31.10.2017

Pulldock: Wie Corporate-Startup-Kooperation tatsächlich funktioniert

Gastbeitrag. Eva Steindorfer von New Venture Scouting hat für den Brutkasten das Corporate Innovation-Programm Pulldock in Kärnten beschrieben.
/artikel/pulldock
(c) New Venture Scouting: Die Teilnehmer des letzten Pulldock-Durchgangs.

“Irgendetwas mit Startups” zu machen, liegt derzeit voll im Trend – Startups werden von einem Pitching-Event zum nächsten gereicht, wo innovationshungrige Corporates in den Startlöchern scharren, in der Hoffnung, das nächste Uber oder Runtastic zu entdecken und an dessen Erfolg mitzunaschen.

+++ Fokus: Corporate Innovation +++

Und dann kommt die Katerstimmung…

Ist der erste Enthusiasmus über so viel Elan und Aufbruchsstimmung verebbt, zeigt sich oft, dass der tatsächliche Mehrwert solcher Veranstaltungen überschaubar ist. Weil nicht die richtigen Leute aufeinandergetroffen sind. Oder weil die Needs der Corporates und die Auswahl der Startups nicht zusammengepasst haben. Weil sowohl Startups als auch Corporates falsche Erwartungen hatten – oder nicht genau definierte. Und weil Startups und Corporates oft unterschiedliche Sprachen sprechen.

Kooperationen mit Ziel und System

Dass es auch anders geht, zeigt derzeit ein Projekt in Kärnten. Die Pulldock Industrial Innovation Initiative, die vom Kärntner Wirtschaftslandesrat und ÖVP-Landesparteiobmann Christian Benger ins Leben gerufen wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, Kooperationen zwischen Startups und etablierten Unternehmen gezielt und mit System zu fördern. “Es ist unsere Aufgabe, für den Anschub zu sorgen, dass die traditionelle und die moderne Wirtschaft zueinander finden. Die einen haben, was die anderen brauchen – eine win-win-Situation, die nicht nur den Unternehmen was bringt, sondern vor allem dem Wirtschaftsstandort”, sagt Benger.

Erst den Leitbetrieben zuhören

Was Pulldock – der Name ist inspiriert vom Klagenfurter Startup-Hotspot Lendhafen – von anderen Förderprogrammen unterscheidet: Hier setzt man den Hebel zunächst einmal bei den Bedürfnissen der Leitbetriebe aus der Region an, bevor Startups ins Spiel kommen. Bei der heuer zweiten Auflage von Pulldock wurden mit den Unternehmen Philips, Kelag, Liebherr, Ortner Reinraumtechnik und Bosch Mahle Turbosystems gemeinsam Schwerpunktthemen definiert. In Workshops wurden Suchfelder entwickelt, die die Needs der Unternehmen detailliert abbildeten, und in der Folge national und international passende Startups gescoutet – heuer in den Suchfeldern Food Tech, Produktentwicklungstools und Smart Energy gescoutet. So wurde schon im Vorfeld sichergestellt, dass die eingeladenen Startups und die Kärntner Betriebe inhaltlich etwas miteinander anfangen können.

Erfolgsrezept: Viele kleine Schritte

“Das ist ein systematischer Prozess in vielen kleinen Schritten, wo wir die Startups und die Supertanker auf das Aufeinandertreffen ab- und einstimmen. Wenn man das so macht, dann funktioniert auch die Kooperation”, sagt Werner Wutscher, CEO von New Venture Scouting, der das Projekt mitkonzipiert und in der Umsetzung – vom Scouting bis zum direkten “Matching” – begleitet hat. Das eigentliche Aufeinandertreffen von Startups und Kärntner Betrieben fand im Rahmen eines zweitägigen Events am 5. und 6. Oktober im Coworking Space “Living Lab” in Pörtschach statt.

“Wenn man selbst nicht weiß, was man will, ist es leicht, von der Zusammenarbeit mit einem Startup enttäuscht zu werden.”

Klarer Fokus bei Suchfelddefinition

“Wenn man selbst nicht weiß, was man will, ist es leicht, von der Zusammenarbeit mit einem Startup enttäuscht zu werden. Deshalb war der klare Fokus bei der Suchfelddefinition so wichtig”, sagt Philipp Smole, Technical Lead New Value Space bei Philips Consumer Lifestyle. Philips hatte bereits Erfahrung in Sachen Startup-Kooperationen: “Wir scouten auch selbst. Trotzdem wurden bei Pulldock Startups gefunden, die unter unserem Radar waren. Da hilft manchmal der Blick von außen”, sagt Smole. Die Kärntner Unternehmen wurden im Rahmen der Vorbereitungsworkshops dazu angeregt, sich darüber Gedanken zu machen, welche Art der Kooperation sie anstreben und was es von ihrer Seite für ein Gelingen derselben braucht. Dabei wurden von der Pulldock-Organisation auch Bedingungen gestellt, zum Beispiel, dass die Startups – wenn eine Kooperation zustande kommt – im Unternehmen einen klaren Ansprechpartner bekommen.

+++ Tipp von Acccoi für digitale Zukunft: Co-Innovation statt Corporate Innovation +++

Von Schnelligkeit der Startups beeindruckt

Auch die Startups, die zum Matching Event nach Kärnten eingeladen wurden – mehrheitlich internationale, wie Foodsniffer, Sense Anywhere oder Gridpocket, aber auch österreichische, wie Sclable oder Flatout Technologies – wurden im Vorfeld intensiv gebrieft. Denn natürlich gibt es auch auf Startupseite Themen, die in der Zusammenarbeit mit Corporates zunächst einmal Neuland sind: “Bei uns waren das Themen wie Contracting oder wie man mit IP umgeht”, sagt Smole von Philips, der bereits letztes Jahr im Rahmen von Pulldock ein Projekt mit dem Augmented Reality Startup Hololight umgesetzt hat. Positiv beeindruckt sei man bei Philips hingegen von der Schnelligkeit gewesen, mit der gestellte Aufgaben vom Kooperationspartner umgesetzt wurden.

Bootcamp und Speed Dating

Um die Startups auf das Zusammentreffen mit den Corporates vorzubereiten, wurde heuer erstmals einen Tag vor den Matchinggesprächen in Pörtschach ein “Bootcamp” abgehalten. Dort konnten die Startups die wichtigsten Player aus dem Kärntner Startup-Ökosystem kennen lernen, wie das Build! Gründerzentrum, und bekamen in einem Workshop Einblicke in das Thema Kooperationen und in die spezifischen Anforderungen, die die Unternehmen an sie stellten. Am Tag zwei wurde bei den Matchinggesprächen in einem Speed Dating-Setting ausgelotet, ob die Chemie zwischen Corporates und Startups passt.

“Wissen, dass ihnen ein Startup gegenübersitzt”

“Ich habe mich auf das Gespräch gut vorbereitet gefühlt, weil ich durch das Bootcamp schon eine Vorstellung von den Needs der Unternehmen hatte. Und davon, wie eine spezifische Anwendung aussehen könnte”, sagt Daniel Marischka. Er ist der CEO von Flatout Technologies, das auf Smart Home as a Service Lösungen spezialisiert ist. “Oft ist es ja so, dass man aus einem Kunden einen spezifischen Anwendungsfall erst herauskitzeln muss. Hier hatten alle schon eine recht präzise Vorstellung”, sagt Markus Nenning, CBDO von Sclable, das Rapid Prototyping Tools anbietet. “Und es war gut, dass die Unternehmen gewusst haben, dass ihnen da ein Startup gegenübersitzt”. Was das bedeute, sei Unternehmen nicht immer klar.

Follow up: Konkrete Use Cases definieren

Beide Startups haben bereits Follow up Termine mit Leitbetrieben, bei denen die weiteren Schritte einer Kooperation ausgelotet werden. Etwa, indem konkrete Use Cases definiert werden. Das Gründerzentrum Build! unterstützt vor Ort die Kooperationen und “trackt” den Output dieses in Österreich in dieser Form bis dato einzigartigen Programmes. “Die erfolgreichen Kooperationen und das große Interesse der Unternehmen zeigt, dass wir am richtigen Weg sind”, sagt Wirtschaftslandesrat Benger. “Pulldock ist hier ein Fixstern und hat hohe Strahlkraft. Natürlich werden wir auch in den nächsten Jahren entsprechende Programme zur Vernetzung umsetzen”. Auf eine Fortsetzung darf man also gespannt sein.

+++ Corporate Innovation: Können Startups die Lösung für Konzerne sein? +++


Eva Steindorfer ist Mitarbeiterin bei New Venture Scouting. 2012-2016 war sie Redakteurin bei der Tageszeitung “Die Presse”.

New Venture Scouting (NVS) arbeitet an der Schnittstelle zwischen Startups und etablierten Unternehmen mit dem Ziel, Innovation durch Open Innovation zu fördern. Die Unternehmensphilosophie ist, dass eine gelungene Kooperation eine Frage von spezifischen Zielen, der richtigen Einstellung und der richtigen Strategie ist. NVS unterstützt Unternehmen bei der Zielsetzung und Strategiefindung, führt internationale Startup Scoutings durch und begleitet Unternehmen bei der Umsetzung von Kooperationsprojekten.


 

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v.l.n.r.: Martin Berger; Fabian Wagesreither, Mitbegründer von Wunderkern, und Thomas Berger (c) Kristian Schark für Berger Schinken
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Die beiden niederösterreichischen Unternehmen Kern Tec und Berger Schinken kooperieren für vergane Würstel mit Käse. Das Fleischwarenunternehmen Berger stellt vegane Rostbratewürstel her und erweitert somit seine Produktpalette weiter um fleischlose Alternativen. Das Startup Kern Tec liefert mit seiner Marke Wunderkern einen veganen Käse. Die Kombination ist nun unter dem Namen „Rostbratwürstel Berg-Gaudi“ in ganz Österreich zu finden.

Vegane Rostbratwürstel

Als Vorbild für die fleischlose Alternative dienen die klassischen Rostbratwürstel. Diese hat Berger schon seit etlichen Jahren in der eigenen Produktpalette vorzuweisen. Bereits im November stieg Berger mit einer Preiselbeerpastete in den Markt der rein pflanzlichen Produkte ein. Die veganen Rostbratwürstel sind nun der nächste Schritt in diese Richtung.

(c) Kristian Schark für Berger Schinken

„Die Würstel auf Erbsenbasis schmecken hervorragend und richten sich an Veganer ebenso wie Flexitarier – voller Genuss sowohl in der Pfanne als auch vom Grill garantiert“, sagen Martin und Thomas Berger.

Die pflanzlichen Rostbratwürstel mit Käsealternative sind in einer 192-Gramm Packung zu neun Stück ab Mitte April bei Billa und Billa Plus landesweit gelistet.

Berger produziert veganen Käse von Kern Tec

Das FoodTech-Startup Kern Tec ist aufs Upcycling spezialisiert und produziert aus Obstkernen Lebensmittel. So gibt es unter dem Markennamen Wunderkern unter anderem Milchalternativen und seit neuestem auch eine vegane Käsealternative. Nachdem Rezepturen, Zutaten und Produktionsprozesse definiert und Listungen im Lebensmittelhandel vorhanden waren, begab sich Kern Tec auf die Suche nach Produzenten. Die pflanzliche Käsealternative muss gekocht, abgekühlt, geschnitten und verpackt werden. All diese Schritte sind von der Fleischerei Berger auch in der herkömmlichen Produktion der Wursterzeugung vorhanden. Daher tritt das Unternehmen nun als Produzent der Käsealternative von Kern Tec auf.

“Dank der Flexibilität bei Berger konnte mit nur sechs Wochen Vorlaufzeit die Produktion realisiert werden”, sagt Fabian Wagesreither, Co-Founder von Kern Tec über die Kooperation.


Videotipp aus dem Archiv:

Erst im April letzten Jahres sorgte Kern Tec mit einer selbst ausgerufenen Bewertung von 20 Millionen Euro bei “2 Minuten 2 Millionen” für einen TV-Eklat. Vor laufenden Kameras verglich Hans-Peter Haselsteiner die Bewertung als “Missbrauch an den Investoren” und verließ verärgert das Studio. Später folgte ein zwölf Millionen Euro Investment. Wir haben mit Kern Tec Co-Founder Sebastian Jeschko über die Hintergründe gesprochen.

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