12.08.2021

Was haben Elefanten mit Digitalisierung, sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz zu tun?

Alice Schmidt und Claudia Winkler gehen in ihrer monatlichen Kolumne “An Optimist’s Guide to a Sustainable Future" der Frage nach: Was wäre, wenn wir nur noch Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die unsere Zukunft nachhaltig verbessern? In der aktuellen Kolumne beschäftigen sie sich mit dem jüngsten Klimabericht des Weltklimarates (IPCC) und beleuchten CO2-Kompensationsprojekte, die sich für den Schutz von Waldelefanten einsetzen.
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Klimakrise
(v.l.) Alice Schmidt und Claudia Winkler schreiben für den Brutkasten die monatliche Kolumne "An Optimist’s Guide to a Sustainable Future" | (c) StefanieJSteindl / adobestock

Der soeben veröffentlichte Klimabericht des Weltklimarates (IPCC) ist in aller Munde. Die Erde hat sich seit der vorindustriellen Zeit um durchschnittlich 1,09 Grad erwärmt; in Wien sind es bereits zwei Grad und in der Arktis bereits drei Grad Celsius. Während die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abwendbar sind, sind manche Veränderungen, wie zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels und die Gletscherschmelze heute praktisch irreversibel. Der Bericht zementiert, was wir grundsätzlich schon seit Jahren wissen, und dennoch ist es der ernüchterndste IPCC-Bericht bisher.  

Die Konzentration von CO2 in der Erdatmosphäre ist heute höher und steigt schneller an als je zuvor in den letzten zwei Millionen Jahren. Perioden extreme Hitze werden genauso häufiger wie extreme Regenfälle, die Auswirkungen davon sehen wir derzeit in Form von nie zuvor dagewesenen Brandkatastrophen im Mittelmeerraum; vor nur wenigen Wochen sahen wir sie in Form von heftigen Überflutungen in Deutschland und anderswo.

Klimaskepsis war gestern

Es gibt absolut keinen Zweifel mehr daran, dass der Mensch für die Erwärmung der Atmosphäre, der Landflächen und der Ozeane verantwortlich ist. Auch dies hat der IPCC-Bericht klar bestätigt.

Leider gibt es in dem 3.900 Seiten langen Text kaum gute Nachrichten außer jener, dass wir noch genauer als vor ein paar Jahren wissen, welche Maßnahmen wirken. Grundsätzlich ist es also noch möglich, die schlimmsten Folgen der Erderhitzung abzuwenden. Allerdings müssen wir dies wirklich wollen und bereit sein, Grundlegendes zu verändern. 

Das Bewusstsein über die Gefahren, welche die Klimakrise mit sich bringt ist nun weitgehend im Mainstream angekommen. Somit ist eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Transformation unseres Wirtschaftssystems geschaffen.

Biodiversitätskrise: Die Schwester der Klimakrise
(c) Adobe Stock

Physische Hindernisse gibt es nicht, politische Hürden sind enorm

Wir stehen zwar vor eine riesigen Herausforderung, aber grundsätzlich gibt es keine physischen oder umweltbedingten Hindernisse, die uns davon abhalten, den Klimawandel zu stoppen. Gleichzeitig sind die politischen, ideologischen und kulturellen Hürden enorm. Wir haben aber keine Wahl: wir müssen diese überwinden, jetzt oder nie, koste es was es wolle.

Wenn wir es schaffen die CO2-Emissionen bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, besteht eine Chance, dass der globale Temperaturanstieg bei etwa 1,5 Grad, also dem Ziel auf das sich sämtliche Staaten im Pariser Klimaabkommen geeinigt haben, bleibt. Um den globalen Temperaturanstieg zu minimieren, bedarf es drastischer Maßnahmen: fossile Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gase müssen im Boden bleiben. Unter anderem müssen die Technologien für Carbon Capture und Storage soweit reifen, dass sie wirksam CO2 aus der Atmosphäre abscheiden und sicher speichern können, und das ohne zu großen Energieaufwand.

Im November findet in Glasgow COP 26, der nächste UNO-Klimagipfel, auch „Weltklimakonferenz“ genannt, statt. Spätestens dank der aktuellen Brand- und Unwetterkatastrophen in Europa und den aktuellsten Daten aus dem IPCC-Bericht sollte den Entscheidungsträger:innen klar sein, dass unser Klima und somit unsere Zukunft, von ihren jetzigen Worten, Entscheidungen und Taten abhängt. 

Innovation als EIN Schlüssel zur Lösung

Den größten Hebel zur Bekämpfung der Klimakatastrophe haben, wie gesagt massive regulatorische Maßnahmen, vor allem solche zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und Bepreisung bzw. Besteuerung von CO2. Aber auch Verhaltensänderungen auf individueller Ebene sind nötig, ohne die wird es nicht gehen. 

Daneben sind natürlich auch innovative Geschäftsmodelle gefragt, einen Beitrag zur Abwendung der Klimakatastrophe zu leisten. Climate Tech Startups, die Technologien zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen einsetzen, ziehen immer mehr Kapital an. 2020 wurde die Rekordsumme von 17 Milliarden US-Dollar in Climate Tech Startups investiert.

Es gibt viele interessante Innovationen in diesem Bereich. Einen Ansatz, der uns aufgrund seiner Kreativität und ganzheitlichen Herangehensweise besonders inspiriert hat, stellen wir hier vor. 

Rebalance Earth: Wie Elefanten mittels Digitalisierung zu Klimaschützern werden

Rebalance Earth ist eine Impact Initiative, die auf den CO2-Kompensationsmarbkt als „Rebalance“-Mechanismus baut, um den Klimawandel zu bekämpfen. Die Initiative nutzt den wachsenden Markt für CO2-Kompensation, indem die CO2-Kompensationsleistungen von Wildtierarten wie Waldelefanten einen Geldwert bekommen. 

Wilde Elefanten gelten als Gärtner des Urwalds , weil sie große Urwaldbäume – die bekanntermaßen wichtige CO2-Speicher sind – schützen und deren Wachstum begünstigen. Diese Leistung der Elefanten wird nun bewertet und Unternehmen als CO2-Kompensation angeboten. Mit den Einnahmen werden Wildtiere geschützt, Ökosysteme wiederhergestellt und der Lebensstandard von Menschen, die in den Schutz von Elefanten eingebunden sind, wird erhöht.

Ein holistischer Ansatz als Gewinn für alle

In unserem Buch “The Sustainability Puzzle” argumentieren wir, dass Nachhaltigkeit auf einem ganzheitlichen Ansatz basiert. Das Modell von Rebalance Earth inspiriert uns besonders, da es mehrere dieser Puzzlesteine aufgreift.

? Klimaschutz:  Elefanten werden geschützt, was deren Beitrag in punkto CO2-Reduktion bewahrt 

? Nachhaltige Geschäftspraktiken: Unternehmen können Teil der Lösung werden, indem sie jenen Teil ihrer CO2-Emissionen, die unvermeidbar sind durch den Schutz von Elefanten kompensieren

? Technologie als Enabler: IoT, Blockchain und AI ermöglichen es, die im Hintergrund laufenden komplexen Transaktionen effizient durchzuführen und zu überwachen 

? Kreislaufwirtschaft: Mit dem Erlös aus der CO2-Kompensation werden die technischen Überwachungsgeräte zum Schutz der Elefanten betrieben und bei Bedarf repariert

? Soziale Gerechtigkeit: Communities die am Schutz der Elefanten beteiligt sind, erhalten dafür ein Einkommen aus der CO2-Kompensation.

Dieses Beispiel zeigt, dass innovatives, kollaboratives Denken Lösungen ermöglicht, die Gesundheit, Wohlstand und Wohlbefinden für alle steigern können.

Es braucht mehr Mitstreiter für unser Klima und jeder Schritt zählt!

Der Call to Action von Alice Schmidt und Claudia Winkler: Werdet aktiv, informiert Euch, werdet selbst kreativ oder unterstützt bestehende innovative Ansätze als Ambassadoren, Wissensgeber:innen oder Investoren:innen. Es ist noch nicht zu spät, wenn wir alle an einem Strang ziehen und bereit sind, unser Verhalten zu überdenken, können wir es schaffen, die Klimakatastrophe abzuwenden.

Lasst uns gemeinsam aktiv werden!

Alice Schmidt & Claudia Winkler


Über die Autorinnen

Alice Schmidt und Claudia Winkler sind pragmatische Denkerinnen und Macherinnen im Bereich Nachhaltigkeit.

Sustainable Challenge
Alice Schmidt und Claudia Winkler (v.l.n.r.)

Alice Schmidt arbeitet mit UNO-Organisationen, NGOs, der Europäischen Union und Unternehmen an Nachhaltigkeit und sozialer Transformation in Entwicklungs- und Schwellenländern. Neben diversen Board-Funktionen ist sie an der Wirtschaftsuniversität Wien Lektorin für “Sustainable Business & Management for Tomorrow”.

Claudia Winkler ist leidenschaftliche soziale Innovatorin und Unternehmerin. Sie ist Gründerin mehrerer Unternehmen unter anderem des nachhaltigen Mobilfunkers goood mobile in Deutschland und Österreich Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche internationale Auszeichnungen u.a. als eine der „Most impactful global Social Innovators“ am World CSR Day 2019.

Ihre gemeinsamen Erkenntnisse und Erfahrungen aus 20+ Jahren Forschung und Praxis in 40+ Ländern zu Klimaschutz, Circular Economy, Technologie und nachhaltigem Wirtschaften teilen Alice und Claudia in ihrem neuen Buch “The Sustainability Puzzle”

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie „No Hype KI„, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.

Im Staffelfinale, der sechsten Folge, war der Blick dann in Richtung Zukunft gerichtet. Dazu fanden sich die Österreich-Chefs von Microsoft und IBM, Hermann Erlach und Marco Porak, sowie Nagarros Big Data & AI Practice Lead für Central Europe, Peter Ahnert, und KI-Expertin Jeannette Gorzala, die auch Mitglied des KI-Beirats der österreichischen Bundesregierung ist, im brutkasten-Studio ein.

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Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: „Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen“. Gleichzeitig habe es auch „schöne Erfolge“ gegeben. Für Porak ist klar: „Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“

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Ein großes Thema dabei ist der AI Act der EU. Jeannette Gorzala, Gründerin von Act.AI.Now, plädiert für eine pragmatische Haltung gegenüber der EU-Verordnung: „Der AI-Act ist ein Faktum, er ist da. Jetzt müssen wir ins Tun kommen.“ Sie sieht in dem Regelwerk einen Wegweiser: „Wir müssen die entsprechenden Kompetenzen aufbauen und die Möglichkeiten nutzen, die diese Regulierung bietet. Das ist der Reiseplan, den wir brauchen.“

Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“

„Müssen positiv aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten“

Hermann Erlach von Microsoft bezeichnet den Ansatz des AI Act ebenfalls als „gut“, betont aber gleichzeitig, dass es jetzt auf die Umsetzung von KI-Projekten ankomme: „Wir haben eine Situation, in der jedes Land an einem neuen Startpunkt steht und wir positiv aggressiv reingehen müssen, um unseren Wohlstand zu halten.“

Peter Ahnert sieht dabei auch ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung: KI werde tendenziell nicht nur zu klein gedacht, sondern meist auch in Zusammenhang mit Risiken wahrgenommen: „Es werden die Chancen nicht gesehen.“ Woran liegt es? „Zu einem erheblichen Teil daran, dass noch zu wenig Bildung und Aufklärung an dem Thema da ist. In Schulen, in Universitäten, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Hand.“ Hier müsse man ansetzen, sagt der Nagarro-Experte.

Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: „Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.“ Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber „viel größer“ als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. „Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart“, sagt Gorzala.

IBM-Programm: „Die Angst war weg“

Wie das in der Praxis funktionieren kann, schilderte IBM-Chef Porak mit einem Beispiel aus dem eigenen Unternehmen. IBM lud weltweit alle Mitarbeitenden zu einer KI-Challenge, bei der Mitarbeiter:innen eigene KI-Use-Cases entwickelten, ein – mit spürbaren Folgen: „Die Angst war weg.“ Seine Beobachtung: Auch in HR-Teams stieg die Zufriedenheit, wenn sie KI als Assistenz im Arbeitsablauf nutzen. „Sie können sich auf die komplexen Fälle konzentrieren. KI übernimmt die Routine.“

Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: „Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?“, führt er aus.

Venture Capital: „Müssen in Europa ganz massiv was tun“

Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. „An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun“, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.

Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. „51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.“ Ahnerts Appell: „Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.“

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: „Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.“ Die wichtigere Frage sei also: „Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?“

Marco Porak ergänzt: „Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.“ Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. „Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.“


Die gesamte Folge ansehen:


Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: „No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?“

Folge 2: „Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?“

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”

Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie „No Hype KI„, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.

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Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: „Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen“. Gleichzeitig habe es auch „schöne Erfolge“ gegeben. Für Porak ist klar: „Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“

AI Act: „Jetzt müssen wir ins Tun kommen“

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Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“

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Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: „Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.“ Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber „viel größer“ als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. „Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart“, sagt Gorzala.

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Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: „Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?“, führt er aus.

Venture Capital: „Müssen in Europa ganz massiv was tun“

Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. „An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun“, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.

Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. „51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.“ Ahnerts Appell: „Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.“

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: „Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.“ Die wichtigere Frage sei also: „Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?“

Marco Porak ergänzt: „Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.“ Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. „Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.“


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Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

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