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Um als Entrepreneur erfolgreich zu sein, muss man gegen den Strom schwimmen. Eine Innovation ist definitionsgemäß etwas Neues und das bedeutet zwangsläufig, dass man die Welt, wie sie ist, hinterfragen und den Mut haben muss, bestehende Regeln, Muster und Konventionen zu brechen – so die Erkenntnis von Nikolaus Franke, Direktor Institut für Entrepreneurship und Innovation an der Wirtschaftsuniversität Wien. Im Rahmen einer kürzlich durchgeführten Studie befragten er und Studienleiterin Donatella Rubelj 89 angehende Entrepreneure und 70 Nicht-Entrepreneure im gleichen Alter und Bildungsgrad sowie der gleichen Geschlechterverteilung.
Entrepreneure mit mehr Risiko
Die Versuchsteilnehmern bekamen insgesamt 21 alltägliche Regelverletzungen vorgelegt. Ihre Aufgabe war es, diese nach dem von ihnen subjektiv wahrgenommenen Grad der Normverletzung zu beurteilen. Sie sollten sich vorstellen, sie würden einen ganz normalen jungen Mann beobachten, wie er diese jeweiligen Verhaltensweisen zeigen würde. Wie schlimm würden sie den Regelverstoß finden? Die Skala reichte von 1 (kein Problem) bis 10 (sehr schlimm).
“Entrepreneure stehen hinter vielen Innovationen, die unser tägliches Leben positiv beeinflussen, deswegen wollte ich herausfinden, in welcher Hinsicht sie sich von Nicht-Entrepreneuren unterscheiden. Wie die aktuelle Forschung bereits zeigt, ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal eine höhere Risikobereitschaft und dementsprechend eine größere Bereitschaft Regeln zu brechen, dies kann sich manchmal in negativen Konsequenzen für die Gesellschaft zeigen, beispielsweise in kriminellen Vorfällen”, erklärt Rubelj ihre Intention hinter dieser Untersuchung.
Und Franke ergänzt: “Das Wesen einer Innovation ist es, nicht mit dem Status Quo zufrieden zu sein. Entrepreneure sind Regelbrecher. Sie müssen bestehendes einfach hinterfragen.”
Subtile Unterschiede
Das Ergebnis der Studie lässt sich im Wesentlichen auf den Begriff “Subtilität” zurückführen. Die Unterschiede zwischen Entrepreneuren und Nicht-Entrepreneuren seien, konkret gesprochen, eher subtil und nicht besonders groß.
“Aber Entrepreneure tendieren dazu, den Sinn von Regeln zu hinterfragen und nehmen es nicht so genau”, erklärt Franke. “Ein Entrepreneur geht nachts bei einer leeren Straße eher über rot und denkt, ‘stehen bleiben ergibt keinen Sinn’, sein Counterpart dagegen bleibt stehen. Was wir aber nicht gefunden haben, war, dass Entrepreneure gesetzliche Verstöße verharmlosen, sondern eher Wege finden, sie zu umgehen, ohne Probleme zu verursachen. Man könnte sie als charmante Schlitzohren bezeichnen, die versuchen, mit Regeln gut umzugehen. Aber nicht als brutale Rüpel.”
Diese Charakterisierung fußt u.a. auch darauf, dass Entrepreneure sozial intelligent sein müssen, und sie nicht dauernd mit anderen Leuten “anecken” können, wie Franke weiter beschreibt.
“Das bedeutet, dass man soziale Regeln, Normen, Höflichkeit und Anstand beachten muss, wenn man Menschen für die eigene Sache gewinnen möchte. Man muss mit ihnen umgehen können und dafür braucht es soziale und auch emotionale Intelligenz”, erklärt er.
Keine Updates zu Regeln
Das Infragestellen von Regeln hat auch eine zeitliche Komponente, die Einfluss auf Entrepreneure nehmen könnte. Manche Gebote, die früher mal Sinn hatten, gelten heute nicht mehr, auch, ohne dass sie abgeschafft wurden.
“Wie oft geschieht es, dass man eine E-Mail bekommt und neue Regeln erklärt werden?”, fragt der Wissenschaftler. “Oder wann bekommt man gesagt, folgende gelten nicht mehr? Regeln werden selten abgeschafft, sondern erweitert. Manchmal muss man sie deswegen umgehen. Was aber keine Evidenz für Rücksichtslosigkeit oder Brutalität darstellt, sondern eher reaktiv ist und für einen sinnorientierten Umgang mit Regeln spricht.”
Entrepreneure früher “lockerer”
Jenseits der Untersuchung der WU-Forscher haben internationale Studien auch gezeigt, dass Entrepreneure in ihrer Jugend “kleinere Vergehen” hatten, frühe Trunkenheit oder Schwarzfahren etwa. Hier gebe es einen klaren Unterschied zu Nicht-Entrepreneuren, jedoch nicht bei groben Verstößen mit schweren juristischen Folgen. Es sei der Graubereich, wo man die feinen Unterschiede finden könne.
Dazu gibt es drei Thesen, warum Entrepreneure so “ticken” wie sie “ticken”: Erstens haben sie eine andere Art der Wahrnehmung von Normen oder bewerten Konsequenzen einer Normenverletzung anders. Unerschrocken.
Die Optimismus-These indes charakterisiert jene Founder:innen, die Tendenzen zu Ober-Optimismus zeigen. Sie wissen, dass man Dinge nicht machen sollte, erklären für sich selbst aber, dass es “schon gut gehen werde”.
Die Kalkulations-These
Der letzte Punkt betrifft die “kühle Kalkulation”, mit der Gründer:innen an eine Sache herangehen. Sie verfallen nicht in Panik, auch wenn das Risiko groß ist und nutzen “Opportunities”, wenn jene in Summe gut aussehen.
“Nicht-Entrepreneure reagieren da weniger emotional, wenn das Element des Risikos da ist”, so Franke abschließend. “Entrepreneure hingegen sagen, dass sie mit der Konsequenz leben können und haben keine Angst vor Blamage oder ihr Gesicht zu verlieren.”