17.03.2023

Polestar-Nachhaltigkeits-Chefin: „E-Fuels-Befürworter sollen endlich Daten vorlegen“

Interview. Polestar will bis 2030 ein vollständig klimaneutrales Elektroauto produzieren. Wir haben bei Fredrika Klarén, Global Head of Sustainability bei Polestar, nachgefragt, wie realistisch dieses Unterfangen ist. Zudem äußerte sich Klarén zur aktuellen Debatten rund um E-Fuels.
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Fredrika Klarén, Global Head of Sustainability | (c) Polestar
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„Es ist unser Versuch einer Mondlandung“. So beschreibt der skandinavische E-Autobauer Polestar sein ambitioniertes „Polestar 0 Projekt„. Das Ziel: Bis 2030 soll ein vollständig klimaneutrales Auto auf den Markt gebracht werden. Im Zuge des Projektes sollen Treibhausgasemissionen aus jedem Aspekt der Produktion eliminiert werden – angefangen vom Aluminium über die Batterien bis hin zur Elektronik.

Im Interview haben wir bei Fredrika Klarén, Global Head of Sustainability bei Polestar, nachgefragt, wie realistisch dieses Unterfangen ist. CO2-Kompensation schließt der E-Autobauer laut eigenen Angaben nämlich vollständig aus. Zudem spricht Klarén über das Batterierecycling die Rückverfolgbarkeit von Materialien und die aktuelle Debatte rund um E-Fuels.


Welche Intention verfolgen Sie mit dem „Polestar 0 Projekt“?

Das “Polestar 0 Projekt”  ist ein sehr groß angelegtes Vorhaben. Wenn wir uns den Kohlenstoff-Fußabdruck eines Elektrofahrzeugs über den gesamten Lebenszyklus hinweg ansehen, dann wissen wir schon heute, dass dieser kleiner ist als der eines vergleichbaren Verbrenners. Die Klimabilanz eines E-Fahrzeuges ist aber noch nicht perfekt. Sie muss noch verbessert werden. Dessen sind wir uns bewusst.

Daher müssen wir künftig auch die Emissionen reduzieren, die sich im Zuge der Produktion von E-Autos ergeben. Mit dem “Polestar 0 Projekt” verfolgen wir ein ambitioniertes Ziel, das am Weg dorthin zu neuen Innovationen führen wird. Wir wissen natürlich, dass es sich dabei um eine sehr komplexe Aufgabe handelt. In einem Elektroauto sind nämlich mehr als 50.000 Komponenten verbaut.

Wie weit sind Sie mit dem „Polestar 0 Projekt“ bereits? 

Wir haben noch sechs Jahre Zeit, bis wir das erste klimaneutrale Auto ausliefern werden. Die erste Aufgabe besteht darin, zu erforschen, wie man die Emissionen bei den Materialien und Komponenten eliminieren kann. Dafür gibt es heute oftmals noch keine Lösung. In den ersten Jahren dieses Projekts geht es daher in erster Linie um Forschung. Und das tun wir bereits jetzt. Wir führen Forschungsprojekte durch, zum Beispiel zusammen mit SSAB, dem weltweit größten Stahlhersteller.

Nach dieser Phase wird „Advanced Engineering” betrieben, damit wir neu entwickelte Komponenten künftig auch in ein Auto einbauen können und die nötigen Supply-Chains aufbauen. Ab 2027 wollen wir dann eine ganz normale Produktentwicklung vorantreiben. Wir teilen das Projekt daher in drei Phasen auf. Derzeit befinden wir uns in der ersten Phase – also der Forschung.

(c) Polestar

Ist es überhaupt möglich, das “Polestar 0 Projekt” ohne Kompensation zu erreichen? 

Der Begriff Kompensation ist sehr vage. Meiner Meinung nach ist es nicht möglich, mit einer Kompensation das Net-Zero-Ziel zu erreichen. Wir können die Emissionen, die bei der Herstellung eines Bauteils entstehen, nicht einfach ausgleichen. Zum Beispiel indem man Bäume pflanzt. Warum? Wir können nämlich die Emissionen nicht einfach auf die nächsten Jahrzehnten verschieben. Dafür bleibt uns angesichts der Klimakrise nicht die Zeit. Für uns ist Kompensation also nicht das Ziel. Aber wir sind hingegen offen für Technologien im Bereich der CO2-Abscheidung. Wir wollen keine Türen dahingehend schließen. Für die CO2-Kompensation, wie wir sie heute kennen, haben wir aber definitiv die Türen geschlossen.

Können Sie ein Beispiel nennen, wo künftig die Emissionen eliminiert werden sollen? 

Wenn wir die großen Emissionsquellen betrachten, auf die wir uns unbedingt konzentrieren müssen, dann sind das sicherlich Stahl, Aluminium und Batterien. Diese machen den Großteil der Emissionen aus, die bei der Produktion eines Elektrofahrzeugs entstehen. Wir schauen uns aber alle Komponenten an. Dazu zählt auch die Elektronik. Derzeit handelt es sich noch um eine Art schwarzes Loch, wenn es darum geht, Emissionsdaten von der Elektronikindustrie zu erhalten. 

Ich habe viele Jahre im Bereich Nachhaltigkeit gearbeitet und Rückverfolgung ist der heilige Gral.

Fredrika Klarén,  Global Head of Sustainability

Welche Fortschritte machen Sie im Bereich des Batterie-Recycling? 

Wir wissen natürlich, dass der Abbau von Mineralien für Batterien mit vielen Risiken im Zusammenhang der Menschenrechte einhergeht. Der Bergbausektor ist sehr intransparent und geht oftmals mit Korruption einher. Auf der anderen Seite haben wir natürlich auch die Knappheit der Mineralien. Um die Klimakrise wirklich bekämpfen zu können, müssen wir die Welt elektrifizieren, und um die Welt zu elektrifizieren, brauchen wir aber auch Mineralien.

Deshalb ist die Kreislaufwirtschaft so wichtig. Ein Teil dessen ist das Recycling von Batterien. In allen unseren Programmen versuchen wir sicherzustellen, dass wir Entscheidungen treffen, die den Kreislaufgedanken fördern. Das ist aber nicht immer einfach. Es müssen oftmals Kompromisse zwischen Effizienz und der Reduzierung von Klimaemissionen getroffen werden. Beim Polestar 2 haben wir es beispielsweise geschafft, dass sich die Batterie bzw. einzelne ihrer Module sehr leicht auswechseln lassen, sofern sie beschädigt sind oder repariert werden müssen.

Arbeiten Sie hier auch mit anderen Produzenten zusammen?

Wir sind gerade dabei zusammen mit Volvo, unserer Muttergesellschaft, Batteriezentren einzurichten. Aktuell haben wir drei Batteriezentren auf der ganzen Welt, eines in China, eines in Schweden und eines in den USA. Sie verfügen über die Kapazität, Batterien von alten Polestars zurückzunehmen. Derzeit haben wir aber noch nicht so viele alte Polestars auf der Straße, dass wir von einem großen Zustrom sprechen können. Deshalb geht es hier momentan vor allem um die Forschung rund um Recycling und Wiederverwertbarkeit.

Ich würde es bevorzugen, dass E-Fuels ein Teil der Lösung sind, aber sie sind in dieser kurzen Zeit einfach nicht skalierbar

Fredrika Klarén,  Global Head of Sustainability

Wie sorgen Sie für Transparenz in Bezug auf die eigene Supply Chain? 

Die Rückverfolgbarkeit von Materialien ist ein weiterer wichtiger Schritt. Wir waren sehr froh darüber, dass wir ein Pilotprojekt mit Blockchain durchführen konnten, um die Rückverfolgbarkeit von Kobalt in den Batterien von Polestar 2 zu ermöglichen. Es war das erste Auto auf dem Markt, das Blockchain zur Rückverfolgung von Kobalt nutzte.

Ich habe viele Jahre im Bereich Nachhaltigkeit gearbeitet und Rückverfolgung ist der heilige Gral. Rückverfolgbarkeit war immer eine sehr verwaltungstechnische, sehr komplizierte Arbeitsweise, die auch leicht zu korrumpieren war. So können beispielsweise Stempel auf Papieren gefälscht werden. Aber mit der Blockchain haben wir nun eine sichere Möglichkeit, etwas zu verfolgen. Mittlerweile können wir damit auch Glimmer, Lithium und Nickel zurückverfolgen. Aber auch andere Materialien wie Leder oder Wolle sind in Planung.

(c) Polestar

Wie stellen Sie sicher, dass Polestar seine eigenen Standards erfüllt und wer überprüft das? 

Wir arbeiten mit verschiedenen Instrumenten, um sicherzustellen, dass unsere Lieferanten unsere Anforderungen kennen. Und dass sie sich verpflichten, unsere Anforderungen zu erfüllen, Dazu zählt auch, dass wir Kontrollen durchführen. Zusammen mit Volvo führen wir Audits in der Lieferkette durch. Hier arbeiten wir zum Beispiel mit der Responsible Business Alliance zusammen. Um unser Ziel von Polestar Zero zu erreichen, müssen wir aber künftig auch die Lieferanten mit ins Boot holen.

Wie beurteilen Sie aktuell die Diskussion rund um E-Fuels?

E-Fuels sind ein weiterer Weg, von dem abzulenken, was wir eigentlich tun müssen. Im Prinzip geht es darum, sich damit Zeit zu kaufen. Personenverkehr ist für 15 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wir als Automobilhersteller haben eine so große Verantwortung und wir lassen die Emissionen aus diesem Sektor zu, obwohl wir mit rein elektrischen Fahrzeugen eigentlich eine Lösung dafür haben. Das liegt daran, dass wir nicht schnell genug auf diese neue Technologie umsteigen.

Zusammen mit Rivian und Kearney haben wir im Februar den Pathway Report veröffentlicht. Dabei zeigen wir klar und deutlich den Zeitplan auf. Wir haben keine Jahrzehnte mehr für einen Übergang zur E-Mobilität. Wir müssen nämlich den globalen Verkauf von Verbrenner-Autos spätestens ab 2032 einstellen, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen möchten. Dafür müssen wir bis 2033 100 Prozent erneuerbare Energien in die Ladenetzwerke einspeisen und wir müssen auch unsere Lieferketten bis 2032 um 81 Prozent dekarbonisieren. Ich würde es bevorzugen, dass E-Fuels ein Teil der Lösung sind, aber sie sind in dieser kurzen Zeit einfach nicht skalierbar.

Befürworter:innen von E-Fuels sprechen oftmals von “Technologieoffenheit”, die es im Kampf gegen die Klimakrise braucht. Was sagen Sie dazu?

Ich bin eine Pragmatikerin, wenn es um Klimaschutz geht. Alles, was funktioniert, sollten wir tun. Wir  haben nämlich nur noch sechs Jahre Zeit, bis wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen. Wir müssen also alles tun, was nachweislich eine Wirkung hat. Mit E-Fuels werden wir das Ziel allerdings nicht erreichen. Nur wenn wir die erneuerbaren Energien, den Ausbau von Ladestromnetzen und die Dekarbonisierung der Produktion kombinieren, haben wir tatsächlich eine Chance, unter den 1,5 Grad für die Erderwärmung zu bleiben. Ich wäre aber sehr interessiert an den diesbezüglich notwendigen Daten der E-Fuels-Befürworter, die bisher nicht vorhanden sind.


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Das Wiener Prop-Tech-Unternehmen TechWoodHomes hat sich auf die Errichtung von smarten Holzhäusern spezialisiert. Sie werden mit der Holzriegelbauweise in nur zwei Tagen Bauzeit errichtet. Erste Projekte wurden bereits in Niederösterreich umgesetzt.
/techwoodhomes/
TechWoodHomes

Den Hausbau revolutionieren und eine neue Form des Lebens in einer Immobilie ermöglichen. Dieses Ziel verfolgt die TechWoodHomes Holding GmbH rund um CEO Michael Rohmair gemeinsam mit seinem Expertenteam aus den Bereichen Gebäudesteuerung, Softwareentwicklung, Architektur und Design sowie Bauunternehmung.

Der Unterschied zu anderen Häusern sei, SmartTech ganzheitlich und von Anfang an mitzudenken. Gebaut werden die Häuser in Modulbauweise. So soll es zum einen schnell fertig aber auch leistbar sein. Das kleinste Haus mit einer Wohnfläche von 118 Quadratmetern kostet rund 459.000 Euro. Mittlerweile wurden die ersten Häuser in Gaaden bei Mödling errichtet.

Das Gesamtkonzept von TechWoodHomes

Bodenbeläge, Sanitäranlagen sowie Rollrasen, Rasenroboter oder Gartenbewässerung – all das werde geliefert, wenn man ein Haus bei TechWoodHomes bestellt. Durch das komplett ausgelieferte Haus soll verhindert werden, dass das Eigenheim eine ewige Baustelle ist.

Hinter TechWoodHomes stehe aber vor allem die Idee, das Einfamilienhaus zu digitalisieren. Dafür wurden eine smarte Steuerung und Anwendungen eigens entwickelt und von Beginn an integriert. Die zugrundeliegende Technologie soll ständig weiterentwickelt werden.

Technische Features sollen das Leben vereinfachen

Kern des TechWoodHomes sei die eigens entwickelte App, die in Zukunft um neue Features erweitert werden soll. Batteriespeicher, alle Beleuchtungskörper, in den Decken verbaute Lautsprecher sollen damit gesteuert werden können. Das User-Interface soll eine intuitive Steuerung ermöglichen und Informationen zum Haus wie Grundbucheintrag, Strom- oder Wasserverbrauch und Leitungspläne leicht abrufbar machen.

Die Expert:innen von TechWoodHomes möchten das Leben vereinfachen, weshalb smarte Technologien wie Fingerprint Zugang, Elektroladestation oder Beschattung bereits integriert sind. Beheizt wird das Haus mit Heizungs- und Kühlsystemen in Wänden und Decken. Auch diese sind mit der App steuerbar und sollen den Energieaufwand auf ein Minimum reduzieren.

Die App kann durch eingebaute Sensoren und Kontakte auch erkennen, welche Fenster oder Türen geöffnet sind. In Zukunft soll es auch die Möglichkeit geben, Notfallbenachrichtigungen an einen festgelegten Personenkreis zu senden.

Das “Haus der Zukunft” in sieben Varianten

Die Grundrisse der Häuser orientieren sich nach den Bedürfnissen des Wohnens über das ganze Leben hinweg, heißt es auf der Website. Das betreffe beispielsweise die Positionierung des Kinderzimmers, eine alternative Nutzung des Erdgeschosses oder einen Treppenlift, der einfach installiert werden kann. Auch ein Büro mit Beleuchtung und automatischer Beschattung sind integriert. Dieses kann auf Knopfdruck akustisch abgeschirmt werden.

Das Haus der Zukunft gibt es in sieben Varianten. Alle Häuser haben gemeinsam, dass sie mit einer Holzriegelbauweise gebaut werden. Eine Schafwolldämmung und Lehmputz werden verwendet, um Hitze und Kälte abzuschirmen. Ein großzügiges Raumgefühl soll durch den offenen Wohnbereich, also den sogenannten Techwood Dome, mit 5,43 Metern hohen Räumen geschaffen werden.

Gefertigt werden die Häuser in Österreich. Bevor das Haus ausgeliefert wird, werden die Bauteile einer Qualitätskontrolle mit Hard- und Softwaretests unterzogen.Die Außenhülle des TechWoodHomes könne innerhalb eines Tages errichtet werden. Innenausbau und Inbetriebnahme können laut Angabe der Hersteller in rund acht Wochen abgeschlossen werden.

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