10.12.2019

Alle Hintergründe zum Führungswechsel bei I.E.C.T.-Hermann Hauser

Im exklusiven Doppelinterview spricht Magdalena Hauser über ihren Rückzug als Geschäftsführerin bei I.E.C.T.-Hermann Hauser und Klara Brandstätter als neue Projektleiterin über die künftigen Projekte des Unternehmens.
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I.E.C.T.
(c) I.E.C.T

Anfang 2018 übernahm Magdalena Hauser die Geschäftsführung des I.E.C.T.-Hermann Hauser. Nun hat die 31-jährige verkündet das I.E.C.T. zu verlassen und sich neuen Aufgaben zu widmen. Als neue Führungskräfte rücken Klara Brandstätter und Johannes Felder nach. Wir sprachen exklusiv mit Magdalena Hauser und der neuen Projektleiterin Klara Brandstätter über Vergangenheit und Zukunft des Unternehmens.

+++ Challenge 2019: I.E.C.T.-Hermann Hauser sucht wieder Tech-Startups +++


Magdalena, was sind die Beweggründe für deinen Abgang beim I.E.C.T.?

Magdalena Hauser: Für mich hat ja alles nicht erst 2018 begonnen, als ich die I.E.C.T.-Hermann Hauser Geschäftsführung übernommen habe, sondern bereits 2015. Es war also somit ein langer Prozess, bei dem wir gemeinsam das so wichtige Startup-Ökosystem aufgebaut haben. Mittlerweile gibt es diesbezüglich sehr viele Programme. Es ist jetzt einfach schon sehr viel da. Nach vier Jahren war es für mich schlicht und einfach an der Zeit für einen Wechsel. 

Wenn du auf die Zeit zurückblickst: Was ist alles gelungen?

Hauser: Besonders stolz bin ich darauf, dass wir mittlerweile ein weltweites Netzwerk aufgebaut haben und über 100 Alumnis aus unserer Summer School herauskommen. Unsere Grundprämisse, dass wir Researcher aus der Universität heraus fördern wollen, damit sie Unternehmen gründen, hat definitiv gegriffen. Wir haben zudem Startup-Tirol aufgebaut und es gibt Flagship-Programme. 

Was erwartest du dir für die Zukunft von der I.E.C.T. und wie bleibt du mit dieser verbunden?

Hauser: Zuerst einmal muss ich sagen: Ich gebe alles in wirklich sehr gute Hände. Klara Brandstätter beispielsweise, die künftig für die Startup-Programme zuständig sein wird, hat sich im letzten dreiviertel Jahr sehr gut eingearbeitet und entwickelt. Es ist insgesamt ein sehr, sehr gutes Team. Ich bleibe der I.E.C.T. in Zukunft nicht zuletzt dadurch verbunden und erhalten, als dass ich weiterhin Gesellschafterin sein werde.

Wohin geht deine berufliche Reise?

Hauser: Ich kann dazu leider noch nichts Konkretes sagen. Wohin genau es geht werde ich im ersten Quartal 2020 verlautbaren. Ich kann lediglich anmerken, dass sich für mich eine gute Chance ergeben hat. Ich habe jetzt vier Jahre lang Startups dabei zugeschaut, wie sie sich entwickeln und weiterentwickeln. Jetzt wurde es auch für mich Zeit. 

Klara, Warum bist du ursprünglich zum I.E.C.T. gegangen? 

Klara Brandstätter: Mit dem I.E.C.T. – Hermann Hauser ist in Tirol eine sehr spannende Institution geschaffen worden, die es in dieser Form so noch nicht gab, als ich 2015 nach Frankfurt gegangen bin, um dort im Corporate- und Innovationsbereich Erfahrung zu sammeln. Das Spannungsfeld zwischen Innovation, Entrepreneurship, Academia und Investment umfasst viele meiner persönlichen Interessen. Besonders begeistert hat mich die internationale Ausrichtung des I.E.C.T. und die Möglichkeit zukunftsweisende Themen mit Partnern auf verschiedensten Ebenen zu bearbeiten.

Was genau sind deine Aufgaben?

Brandstätter: Vor allem die Weiterentwicklung der Programme, Projekte und Kooperationen auf nationalem und internationalem Level für die verschiedenen Akteure im Innovationsökosystem. Akteure, das sind Startups, Mentoren, Investoren, Unternehmen. Es geht uns um das Deep-Tech Ökosystem in Österreich zu stärken. Gerade universitäre Ausgründungen brauchen eine besondere Sensibilität, die man noch stärken kann. Das Thema Science-based-Entrepreneurship liegt grundsätzlich im Kern jedes meiner Projekte. Ich setze dabei ganz konkret Projekte um, wie zum Beispiel den Alpine Tech Hub mit der Werkstätte Wattens und der Standortagentur Tirol oder die I.E.C.T. – Summer School mit der University of Cambridge und dem Forum Alpbach.

Was kommt auf das I.E.C.T. im Jahr 2020 zu?

Brandstätter: Wir treffen heute große Entscheidungen für relevante Entwicklungen in allen Bereichen – Programme, Investment und I.E.C.T. – Network, unser Software-Produkt. Die von Hermann Hauser als Initiator des I.E.C.T. oft genannten Herausforderung, der mangelnden Scale-Ups in Europa, gehen wir mit unseren Projekten konkret an – was auch für uns eine neue Herausforderung ist.

Zum Beispiel mit dem I.E.C.T. – Network. Das baut auf jahrelanger Forschung aus Cambridge auf, die die Herausforderungen von Scale-Ups in den verschiedenen Entwicklungsphasen behandelt. Weiterentwickelt vom I.E.C.T. – Team unter der Feder von Johannes Felder, der schon seit Gründung I.E.C.T.-Teammitglied ist. Er entwickelt dort mit einem großen Team an Software Developern und unseren Cambridge-Partnern ein Online-Ökosystem, das sowohl für Startups als auch Mentoren, Unternehmen und Investoren zukünftig als eine wertvolle Plattform für die Gründung und Skalierung von innovativen Projekten dienen wird. Hier werden unsere Programme, wie die Summer School, der geplante Accelerator im Rahmen des Alpine Tech Hubs und unser Netzwerk, bestehend aus Investoren, Mentoren und Unternehmen, abgebildet. 

Im Investmentbereich tut sich ebenfalls einiges. Wir arbeiten hier mit unserem Investment Team – Hannes Hauser, Jasmin Güngör und Lucas Hauser – genauso wie bei den Programmen in großer Schrittstärke an Projekten, die, glauben wir, viel Potential für Österreich haben.


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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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