01.07.2019

Wieso Österreichs Politik Uber tot sehen will

Kolumne. Die Uber-Causa ist wohl gegessen. Uber wird den veralteten Regeln des 20. Jahrhunderts mit kräftiger Unterstützung der Taxi-Lobby von Österreichs Politik unterworfen. Doch wie konnte es im 21. Jahrhundert so weit kommen? Dafür muss man Österreichs Politik und seine Staatsstruktur verstehen.
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Uber-Gesetz: Von der Grauzone in die Grauzone
(c) fotolia.com - bepsphoto

Einer meiner ersten Uber-Fahrten war ein bisschen, nun, nennen wir es unkonventionell. „Was zum Teufel machen Sie mit dem Schlagstock neben Ihnen?“, fragte ich den Fahrer. „Sie werden es nicht glauben, aber einige Uber-Fahrer wurden von Taxi-Fahrern bedroht“, antwortete er mir. Das erinnerte mich an die Zeit zwischen 1900 und 1920. Damals setzte sich sich das Auto immer weiter in der Gesellschaft durch. Die Kutschenlobby und Teile der Bevölkerung mobilisierten gegen das neue Fahrzeug. Die Kutscher schlugen mit Peitschen auf die Autos, manche Menschen bewarfen die Autos mit Steinen und Kot. Die Geschichte wiederholt sich nun.

+++Interview: Uber Österreich-Chef Martin Essl zum geplanten Gesetz+++

Bevor Uber den Wiener Markt betrat, dominierte das Monopol der herkömmlichen Taxis. Die Fixpreise waren hoch, der Service schlecht. Mit einem Schlag brach Uber dieses Monopol und drängte die Taxi-Betriebe mit besserem Service und Preisen an den Rand. Die Taxi-Lobby holte jedoch mit dem kommenden Gesetz erfolgreich zum Gegenschlag aus. Das hat sie raffiniert getan.

Warum die Taxi-Branche besseres Lobbying macht

Die etablierten Taxi-Unternehmen verstehen Politik besser als Uber. Die Taxi-Branche hat ihre Vertreter in der Wirtschaftskammer, dessen Chef der ehemalige Wirtschaftsminister Harald Mahrer ist und genießt somit direkten Einfluss auf österreichische Wirtschaftspolitik. Und da die WKO seit ihrer Existenz von der ÖVP dominiert wird, genießt sie auch Einfluss auf die Volkspartei. Die springende Frage ist: Wieso stemmen sich die Wirtschaftsliberalen Harald Mahrer und Sebastian Kurz nicht gegen dieses Gesetz? Die Antwort: Weil es ihnen politisch nichts bringt.

Beide nutzen gern Uber, aber unterstützen das Diktat der Taxi-Lobby mit Fixpreisen und Taxischeinen. Es stehen Nationalratswahlen im Herbst vor der Tür. 2020 sind Wirtschaftskammerwahlen. Die Devise: Ja keine Unruhe stiften. Gebt den Taxlern, was sie wollen. Das letzte, was Mahrer und Kurz brauchen ist eine Polarisierung mit der lautstarken Taxi-Lobby innerhalb ihrer eigenen Institution. Obwohl beide Uber gut finden, haben sie sich dafür entschieden, gegenüber der Taxi-Lobby kein Machtwort zu sprechen. Wohl auch, weil sie wussten, dass SPÖ und FPÖ das Gesetz mit ihrer Mehrheit im Parlament auch ohne ÖVP verabschieden würden. Also schweigen sie lieber und stimmen zu, um die bestehende Taxi-Lobby potentiell für sich zu gewinnen, die als Wirtschaftssparte innerhalb der WKO von den Sozialdemokraten dominiert wird.

Wieso erlassen aber FPÖ und SPÖ dieses Gesetz? Für FPÖ und SPÖ sind die Taxifahrer ihre Wählerklientel. Und wirtschaftsliberal sind bekannterweise beide nicht. Sie wollen Uber tot sehen, weil es die Existenzgrundlage der Beschäftigten zerstört und die Parteien Uber als einen Großkonzern betrachten, der keine Steuern zahlt und die Fahrer ausbeutet. Vor den Wahlen können sich SPÖ, ÖVP und FPÖ also als Retter der Arbeitsplätze positionieren, auch wenn sie genau wissen, dass das gegenwärtige Taxigewerbe eine wandelnde Leiche ist.

+++Vor Uber-Aus: Der “Erbfolgekrieg” hat schon begonnen+++

In einer gesunden Volkswirtschaft müssen die gleichen Regeln für alle gelten. Es wäre inhaltlich völlig richtig, dass Uber Steuern und Abgaben wie jeder andere bezahlt. Dieses Gesetz schießt aber weit über das Ziel hinaus. Man stellt mit dieser Regelung keinen fairen Wettbewerb her, sondern betoniert sich eine gesetzliche Wand, um sich davor zu schützen. Man hat damit nicht nur Uber unterworfen, seine Steuern und Abgaben fair zu zahlen, sondern auch an Fixpreise und zu machende Taxischeine gebunden. Damit wurde die freie Marktwirtschaft begraben. Allen politischen Seiten hat das Timing der Interessen perfekt in ihr Konzept gepasst, so dass dieses Gesetz verabschiedet wird.  Alle gewinnen, bis auf die Konsumenten: Kurz und Mahrer haben die Ruhe vor der wichtigen Nationalratswahl und kommenden Wirtschaftskammerwahl. SPÖ, ÖVP und FPÖ spielen sich als Retter von Arbeitsplätzen auf und können sagen, dass sie den Großkonzern Uber in die Schranken gewiesen haben. Und so schließt sich der Kreis.

Ein gedanklicher Sprung zurück zu den Kutschern des frühen 20. Jahrhunderts: Letztlich hat der ganze Protest nichts gebracht, das Auto hat die Kutsche verdrängt. Und wenn die Taxi-Betriebe nicht zumindest gleich gut oder besser als Uber werden, dann werden sie aufgefressen. Denn immer dann, wenn sich Betriebe begannen vor Innovation gesetzlich zu schützen, sind sie untergegangen. Die Geschichte lehrt uns diese Lektion. Allerdings werden für die Menschen Dinge erst dann gelöst, wenn es für die Politiker parteipolitisch sinnvoll erscheint.


Uber
(c) Julius Hirtzberger

Über diese Kolumne

In dieser Kolumne schreibt Autor Muamer Becirovic regelmäßig über Entwicklungen in der österreichischen Politik. Der inhaltliche Fokus liegt dabei auf Wirtschaftspolitik, sowie auf deren Auswirkung auf das heimische Startup- und Innovations-Ökosystem. 


 

 

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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