31.07.2018

General Magic: Sieben Lehren von sechs Silicon Valley Tech-Stars übers Scheitern

Was haben sechs führende Köpfe von Tech-Riesen wie Twitter, Google, Apple, Nest und LinkedIn gemein?: Anfang der 90er-Jahre arbeiteten alle gemeinsam bei einem Silicon Valley-Startup, das niemand mehr kennt - und scheiterten. Der Name: General Magic. Passend zu einer Doku über das visionäre 90s-Unternehmen, das noch vor der Etablierung des Internets über mobile Computer-Devices für Jedermann grübelte, haben die alten Kollegen nun Tipps und Ratschläge für die neuen Tech-Visionäre parat, die sie gegenüber dem US-Magazin FastCompany teilten.
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Gneral Magic - Scheiterkultur
Screenshot: Skizze des General Magic Device

Es war das Jahr 1990. Das Startup General Magic wurde gerade von Mitgliedern des original Macintosh-Teams von Apple gegründet. Das Ziel war es, ein mobiles Gerät zu entwickeln, das jeden weltweit vernetzen sollte. Es war eine innovative und extreme Idee, die auf der Frage basierte: “Was wäre, wenn jeder einen persönlichen Computer hätte, der ständig zur Hand und im Alltag hilfreich wäre?” Monate nach der Gründung vergingen und Designer und Engineers arbeiteten an der Entwicklung des Devices – inklusive Touch-Screen, Apps und Emojis. Doch die Welt war dafür noch nicht bereit. In der “Prä-Internet-Ära” verstand niemand, wozu so ein Produkt gut sein sollte. Niemand kaufte es und die Firma ging bankrott.

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Keine zwei Dekaden später wurde mit dem iPhone und Android die Vision der General Magic-Mitarbeiter wahr. Auch wenn das Startup scheiterte, bereitete es den Weg für heutige Tech-Giganten und formte Karrieren, wie etwa jene von Tony Fadell, einem Co-Inventor des iPhone und Megan Smith, der ersten weiblichen CTO der USA unter Obama. Beide und vier weitere der berühmtesten “lowly workers” von General Magic sprachen nun mit dem US-Magazin FastCompany über das Scheitern einer visionären Idee und gaben Ratschläge für die Community.

General Magic: Keine Angst vor neuem Paradigma

“General Magics Ansatz war eine fiktionale Idee, dass jeder ein mobiles Gerät haben könnte, das mit anderen Geräten verbunden war. Es war radikal und das attraktivste und verrückteste Projekt damals im Silicon Valley”, sagt John Giannandrea, AI-Head bei Apple und ehemals Engineer bei General Magic, “Löse User-Probleme, selbst wenn das bedeutet etwas Neuartiges, das nicht existiert, zu erfinden”, so sein Ratschlag.

Mundgerechte Stückchen

“Wir haben aber zuviel gemacht und waren zu ambitioniert. Das ist das Learning: Die Versuchung, es immer besser zu machen, mehr hinzuzufügen, einfach mehr zu machen, war zuviel. Eine Vision zu haben ist natürlich wundervoll, aber man sollte sie in mundgerechten Stückchen liefern”, sagt Joanna Hoffman, Teil des original Macintosh-Teams und Head of Marketing bei General Magic.

Der User “in the room”

“Stelle den User an die erste Stelle, auch wenn es viele Möglichkeiten gibt, Anderes vorzureihen. Sie sind es, warum du das tust, was du tust. Noch besser: Arbeite an einem Projekt, das du selbst begehrst. Wenn du der ideale User bist, ist es leicht zu sehen, was der User will”, sagt Andy Hertzfeld, “Lead-Software-Archtekt” des Macintosh und Co-Founder von General Magic.

Und Tony Fadell,  iPod-Inventor, Co-Inventor des iPhone, Founder und ehemaliger CEO von Nest und damaliger Hardware und Software Engineer bei General Magic fügt an: “Wir haben es damals für uns, die Tech-Geeks, erfunden. Das Produkt hatte ein nettes Interface, weil wir es so wollten. Dabei haben wir aber nicht gemerkt, dass es die Gesellschaft noch nicht braucht”.

Kritik annehmen

Marc Porat, CEO und Co-Founder von General Magic weist mit einem weiteren Tipp darauf hin, dass harte Kritik von klugen Köpfen einen Mehrwert hat, den man annehmen sollte. “Man wird gezwungen sich mit der Essenz seiner Idee auseinanderzusetzen. Bei Zurückweisung werdet nicht mutlos. Formt eure Idee einfach neu”, so Porat.

Von den Meistern lernen

Megan Smith, die erste weibliche CTO der USA, ehemalige VP bei Google, Founderin und CEO bei Shift7 und “mechanical engineer” bei General Magic sagt, dass es wichtig sei, von denjenigen zu lernen, die etwas erreicht haben. “Es gibt ‘Master enterpreneurs’, die außergewöhnliche Dinge geschaffen haben. Hat man die Möglichkeit mit ihnen zu arbeiten, so erhält man die Chance deren Praktiken kennenzulernen”.

Ein pessimistischer Optimist sein

Tony Fadell hingegen weiß, dass Ideen Zeit brauchen. “Aktuell arbeiten wir an selbstfahrenden Autos und an AI. Das sind Dinge, die unaufhaltsam kommen, aber noch etwas dauern werden. Dennoch braucht man Leute, die blind oder auch informiert den Prozess vorantreiben”, sagt er. “Ich bin ein pessimistischer Optimist, oder ein vorsichtiger Optimist, wenn man will. Man muss immer die Hoffnung hoch halten.”

Die Fehler der Technologie erkennen und korrigieren

“Wenn ich daran denke, dass die Arbeit, die ich gemacht habe, um Computer gesellschaftlich zu etablieren, nun verwendet wird, Demokratie und Freiheit zu unterminieren, so ist das sehr bedrückend”, sagt Andy Hertzfeld. “Bei General Magic hatten wir Mentoren, die große Werte hatten. Nun sehen wir die Herausforderungen, die Technologie nach sich zieht und müssen daran abreiten die Kern-Werte rund um Gleichheit und Demokratie zu schützen.”

Auch Fadell sticht in die gleiche Kerbe, wenn er sagt, dass man Risiken nehmen muss, will man Veränderung herbeiführen. “Als Geschäftsmann und Engineer muss man schnell sein. Sieht man jedoch, wenn wo etwas falsch läuft, ist es der Job, das Problem so schnell wie möglich zu lösen. ‘Don’t blame others – make some change.'”


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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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