27.02.2017

refugees{code}: Flüchtlinge zu Programmierern machen

Studien und Zahlen belegen in regelmäßigen Abständen, dass es Flüchtlinge am europäischen Arbeitsmarkt nicht gerade leicht haben. Das Wiener Startup refugees{code} bringt Flüchtlingen das Programmieren bei, um so die Chancen auf einen Job zu erhöhen.
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Das Wiener Startup refugees{code} bringt geflüchteten Menschen das Programmieren bei. ramzi hachicho - fotolia.com

Zweimal pro Woche findet an der Technischen Universität eine Lehrveranstaltung der etwas anderen Art statt. Die Vortragenden sind selbst Informatikstudenten und die “eigentlichen Studenten” sind Geflüchtete. Auf dem Lehrplan steht Programmieren – Java, C und alles was dazugehört.

Teilnahme an keinen Status gebunden

“Es gab an der TU bereits vereinzelt Kurse, die für Flüchtlinge offen waren. Wir haben vergangenes Semester einen davon übernommen und versucht unser Programm zu etablieren”, sagt Stefan Steinberger, Founder und Initiator von refugees{code}. Ziel sei es, die geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Teilnahme ist an keine rechtlichen Voraussetzungen, wie den Asylwerber-Status, gebunden. Das Beherrschen der englischen Sprache, die Motivation Programmieren zu lernen und die zeitliche Verfügbarkeit sind die einzigen Voraussetzungen. “Im schlimmsten Fall muss einer unserer Teilnehmer Österreich wieder verlassen. Dann hat er aber zumindest etwas gelernt, das er überall auf der Welt einsetzen kann”, erklärt Steinberger.

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Problem: Hohe Dropout-Rate

Steinberger und seine zwei Co-Founder hatten im Sommer 2016 die Wahl, ein Semester vergehen zu lassen und das Konzept zu konkretisieren, oder einfach zu starten: “Entschieden haben wir uns glücklicherweise für zweiteres.” Als erste große Hürde sollte sich dann die hohe Dropout-Rate entpuppen. Die Gründe dafür waren unterschiedlicher Natur: Terminkollisionen mit Deutschkursen oder falsche  Erwartungen an den Kursinhalt. Deshalb gab es für die beiden Kurse fürs Sommersemester einen Bewerbungsprozess, indem derartige Missverständnisse und andere Hindernisse geklärt wurden. Der Andrang war groß. Für die 40 angebotenen Plätze gab es 128 Bewerber.  “Ein Bewerbungsprozess motiviert die Teilnehmer zu bleiben. Wenn man sie vorab fordert, haben sie das Gefühl, es wirklich verdient zu haben, dabei zu sein”, sagt Steinberger, der zusätzlich Vollzeit als Lehrer in einer Schule in Ottakring unterrichtet.

Redaktionstipps

Studenten bekommen ECTS

Klarerweise tut sich schnell einmal die Frage auf: “Wer finanziert diese Kurse?” – refugees{code} hat gemeinsam mit der TU eine interessante Lösung dafür gefunden. Die unterrichtenden Studenten bekommen 3 ECTS für die Lehrveranstaltung. “Es ist eine optimale Lösung. Es muss kein Lehrer im klassischen Sinn bezahlt werden und die Freiwilligen gehen uns auch nicht aus”, freut sich Steinberger. Darüberhinaus sei es auch für die lehrenden Studenten eine tolle Erfahrung, den Hörsaal von der anderen Seite zu sehen. Im Sommersemester wird zusätzlich ein Aufbaukurs für jene angeboten, die den vorigen Kurs erfolgreich abgeschlossen haben.

“Im schlimmsten Fall muss ein Teilnehmer Österreich wieder verlassen. Dann hat er aber etwas gelernt, das er überall auf der Welt einsetzen kann.”

Auch Österreicher im Kurs

“Die Integration soll bereits im Kurs beginnen. Deshalb sind fünf Plätze für Österreicher eingerechnet”, erklärt Steinberger. Es werden immer wieder Kleingruppen gebildet und jeder dieser Kleingruppen wird ein heimischer Student zugewiesen. Die Österreicher sind reguläre Kursteilnehmer, stellen aber auch für die Organisatoren eine große Hilfe dar. Einerseits können sie Feedback über die Teilnehmer abgeben und andererseits helfen sie den Flüchtlingen automatisch beim Deutsch lernen bzw im besten Fall auch mit sozialen Kontakten. Die Lehrveranstaltung wird allerdings auf Englisch gehalten.

“Freuen uns über TeilnehmerINNEN”

Wenig überraschend, ist der Großteil der Teilnehmer männlich, es haben sich allerdings auch Damen gefunden. “Eine Dame hat im vorigen Semester wegen Terminkollisionen mit ihrem Deutschkurs abgebrochen. Sie hat sich wieder beworben und weitere Damen mitgebracht. Das freut uns ganz besonders, denn wir möchten nicht nur Nationalitäten, sondern wenn möglich auch die Geschlechter durchmischen.”

“Eine Teilnehmerin hat sich wieder beworben und weitere Damen mitgebracht.”

Unternehmen können helfen

refugees{code} sorgt für eine Programmier-Ausbildung, ist jedoch auf der Suche nach Praxispartnern. “Viele unserer Teilnehmer wissen nicht, bzw können sich nicht vorstellen, wie es in mitteleuropäischen Unternehmen zugeht”, sagt Steinberger. In dieser Hinsicht hofft das Team auf die Unterstützung von Unternehmen. Was können Firmen tun:

  • Q&A Sessions mit Programmierer
  • Firmenrundgang
  • Workshops
  • Praktika
  • Lernräume zur Verfügung stellen (beispielsweise ein bis zweimal die Woche für ein paar Stunden)

Sollten Unternehmen es in Erwägung zu ziehen, Internship Plätze oder ähnliches zu vergeben, hilft refugees{code} bei der Auswahl potenzieller Kandidaten. Von Unternehmensseite können Anforderungen gestellt werden und das Startup trifft eine Vorauswahl. Zusätzlich können gewisse Inhalte in den Lehrplan eingebaut werden.

“Irgendwann soll es sich selbst tragen”

Geld verdient bei refugees{code} aktuell niemand. “Was man von den Menschen zurückbekommt, ist so viel mehr wert als Geld”, sagt Steinberger. Auf lange Sicht gibt es allerdings Pläne, wie sich das Projekt selbst tragen soll.

  1. Provisionen für Vermittlung von Programmierern an Unternehmen
  2. Diversity Consulting
  3. Programmierer helfen “nicht digitalen Unternehmen” die Brücke zum IT-Bereich zu schließen

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

+++ Jetzt bewerben und von Expedition Zukunft profitieren +++

Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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