22.06.2022

Mehr als Doppelt so viele Firmen-Insolvenzen wie vor einem Jahr

Die Insolvenzstatistik des KSV1870 für das erste Halbjahr 2022 zeigt einen deutlichen Trend. Der Grund ist einmal mehr die Corona-Pandemie.
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(c) Adobe Stock - Axel Bueckert

Der Kreditschutzverband KSV1870 warnte in den Jahren 2020 und 2021 immer wieder davor – seit einigen Monaten bestätigen sich die Prognosen. Nachdem in der Corona-Krise deutlich weniger Unternehmen als sonst Insolvenz anmelden mussten, gibt es nun umso mehr Firmen-Insolvenzen. Laut aktueller Hochrechnung waren im ersten Halbjahr 2022 in Österreich 2.308 Unternehmen von einer Pleite betroffen. Das sind um rund 118 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch die Summe der Insolvenzverbindlichkeiten und die Anzahl der betroffenen Dienstnehmer:innen stiegen jeweils deutlich an (siehe Grafik).

Deutliche Steigerungen bei den Firmen-Insolvenzen von 2021 auf 2022 | (c) KSV1870
Deutliche Steigerungen bei den Firmen-Insolvenzen von 2021 auf 2022 | (c) KSV1870

KSV1870 sieht Nachwirkungen der Corona-Hilfen als Hauptgrund

Für Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz, ist klar, dass dieser drastische Anstieg nur bedingt mit Problemen wie Teuerungswelle, Inflation, Lieferengpässen, Fachkräftemangel und Krieg in der Ukraine zu erklären ist, deren Auswirkungen erst in einiger Zeit klar abschätzbar seien. Stattdessen sieht der Experte primär jenen Umstand, vor dem der Verband in den vergangenen Jahren warnte, als Grund: “In der Entwicklung der vergangenen sechs Monate sehen wir vor allem die konsequente Fortsetzung einer Trendumkehr, die bereits im Herbst 2021 begonnen hat, und in erster Linie auf die Beendigung der meisten staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Aus Sicht des KSV1870 war es richtig, das flächendeckende Hilfsprogramm nach dem Gießkannenprinzip zu beenden”. So werde verhindert, dass Unternehmen gefördert werden, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Gesamtsituation eigentlich keinen Anspruch darauf haben.

“Ohne ausufernde Unterstützung hätten einige Unternehmen noch saniert werden können”

Der Verband macht in seiner Aussendung auch auf ein weiteres Problem aufmerksam, das sich rückbezüglich durch die Corona-Hilfen ergebe: Die Quote an abgewiesenen Fällen ist im Vergleich zum Vorjahr von rund 30 auf etwa 40 Prozent gestiegen. Heuer wurden demnach bereits 938 Insolvenzen mangels Kostendeckung abgewiesen. “Ohne dieser ausufernden Unterstützung hätten einige dieser Unternehmen bereits früher Insolvenz anmelden und mitunter noch saniert werden können. Jetzt müssen sie zur Gänze zusperren, wodurch auch Arbeitsplätze verloren gehen”, meint man beim KSV1870.

Firmen-Insolvenzen: starke Unterschiede zwischen Bundesländern und Branchen

Ein Blick auf die Detailstatistiken für das erste Halbjahr zeigt einige Auffälligkeiten. So nahmen etwa die Insolvenzen zwar in sämtlichen Bundesländern zu, aber mit deutlichen Unterschieden: Während Vorarlberg zuletzt ein Plus von 194 Prozent – allerdings auf sehr niedrige Niveau – verbuchen musste und es auch in Oberösterreich (plus 171 Prozent) und Niederösterreich (plus 168 Prozent) massive Anstiege gab, fielen diese in den Bundesländern Steiermark (plus 79 Prozent) und Wien (plus 87 Prozent) deutlich kleiner aus. Die am stärksten betroffenen Branchen waren Handel (428 Fälle), Bauwirtschaft (382 Fälle) und Tourismus/Gastronomie (266 Fälle).

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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