09.08.2021

Ab wann geben wir KI Persönlichkeitsrechte?

Erstmals wurde bei einem Patent eine KI als Erfinder zugelassen. Was das bedeutet, behandelt Mic Hirschbrich in seiner aktuellen Kolumne.
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Mic Hirschbrich: Wann geben wir KI Persönlichkeitsrechte?
Brutkasten-Kolumnist Mic Hirschbrich | Hintergrund: (c) Adobe Stock

Filme bereiten uns schon länger auf die Frage vor, ab wann denn Künstliche Intelligenz (KI) – etwa in einem Roboter, weil das schöner zu erzählen ist – Entscheidungen so umfassend treffen können wird, dass sie Menschen darin gleicht oder sogar überragt. Hollywood ist uns da immer ein Stück voraus. Und doch gab es jüngst zwei spannende Entwicklungen, die uns daran erinnern, dass wir uns diesem Punkt Schritt für Schritt annähern.

Künstliche Intelligenz errechnet mit ihren neuronalen Netzen Entscheidungen auf Basis erlernter Muster und trifft diese dann mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. In manchen (“narrow ai“) Bereichen tut sie das schon erstaunlich gut. Zum Beispiel, wenn es um Innovation bei Pharmazeutika geht, etwa im Erfinden neuer Wirkstoffkombinationen oder Methoden, diese herzustellen.

Wenn eine menschliche Intelligenz etwas Neues erfindet, kann sie diese Erfindung mittels Patent schützen. Bei einem Antrag wird dabei die “technische Erfindung” geprüft, auf Basis folgender Eingaben:

  • Eine technische Beschreibung der Geschäftsidee
  • Patentansprüche (Schutzumfang Ihres Patents)
  • Zeichnungen der Idee (falls notwendig)
  • eine Zusammenfassung der Geschäftsidee (nicht länger als 1.500 Zeichen) sowie
  • eine Erfinderbenennung der Idee

Sie sehen vermutlich schon das mögliche Problem. Wenn eine Künstliche Intelligenz etwas erfindet, dann hat “sie”, flapsig formuliert, Probleme beim Antragstellen.

Zwar braucht es für eine technische Erfindung fast ausschließlich Intelligenz (nicht definiert ob künstlich oder human), diese aber zu schützen, ist sprachlich und implizit formell nur Menschen möglich. Denn weder hat eine KI einen Namen, noch eine Adresse, noch durchsetzbare Persönlichkeitsrechte.

Zwei Patentanmeldungen durch KI erstmals akzeptiert

Ein kleiner Meilenstein in der Evolution künstlicher Intelligenz ist das folgende Ereignis schon. Hätten Maschinen emotionale Bedürfnisse wie Menschen, sie würden jetzt wohl darauf anstoßen wollen. Das Artificial Inventor Project hat folgenden Durchbruch erzielt, basierend auf seinem “Creative Neural Network”-Ansatz: Eine Patentbehörde akzeptierte erstmals in der Geschichte eine Patentanmeldung, in der ausschließlich eine KI als Erfinder gelistet wird. (Hier der Antrag im Detail)

Der Bundesgerichtshof entschied nach Einsprüchen zudem, dass KI auch ein Erfinder sein könne und Patentanmeldungen damit möglich sein müssen. Die Anerkennung zum Patent steht allerdings noch aus.

Am Europäischen Patentamt war ein vergleichbarer Versuch gescheitert, da die Patentbeamten aus dem Formalkriterium, das einen Erfinder mit Name und Anschrift vorsieht, ableiteten, dass dies eine KI nicht erfüllen könne. Das mag historisch begründbar sein. Es scheint aber heute nicht mehr konsistent zu sein, wenn nun auch eine künstliche Intelligenz in der Lage ist, eine Erfindung hervorzubringen. Denn wieso sollte „der Urheber einer Erfindung“, überspitzt gesagt, zusätzlich wohnen, weinen oder Auto fahren können?

Natürlich wird es komplizierter bei der Frage, wer denn die Rechte des Patentinhabers dann halten und nötigenfalls durchsetzen könnte. Schöpfungen durch Maschinen sind derzeit in den meisten Ländern nicht schutzfähig, auch nicht in den sonst technisch progressiveren USA. Dazu braucht es “natürliche Personen”. Nur, welche Person setzt man denn für eine bahnbrechende Erfindung ein, wenn diese (autonom) von einer KI entwickelt wurde? Den Entwickler dieser KI oder mehrere Entwickler? Aber sie waren ja die Schöpfer der KI und nicht der “Schöpfungen, die die KI selbst hervorbringt”.

Unternehmen (etwa aus der Pharmaindustrie), die KI für Erfindungen einsetzen, fürchten jedenfalls um Wettbewerbsverzerrungen, wenn nicht die wahren Urheber von Erfindungen benannt werden dürfen (also das KI-System XY), sondern die “menschlichen Entwickler der KI”.

KI-Softwareentwicklung wird unsere Developer herausfordern?

Das jüngste GitHub Produkt (Github gehört seit 2018 Microsoft) namens “Copilot” (entwickelt zusammen mit dem OpenAI-Institut) wirft recht ähnliche Fragen auf, allerdings aus anderer Perspektive. Dass Software Software schreibt, darüber diskutiert man schon lange und für bestimmte Zwecke verwenden wir das Prinzip auch schon erfolgreich. Der Trend geht dabei von “Low Code” zu “No Code”.

Screenshot

Bis KI den menschlichen Softwareentwickler ersetzt wird es noch dauern. Wie in den meisten KI-Einsatzgebieten, haben wir heute vor allem “assistive ai” im Einsatz. Copilot etwa hilft (wie eine Art Assistent für den Entwickler) einen Code zu vervollständigen, schlägt Alternativen vor und führt niederschwellig Tests durch.

Ethisch nicht unumstritten dabei ist der Weg, einer KI zu diesen Fähigkeiten zu verhelfen. “Trained on billions of lines on public code”, heißt es in der Beschreibung der Projektbetreiber. Sprich, die KI erwirbt ihre Fähigkeiten aus den intelligenten Leistungen hunderttausender menschlicher Entwickler, die diese Nutzung ihrer Schöpfung vermutlich nicht erahnen konnten, als sie ihren Code freistellten.

Fazit

Am Ende lernt auch ein Mensch von den Leistungen anderer Menschen, kombiniert, analysiert, adaptiert und erweitert und schafft oder „schöpft“ dann etwas Neues. Die Auseinandersetzung mit KI wird noch viele solcher Fragen aufwerfen und möglicherweise unser Paradigma angreifen, was “intelligente Leistung und kreative Schöpfung” eigentlich wirklich ist.

Mit der Copyright-Direktive zum Beispiel sagt die europäische Politik, dass man ab sofort keine Textbestandteile aus im Internet frei geteilten Artikeln von Medien nutzen darf (etwa zum Teilen auf Twitter und Facebook), bzw. das bereits zu einer Lizenzpflicht (für das Netzwerk) führt. Wenn aber Software-Entwickler ihren Code irgendwo freigeben, dann können Unternehmen offenbar damit eine KI trainieren und ohne weiteres ein neues, mächtiges Businessmodell darauf aufbauend begründen.

Softwareentwicklung ist jedenfalls eine kreative, intelligente und schöpferische Leistung. Ihre Produkte besser schützbar zu machen, ist wichtig, auch für unseren Standort. Und zwar ganz unabhängig davon, ob sie von Menschen oder künstlicher Intelligenz entwickelt wird. Beides muss als schutzwürdig angesehen werden, nur dann haben beide auch einen Anreiz, sich weiterzuentwickeln, und menschliche Probleme zu lösen.

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Die Kurstafel:

​⚠️ Das Bitcoin-Halving steht unmittelbar bevor

Es steht jetzt endgültig bevor: das vierte Bitcoin-Halving wird in der Nacht auf Samstag über die Bühne gehen. Beim Halving wird die Belohnung, die Miner erhalten, um neue Blöcke zu Bitcoin-Blockchain hinzufügen, halbiert. Die Folge: Es kommen weniger neue Bitcoins in den Umlauf als es ohne Halving der Fall wäre. Diesmal sinkt diese “Ausschüttung” von 6,25 Bitcoin auf 3,125 Bitcoin.

Wer gut im Kopfrechnen ist, kann es sich schon herleiten: Nachdem es das vierte Halving ist, ist die Belohnung zunächst von 50 auf 25 (im Jahr 2012), dann von 25 auf 12,5 (im Jahr 2016) und zuletzt 2020 von 12,5 auf 6,25 gesunken. Das Halving ist dabei aber nicht über einen Zeitraum definiert, allerdings dennoch klar vorherbestimmt: Es findet alle 210.000 Blöcke statt - was in der Praxis aktuell (bei einer Blockzeit von zehn Minuten)  auf etwa vier Jahre hinausläuft.

Das Halving spielt eine extrem wichtige Rolle für die Geldpolitik von Bitcoin. Denn dass die Menge aller jemals bestehender Bitcoin begrenzt ist, ist eines der zentralen Merkmale von Bitcoin. Und geht Hand in Hand mit einer deterministischen Geldpolitik. Es entscheidet keine Zentralbank nach eigenem Ermessen, wie viele Bitcoin in Umlauf kommen. Sondern es ist im Code vorgegeben. 

Und weil neue Bitcoin eben als “Block-Subvention” für Miner entstehen, hängt die Anzahl der im Umlauf befindlichen Coins klarerweise direkt davon ab, wie viele Bitcoin diese “Belohnung” ausmacht. Mit dem Halving ist sichergestellt, dass die Anzahl der neu entstehenden Coins langfristig sinkt. Wichtig dabei: Es sinkt nicht die Gesamtzahl der Bitcoin - es kommen weiterhin neue dazu, nur eben nicht mehr so viele wie vorher.

​📈 Warum das Halving den Bitcoin-Kurs antreiben könnte…

Soweit einmal die Auswirkungen des Halvings auf die in Umlauf kommenden Bitcoin. Für viele, die am Markt aktiv sind, ist aber ein anderer Aspekt interessanter: Wie wirkt sich das Halving auf den Bitcoin-Kurs aus? 

Und auch hier gibt es Theorien, die in Crypto Weekly auch immer wieder diskutiert worden sind. Eine der populärsten Annahmen: Auf das Halving folgt ein Bullenmarkt mit steigenden Kursen. 

Bei den vergangenen drei Halvings war dies - mit einigen Monaten Verzögerung - auch tatsächlich der Fall. Drei Fälle sind aber statistisch nicht viel und die zeitliche Verzögerung macht es noch einmal schwieriger, Kausalitäten herzuleiten. Zumal Bitcoin sich im Jahr 2024 unter völlig anderen Rahmenbedingungen bewegt als in den Jahren 2012, 2016 und 2020.

Anstatt uns von der Vergangenheit leiten zu lassen, werfen wir doch einen Blick auf die Logik hinter der Annahme. Die lautet im Wesentlichen: Wenn weniger Bitcoin in Umlauf kommen, werden sie wertvoller. 

🤔 …und warum vielleicht auch nicht

Aber diese Begründung hat gewisse Probleme: Einerseits sinkt ja das Bitcoin-Angebot nicht, sondern es kommen weiterhin neue dazu. Andererseits ist es beim Bitcoin-Kurs so wie bei jedem anderen Asset: Er wird nicht monokausal vom Angebot bestimmt - ebenso entscheidend ist auch die Nachfrage. Und die hängt von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren ab - die mitunter sogar völlig außerhalb des Kryptomarkts angesiedelt sind. Etwa, wenn makroökonomische oder geopolitische Entwicklungen die Nachfrage nach sämtlichen “Risk Assets” dämpfen. 

Dazu kommt: Dass das Halving kommt, ist bekannt. Wahrscheinlich gibt es nur sehr wenige Ereignisse in der Finanzwelt, deren Eintreten mit dermaßen geringer Unsicherheit vorhergesagt werden kann. Und kursrelevante Ereignisse, die bereits bekannt sind, sind im Normalfall bereits im Kurs widergespiegelt. 

Natürlich kann man trefflich darüber diskutieren, ob der Kryptomarkt einen effizienten Markt darstellt. Aber grundsätzlich ist die geschilderte Annahme plausibel: Wer ein iPhone verkauft, von dem man sicher weiß, dass es in drei Monaten kaputt geht, wird dafür einen geringeren Preis erzielen als wenn dies nicht der Fall ist. Der Käufer weiß, dass das passieren wird - und preist es dementsprechend ein. Analog dazu läuft es an den Finanzmärkten. 

Heißt das nun also, dass das Halving keine Auswirkungen auf den Bitcoin-Kurs haben wird? So einfach ist es dann auch wieder nicht. Wie schon in Crypto Weekly #124 geschildert, kann das Halving bis zu einem gewissen Grad auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden: Wenn alle auf einen Kursanstieg setzen, kommt er dann tatsächlich - zumindest vorübergehend. Der Kurs wird in einem solchen Fall also nicht vom Halving selbst getrieben, sondern von der Wahrnehmung des Halvings durch die Trader:innen. 

Entscheidend dabei ist aber: Die kurzfristige Kursreaktion auf das Halving ist jedenfalls spekulativ getrieben. Und spekulativ getriebene Marktbewegungen können schnell in die eine wie auch in die andere Richtung gehen. Wie sich das Bitcoin-Halving kurzfristig auf den Kurs auswirken wird, werden wir morgen wissen. Zuverlässig voraussagen, lässt es sich jedenfalls nicht.


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