25.01.2023

So diskriminiert KI: ChatGPT entfacht Debatte neu

Jasmin Reisinger und Gabriele Bolek-Fügl erklären, wie Diskriminierung in der Künstlichen Intelligenz und in der KI-Branche funktionieren und was man dagegen tun könnte. Der Fall ChatGPT hat die Debatte neu entfacht.
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Gabriele Bolek-Fügl und Jasmin Reisinger (Women in AI Austria) sprechen über ChatGPT und Ethik in der KI © Bolek-Fügl; Reisinger; Parradee/AdobeStock
Gabriele Bolek-Fügl und Jasmin Reisinger (Women in AI Austria) sprechen über ChatGPT und Ethik in der KI © Bolek-Fügl; Reisinger; Parradee/AdobeStock

Die Kritik um ChatGPT und die Möglichkeit, rassistische oder sexistische Statements im Zuge der Nutzung zu erhalten, gibt es bereits länger. Mittlerweile hat sich die Debatte über die ethischen Aspekte der Künstlichen Intelligenz (KI) erweitert. Der Chatbot wurde soweit trainiert, dass scheinbar keine diskriminierenden Statements mehr vorkommen. Die erfolgreiche Behebung hat seinen Preis. Wie Recherchen des Time Magazins zeigen, hat die hinter ChatGPT stehende Firma OpenAI Textausschnitte an das Trainingsdatenunternehmen Sama gesendet, um die KI zu trainieren. Klickarbeiter:innen der Sama-Außenstelle in Kenia wurden dafür laut Time Magazin nicht nur mit unter zwei Dollar die Stunde für ihre Arbeit bezahlt, sondern waren mit teils traumatisierenden Inhalten konfrontiert. Um eine KI manuell zu trainieren, braucht es nämlich Menschen, die die toxischen Inhalte als solche klassifizieren und der KI übermitteln. 

Solche Skandale werfen Fragen auf: Wie können einer KI diskriminierende, sexistische und rassistische Inhalte abtrainiert werden, ohne zugleich in der realen Welt prekäre Arbeitsbedingungen zu bestärken? Im gemeinnützigen Verein “Women in Artificial Intelligence Austria” setzen sich mehrere AI-Expertinnen nicht nur mit den technologischen Aspekten, sondern auch mit der Geschlechterlücke in der Künstlichen Intelligenz auseinander. Damit widmen sie sich einer speziellen Form der Diskriminierung in der KI. Im brutkasten-Gespräch bewerten Jasmin Reisinger und Gabriele Bolek-Fügl von “Women in AI” den Fall ChatGPT und erklären die technologischen Hintergründe und was man in der Branche beachten muss, sodass gerechte Rahmenbedingungen herrschen – sowohl in der Technologie, als auch in der Realität.


Was ist Diskriminierung in der AI und wie findet sie aktuell statt?

Jasmin und Gabriele: Eine Künstliche Intelligenz lernt selbständig auf Basis von sehr vielen Datensätzen, die der Mensch bereitstellt. Diese Datensätze bilden entweder eine Momentaufnahme ab, die die bisherige Realität darstellt – inklusive der Diskriminierung von einzelnen Menschengruppen. Oder sie bilden eine Situation ab, von der umfassende Datensätze vorhanden sind. Bei zweiterem bedeutet dies, dass selten eine ausgewogene Bandbreite der Menschen in den Daten vorhanden ist. Außerdem werden die KI-Modelle von einer homogenen Gruppe von Programmierer:innen erstellt. Auch das ist eine Quelle dafür, dass sich Vorurteile in den Ergebnissen von KI-Systemen widerspiegeln.

Diskriminierung im Kontext von KI bedeutet demnach, dass Interpretationsmuster vom Menschen übernommen werden können. So können negative Diskriminierungsstrukturen entstehen. Um dies zu vermeiden, müssen Trainingsdaten “bereinigt” oder “ergänzt” werden und das ist bei Millionen von Datensätzen keine einfache Aufgabe. Vor dieser Herausforderung steht aktuell OpenAI und deren Chatbot “ChatGPT”, der für sein Können bestaunt und für seine Limitierungen kritisiert wird.

Wie beobachtet bzw. bewertet ihr diesen Sachverhalt rund um OpenAI und deren Umgang mit externen Angestellten?

Jasmin: Der Time-Artikel zu OpenAI hat bestimmte Vorgänge im Hintergrund sehr detailliert beleuchtet, die der breiten Öffentlichkeit vorher unbekannt waren. Wie bereits erwähnt ist die Bereinigung von riesigen Datensätzen eine Herausforderung, zu der es oft (noch) keine einfache Lösung gibt. Dabei sind zwei Perspektiven zu beachten: Einerseits sollte die KI-Industrie bei heiklen Datensätzen nicht auf einfache Lösungen zurückgreifen, die auf der Ausbeutung billiger Arbeitskräfte beruhen, um schnellen technologischen Fortschritt zu erreichen. Andererseits ist die Involvierung von diversen Personengruppen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten zu begrüßen, da sie für ausgewogenere KI-Modelle stehen können.

Gabriele: Die Reaktion der Öffentlichkeit wird OpenAI langfristig dazu zwingen, ethisch unbedenkliche Wege zu finden, wie sie ihre Technologie weiterentwickeln können. Ethische Beurteilungen unterliegen immer einem gesellschaftlichen Diskurs und da stehen wir noch ganz am Anfang. Es ist jedenfalls zu begrüßen, dass die Daten von ChatGPT nach unterschiedlichen Kriterien beurteilt und bereinigt wurden. KI-Systeme anderer Hersteller mussten aufgrund von nicht ausreichend bereinigten Daten bald wieder deaktiviert werden. Ethik ist nicht einfach da. Ethische KI-Systeme bedeuten die Abbildung der gesellschaftlichen Meinung zu einem bestimmten Zeitpunkt, und diese kann sich rasch ändern. Und es bedeutet viel Arbeit, diese Meinung in tausenden Datensätzen abzubilden.

Jasmin: Ich möchte an dieser Stelle jedoch betonen, dass nicht alle KI-Systeme mit Hochrisiko-Datensätzen gefüttert werden (müssen). Die Qualitätssicherung in der Glasindustrie z.B. ist weit weg von Themen wie Rassismus oder Sexismus, und verbessert tatsächlich die Arbeitsprozesse für Arbeitnehmer:innen. Den Fall OpenAI werden wir weiterhin beobachten.

Viele Menschen vergessen bei Künstlicher Intelligenz die manuellen Aspekte – also die Content Moderation hinter der Menschen stehen, die ungefiltert mit sämtlichen Daten konfrontiert werden. Teilweise kann das auch zu einer psychischen Belastung für Arbeitnehmer:inenn führen. Wie kann man sich diese manuellen Aspekte vorstellen?

Jasmin: Um Datensätze als Basis für KI-Systeme nutzen zu können, müssen diese einem “Labeling” unterzogen werden. Der Mensch kennzeichnet dann z.B. die Merkmale einer Katze, damit die KI lernt, woran sie eine Katze erkennen oder von einem Hund unterscheiden kann.

Bei Millionen von Datensätzen muss z.B. im Falle von OpenAI gekennzeichnet werden, welche Daten diskriminierend, rassistisch, sexistisch usw. sind, um qualitativ hochwertige, wertfreie Datensätze zu erzielen. Erst dann kann die KI “gute” Ergebnisse liefern. Vor- oder Nachteile gibt es in dem Sinne nicht. Der steigende Bedarf an “Data Labeling” wird viele Unternehmen lediglich vor eine Herausforderung stellen.

Gabriele: Dass potentiell traumatisierende Informationen von Menschen angesehen werden müssen, um ein Daten Labeling für KI durchzuführen, ist der Realität geschuldet. Diese Daten wurden aus einem bestimmten Grund von Menschen erstellt. Dieser war nicht, als Trainingsdaten für eine KI herangezogen zu werden, sondern Angst, Betroffenheit oder Ähnliches bei anderen Personen zu erzeugen.

OpenAI ist nicht das erste und vermutlich nicht das letzte Unternehmen, bei dem so etwas vorkommt. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass wir jetzt auf einen AI-Hype blicken: Wie muss sich die AI-Branche verändern, damit solche Arbeitsbedingungen aufgehalten werden?

Gabriele: Wollen wir ethische KI-Systeme, so muss vorher ein gesellschaftlicher Diskurs zu den ethischen Werten stattfinden. Dann kann versucht werden, diese in den KI-Modellen abzubilden. Bekannt ist das Beispiel, ob ein selbstfahrendes Auto eher einen 80-jährigen Mann bei einer unausweichlichen Kollision verletzen soll oder die Mutter mit Kinderwagen.

Die Auslagerung des “Data Labeling” in andere Länder mit billigeren Kostenstrukturen und Lohn hat auch mehrere Aspekte. Aus Diversitätsgründen ist es einerseits zu begrüßen, außerdem werden so auch Arbeitsplätze mit für die Länder meist gutem Lohn geschaffen. Andererseits werden häufig jene Sachverhalte ausgelagert, die man den eigenen Angestellten nicht zumuten möchte. Das ist ethisch sicher bedenklich.

Da Millionen von Datensätzen gelabelt werden müssen, sind die KI-Unternehmen darauf angewiesen, in andere Länder auszuweichen, um die Kosten für die KI-Systeme nicht immens hoch werden zu lassen und die Arbeit parallel zur Entwicklung durchzuführen. Kosten KI-Systeme letztendlich zu viel, werden sie von nur wenigen Kund:innen genutzt. Es verzerrt den Wettbewerb noch mehr, wenn diese Methodik nur einem kleinen Benutzerkreis zur Verfügung steht, der sich hohe Kosten leisten kann.

Jasmin: Zusätzlich ist noch der geografische Aspekt zu beachten. In Europa herrscht im Gegensatz zu den USA ein Bestreben nach regulierten, vertrauenswürdigen KI-Systemen. Hier wird durchaus betont, dass sowohl in technischer als auch gesellschaftlicher Hinsicht, kein Schaden angerichtet, sondern ausschließlich positive wirtschaftliche und gesellschaftliche Beiträge geleistet werden sollen. Ein konkreter Rechtsrahmen fehlt zwar auch hier noch, aber die Richtung stimmt. Langfristig werden Länder wie die USA an Regulierungen und Leitlinien feilen müssen, wenn sie das Vertrauen der Benutzer:innen erlangen bzw. behalten wollen.

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Die EnerCube-Gründer Laurenz Sutterlüty und David Riedl | (c) Kathrin Gollackner Fotografie
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Der Anteil fossiler Energieträger bei Heizungen liegt im EU-Schnitt nach wie vor über 75 Prozent. Die Umrüstung muss aber in den kommenden 15 bis 20 Jahren erfolgen. Und dabei erfreuen sich Wärmepumpen immer größerer Beliebtheit. So ein System in einem bestehenden Gebäude zu installieren, kann das aber ganz schön aufwändig werden. EnerCube aus dem Salzburger Seekirchen am Wallersee setzt mit seinem Produkt hier an und wird dabei von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt.

Gesamte Anlage in einem Modul

“Die Installation, Planung und Koordination eines gängigen Wärmepumpen-Systems für ein Mehrfamilienhaus braucht vor Ort zwischen 200 und 500 Stunden. Mit unserem System sind es nur etwa 100 Stunden”, erklären die beiden EnerCube-Gründer Laurenz Sutterlüty und David Riedl. Und wie machen sie und ihr aktuell sechs Personen starke Team das? “Wir bauen die gesamte Anlage inklusive Heizraum in ein einziges, bei uns im Werk vorgefertigtes Modul, das etwa so groß ist, wie ein Autoparklplatz und vor dem Gebäude installiert wird”, erklärt Sutterlüty. Es müsse also kein Platz im Gebäude geschaffen werden und man könne auch im Winter umrüsten.

So sieht das Modul aus | (c) EnerCube

Bis zu 40 Wohneinheiten mit einer EnerCube-Einheit

Je nach Ausführung – EnerCube bietet drei verschiedene – können damit bis zu 40 Wohneinheiten beheizt werden – auch in voneinander getrennten Mehrparteienhäusern. “Durch eine optimierte Anordnung des Hydraulik- und Schichtspeichersystems, sowie den Einsatz hochwertigster Anlagenkomponenten, kommen wir auf 36 Prozent mehr Effizienz als durchschnittliche Systeme. Und mit einem FFG-geförderten und patentierten System haben wir den Schall um die Hälfte reduziert, damit die Anlagen selbst in eng bebauten Wohngebieten eingesetzt werden können”, erklärt Sutterlüty.

“Wir bleiben im B2B-Segment”

Aufgrund der Außeninstallation liegt der Fokus von EnerCube aktuell klar auf Mehrparteienhäusern im suburbanen Bereich. “Wir arbeiten aber auch an einer Lösung für den innerstädtischen Bereich”, verraten die beiden Gründer. Klar ist für sie aber: “Wir bleiben im B2B-Segment mit größeren Wohneinheiten. Dort ist unser System richtig skalierbar. Für Einfamilienhäuser gibt es schon kostengünstige Lösungen am Markt – da wollen wir nicht mitspielen. Bei großen Wohnanlagen tun sich andere Hersteller dagegen schwer mit standardisierten Lösungen.”

Großes Immobilienunternehmen erteilt Großaufträge

Und das Konzept geht wirtschaftlich auf. Im Februar 2023 gegründet, kommt EnerCube dieses Jahr auf zehn Module für insgesamt 200 Wohneinheiten – allesamt für ein bekanntes, großes Immobilienunternehmen. Im kommenden Jahr gibt es bereits Zusagen für Aufträge von über 30 Modulen. “Wir haben ein siebenstelliges Auftragsvolumen und sind Cashflow-positiv”, so Riedl.

Bis zu 80 Module im Jahr im EnerCube-Werk

Doch es gibt natürlich auch klare Wachstumspläne. Das maximale Produktionsvolumen in der Werkshalle in Salzburg liege bei 80 Einheiten pro Jahr, sagt der Gründer: “Wir haben auch schon Überlegungen für eine Produktionserweiterung.” Aktuell fertigt das Team seine Systeme hauptsächlich für Deutschland. Zielmarkt ist aber der gesamte DACH-Raum – und perspektivisch noch mehr.

“Ohne aws Preseed wäre das alles gar nicht möglich gewesen”

In der Finanzierung von all dem verzichtete EnerCube bislang auf klassische Startup-Investments. “Die Überlegung besteht aber für die Zukunft, um noch schneller skalieren zu können”, erklärt Riedl. Kapital von außen holte sich das Startup aber durchaus. “Wir haben das Material für unseren Prototypen über aws Preseed finanziert. Ohne das wäre das alles gar nicht möglich gewesen. So konnten wir schon aus der Garage hinaus das Produkt erfolgreich am Markt platzieren”, erzählen die Gründer.

Auch aws Seedfinancing und hilfreiche Workshops für EnerCube

Mittlerweile hat EnerCube auch eine aws-Seedfinancing-Förderung über die Programmschiene Innovative Solutions in Anspruch genommen, um den Ausbau voranzutreiben. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Und auch sonst half die aws dem Startup in mehreren Bereichen weiter, wie Sutterlüty sagt: “Die Workshops waren für uns sehr hilfreich, etwa beim Thema IP. Das hat uns einen klaren Anreiz gebracht, Patente einzureichen und dieses Thema stärker anzugehen.” Denn auch bei der Weiterentwicklung des Produkts, hat EnerCube noch einiges vor.

*Disclaimer: Das Porträt entstand in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws).

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