24.08.2020

Martin Rohla: “Meine Investitionen sind nicht exitfokussiert”

Im Interview erläutert Business Angel Martin Rohla dem brutkasten, worauf er bei Investments achtet und wie er in der Regel mit Startups in Kontakt kommt. Zudem geht er näher darauf ein, wie er zum nachhaltigen Unternehmertum gekommen ist und warum er dieses als eine Gegenbewegung zu "Trump, Orban & Co" versteht.
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Martin Rohla - Habibi & Hawara
(c) Habibi&Hawara - Investor Martin Rohla.

Martin Rohla ist Gründer der Goodshares Beteiligungs GmbH, mit der er in nachhaltige Startups und Projekte investiert. Spätestens seit seinem Auftreten in der Startup-TV-Show “2 Minuten 2 Millionen” ist er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Zudem betätigt sich Rohla als Biolandwirt und ist passionierter Jäger.

Im Interview spricht Rohla darüber, worauf er bei Investitionen achtet und warum er nachhaltiges Unternehmertum als Gegenbewegung zu “Trump, Orban & Co” versteht.


Sie sind bekannt für nachhaltiges Unternehmertum. Was umfasst nachhaltiges Unternehmertum für Sie?

Nachhaltiges Unternehmertum ist sehr klar und einfach definierbar. Nach allen gängigen Definitionen umfasst es die Wahrnehmung sozialer, ökologischer und ökonomischer Verantwortung. Das lässt sich eigentlich sehr einfach erklären: Soziale Verantwortung bedeutet „sei ein guter Mensch“ und tu niemandem absichtlich etwas Böses. Ökologische Verantwortung heißt ganz einfach, „tu nix, was die nächste Generation bereuen könnte.“ Schlussendlich bedarf es bei nachhaltigem Unternehmertum aber vor allem auch der ökonomischen Verantwortung, da du als Unternehmer am Ende des Tages Gewinn machen musst, um langfristig überleben zu können.

Wie sind Sie zum Thema Nachhaltigkeit gekommen?

Ich habe vor zirka 20 Jahren damit begonnen, gemeinsam mit einem Freund Apotheken zu kaufen. Dabei haben wir einen klaren Fokus auf Dienstleistung gelegt und waren damit recht erfolgreich. Eines der Projekte war die Saint-Charles-Apotheke in der Gumpendorfer Straße, aus der schlussendlich die ganze Saint Charles Apothecary & Apothekenwelt mit Fokussierung auf LOHAS, Lifestyle of Health and Sustainability, hervorgegangen ist. Das war im Jahr 2005 und auch der Startpunkt, ab dem wir nur mehr in nachhaltige Projekte investierten.

Haben Sie einen spezifischen Branchenfokus beim Investieren in nachhaltige Startups?

Prinzipiell investieren wir nicht in eine bestimmte Branche. Was die Projekte jedoch gemeinsam haben: Sie haben einen klaren sozialen und ökologischen Impact und sind alle profitorientiert.

Das Spektrum an Beteiligungen ist wirklich breit gestreut. Zu ihnen zählt beispielsweise Habibi & Hawara, ein Inkubator, der Geflüchteten dabei hilft, selber Unternehmer zu werden. Eine weiteres Projekt in unserem Portfolio ist die Fair Finance. Dabei handelt es sich um eine private Mitarbeitervorsorgekasse, die schon 650 Millionen Euro nachhaltig verlagert hat. Ein Projekt, das mir zur Zeit sehr viel Freude bereitet, sind die Ackerhelden. Dieses Startup vermietet vorbepflanzte, meist biozertifizierte Gemüsegärten an Menschen, die selbst ihr Gemüse anbauen wollen und somit auch einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten. Besonders gut läuft auch die vegane Burger-Kette Swing Kitchen, die derzeit über sechs Standorte in Österreich verfügt und mittlerweile in die Schweiz und Deutschland expandiert hat.

Ich glaube auch, dass sich gegen diese augenscheinliche Dummheit ein guter Wille formiert.

Wie Sie sehen können ist das Portfolio sehr breit gefächert. Neben dem sozialen und ökologischen Impact gibt es aber noch weiteres Merkmal meiner Beteiligungen. Generell investiere ich nicht in Startups mit digitalen Geschäftsmodellen. Meine Investments fokussieren sich ausschließlich auf analoge Projekte, bei denen Menschen direkt interagieren und kein Device zwischen ihnen steht.

Wie halten Sie Ausschau nach Startups, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben?

Mittlerweile muss ich keine Ausschau mehr halten. Die Startups, die eine gute Idee mit einem messbaren Impact haben, kommen in der Regel auf mich zu. Das liegt an meiner Bekanntheit durch die TV-Show “2 Minuten 2 Millionen”, aber auch am Portfolio und der Ausrichtung meiner Goodshares Beteiligungs- und Beratungs GmbH. Wir halten derzeit 25 bis 30 Beteiligungen an Unternehmen, die sich zum größten Teil dem nachhaltigen Unternehmertum verschrieben und dahingehend einen klar messbaren Impact haben.

Sehen Sie aktuell einen Boom nach einem “Mehr” an Nachhaltigkeit auch auf der Seite der Konsumenten?

Ja, diesen Boom sehe ich sehr deutlich. Ich glaube an die These, dass nachhaltiges Unternehmertum und die verstärkte Nachfrage nach nachhaltigen Produkten als eine Gegenbewegung zu all jenen verstanden werden kann, die den Klimawandel leugnen. Dazu gehören die ganzen Trumps und Orbans dieser Welt. Ich glaube auch, dass sich gegen diese augenscheinliche Dummheit ein guter Wille formiert. Zudem haben die Konsumenten durch ihre Kaufentscheidungen immer mehr Macht in den Händen und werden sich dessen immer mehr bewusst. Früher oder später wird es keine Produkte mehr auf dem Markt geben, die keinen klaren Bezug zu sozialer und ökologischer Verantwortung haben.

“Ich halte mich in der Regel aus dem operativen Alltagsgeschäft der Gründer heraus.”

Wie bewerten sie die Stellung von Unternehmertum in Österreich generell?

Es freut mich sehr zu sehen, dass Unternehmertum immer mehr an Stellenwert gewinnt. Die TV-Show “2 Minuten 2 Millionen” führt uns schön vor Augen, wie viel Aktivität es dahingehend in unserem Land gibt. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich bei “2 Minuten 2 Millionen” als Investor auftrete, junge Leute zu Entrepreneurship zu motivieren. Die Einschaltquoten sind sehr hoch und steigen stetig. Fälschlicherweise wird noch immer angenommen, dass Österreich eine Gesellschaft ist, in der Unternehmertum nur einen geringen Stellenwert hat. Ich nehme aktuell jedenfalls das Gegenteil wahr.

Was haben Sie durch ihre Beteiligungen bisher dazu gelernt?

Ich bin jetzt 57. Der Kontakt mit jungen engagierten Leuten bereichert mich täglich. Ganz nach der Devise “People, Market und Idea” stehen für mich in erster Linie die Menschen hinter den Projekten an erster Stelle. Somit lerne ich nicht nur inhaltlich viel dazu, sondern auch menschlich.
Eines muss ich hinzufügen: Ich halte mich in der Regel aus dem operativen Alltagsgeschäft der Gründer heraus. Wenn es gewünscht oder gefragt ist, gebe ich natürlich gerne Feedback und bin dann auch ein aktiver Gesellschafter. Am Anfang ist es natürlich wichtig, dass ich mich mit meinem Netzwerk proaktiv einbringe und Synergien schaffe.

Sind Sie mit Startup-Beteiligung schon mal gescheitert?

Klar. Denn generell müssen Startup-Investoren damit rechnen, dass von zehn Investments rund sieben bis acht Investments schief gehen. Mit ein bis zwei Investments steigt man bei Null aus, ebenso viel funktionieren dann aber sehr gut und weisen einen hohen Cashflow oder einen guten Exit aus. Wobei meine Investitionsentscheidungen nicht exitfokussiert sind.

Wie wirkt sich aktuell die Coronakrise auf Ihre aktuellen Beteiligungen und ihr Portfolio aus?

Momentan sind alle sehr vorsichtig, weil man noch nicht weiß, wie die Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung dann am Ende funktionieren. Gleichzeitig glaube ich aber, dass ganz nach dem Motto „jedes Problem ist eine versteckte Chance“ sich auch gerade jetzt viele Menschen überlegen, ob sie nicht ihr eigenes Projekt starten sollen. Also ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bald wieder “Business as usual” haben.

Wird die Coronakrise auch einen Effekt auf die Klimakrise haben und langfristig zu einem Umdenken in der Gesellschaft führen?

Sicher nicht sofort und nicht unbedingt direkt, aber es wird bei vielen Menschen auch die Sensibilität für das Thema erhöhen. Das bestärkt den generellen Trend zu bewußtem Konsumieren. Wieder einmal gilt der Spruch mit dem Problem, das auch eine Chance ist.


Drei Martin Rohla Investments im Spotlight.

Ackerhelden

Das Startup Ackerhelden stammt ursprünglich aus Deutschland und vermietet vorbepflanzte Gemüsegärten. Dadurch sollen Menschen wieder näher an ihre eigene Lebensmittel herangebracht und Berührungspunkte mit der Natur geschaffen werden. Die Zusammenarbeit zwischen Martin Rohla und den beiden Gründern Birger Brock und Tobias Paulert begann bereits 2016. Seit 2017 ist Ackerhelden mit Standorten in Österreich vertreten.

(c) Ackerhelden

KastlGreissler

Über die Startup-TV-Show “2 Minuten 2 Millionen” ist Martin Rohla beim KastlGreissler eingestiegen. Das Startup rund um Gründer Markus Wegerth mit Sitz im Weinviertel möchte die Versorgungslücken am Land schließen und bietet hierfür regionale Spezialitäten und biologische Lebensmittel in umgebauten Containern an. Die Kunden bedienen sich dabei selbst. Das Konzept beruht auf Vertrauen. Demnächst soll der KastlGreissler als Franchise-System in den DACH-Raum expandieren.

(c) Kastl Greissler/Schmiedl O.

Stadtflucht Bergmühle

Die Stadtflucht Bergmühle ist ein Verein für “Kochen und Muße im Grünen”, der ein “Wohlfühl-Areal” 20 Minuten nördlich von Wien betreibt. Im Grünen sollen gestresste Großstädter ihre Auszeit finden. Der Verein wurde von Rohla im Jahr 2013 mitgegründet. Zugang haben exklusiv maximal 500 Vereinsmitglieder deren persönlichen Gäste sowie “Schnuppereintagesmembers”. Zudem steht die Stadtflucht Bergmühle für private Feste und Hochzeiten zur Verfügung.

(c) Stadtflucht Bergmühle

Das Interview mit Martin Rohla ist auch im brutkasten Magazin #10 erschienen.

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“Die Zeit des Zuwartens ist vorbei”

Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

Du willst bei "No Hype KI" am Laufenden bleiben?

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

Die Partner von No Hype KI
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16.12.2024

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Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

Du willst bei "No Hype KI" am Laufenden bleiben?

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

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