17.10.2019

Plug and Play: “Flughäfen in Europa sind agiler als in den USA”

Am Dienstagabend fand die offizielle Eröffnung des Plug and Play Tech Centers am Flughafen Wien statt. Der brutkasten war beim Grand Opening vor Ort und hat mit Amir Amidi von Plug and Play über die Zukunft des neuen Innovations- und Co-Working-Zentrums gesprochen.
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Plug and Play
Amir Amidi war zu Gast bei der Eröffnung des Plug and Play Tech Centers am Flughafen Wien

Die US-amerikanische Innovationsschmiede Plug and Play hat im Sommer diesen Jahres angekündigt, in der Airport City Vienna einen eigenen Startup-Hub zu eröffnen – der brutkasten berichtete.  Die Zielsetzung ist es, Startups mit Investoren und Unternehmen aus der ganzen Welt zusammen zu bringen. Der Standort am Flughafen Wien soll Plug and Play dabei als Headquarter für Mittel- und Osteuropa mit den Schwerpunkten “Smart Cities” sowie “Travel & Hospitality” dienen.

Am Dienstagabend war es so weit. Das Plug and Play Tech Center am Flughafen Wien eröffnete feierlich seine Türen. Im Rahmen des Grand Opening führte der brutkasten mit Amir Amidi, Managing Partner für Travel Hospitality bei Plug and Play, ein Interview über die Beweggründe, warum sich die Innovationsschmiede am Flughafen Wien angesiedelt hat.

+++ Flughafen Wien wird zum Startup-Hub +++


Warum kooperiert Plug and Play mit dem Flughafen Wien?

Plug and Play und die Flughafen Wien AG haben sich vor zirka einem Jahr getroffen. Damals hat der Flughafen Wien bereits intern mit einer eigenen Digitalisierungs- und Innovations-Roadmap gestartet. Das Unternehmen war in der Vergangenheit bereits sehr gut aufgestellt – die Marktkapitalisierung konnte um das Sechsfache erhöht werden. Zudem hat es der Flughafen Wien geschafft, seine CO2-Bilanz um 70 Prozent zu senken. Der Energieverbrauch konnte um fast 40 Prozent reduziert werden. Der Wille zur Innovation war eine gute Voraussetzung für eine Kooperation.

Welche Vorbereitungen sind der Kooperation vorangegangen?

Das Team rund um den Flughafen Wien hat im Oktober letzten Jahres das Plug and Play Headquarter im Silicon Valley besucht. Zu diesem Zeitpunkt wussten sie schon sehr genau, wie die weitere Phase der Digitalisierung am Flughafen ablaufen wird. Eines der Ziele war es, die Airport City zu einem Technologiezentrum für gesamt Mittel- und Osteuropa zu machen. Unter Anbetracht der geographischen Lage und der optimalen Anbindungen liegt dies auf der Hand.

Nach kurzen Verhandlungen haben sie unseren Travel & Hospitality Inkubator im Silicon Valley besucht. Mit diesem verfolgen wir das Ziel in Zusammenarbeit mit Startups disruptive Technologien zu entwickeln. Anschließend begannen intensive Gespräche über die Errichtung eines Plug and Play Standortes am Flughafen Wien.

In Europa arbeiten wir beispielsweise bereits mit den Flughäfen London Gatwick, Manchester, Brüssel und Stuttgart zusammen. Wir sind zuversichtlich, dass der Standort Wien sich perfekt in die Gesamtstrategie integrieren wird.

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit bestehenden Plug and Play Tech Standorten an Flughäfen gemacht?

Flughäfen sind Kleinstädte. Die Betreibergesellschaften beschäftigten sich nicht nur mit dem Thema “Aviation”, sondern auch mit einer Vielzahl an anderen Themen. Dazu zählen beispielsweise “Brand & Retail”, “Mobility”, “IoT”, “Energy” “Sustainability”. Hier sehen wir als Plug and Play großes Potential in der Zusammenarbeit mit Startups, um innovative Lösungen zu erarbeiten. Wenn man an Digitalisierungs- und Innovationsprojekte im Auftrag von Flughäfen denkt, gibt es also unendliche Möglichkeiten, die auch in anderen Bereichen zur Anwendung kommen können.

Welche Potentiale sehen Sie bei europäischen Flughäfen in Sachen Digitalisierung?

Flughäfen in Europa sind für uns besonders interessant, weil viele von ihnen privatisiert wurden. Private Flughäfen sind in der Regel agiler, als staatliche Flughäfen – insbesondere was Innovationsprojekte angeht. In Nordamerika sind die meisten Flughäfen in staatlicher Hand. Das führt dazu, dass Digitalisierung- und Innovationsprogramme sowie Kooperationen mit diesen Flughäfen nicht so leicht umzusetzen sind. In Europa kann Plug and Play daher viel schneller agieren.

Welche Rolle werden österreichische Startups am Plug and Play Standort am Flughafen Wien spielen?

Das lokale Ökosystem ist für uns sehr wichtig. Wir fokussieren uns darauf, die besten Startups nach Wien zu bringen, um Lösungen für unsere Corporate-Partner zu erarbeiten. Woher die Startups kommen, ist für uns allerdings nachrangig. Wir interessieren uns mehr dafür, welche Probleme sie lösen wollen. Sofern österreichische Startups die Kriterien erfüllen, freuen wir uns auf die Zusammenarbeit.


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Die EnerCube-Gründer Laurenz Sutterlüty und David Riedl | (c) Kathrin Gollackner Fotografie
Die EnerCube-Gründer Laurenz Sutterlüty und David Riedl | (c) Kathrin Gollackner Fotografie

Der Anteil fossiler Energieträger bei Heizungen liegt im EU-Schnitt nach wie vor über 75 Prozent. Die Umrüstung muss aber in den kommenden 15 bis 20 Jahren erfolgen. Und dabei erfreuen sich Wärmepumpen immer größerer Beliebtheit. So ein System in einem bestehenden Gebäude zu installieren, kann das aber ganz schön aufwändig werden. EnerCube aus dem Salzburger Seekirchen am Wallersee setzt mit seinem Produkt hier an und wird dabei von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt.

Gesamte Anlage in einem Modul

“Die Installation, Planung und Koordination eines gängigen Wärmepumpen-Systems für ein Mehrfamilienhaus braucht vor Ort zwischen 200 und 500 Stunden. Mit unserem System sind es nur etwa 100 Stunden”, erklären die beiden EnerCube-Gründer Laurenz Sutterlüty und David Riedl. Und wie machen sie und ihr aktuell sechs Personen starke Team das? “Wir bauen die gesamte Anlage inklusive Heizraum in ein einziges, bei uns im Werk vorgefertigtes Modul, das etwa so groß ist, wie ein Autoparklplatz und vor dem Gebäude installiert wird”, erklärt Sutterlüty. Es müsse also kein Platz im Gebäude geschaffen werden und man könne auch im Winter umrüsten.

So sieht das Modul aus | (c) EnerCube

Bis zu 40 Wohneinheiten mit einer EnerCube-Einheit

Je nach Ausführung – EnerCube bietet drei verschiedene – können damit bis zu 40 Wohneinheiten beheizt werden – auch in voneinander getrennten Mehrparteienhäusern. “Durch eine optimierte Anordnung des Hydraulik- und Schichtspeichersystems, sowie den Einsatz hochwertigster Anlagenkomponenten, kommen wir auf 36 Prozent mehr Effizienz als durchschnittliche Systeme. Und mit einem FFG-geförderten und patentierten System haben wir den Schall um die Hälfte reduziert, damit die Anlagen selbst in eng bebauten Wohngebieten eingesetzt werden können”, erklärt Sutterlüty.

“Wir bleiben im B2B-Segment”

Aufgrund der Außeninstallation liegt der Fokus von EnerCube aktuell klar auf Mehrparteienhäusern im suburbanen Bereich. “Wir arbeiten aber auch an einer Lösung für den innerstädtischen Bereich”, verraten die beiden Gründer. Klar ist für sie aber: “Wir bleiben im B2B-Segment mit größeren Wohneinheiten. Dort ist unser System richtig skalierbar. Für Einfamilienhäuser gibt es schon kostengünstige Lösungen am Markt – da wollen wir nicht mitspielen. Bei großen Wohnanlagen tun sich andere Hersteller dagegen schwer mit standardisierten Lösungen.”

Großes Immobilienunternehmen erteilt Großaufträge

Und das Konzept geht wirtschaftlich auf. Im Februar 2023 gegründet, kommt EnerCube dieses Jahr auf zehn Module für insgesamt 200 Wohneinheiten – allesamt für ein bekanntes, großes Immobilienunternehmen. Im kommenden Jahr gibt es bereits Zusagen für Aufträge von über 30 Modulen. “Wir haben ein siebenstelliges Auftragsvolumen und sind Cashflow-positiv”, so Riedl.

Bis zu 80 Module im Jahr im EnerCube-Werk

Doch es gibt natürlich auch klare Wachstumspläne. Das maximale Produktionsvolumen in der Werkshalle in Salzburg liege bei 80 Einheiten pro Jahr, sagt der Gründer: “Wir haben auch schon Überlegungen für eine Produktionserweiterung.” Aktuell fertigt das Team seine Systeme hauptsächlich für Deutschland. Zielmarkt ist aber der gesamte DACH-Raum – und perspektivisch noch mehr.

“Ohne aws Preseed wäre das alles gar nicht möglich gewesen”

In der Finanzierung von all dem verzichtete EnerCube bislang auf klassische Startup-Investments. “Die Überlegung besteht aber für die Zukunft, um noch schneller skalieren zu können”, erklärt Riedl. Kapital von außen holte sich das Startup aber durchaus. “Wir haben das Material für unseren Prototypen über aws Preseed finanziert. Ohne das wäre das alles gar nicht möglich gewesen. So konnten wir schon aus der Garage hinaus das Produkt erfolgreich am Markt platzieren”, erzählen die Gründer.

Auch aws Seedfinancing und hilfreiche Workshops für EnerCube

Mittlerweile hat EnerCube auch eine aws-Seedfinancing-Förderung über die Programmschiene Innovative Solutions in Anspruch genommen, um den Ausbau voranzutreiben. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Und auch sonst half die aws dem Startup in mehreren Bereichen weiter, wie Sutterlüty sagt: “Die Workshops waren für uns sehr hilfreich, etwa beim Thema IP. Das hat uns einen klaren Anreiz gebracht, Patente einzureichen und dieses Thema stärker anzugehen.” Denn auch bei der Weiterentwicklung des Produkts, hat EnerCube noch einiges vor.

*Disclaimer: Das Porträt entstand in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws).

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