28.04.2021

Heimische Wirtschaft: KSV1870 gibt sich ungewohnt optimistisch und unkritisch

Die heimische Wirtschaft blickt überwiegend positiv in die Zukunft. Und der Kreditschutzverband KSV1870 tut dies in seinem aktuellen Austrian Business Check auch.
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Inolvenzen-Statistik 1 HJ 2020: KSV1870 übt massive Kritik an Corona-Politik
(c) Guenther Peroutka: Ricardo-José Vybiral, CEO des KSV1870 Holding AG

Wer in den vergangenen Monaten mitverfolgt hat, wie der Kreditschutzverband KSV1870 die aktuelle Lage der heimischen Wirtschaft beurteilt, konnte sich bei der heutigen Präsentation des jährlichen “Austrian Business Check” schon etwas wundern. War seit Monaten immer wieder die Warnung wiederholt worden, dass es mit Ende der Corona-Hilfen zu massiven Problemen mit künstlich am Leben erhaltenen Unternehmen kommen wird, versprühten CEO Ricardo-José Vybiral und Gerhard Wagner, Geschäftsführer KSV1870 Information, großen Optimismus und ließen die Kritik diesmal aus.

KSV1870-Studie: Optimismus trotz klar negativen Krisen-Auswirkungen

Dem Vernehmen nach ließen sich die beiden von den heimischen Unternehmen mitreißen. Denn laut Austrian Business Check blicken 63 Prozent der Befragten “eher positiv” in die Zukunft – 13 Prozent sogar “sehr positiv”. Nur drei Prozent der Befragten sind derzeit “sehr negativ” eingestellt. Für Vybiral ist klar: “Dieser Optimismus ist wichtig, damit wir aus der Krise wieder herauskommen. Diesen Rückenwind werden die Unternehmen nutzen”.

Dabei sieht die aktuelle Lage laut Befragung, die im März durchgeführt wurde, noch ganz anders aus. Mit 45 Prozent ist weniger als die Hälfte der Unternehmen mit der Geschäftslage eher oder sehr zufrieden. Vor dem ersten Lockdown habe dies noch auf mehr als 60 Prozent zugetroffen, sagt Vybiral. Nach einem ersten großen Schock vergangenes Jahr seien die aktuellen Ergebnisse vergleichsweise wieder gemäßigt.

(c) KSV1870

Diese Wahrnehmung divergiert etwas von der tatsächlichen Umsatzentwicklung. Denn ganze 57 Prozent der Befragten erlitten Umsatzeinbrüche. Einen Anstieg gab es bei 23 Prozent, der Rest blieb am gleichen Niveau. 27 Prozent der Befragten haben ihre liquiden Mittel bereits aufgebraucht oder gaben an, innerhalb drei Wochen nach der Befragung soweit zu sein. Nur 41 Prozent sahen in diesem Bereich langfristig keine Probleme.

Jungunternehmen bewerten Geschäftslage laut KSV1870-Erhebung schlechter

Wenig überraschend sind die Ergebnisse für die einzelnen Branchen – mit Gastronomie und Freizeitwirtschaft am unteren sowie Lieferdiensten und IT am oberen Ende. Nicht ganz so erwartbar: Jungunternehmer bewerten die Geschäftslage etwas schlechter als Etablierte. Das habe mit der Eigenkapitalquote zu tun, meint der KSV1870-Chef. Was die Ausstattung mit Eigenkapital anbelange, seien die heimischen Unternehmen nach jahrelanger positiver Entwicklung zu Beginn der Krise auch im internationalen Vergleich gut aufgestellt gewesen, führt Gerhard Wagner aus. Doch dabei gelte: Größere Unternehmen haben bessere Voraussetzungen als kleinere, älterere bessere als jüngere.

(c) KSV1870

Das Eigenkapital wird auch bevorzugt für Investitionen der Unternehmen eingesetzt – gefolgt von Investitionen aus dem Cashflow und Förderungen. 68 Prozent der Befragten tätigten solche im vergangenen Jahr trotz Krise – knapp weniger als die Hälfte davon allerdings in geringerem Ausmaß, als ursprünglich geplant. 60 Prozent der Unternehmen wollen auch dieses Jahr investieren. “Dabei ist Sicherheit momentan das wichtigste Prinzip. An stelle eins steht der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, an Stelle zwei die weitere Digitalisierung”, sagt Wagner.

Digitalisierung – “Was Zwang alles ausmacht”

Im letztgenannten Feld sehen die beiden Redner massive Entwicklungen im vergangenen Jahr. “Was Zwang alles ausmacht”, sagt Wagner mit einem Augenzwinkern. Vybiral sieht die Coronakrise als “Gamechanger” und “Katalysator in Richtung Veränderung”. Sechs von zehn Unternehmen befinden sich laut Austrian Business Check in einer Change-Phase, haben also Veränderung gestartet oder geplant. Das betreffe adaptierte Geschäftsbereiche und eine veränderte Kundenkommunikation. “Die österreichischen Unternehmen sind nicht in eine Krisenlethargie verfallen. Das ist sehr positiv. Sie haben die Krise für Veränderungen genutzt”, so der KSV1870-CEO.

Vor der Coronakrise hätten zwei Drittel der Unternehmen keine digitale Agenda. “Jetzt haben es mehr als 50 Prozent. Und weitere digitalisieren ohne spezielle Agenda. Der Turnaround hat also stattgefunden”, sagt Vybiral. Dabei werde nun ein starker Fokus auf digitale Vertriebskanäle gelegt. Die Backoffice-Digitalisierung, die im ersten Krisenjahr sehr wichtig war, trete jetzt wieder mehr in den Hintergrund. “Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben erledigt. Die österreichische Wirtschaft ist aus dem digitalen Dornröschenschlaf erwacht”.

Derzeit keine Querdenker gefragt

Ein zum großen Change-Prozess etwas gegensätzliches Bild bringt der Austrian Business Check übrigens im Bereich HR. Bei neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – 15 Prozent der Unternehmen erwarten Zuwächse, sieben Prozent Rückgänge – zählen wieder klassische Werte. Zuverlässigkeit, Fachkompetenz und Loyalität stehen hier ganz oben. “Querdenker, First Mover und Quereinsteiger sind weniger gesucht”, führt Vybiral aus.

Langfristig erwartet er trotz der skizzierten derzeit moderaten Entwicklung höhere Arbeitslosenzahlen. Das große Comeback-Jahr, in dem seitens der Unternehmen große Investitionen geplant sind, dürfte nach derzeitigem Stand 2022 werden. Doch der KSV1870-Chef räumt ein: “Was wir nicht einschätzen können ist, was passiert, wenn noch drei Viren-Mutationen kommen”.

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Memorandum of Understanding, Startup-Allianz, Innovation, Wien, Rio
(c) Stock.Adobe/mRGB/ IrynaV - Wien und Rio kooperieren künftig.

Mit der Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding“ zwischen den Startup- und Innovations-Ökosystemen aus Wien und Rio de Janeiro sollen eine wirtschaftliche Brückenbau-Funktion in Gang gesetzt und interkontinentale Perspektiven zwischen Europa und Südamerika ermöglicht werden.

Erstes “Memorandum of Understanding” außerhalb portugiesischsprachiger Welt

“Dies ist das erste von Rio de Janeiro unterfertigte ‘Memorandum of Understanding’ außerhalb der portugiesischsprachigen Welt. Wir öffnen damit eine wirtschaftliche Pforte in die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Eine Marktchance, von der die zahlreichen innovativen Wiener Startups und Technologieunternehmen in ihrem Wachstumsbestreben nur profitieren können”, erklärt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.

Die Idee zu dieser Allianz startete vor rund vier Wochen während eines Besuchs einer Expert:innendelegation der Wirtschaftsagentur Wien in Rio de Janeiro: “Wien und Rio de Janeiro verbindet nun offiziell der Wille, die wirtschaftliche Zusammenarbeit auszubauen und den Dialog zu vertiefen”, sagt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien. “Ähnlich wie bei uns sind auch in Rio de Janeiro die Kreativwirtschaft und die Biotech-Branche von großer Bedeutung für den Standort und wir erwarten uns hier einen regen wirtschaftlichen Austausch.”

ViennaUp und WebSummit

Zu einem der künftigen Schwerpunkte zählt die Zusammenarbeit der internationalen Startup-Festivals der beiden Städte: Konkret geht es um die von der Wirtschaftsagentur Wien initiierte ViennaUP und um den WebSummit in Rio.

“Wir sehen auch hinsichtlich einer engeren Kooperation während unserer Festivals großes Potential. Diese Veranstaltungen bieten aufstrebenden Jung-Unternehmer:innen beider Städte die internationale Bühne, die sie für eine Weiterentwicklung ihrer Ideen und Produkte benötigen”, glaubt Hanke.

Das zwischen Wien und Rio de Janeiro abgeschlossene “Memorandum of Understanding” ist bereits die vierte Vereinbarung in den letzten zwölf Monaten, die die Hauptstadt getroffen hat. Ähnliche Übereinkommen wurden zuvor bereits mit Bangkok, Shanghai und Shenzhen vereinbart.

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