13.01.2022

Grape-Gründer Felix Häusler über “Exodus” und die “Wall of Death”

Felix Häusler hat nach der Insolvenz mit Grape in alten Aufzeichnungen gestöbert und ein Google Spreadsheet-Modell entdeckt, das sich an Early Stage Saas-Startups richtet. Und eine Hilfestellung bieten soll.
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(c) Grape - Grape-Gründer Felix Häusler gegen die "Wall of Death".

Felix Häusler musste im November letzten Jahres mit seinem Messenger-Startup Grape Insolvenz anmelden, wie der brutkasten berichtete. Er zog sich darauf zurück, um etwas Abstand zu gewinnen und fand in ruhigen Momenten eine seiner alten Aufzeichnungen wieder, die er öffentlich machte.

Und folgendes postete: “Ich war ziemlich unglücklich. Also zogen meine Freundin Maggie und ich in die Wälder und begannen, ein altes Nonnenkloster in den Bergen südlich von Niederösterreich zu renovieren. Dort oben, in den kalten, nebligen Winternächten, konnte ich das letzte Jahrzehnt des Unternehmertums aus einer gesunden Distanz betrachten. Eines Tages stöberte ich in einigen alten Notizen, um die besten Erkenntnisse aus all den Abenteuern meiner achtjährigen Reise zu finden. Dabei bin ich auf “Exodus” gestoßen.”

“Durch die Decke oder zusperren”

Dabei handelt es sich um ein unfertiges Google-Spreadsheet, das Häusler für Early Stage-Startups erstellt hatte, um das große Problem zu lösen, mit dem viele Gründer bei der Mittelbeschaffung konfrontiert sind: Den Investoren einen optimistischen Geschäftsplan vorzulegen und gleichzeitig nicht kurzfristig zu sterben.

“In der Anfangsphase stehen einige Founder vor dem Problem, dass sie auf der einen Seite einen Business-Plan präsentieren, der im Falle eines Investments durch die Decke geht und auf der anderen Seite ein paar Monate davon entfernt sind, die Firma zu schließen”, so Häusler weiter. “Manchmal stimmt sogar beides, man sollte aber den ‘good-‘ und ‘worst-case’ im Auge behalten. Deshalb habe ich ein Spreadsheet erstellt, in dem man eine Vielzahl von SaaS-Metriken und seine Wachstumskurve dargestellt bekommt, dabei aber gleichzeitig eine große ‘Wall of Death’ – mit dem Tag, an dem einem das Geld ausgeht – auf sich zurollen sieht. Ich hoffe, dass ich damit hochoptimistische Founder ein bisschen auf den Boden holen kann und umgekehrt.”

(c) Häusler – Das Exodus-Spreadsheet für die Visualisierung des schmalen Grats zwischen Erfolg und Misserfolg in einem Early Stage SaaS-Startup.

Häusler weiß, dass viele Startups mehr Geld “verbrennen”, als sie einnehmen. Dementsprechend gibt es einen Punkt, an dem sie entweder mehr Kapital zugeschossen bekommen oder zusperren müssen. “Die ‘Wall of Death’ ist der Punkt, an dem die Liquidität nicht mehr gegeben ist oder – im Startup-Jargon – die Runway aus ist”, präzisiert er. “Natürlich gibt es auch Startups, die solche Probleme nicht haben, zum Beispiel wenn die Gründer:innen nebenbei noch woanders arbeiten und das Startup ohne Investoren an Nachmittagen und Wochenenden aufbauen.”

Häusler: “Sheet geht von recht pessimistischen Entwicklungen aus”

Konkret nimmt das Exodus-Sheet ein paar Anfangszahlen her und geht dann von recht pessimistischen Entwicklungen aus. Diese könne man aber auf verschiedene Art mit jedem Monat überschreiben: “Man hat doch mehr Umsatz gemacht? Einfach eintragen und die ‘Wall of Death’ wandert wieder weiter nach rechts. Ein Investor hat einen kleinen Betrag nachgeschossen? Einfach eintragen und die ‘Wall of Death’ passt sich sofort an. Sollte es auf der Einnahmenseite nicht besser werden, kann man in einer Reihe auch prozentuale Einsparungen einbauen, zum Beispiel alle Ausgaben um 25 Prozent kürzen. Damit kann man auch einiges bewirken”, so Häusler weiter.

Erklärvideo des Exodus-Spreadsheets

Für den Gründer ist es nicht unbedingt gute Business-Praxis, das Überleben seines Startups stets von der einen nächsten Zahlung abhängig zu machen. “Nichtsdestotrotz passiert es andauernd. Egal ob Elon Musk, der für Tesla angeblich drei Tage vor Bankrott ein ’40 Millionen Investment’ erhielt, meiner Firma, jedes zweite Startup, das ich kenne – manchmal muss man gleichzeitig die Opportunität für die Außenwelt erklären und intern Einsparungen vornehmen”, sagt er.

“Wall of Death” nach hinten schieben

Das Spread-Sheet ist prinzipiell für Software-as-a-Service Startups ausgelegt, was aber nicht heiße, dass man das Konzept nicht auch für andere Sachen umbauen kann, ziele man bei seinen Kunden auf wiederkehrende Überweisungen (Abos) ab.

“Egal ob Netflix, Spotify oder iCloud. Man versucht sich wiederkehrende Einnahmen aufzubauen, die somit die nächsten Monate deutlich leichter berechenbar machen, als bei Produkten, die man nur einmalig verkauft. Entsprechend ist ‘Monthly Recurring Revenue’ ein guter Hebel, die ‘Wall of Death’ nach hinten zu schieben. Da man aber gerade während der Investorensuche nicht so viel Founder-Sales machen kann, ist Kostensenkung oft die sicherste Variante, mehr Zeit zu schaffen”, meint Häusler, der aus Erfahrung spricht und Tipps für Gründer parat hat.

Häusler: “Investoren sind für die Ewigkeit”

“Niemals den Boden unter den Füßen verlieren. Investoren sind Partner für die (Firmen-)Ewigkeit und verdienen ehrliche Aussagen. Nicht bis zum letzten Moment warten, sondern acht Monate vor Ende der Runway mit dem Fundraisen anfangen. Kapital nicht für zwölf, sondern, wenn möglich, für 24 Monate einsammeln. Sowie Vereinbarungen mit Investoren für Follow-On Investments treffen”, sagt er.

Und präzisiert: “Zum Beispiel: ‘Gib mir heute 150.000 Euro, wenn ich daraus 1000 zahlende Nutzer á 20 Euro innerhalb eines Jahres gewinnen kann, vereinbaren wir ein 500.000 Euro-Ticket’. So kann man sich auf den Verkauf konzentrieren und weiß, dass man bei Erfolg keinen Fundraising-Stress hat. Gleichzeitig minimieren die Investoren ihr Risiko und müssen nicht sofort die größten Summen einwerfen. Und, falls man Kosten einsparen muss, die Anstellungsfristen beachten. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bringt nur etwas, wenn die Kündigung auch vor Ende der ‘Runway’ eine Verbesserung bringt. Das heißt, am besten schon sechs Monate vor Geld-Ende die schwersten Entscheidungen treffen und radikal durchziehen.”

Nur eine Abstraktion, aber…

Häusler weiß, dass es “dort draußen” natürlich umfangreichere Tools gibt. Sein “Exodus” stellt eine starke Abstraktion eines echten Businessplans und einer Liquiditätsplanung dar. “Aber manchmal braucht es simplere Darstellungen, um Menschen ihre Situation klarer vor Augen zu führen”, so Häusler abschließend. “Ich hoffe, es hilft der einen oder anderen Person und ich freue mich, von allen zu hören, die sich mit der Exodus-Tabelle auseinandergesetzt haben. Ein ‘Shoutout’ an dieser Stelle an Hansi Hansmann und Christoph Schnedlitz, dank denen ich die SaaS-Kennzahlen verbessern konnte.”

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Christian Duguet | (c) nuvo

Die Plattform nuvo setzt KI ein, um aus einfachen Smartphone-Fotos hochwertige 3-D-Visualisierungen zu machen. Wir haben mit Gründer Cristian Duguet über die weiteren Wachstumsschritte gesprochen und warum sich Wien als Standort eignet, um ein Deep Learning Startup zu gründen.

Cristian Duguet war als Augmented-Reality- und Machine-Learning-Engineer unter anderem an der TU München, bei der Deutschen Raum- und Luftfahrt, bei Volkswagen oder in Zusammenarbeit mit der Nasa tätig. 

Mittlerweile ist der gebürtige Chilene in Wien ansässig und will nun ein Problem lösen, das die 3D-Kreativbranche betrifft: “Heutzutage braucht man immer noch fünf Jahre, um zu lernen, wie man ein 3D-Artist sein kann. Aus 2D-Grafiken – wie Fotos oder Skizzen – 3D-Objekte zu erstellen, ist teuer und äußerst zeitintensiv. Vor allem dann, wenn man es hochwertig machen will.” 

Hier setzt das Startup nuvo an, das CEO Cristian Duguet zusammen mit seinem CTO und Co-Founder Peter Meades 2023 gegründet hat. Unterstützt wurde nuvo in seiner Pre-Seed-Phase von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws). 

“Günstiger und schneller als Agenturen” 

Ganz allgemein gesagt: Das Erstellen von 3D-Grafiken für Handel und Industrie ist ein aufwendiger Prozess, der meist einen langen Ausbildungsweg und spezifisches Know-How erfordert. 

Dies will Duguet gemeinsam mit Co-Founder Meades und einem bald zehnköpfigen Team ändern: Ihre SaaS-Lösung nuvo soll es ermöglichen, kosten- und zeiteffizient 3D-Grafiken auf Basis von Bild-, Video- oder Texteingaben zu erstellen. Die Basis dazu sind verschiedene KI-Algorithmen. 

Nuvo setzt künstliche Intelligenz ein, um aus Texteingaben oder Smartphone-Fotos  bzw. -Videos hochwertige 3D-Visualisierungen zu erstellen. Der Vorteil für User:innen: Nuvo ist günstiger und schneller als Agenturen. 

“Wir wollen eine zentrale KI-Plattform sein, die neben grafischen Inputs auch nur mit semantischen – also sprechenden oder schreibenden – Prompts arbeiten kann. Unser Ziel ist es, allen Menschen – auch jenen ohne technische Ausbildung – zu ermöglichen, hochwertige 3D-Modelle erstellen zu können”, sagt Duguet über die Vision von nuvo.

Die Zielgruppe von nuvo

Die Plattform richtet sich an Kund:innen aus dem E-Commerce- und Industrie-Bereich, die möglichst realistische Produkt- und Markenerlebnisse vermitteln wollen, ohne das Produkt physisch in Augenschein nehmen zu müssen. 

Außerdem legt nuvo einen besonderen Fokus auf die Oberflächen der 3D-Konstruktionen: Das Team rund um Duguet und Meades entwickelt eine Software für einen 3D-Scanner, der jede Art von Material und Objekten scannen kann – sei es Schmuck, Spielzeug oder Fahrzeuge. 

“Bislang finden 3D-Visualisierungen auf KI-Basis vor allem im E-Commerce Anwendung. Mit Sneakern zum Beispiel geht das ganz gut, weil deren Oberfläche meist matt ist – und das kann die KI gut abbilden. Sobald sich die Oberfläche aber ändert – also glänzt oder spiegelt – wird das 3D-Modell ungenau. Das wollen wir ändern”, meint Duguet zu nuvo.

Der Betrieb läuft seit 2023 in Form einer GmbH. Duguet setzt indes auf internationale Märkte wie Deutschland, England oder die USA. Ziel der Innovation sei es außerdem, einen virtuellen Don Draper zu erschaffen – sprich einer selbst-optimierenden kreativen KI, die Texte und Visuals entwickelt und die am besten geeigneten Versionen für den jeweiligen Einsatz auswählt. 

Langfristig wolle man die SaaS-Plattform nicht nur B2B-, sondern auch B2C-Kund:innen zur Verfügung stellen.

“Wien ist der beste Ort der Welt, um mit einem Deep Learning Startup zu starten”

Obwohl sich das Startup mit seinen Leistungen primär auf internationale Märkte fokussiert, sieht Duguet Wien als “besten Ort, um mit einem Deep Learning Startup anzufangen.” Grund dafür sei einerseits die hohe Lebensqualität, die ihm Österreich – konkret der Standort Wien – biete. 

“Hier gibt es für uns als DeepTech-Startup außerdem sehr gute Förderungen – wie jene der aws. Wenn es allerdings um private Eigenkapital-Investitionen geht, sind wir immer noch nicht ganz da, wo wir sein könnten. Ich denke, hauptsächlich wegen der Mentalität”, meint Duguet. 

Aus diesem Grund habe sich das Startup auf der Suche nach Eigenkapital-Investitionen mittlerweile ins Ausland – konkret nach England – begeben: “Wir haben hier in Wien angefangen, sind aber nach London expandiert, da unser Geschäftszweck mit der Investorenmentalität dort sehr kompatibel ist. Die USA wären optimal gewesen, aber England ist ein guter Zwischenschritt.”

“Ohne Förderung und Unterstützung der aws wäre uns dieser Schritt allerdings nicht möglich gewesen”, sagt Duguet im brutkasten-Gespräch. Mittlerweile zählt das Startup bereits einen britischen Investor. Aktuell befände es sich im Closing der Fundraising-Phase – ob und inwiefern internationale Investoren Potenzial in von nuvo sehen, wird sich in naher Zukunft zeigen. 


*Disclaimer: Das Startup-Porträt entstand in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws).

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