29.01.2021

Die Selbstdemontage von Robinhood

Gamestop war der Anfang. Jetzt revoltieren amerikanische Kleinanleger gegen ihren angeblichen Verbündeten: Die Broker-App Robinhood.
/artikel/robinhood-gamestop
Robinhood
Nikolaus Jilch | Hintergrund (c) Robin Hood

Die Story um Gamestop, WallStreetBets, Hedgefonds, Medien und den gewaltigen Unmut einer jungen Generation, die sich im Stich gelassen fühlt, ist in der vergangenen Woche komplett eskaliert. Und das unrühmlichtste Verhalten legt ausgerechnet jener “Neobroker” an den Tag, der vorgibt, an der Seite der jungen Anleger zu stehen. Robinhood. Hier haben wir die App porträtiert. Heute schreiben wir das erste Kapitel über den Untergang von Robinhood.

Die Vorgeschichte: Schon Ende 2019 ist einem User des Reddit-Forums WallStreetBets aufgefallen, dass einige Hedgefonds massive Wetten gegen den Einzelhändler Gamestop eingegangen sind. Was folgte und in den vergangenen Tagen explodierte, ist inzwischen gut dokumentiert. Tausende Kleinanleger (und ein paar große wie Michael Burry, bekannt aus dem Film “The Big Short”) haben die Gegenposition eingenommen. Weil Gamestop ihnen unterbewertet schien.

Wenn Hedgefonds sich verspekulieren

Und weil die Hedgefondsmanager so gierig waren, dass sie mehr Aktien geshortet haben als es eigentlich gibt. Wie und warum das überhaupt möglich ist, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Nur so viel: Wer einen Short öffnet, muss die entsprechende Aktie zu einem bestimmten Zeitpunkt liefern. Geht der Short gut, ist das kein Problem: Man kauft die Aktie am Liefertag billig ein und freut sich über Profite. Geht der Short schlecht und der Kurs steigt, entsteht ein Verlust.

Der Kurs von Gamestop ist in dieser Woche gewaltig gestiegen. Die Hedgefonds hatten ein riesiges Problem. Der bekannteste unter ihnen, Melvin Capital, musste seine Hedgefonds-Freunde von Citadel und Point 72 um Milliarden anbetteln.

Am gestrigen Donnerstag kam dann der Schlag: Ausgerechnet Robinhood, das sich als der “Broker des kleinen Mannes” sieht, stellt den Handel mit Gamestop und anderen Aktien ein, die ins Visier der Reddit-Trader von WallStreetBets geraten sind. Auf Twitter kommt es zu Schreiduellen. In den Appstores wird die App binnen Minuten null Sterne hinuntergeprügelt. Jetzt berichtet die “New York Times”, dass auch Robinhood Notfall-Milliarden von seinen Investoren einsammeln muss, weil man nicht genug Cash bei der Hand hatte, um die gewaltige Handelsaktivität zu managen.

Auf wessen Seite steht Robinhood?

Und jetzt kommen wir zur Krux der Geschichte: Robinhood bietet seinen Kunden kostenfreie Trades an. Wie überall sonst, wo man nichts bezahlt, bedeutet das: Die Daten der Kunden sind die Währung. Geld macht Robinhood nämlich, indem man die Orderdaten, also die Käufe und Verkäufe der Kunden, an Hedgefonds und andere Profianleger verkauft. Die haben dann Millisekunden, um auf Basis dieser Daten selbst Investmententscheidungen zu treffen.

Und wer ist der wichtigste Kunde von Robinhood? Citadel. Jener Hedgefonds der gerade einem anderen Hedgefonds Millionen gegeben hat, um ihn vor Retail-Tradern wie jenen auf Robinhood zu schützen. Das Ergebnis: Binnen Minuten verbreitete sich die Theorie, dass Citadel seinen Einfluss auf Robinhood genutzt hat, um die Kleinanleger aufs Kreuz zu legen. Bei Citadel wird diese Erklärung heftig bestritten. Tatsächlich kauft nicht der Hedgefonds selbst die Robinhood-Daten, sondern eine Subfirma, einen Market Maker, der von der Handelsaktivität getrennt sein soll. Diese Subfirma führt die Orders der Robinhood-Trader aus – und ist angeblich durch eine „chinesische Mauer“ vom Hedgefonds mit dem gleichen Namen getrennt. Außerdem muss man sagen, dass nicht nur Robinhood den Handel mit Gamestop eingestellt hat, sondern auch andere Broker.

Der Anfang vom Ende einer Erfolgsstory?

Aber der Schaden ist getan. Das Geschäftsmodell, Orderdaten an Profiinvestoren zu verkaufen, wird jetzt massiv hinterfragt werden. Die User von Robinhood sind fuchsteufelswild. Ausgerechnet im entscheidenden Moment, der von vielen als „Main Street gegen Wall Street“ interpretiert wird, hat Robinhood seine Nutzer fallen gelassen. Dieses Drama steht erst am Anfang. Ist das das Ende von Robinhood? Das weiß niemand. Aber es ist sicherlich das Ende des Märchens, dass diese App auf der Seite der „kleinen Leute“ steht.

Wer seine eigene Story derart untergräbt, hat es in der blitzschnellen Welt des digitalen Kapitalismus nicht leicht. Und die User sollten sich fragen, ob sie nicht lieber ein bisschen Gebühren zahlen an einen Broker, der ihre Daten nicht verkauft.

Übrigens: Wer die Geschichte von der Revolte der Kleinanleger, die Gordon Gekko in die Knie zwingt, für bare Münze nimmt – dem ist nicht zu helfen. Ja, ein paar Hedgefonds haben draufgezahlt. Aber andere haben in diesen Tagen massiv verdient. Blöd sind die nicht.


Deine ungelesenen Artikel:
20.12.2024

Syncraft: Tiroler GreenTech wandelt Restholz in Energie

Syncraft transformiert in seinen Kraftwerken Waldrestholz in Energie und speist seine Emissionen in Kohle. Dabei will das Scaleup nachhaltig CO2 senken.
/artikel/syncraft-tiroler-greentech-wandelt-restholz-in-energie
20.12.2024

Syncraft: Tiroler GreenTech wandelt Restholz in Energie

Syncraft transformiert in seinen Kraftwerken Waldrestholz in Energie und speist seine Emissionen in Kohle. Dabei will das Scaleup nachhaltig CO2 senken.
/artikel/syncraft-tiroler-greentech-wandelt-restholz-in-energie
Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Die Selbstdemontage von Robinhood