15.10.2018

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

Philipp Albrecht, Co-Founder und Geschäftsführer des Wiener Startups "HappyMed", gibt beim brutkasten Meetup #HealthTech Nachhilfe in Sachen Verkaufstechniken.
/artikel/happymed-philipp-albrecht
HappyMed: Philipp Albrecht
(c) HappyMed: Philipp Albrecht

HappyMed entwickelt spezielle Videobrillen, die Patienten vor, während und nach Operationen mit Filmen und Musik ablenken. Dadurch entspannen sie sich und der Einsatz von Beruhigungsmitteln kann reduziert werden. Die Idee dazu kam dem Co-Founder Philipp Albrecht Mitte 2013 bei einem Zahnarztbesuch. In seinem Impuls-Talk “B2B Sales im HealthTech Sektor” am 22. Oktober beim brutkasten Meetup #HealthTech spricht er über seine Erfahrungen, am Markt Fuß zu fassen und die Innovationen an den Mann zu bringen. Wir haben ihn vorab zum Interview getroffen.

+++ Archiv: Nie wieder Angst vorm Arzt: Brille lenkt Patienten vor Schmerzen ab +++


Was wirst du dem Publikum bei deinem Impuls-Talk erzählen?

Ich versuche Tipps zu geben, wie Startups die beschränkte Zeit und die wenigen Ressourcen sinnvoll nutzen, um auf die richtigen Chancen zu fokussieren. Dazu gebe ich einleitend einen Überblick über das Sales-Ökosystem und zeige auf, welche Märkte auf der Welt interessant sind und wie sie strukturiert sind. Ein Schwerpunkt wird auf Direct Sales versus Indirect Sales liegen. Ich spreche auch darüber, wie die Wissenschaft beim Verkauf unterstützen kann und abschließend streife ich das Thema Pricing.

Nehmen Startups das Thema Sales zu wenig ernst?

Leider, ja. Die Komplexität von Sales wird von Startups komplett unterschätzt. Dabei ist es ist eine der Königsdisziplinen im B2B-Bereich, MedTech zu verkaufen. Die meisten stellen sich Sales viel einfacher vor.

Was sind die grundlegenden Voraussetzungen?

Erstens muss man den gesamten Prozess verstehen und zweitens genug Geduld haben. Man muss raus zum Kunden. Besuche, Reisekosten, Übernachtungen – Sales kostet Geld. Ich kann jemanden mit Sales beauftragen, der wenig Erfahrung hat, dafür günstig ist, oder ich leiste mir gleich einen Sales-Experten, der allerdings ein hohes Honorar fordert. Es gilt im Businessplan zu beachten, dass man für Sales Ausgaben hat, zu einer Zeit, in der noch keine Umsätze reinkommen.

Warum dauert es so lange, bis der Knopf aufgeht?

Weil man zuvor ein Vertrauen der Kunden zum Produkt aufbauen muss. Gerade bei HealthTech geht das nicht von heute auf morgen. Das Produkt muss präsentiert werden und die Zustimmung vieler Stakeholder gewinnen. Häufig finden diese Schritte zu Phasen statt, in denen das Budget knapp ist.

“Jemand aus dem Gründerteam muss raus und verkaufen.”

Lohnt es sich ein eigenes Sales-Team aufzubauen, oder sollte man sich gleich an Vertriebspartner wenden?

Meiner Meinung nach sollte ein Startup immer mit Direct Sales starten. Jemand aus dem Gründerteam muss raus und verkaufen. Nur so generiert man die meisten Learnings und eignet sich die Vertriebskontrolle an. Lagere ich den Verkauf sofort aus, habe ich eine unglaublich schlechte Verhandlungsposition. Es ist unerlässlich, dass man mit einem neuen Produkt selbst die Fühler am Markt ausstreckt. Hat man genügend Learnings, kann man die Erfahrungen an Indirect Sales weitergeben. Ich muss für mein Produkt selbst Experte werden und den Markt verstehen. Erst dann kann ich anderen helfen, mein Produkt am Markt erfolgreich zu verkaufen.

Was waren die Sales-Schwierigkeiten bei HappyMed?

Wir haben eine komplett neue Nische erschlossen. Wir sind die Pioniere der audiovisuellen Medizin. Das bedeutet aber auch, dass es für diesen Bereich weder Budget noch ein Bewusstsein gibt. Unser Markt war und ist bis jetzt noch nicht existent und wir bauen ihn sukzessive auf. Dafür bedarf es Geduld – in anderen Worten: Man muss die Planung dementsprechend aufsetzen.

Ab welcher Phase sollte sich ein Startup mit Sales auseinandersetzen?

Ab dem Tag 1 muss man beginnen, zu verkaufen. Verkauf bedeutet: Validieren einer Idee. Das ist extrem wichtig, sonst entwickle ich womöglich am Markt vorbei. Wir sind mit einer “Holzbox” rausgegangen und haben Jemanden gefunden, der an unsere Idee geglaubt hat. HappyMed war immer nah am Markt.

Welchen Tipp können Sie MedTechs zum Abschluss mitgeben?

Macht euch nicht gleich übermäßig viele Gedanken, ob euer Produkt den hygienischen Standards entspricht oder ob man das überhaupt darf. “Instead of asking for permission, ask for forgiveness”, lautet das Motto. Sonst kommt man nicht weit. Das ist natürlich in niedrigen Risikostufen, wo wir uns mit HappyMed bewegen, leichter. Will man ein Klasse-3-Medizinprodukt entwickeln – also in der Hochrisikoklasse – ist das ungleich schwieriger, weil Entwicklungen und Zulassungen ewig dauern. Für ein Startup ist es ratsam, in geringen Risikoklassen zu bleiben, sonst ist der Finanzierung- und Zeitaufwand kaum zu bewältigen.

⇒ Zur Page des Startups

Archiv: HappyMed-Gründer Phillipp Albrecht im Video-Interview 2016

Livestream mit HappyMed und Greetzly. Jetzt geht's los. Wir freuen uns über eure Fragen im kommentarbereich

Gepostet von DerBrutkasten am Mittwoch, 27. April 2016

Redaktionstipps
Deine ungelesenen Artikel:
16.12.2024

“Die Zeit des Zuwartens ist vorbei”

Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
/artikel/no-hype-ki-folge-1-nachlese
16.12.2024

“Die Zeit des Zuwartens ist vorbei”

Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
/artikel/no-hype-ki-folge-1-nachlese
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

Du willst bei "No Hype KI" am Laufenden bleiben?

Trag dich hier ein und du bekommst jede Folge direkt in die Inbox!

„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

Die Partner von No Hype KI
Die Partner von No Hype KI
Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

HappyMed-Gründer Philipp Albrecht: “Sales wird unterschätzt”