“Bei unserer Regierungsklausur heute und morgen werden wir ein mindestens 14 Milliarden Euro umfassendes Konjunkturpaket erarbeiten – das heißt, das Paket wird mindestens auf Höhe des deutschen Maßnahmenumfangs sein”, verkündete Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck gegen Ende des ersten Tages der Regierungsklausur, die am Montag und Dienstag stattfindet. Neben dem Konjunkturpaket steht dabei auch die Arbeitslosenhilfe im Fokus, die ergänzend zum Arbeitslosengeld ausgezahlt wird und zuletzt für viel Kritik gesorgt hatte.
Zunächst müsse man Unternehmen dabei unterstützen, wieder zu investieren, so Schramböck weiter: “Daher wird es eine Investitionsprämie von mindestens 14 Prozent geben, die dann auch wie bei der Forschungsprämie wirklich Cash ausbezahlt wird.”
Zweitens wird es einen Verlustrücktrag geben, wo derzeitige Verluste mit den Gewinnen der vergangenen zwei Jahre gegengerechnet werden können. “Das bedeutet eine Steuerrückzahlung aus den vergangenen zwei Jahren”, führt die Ministerin weiter aus.
Fixkostenzuschuss, Eigenkapitalfonds und Kreditmoratorium
Weiters wird die Regierung den Fixkostenzuschuss als zweiten großen Kostenblock neben dem Personal um weitere sechs Monate verlängern, heißt es weiter: “Darüber hinaus braucht es ein Paket, um die Eigenkapitalbildung stärker zu incentivieren. Dafür wird es einen Eigenkapitalfonds geben – die Republik übernimmt hier Garantien auch für Eigenkapital, nicht nur für Kredite.” Fünftens wird es ein Kreditmoratorium für alte Kredite geben. “Damit vor allem unsere vielen KMU jetzt fällige Kredite sehr viel später zurückzahlen können”, so Schramböck abschließend in einem Posting auf LinkedIn.
Die vor Kurzem angekündigten zusätzlichen 450 Euro zum bestehenden Arbeitslosengeld sollen an jene Personen ausgezahlt werden, die zwischen Juli und September mindestens zwei Monate auf der Suche nach Beschäftigung waren. Im September wird dann entschieden, ob es weitere Maßnahmen diesbezüglich braucht.
Vorschläge der Opposition zum Arbeitslosengeld
Bereits zuvor war diese Einmalzahlung von der Opposition kritisiert worden – hier hatten die Parteien von der Regierung eine generelle Erhöhung des Arbeitslosengeldes gefordert. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch erneuerte diese Kritik am Montag und forderte einen monatlichen Corona-Zuschuss für die Dauer der Krise für alle Betroffenen. “Ein Corona-Bonus in der Höhe eines 30 prozentigen Zuschlages zum Arbeitslosengeld oder zumindest 10 Euro pro Tag für alle Betroffenen – egal ob für ehemalige Teilzeitbeschäftigte und jetzt SozialhilfebezieherInnen, oder ehemalige Vollzeitbeschäftigte – wäre eine schnelle, administrativ einfache Lösung für ein höheres Monatseinkommen in der Arbeitslosigkeit”, heißt es diesbezüglich in einer OTS-Meldung.
Die NEOS hatten bereits am Sonntag eigene Vorschläge für das Arbeitslosengeld präsentiert: “Statt der von der Regierung geplanten völlig sinnlosen Einmalzahlung schlagen wir eine Staffelung des Arbeitslosengeldes vor, wie es sie in vielen Ländern Europas – beispielsweise in Dänemark oder Schweden, die für ihre guten Sozialsysteme bekannt sind – bereits gibt: Das Arbeitslosengeld würde demnach für vier Monate von derzeit 55 Prozent des Netto-Letztverdienstes auf 65 Prozent erhöht und dann im Zeitverlauf in Stufen abgesenkt werden. Wer länger eingezahlt hat, soll auch länger anspruchsberechtigt sein. Das wäre eine nachhaltige Reform und eine echte Hilfe für die Hunderttausenden Menschen, die durch die Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben. Eine Einmalzahlung schafft diese Sicherheit und dieses Vertrauen nicht,” heißt es dazu von NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker und NEOS-Familiensprecher Michael Bernhard in einer Aussendung.
Generell beschwert man sich bei den NEOS anlässlich der Regierungsklausur über eine eine “Verteilpolitik im Stil von Jörg Haider”, wie es ebenfalls in der Aussendung heißt: “Mit Almosen und Einzelmaßnahmen wie ein Hunderter hier, ein Hunderter da, werden wir nicht aus der Krise kommen. Das ist keine echte Hilfe, das ist teure PR im Stile von Jörg Haider, die nur der Regierung hilft, nicht aber den Bürgerinnen und Bürgern. Türkis-Grün muss endlich den Mut haben, echte Reformen anzugehen.”
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
Wiener Schnitzel, Kaspressknödel und Kaiserschmarrn haben einiges gemeinsam: Sie sind typisch österreichisch. Typisch österreichisch ist leider auch: Bürokratie, Zettelwirtschaft, lange Amtswege und – klarerweise – die deutsche Sprache. Und: Hier und da eine allgemeine Skepsis vor “Unbekanntem”.
In etwa diese Meinung vertreten Founder aus dem Ausland, die ihr Startup in Österreich gegründet haben. Statistisch gesehen sind das gar nicht so wenige: Rund ein Viertel der in Österreich sitzenden Gründer:innen kommen aus dem Ausland. 37 Prozent der heimischen Founder stammen aus Deutschland, 29 Prozent aus anderen EU-Ländern und 18 Prozent aus europäischen Nicht-EU-Staaten. 16 Prozent der zugezogenen Gründer:innen kommen aus Ländern außerhalb Europas.
Abgesehen von Kulinarik und Zettelwirtschaft: Wie sehen migrantische Gründer:innen die (wirtschaftliche) Situation in Österreich? Wird ihnen hierzulande das geboten, was sie sich erhoffen? Und ist es attraktiv, im Alpenland zu bleiben? Wir haben bei zwei internationalen Founder:innen nachgefragt.
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR | Foto: MATR
Eine erfolgreiche Founderin hierzulande ist die Schottin Michaela Stephen. Im Jahr 2022 gründete sie mit Verena Judmayer das ClimateTech-Startup MATR. Die beiden arbeiten an einer nachhaltigen Matratzen-Lösung für die Hotellerie. Das soll Kosten, Ressourcen und Müll sparen und die CO2-Emissionen rund um Kauf, Verwendung und Entsorgung von Matratzen um 40 Prozent reduzieren.
Nach Österreich kam die Schottin nicht primär dem Business, sondern der Liebe wegen. Gegründet hat sie nach ihrem Consulting-Job bei Pioneers.io, wo sie ihre jetzige Business-Partnerin Judmayer kennenlernte.
“Wenn ich Verena nicht hätte – sie ist gebürtige Österreicherin – hätte ich wahrscheinlich kein Startup in Österreich gestartet. Oder es hätte dreimal so lange gebraucht”, sagt sie heute. Dreimal so lange ist noch lange nicht alles. Die Gründerin erzählt von einigen Hürden, die der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich abverlangen.
Ein erstes Hindernis im Gründungsprozess war die Bürokratie. Abgesehen von “viel Papierkram” läuft diese in Österreich fast lückenlos in deutscher Sprache ab, sagt Stephen. Englische Dokument-Versionen sind selten.
“Einen einheitlichen Kanal gibt es nicht”
Zudem findet sich auch ein nicht ganz transparenter Zugang zu Informationen rund um Gründung. “Ich würde mir wünschen, Gründungsinformationen für internationale Founder gesammelt zu finden. Das ist leider etwas zerstreut, einen einheitlichen Kanal gibt es nicht.”
Bürokratie bleibt einem Startup-Founder natürlich nie erspart. Hin und wieder ist es allerdings notwendig, sich Hilfe zu holen. Am besten von jenen, die dieselben oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Auch dahingehend hofft Stephen auf Besserung: “Ich würde mir wünschen, ein Netzwerk für internationale Founder zu haben, die nach Österreich kommen oder hier schon aktiv sind. Gerade am Anfang fehlten mir lokale Kontakte und Unterstützungssysteme. Organisationen wie die Vienna Business Agency machen das bereits sehr gut. Sie versuchen, ein internationales Netzwerk zu schaffen. Dennoch würde ich gerne noch mehr mit internationalen Founder:innen in Austausch treten.”
“Nicht dasselbe Support-System wie Männer”
Nicht zu vergessen: Die Situation rund um Female Founders in Österreich: “Es gibt bereits so viele tolle Anreize für Female Startups – zum Beispiel einen Female Bonus bei einigen Förderstellen”, sagt Stephen. “Dennoch glaube ich, dass Frauen immer noch nicht dasselbe Netzwerk und Support-System haben wie Männer.” Unterrepräsentiert sind sie immerhin nach wie vor, sie bekommen weniger Investments und sie gründen weniger häufiger als reine Männerteams.
Die Gründerin wünscht sich indes “mehr Diversität”, also mehr Frauen- aber auch viel mehr diverse Teams im heimischen Startup-Kosmos. Und sie fordert einen grundlegenden Mindset-Change. Ohne diesen helfen Initiativen nur wenig: “Es gibt viele Initiativen, die Frauen und Diversität fördern. Aber ein grundlegender, gesellschaftlicher Konsens ist dazu noch nicht da.”
Anfangen sollte man damit allerdings nicht erst in der Privatwirtschaft: “Junge Menschen, gerade Mädchen, sollte man schon in Schulen über das Unternehmertum informieren und ihnen mögliche Berufswege oder -chancen aufzeigen. Jede Schülerin sollte wissen, dass sie mit ihren Skills ein Unternehmen aufbauen kann und dafür auch die richtige Unterstützung erhält.”
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Stephen plädiert für ein allgemein einfacheres Gründen in Österreich. Unter anderem auch in Hinblick auf das Erhalten der Rot-Weiß-Rot-Karte. Auch Steuererleichterungen für Startups sieht sie als effizientes Vehikel. Barrieren – seien sie sprachlich, bürokratisch oder beides in Kombi – bremsen nicht nur die Gründungsaktivität, sondern beeinflussen vor allem die Stellung des Landes im internationalen Wettbewerb.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern und diverse Teams. Einige Studien zeigen, dass diverse Teams einfach besser performen als nicht-diverse. Ich bin für mehr Angebote, die es Fachkräften erleichtern, nach Österreich zu kommen. Und für mehr Vernetzung sowie für einfache Kommunikation, für mehr transparente Information und einen offenen Umgang miteinander.”
Eric Weisz, Co-Gründer von Circly
Eric Weisz, Co-Founder con Circly | Foto: Tanja Schalling
Auch der Zweifachgründer Eric Weisz hat sein Heimatland hinter sich gelassen. Der Deutsche ist – ebenso wie Michaela – der Liebe wegen nach Österreich gezogen. 2020 gründete er das DeepTech-Startup Circly.
Weisz hat sich mit Circly auf eine Lösung für KI-basierte Forecasts fokussiert. Die Modelle des Startup sind auf Produktions- und Handelsunternehmen spezialisiert, um Effizienz zu steigern und Kosten in der Logistik zu senken.
Zur Gründungssituation in Österreich hat er eine klare Meinung: “Ich muss dir sagen, dass ich die permanente Frustration aller anderen kaum verstehe. Im Software- und DeepTech-Bereich waren die Bedingungen hier grandios.”
Informationspaket zur Gründung
Mit bürokratischen Abläufen war der Founder vertraut. Immerhin handelte es sich bei Circly um seine zweite Gründung: “Ich fand die Gründung super einfach. Und es wird ja mit der Zeit jetzt noch einfacher. Ich komme immerhin aus Deutschland und da bin ich Bürokratie gewohnt. Jedoch verstehe ich aber den Einwand von nicht-deutschsprachigen Kolleg:innen.” Von einem Einwand sollte man sich jedoch nicht abhalten lassen, sonst sei man als Gründer:in nicht geeignet, wenn es schon an Formalitäten scheitert, meint er.
“Es wäre vielen Foundern sehr geholfen, wenn wir die Grundinformation zum Gründen mitsamt allen Fristen, Terminen und Zahlungen in einer Art Informationspaket zur Verfügung hätten. Dann könnten sich die Leute auf den Aufbau ihres Startups fokussieren.”
“Internationale Gründer:innen gehen Probleme anders an”
Immerhin braucht der Staat Gründer:innen, denn “die Privatwirtschaft finanziert den Staat”. Und dass sich dafür vor allem Founder aus anderen Breiten- und Längengraden eignen, weiß Weisz aus Erfahrung:
“Wenn ich mit Gründer:innen aus den USA spreche, fällt mir immer wieder auf, dass wir in Österreich noch sehr konservativ sind. Wir denken meistens zwar nachhaltig, haben aber oft nicht das Big Picture im Kopf. Internationale Gründer:innen gehen anders an Probleme heran. Sie bringen andere Facetten und neue Technologien ein, die wir vielleicht übersehen hätten.”
Damit sei es noch nicht getan: “Was mich am Unternehmertum in Österreich leider wirklich stört: Die Nebenkosten.” Unternehmen ohne Risikokapital aufzubauen und wachsen zu lassen, sei im technologischen Umfeld selten möglich, so der Founder.
Finanziell brauche es Starthilfen: “Österreich hat eine sehr starke Förderlandschaft, gar keine Frage. Aber für wirkliches Unternehmertum braucht es in gewissen Bereichen ein Startkapital. Ich denke, dass die Kapitallandschaft hier wesentlich spannender strukturiert sein könnte.”
Schließlich würde eine offene Kapitalstruktur nicht nur den “Ecospace bekräftigen”, sondern auch den Standort attraktiv machen: “Ich denke, die Grundaufgabe von Gründern ist der Vertrieb, das Netzwerken, die Kundenkommunikation und der Fokus auf das Kerngeschäft. Das Drumherum sollte attraktiver gestaltet werden. Da rede ich nicht nur vom formellen Gründungsprozess, sondern auch von der Infrastruktur rund um Finanzierungen. Je nachdem, in welchem Markt man sich bewegt, kann nicht jeder einfach bootstrappen oder sich von heute auf morgen eine Sales-Maschinerie aufbauen.”
“Österreich ist wie ein gallisches Dorf”
Für Circly geht die Reise vorerst in den Zielmärkten Österreich, Deutschland und den Niederlanden weiter. In puncto Venture Capital blickt man über Landesgrenzen: “Für die erste Finanzierungsrunde geht es noch, aber spätestens für die zweite Runde ist Österreich oft nicht geeignet. Das ist keine Beschwerde, sondern das ist, glaube ich, einfach ein Fakt.”
“Österreich ist ein bisschen wie ein gallisches Dorf. Da würde ich mir einen kulturellen Wandel wünschen. Und zwar, dass man risikobereit ist und neue Dinge ausprobiert”, meint Weisz weiter. Aktuell sei Circly zu großen Teilen in Deutschland aktiv – von Österreich aus. “Weil wir in Deutschland merken, dass die Kultur etwas unternehmensfreudiger ist. Die Unternehmen hören uns zu und sie wollen neue Dinge ausprobieren. Das sehen wir in Österreich eher seltener.”
Der Founder sieht dies als Resultat einer konservativen Denkstruktur: “Hier ist man eher skeptischer oder zweifelt etwas an, bevor man es probiert.” Es sei an der Zeit, die “Ärmel hochzukrempeln”: “Andere Länder sind auch nicht perfekt, aber sie sind sicherlich ein bisschen offener.”
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
Wiener Schnitzel, Kaspressknödel und Kaiserschmarrn haben einiges gemeinsam: Sie sind typisch österreichisch. Typisch österreichisch ist leider auch: Bürokratie, Zettelwirtschaft, lange Amtswege und – klarerweise – die deutsche Sprache. Und: Hier und da eine allgemeine Skepsis vor “Unbekanntem”.
In etwa diese Meinung vertreten Founder aus dem Ausland, die ihr Startup in Österreich gegründet haben. Statistisch gesehen sind das gar nicht so wenige: Rund ein Viertel der in Österreich sitzenden Gründer:innen kommen aus dem Ausland. 37 Prozent der heimischen Founder stammen aus Deutschland, 29 Prozent aus anderen EU-Ländern und 18 Prozent aus europäischen Nicht-EU-Staaten. 16 Prozent der zugezogenen Gründer:innen kommen aus Ländern außerhalb Europas.
Abgesehen von Kulinarik und Zettelwirtschaft: Wie sehen migrantische Gründer:innen die (wirtschaftliche) Situation in Österreich? Wird ihnen hierzulande das geboten, was sie sich erhoffen? Und ist es attraktiv, im Alpenland zu bleiben? Wir haben bei zwei internationalen Founder:innen nachgefragt.
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR | Foto: MATR
Eine erfolgreiche Founderin hierzulande ist die Schottin Michaela Stephen. Im Jahr 2022 gründete sie mit Verena Judmayer das ClimateTech-Startup MATR. Die beiden arbeiten an einer nachhaltigen Matratzen-Lösung für die Hotellerie. Das soll Kosten, Ressourcen und Müll sparen und die CO2-Emissionen rund um Kauf, Verwendung und Entsorgung von Matratzen um 40 Prozent reduzieren.
Nach Österreich kam die Schottin nicht primär dem Business, sondern der Liebe wegen. Gegründet hat sie nach ihrem Consulting-Job bei Pioneers.io, wo sie ihre jetzige Business-Partnerin Judmayer kennenlernte.
“Wenn ich Verena nicht hätte – sie ist gebürtige Österreicherin – hätte ich wahrscheinlich kein Startup in Österreich gestartet. Oder es hätte dreimal so lange gebraucht”, sagt sie heute. Dreimal so lange ist noch lange nicht alles. Die Gründerin erzählt von einigen Hürden, die der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich abverlangen.
Ein erstes Hindernis im Gründungsprozess war die Bürokratie. Abgesehen von “viel Papierkram” läuft diese in Österreich fast lückenlos in deutscher Sprache ab, sagt Stephen. Englische Dokument-Versionen sind selten.
“Einen einheitlichen Kanal gibt es nicht”
Zudem findet sich auch ein nicht ganz transparenter Zugang zu Informationen rund um Gründung. “Ich würde mir wünschen, Gründungsinformationen für internationale Founder gesammelt zu finden. Das ist leider etwas zerstreut, einen einheitlichen Kanal gibt es nicht.”
Bürokratie bleibt einem Startup-Founder natürlich nie erspart. Hin und wieder ist es allerdings notwendig, sich Hilfe zu holen. Am besten von jenen, die dieselben oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Auch dahingehend hofft Stephen auf Besserung: “Ich würde mir wünschen, ein Netzwerk für internationale Founder zu haben, die nach Österreich kommen oder hier schon aktiv sind. Gerade am Anfang fehlten mir lokale Kontakte und Unterstützungssysteme. Organisationen wie die Vienna Business Agency machen das bereits sehr gut. Sie versuchen, ein internationales Netzwerk zu schaffen. Dennoch würde ich gerne noch mehr mit internationalen Founder:innen in Austausch treten.”
“Nicht dasselbe Support-System wie Männer”
Nicht zu vergessen: Die Situation rund um Female Founders in Österreich: “Es gibt bereits so viele tolle Anreize für Female Startups – zum Beispiel einen Female Bonus bei einigen Förderstellen”, sagt Stephen. “Dennoch glaube ich, dass Frauen immer noch nicht dasselbe Netzwerk und Support-System haben wie Männer.” Unterrepräsentiert sind sie immerhin nach wie vor, sie bekommen weniger Investments und sie gründen weniger häufiger als reine Männerteams.
Die Gründerin wünscht sich indes “mehr Diversität”, also mehr Frauen- aber auch viel mehr diverse Teams im heimischen Startup-Kosmos. Und sie fordert einen grundlegenden Mindset-Change. Ohne diesen helfen Initiativen nur wenig: “Es gibt viele Initiativen, die Frauen und Diversität fördern. Aber ein grundlegender, gesellschaftlicher Konsens ist dazu noch nicht da.”
Anfangen sollte man damit allerdings nicht erst in der Privatwirtschaft: “Junge Menschen, gerade Mädchen, sollte man schon in Schulen über das Unternehmertum informieren und ihnen mögliche Berufswege oder -chancen aufzeigen. Jede Schülerin sollte wissen, dass sie mit ihren Skills ein Unternehmen aufbauen kann und dafür auch die richtige Unterstützung erhält.”
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Stephen plädiert für ein allgemein einfacheres Gründen in Österreich. Unter anderem auch in Hinblick auf das Erhalten der Rot-Weiß-Rot-Karte. Auch Steuererleichterungen für Startups sieht sie als effizientes Vehikel. Barrieren – seien sie sprachlich, bürokratisch oder beides in Kombi – bremsen nicht nur die Gründungsaktivität, sondern beeinflussen vor allem die Stellung des Landes im internationalen Wettbewerb.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern und diverse Teams. Einige Studien zeigen, dass diverse Teams einfach besser performen als nicht-diverse. Ich bin für mehr Angebote, die es Fachkräften erleichtern, nach Österreich zu kommen. Und für mehr Vernetzung sowie für einfache Kommunikation, für mehr transparente Information und einen offenen Umgang miteinander.”
Eric Weisz, Co-Gründer von Circly
Eric Weisz, Co-Founder con Circly | Foto: Tanja Schalling
Auch der Zweifachgründer Eric Weisz hat sein Heimatland hinter sich gelassen. Der Deutsche ist – ebenso wie Michaela – der Liebe wegen nach Österreich gezogen. 2020 gründete er das DeepTech-Startup Circly.
Weisz hat sich mit Circly auf eine Lösung für KI-basierte Forecasts fokussiert. Die Modelle des Startup sind auf Produktions- und Handelsunternehmen spezialisiert, um Effizienz zu steigern und Kosten in der Logistik zu senken.
Zur Gründungssituation in Österreich hat er eine klare Meinung: “Ich muss dir sagen, dass ich die permanente Frustration aller anderen kaum verstehe. Im Software- und DeepTech-Bereich waren die Bedingungen hier grandios.”
Informationspaket zur Gründung
Mit bürokratischen Abläufen war der Founder vertraut. Immerhin handelte es sich bei Circly um seine zweite Gründung: “Ich fand die Gründung super einfach. Und es wird ja mit der Zeit jetzt noch einfacher. Ich komme immerhin aus Deutschland und da bin ich Bürokratie gewohnt. Jedoch verstehe ich aber den Einwand von nicht-deutschsprachigen Kolleg:innen.” Von einem Einwand sollte man sich jedoch nicht abhalten lassen, sonst sei man als Gründer:in nicht geeignet, wenn es schon an Formalitäten scheitert, meint er.
“Es wäre vielen Foundern sehr geholfen, wenn wir die Grundinformation zum Gründen mitsamt allen Fristen, Terminen und Zahlungen in einer Art Informationspaket zur Verfügung hätten. Dann könnten sich die Leute auf den Aufbau ihres Startups fokussieren.”
“Internationale Gründer:innen gehen Probleme anders an”
Immerhin braucht der Staat Gründer:innen, denn “die Privatwirtschaft finanziert den Staat”. Und dass sich dafür vor allem Founder aus anderen Breiten- und Längengraden eignen, weiß Weisz aus Erfahrung:
“Wenn ich mit Gründer:innen aus den USA spreche, fällt mir immer wieder auf, dass wir in Österreich noch sehr konservativ sind. Wir denken meistens zwar nachhaltig, haben aber oft nicht das Big Picture im Kopf. Internationale Gründer:innen gehen anders an Probleme heran. Sie bringen andere Facetten und neue Technologien ein, die wir vielleicht übersehen hätten.”
Damit sei es noch nicht getan: “Was mich am Unternehmertum in Österreich leider wirklich stört: Die Nebenkosten.” Unternehmen ohne Risikokapital aufzubauen und wachsen zu lassen, sei im technologischen Umfeld selten möglich, so der Founder.
Finanziell brauche es Starthilfen: “Österreich hat eine sehr starke Förderlandschaft, gar keine Frage. Aber für wirkliches Unternehmertum braucht es in gewissen Bereichen ein Startkapital. Ich denke, dass die Kapitallandschaft hier wesentlich spannender strukturiert sein könnte.”
Schließlich würde eine offene Kapitalstruktur nicht nur den “Ecospace bekräftigen”, sondern auch den Standort attraktiv machen: “Ich denke, die Grundaufgabe von Gründern ist der Vertrieb, das Netzwerken, die Kundenkommunikation und der Fokus auf das Kerngeschäft. Das Drumherum sollte attraktiver gestaltet werden. Da rede ich nicht nur vom formellen Gründungsprozess, sondern auch von der Infrastruktur rund um Finanzierungen. Je nachdem, in welchem Markt man sich bewegt, kann nicht jeder einfach bootstrappen oder sich von heute auf morgen eine Sales-Maschinerie aufbauen.”
“Österreich ist wie ein gallisches Dorf”
Für Circly geht die Reise vorerst in den Zielmärkten Österreich, Deutschland und den Niederlanden weiter. In puncto Venture Capital blickt man über Landesgrenzen: “Für die erste Finanzierungsrunde geht es noch, aber spätestens für die zweite Runde ist Österreich oft nicht geeignet. Das ist keine Beschwerde, sondern das ist, glaube ich, einfach ein Fakt.”
“Österreich ist ein bisschen wie ein gallisches Dorf. Da würde ich mir einen kulturellen Wandel wünschen. Und zwar, dass man risikobereit ist und neue Dinge ausprobiert”, meint Weisz weiter. Aktuell sei Circly zu großen Teilen in Deutschland aktiv – von Österreich aus. “Weil wir in Deutschland merken, dass die Kultur etwas unternehmensfreudiger ist. Die Unternehmen hören uns zu und sie wollen neue Dinge ausprobieren. Das sehen wir in Österreich eher seltener.”
Der Founder sieht dies als Resultat einer konservativen Denkstruktur: “Hier ist man eher skeptischer oder zweifelt etwas an, bevor man es probiert.” Es sei an der Zeit, die “Ärmel hochzukrempeln”: “Andere Länder sind auch nicht perfekt, aber sie sind sicherlich ein bisschen offener.”
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