe es bereits. Noch 2019 soll der Launch erfolgen. Eine Dealine für das Closing will Holle aber nicht nennen. Bezüglich des genannten Zielvolumens räumt er ein: “Es gibt natürlich Range nach oben und unten. Die Welt geht nicht unter, wenn es nur 100 Mio. Euro werden. es gibt aber auch eine natürliche Obergrenze. Ob die jetzt bei 200 Millionen Euro liegt oder etwas anders, kann ich aber nicht sagen”. Wenn das 175 Mio. Euro-Ziel gelinge, sei man damit der größte Seed-VC in Europa – “das erwartet man nicht unbedingt aus Österreich”, sagt Holle.

Ab 500.000 Euro kann man einsteigen – Speedinvest sieht sich im Ausland um

Im Gegensatz zu Speedinvest 2, wo noch mehr als 80 Prozent des Kapitals aus Österreich kam, werde man sich diesmal gezielt im Ausland umsehen. Ab 500.000 Euro könnten Privatinvestoren einsteigen, über institutionelle macht Holle keine Angabe. Er nennt unter anderem institutionelle Fonds wie Souvereign Wealth Funds (Staatsfonds), Fund of Funds (Dachfonds) und öffentliche Fonds wie die aws und ihre internationalen Pendants sowie große Family Offices als Zielgruppe. Dabei betrete man auch Neuland, räumt der CEO ein. Büros hat der VC inzwischen neben Wien in Berlin, München, London und Moskau.

“Die Leute haben am Anfang gesagt, ich bin verrückt. Wir können nun schwarz auf weiß zeigen, dass man mit unseren Fonds Geld verdient.”

Selbstbewusstsein durch starke Performance

Das nötige Selbstbewusstsein für das Fundraising komme dabei durch die Performance der ersten zwei Fonds. “Die Leute haben am Anfang (Anm. Speedinvest 1 startete 2011) gesagt, ich bin verrückt. Wir können nun schwarz auf weiß zeigen, dass man mit unseren Fonds Geld verdient. Wenn wir uns mit den US-VCs benchmarken, sind wir bei der Performance in den Top 25 Prozent”, sagt Holle. Mit mehr als 50 internationalen Investoren habe man inzwischen monatliche Standing Calls, um etwa Anschlussfinanzierungsoptionen im  Speedinvest-Portfolio auszuloten.

Nahezu Verdreifachung der Investments bei Speedinvest 1

Holle lässt die Zahlen sprechen. Bei Speedinvest 1 läge man derzeit bei einem TVPI (Total Value to Paid-in) von 2,7, also einer nahezu Verdreifachung der Investments in Exit-Erlösen und derzeitigen Unternehmenswerten der insgesamt 20 (Ex-)Portfolio-Startups. “Der Wert könnte noch sinken, wenn ein Unternehmen, das noch im Portfolio ist, es doch nicht schafft. Ich erwarte aber eher, dass der TVPI noch auf einen Wert zwischen 4 und 5 steigen wird”, sagt Holle. Denn realisiert seien erst die Erlöse aus Exits wie bei Shpock und Hitbox. Mit “Kronjuwelen” wie Tourradar, Bitmovin und iyzico sei man noch im Rennen. Nur zwei der 20 Portfolio-Unternehmen seien ausgefallen.

Startup-Unterstützung: Andreesen Horowitz als Vorbild

Bei Speedinvest 2 will Holle noch nicht soweit gehen, einen TVPI zu nennen – “das wäre nicht seriös”. Er verweist aber auf die Anschlussfinanzierungsquote von rund 50 Prozent. “Europäische Top-Fonds liegen hier durchschnittlich bei 40 Prozent. Und wir haben mit Speedinvest 2 ein Drittel der Investments erst innerhalb der vergangenen zwölf Monate getätigt”, sagt Holle. Als große Hoffnungen im Portfolio des zweiten Fonds nennt Holle unter anderem wefox, TIER und adverity. Der Erfolg der beiden ersten Fonds sei auch der Unterstützung der Portfolio-Startups, etwa durch Speedinvest Heroes (HR) und Speedinvest Pirates (PR) geschuldet. Als internationales Vorbild nennt Holle den US-VC Andreesen Horowitz. Im europäischen Vergleich sei man in dem Bereich aber bereits sehrt stark aufgestellt.

Auch Speedinvest 3 bleibt im Seed-Bereich

Auch wenn Speedinvest 3 noch einmal eine Kategorie größer werde, als der zweite Fonds, wolle man die Ticket-Größen in etwa beibehalten. “Traditionell vergeben Fonds mit wachsender Größe auch immer größere Tickets. Wir setzen hier einen Kontrapunkt und bleiben in der Seed-Phase. Erstens weil wir es können – wir haben acht Jahre Erfahrung. Zweitens, weil es in dem Segment keinen einzigen wirklich pan-europäischen Player gibt. Hier haben wir die Möglichkeit, Nummer eins in Europa zu werden, die wir in der späteren Phase nicht hätten”, sagt der CEO.

“Einstiegstickets” zwischen 500.000 und 1 Mio. Euro

Man bleibe also bei “Einstiegstickets” zwischen 500.000 und einer Mio. Euro bei Bewertungen zwischen zwei und sieben Mio. Euro. Allerdings: “Vor vier Jahren war das noch die Hälfte”, ergänzt Holle. Man habe dabei das Ziel, zwischen zehn und 20 Prozent der Startups zu erwerben, also eine deutliche Minderheit. “Es ist wichtig, dass die Gründer nach nächsten und übernächsten Runde noch immer die  Mehrheit halten. Ein Angebot über 40 Prozent schlagen wir aus. Damit lässt sich kein Anschlussinvestment aufstellen”, sagt Holle.

Suche nach digitaler Infrastruktur

Geographisch sollen bei Speedinvest 3 etwa 40 Prozent des Kapitals in die DACH-Region fließen. Je 25 Prozent seien für die CEE-Region und Westeuropa geplant. Thematisch setze man mit Speedinvest 3 weiterhin einen Fokus auf FinTech. “Hier sehen wir, dass etwa Challenger-Banken  und Payment-Lösungen als Seed-Investments vorbei sind. Im B2B-Bereich passiert aber extrem viel”, sagt Holle. Großes Potenzial sieht er auch im Bereich Machine Learning: “Nach zehn, 15 Jahren funktioniert es endlich. Bald wird es alle Lebensbereiche durchziehen”. Man setze dabei – nicht nur im Machine Learning-Bereich – auf Lösungen, die eine digitale Infrastruktur bieten, die unabhängig von der Branche funktioniere.

Co-Investments mit Fokus-Fonds

Daneben seien die Themen Data Security und Industrie 4.0 heiße Eisen. Weiterhin verfolge man die Strategie, mit Fokus-Fonds einzelne Verticals zusätzlich abzudecken. Dabei fungierten diese als “Sourcing Engine” – der große Fonds co-investiere immer. In den vergangenen beiden Jahren hatte Speedinvest Fokus-Fonds für die Bereiche E-Commerce (Speedinvest x), Industrie (Speedinvest i) und FinTech (Speedinvest f) auf.

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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