27.07.2022

Salzburg-AG-CEO Schitter fordert “Radikalität” bei Energiewende

Der Chef der Salzburg AG spricht sich für eine Priorisierung von 200 Energieprojekten in Österreich aus und ist gegen Fracking im Weinviertel und gegen Atomstrom. 
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Leonhard Schitter, CEO der Salzburg AG, im Studio des brutkastens © brutkasten Media
Leonhard Schitter, CEO der Salzburg AG, im Studio des brutkastens © brutkasten Media

“Vertraglich und technisch” werde es ein bis eineinhalb Jahre dauern, bis der Österreich von russischem Gas unabhängig sein könnte, sagt Salzburg-AG-CEO Leonhard Schitter im Gespräch mit dem brutkasten. In jedem Fall müsse man dann aber mit weiteren Preissteigerungen rechnen und “wir dürfen uns auch in keine Flüssiggas-Abhängigkeit bewegen”, mahnt der Manager Umsicht beim Umstieg auf andere Gasquellen ein. Langfristig müsse der Ausstieg aus fossilen Quellen das Ziel bleiben. Die Salzburg AG selbst beziehe derzeit 40 Prozent des Gases aus Russland, 40 Prozent aus Norwegen und 20 Prozent aus Österreich. “Wir haben uns schon vor Jahren eine größere Unabhängigkeit zum Ziel gesetzt und stehen deshalb jetzt ein wenig besser da als andere in Österreich”. 

Gasspeicher Haidach bis Mitte August gut gefüllt

Schitter kommt von einem Besuch des Bundespräsidenten Alexander van der Bellen beim Gasspeicher Haidach 5 am Dienstag. Im Flachgau steht ein Erdgasgroßsspeicher, der bisher teilweise vom russischen Energiekonzern Gazprom befüllt wurde. Gazprom hat die Nutzungsrechte dafür verloren und nun soll der Speicher helfen, die Gasspeicherziele für Österreich bis Herbst zu erreichen. Schitter rechnet damit, dass die Speicherstände schon Mitte August so voll sind, dass “wir verhältnismäßig gut durch den Winter kommen”. Für die Privathaushalte sieht er die Versorgung vollständig gesichert, bei Betrieben könne es aber sehr wohl Einschränkungen geben. 

1 bis 2 Grad kälter “kaum zu merken”

Derzeit rechnet der Salzburg-AG-Chef nicht damit, dass Russland die Gaslieferungen vollständig einstellt. Sollte das im Winter doch passieren, “haben wir ein Problem”, sagt Schitter. Dann trete der Energielenkungsfall ein und Teile der Industrie könnten abgedreht werden müssen. Für diesen Fall fehlt es dem Manager noch an Planungssicherheit: “Die klare Sprache geht mir derzeit ab”. Die Wahrheit sei den Unternehmen zumutbar. 20 Prozent des Gases müssen für Gaskraftwerke reserviert bleiben, da es sonst zu einer Stromkrise komme. Dann liegt die Priorität im Energielenkungsfall auf Privathaushalten und geschützten Kunden wie Krankenhäusern. Was übrig bleibt, wird auf Industrie und Betriebe aufgeteilt. Deshalb sei Sparen das Gebot der Stunde – Schitter gibt ein Beispiel aus der Salzburg AG: Würde bei der Fernwärme die Temperatur um zwei Grad reduziert, ergäbe das eine Einsparung im Energieeinsatz von fast 20 Prozent. “Eine geringere Temperatur um ein bis zwei Grad wird man wahrscheinlich kaum merken”.  

Energiewende bis 2030 “wird sich nicht ausgehen”

Gleichzeitig sieht Schitter eine große Dringlichkeit beim Ausbau Erneuerbarer Energie. Dabei dürfe man den Ausbau nicht romantisieren: “Das wird auch sichtbar werden”, sagt der CEO in Hinblick auf neue Anlagen. Derzeit ist eine UVP-Novelle in Begutachtung, die die Verfahren für neue PV-Anlagen, Windräder und Wasserkraftwerke beschleunigen soll. Die Novelle sei ein erster wichtiger Schritt, so Schitter, der aber nicht glaubt, dass sich der geplante Komplett-Umstieg bis 2030 ausgehen wird. 

Zur Erinnerung: Österreich hat sich vorgenommen, bis 2030 den gesamten Energiebedarf über erneuerbare Quellen abdecken zu können. Dafür ist ein Zubau von 27 Terawattstunden notwendig. Zum Vergleich: Das Wasserkraftwerk Freudenau in Wien erzeugt etwas mehr als eine Terawattstunde Strom pro Jahr. 27 Terawattstunden entsprechen ungefähr dem Gesamtjahresverbrauch von Dänemark. Dafür müsste man alle drei bis vier Minuten eine PV-Anlage errichten, meint Schitter. Allerdings: “12 bis 16 Terawattstunden haben wir aber bereits an Projekten vorliegen und die könnten sofort umgesetzt werden, wenn die Verfahren nicht so lange dauern würden”. 

Kein Erdgas-Fracking im Weinviertel

Ob der Ausbau nun ein oder zwei Jahre länger dauert, sei nicht so wichtig, findet Schitter. “Es ist wichtig, dass wir ins Tun kommen”. Er fordert eine Liste an 200 spannendsten Projekten, die die Unabhängigkeit von fossilen Quellen vorantreiben. Diese Liste müsse “politisch abgesegnet” sein und durch stark beschleunigte Verfahren gehen. “Es braucht eine klare Priorisierung” und auch eine “gewisse Radikalität”. Nicht auf diese Liste würde er jedenfalls Atomstrom setzen und vertritt damit die österreichische Linie in der EU: “Atom kann nicht grün sein”. Jeder Cent, der in Atomstom gesteckt wird, fehle an anderer Stelle. Auch von der Idee, im Weinviertel Gas mittels Fracking zu gewinnen, hält er wenig: “Setzen wir lieber bestehende Projekte und Technologien um, damit haben wir genug zu tun” und er plädiert dafür, nicht den Mut zu verlieren: “Die Energiewende ist ein Generationenprojekt; wir brauchen Optimismus”. 

Angesprochen auf mögliche Gewinnabschöpfungen bei Energieunternehmen, winkt Schitter ab: “Wir gehen von keinen besonderen Gewinnen aus”. Die Salzburg AG müsse Gas selbst teuer zukaufen – für das Gas in Haidach 5 sei im Vergleich zum Vorjahr für diese Menge der fünffache Preis fällig gewesen. 

Salzburg AG: Leonhard Schitter im Talk mit dem brutkasten

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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