16.04.2022

Elon Musk hat Tesla nicht gegründet – und die Gründer gingen nicht freiwillig

2003 gründeten Martin Eberhard und Marc Tarpenning Tesla. Ein Jahr später stieg Elon Musk als größter Investor ein. 2007/2008 verließen die Gründer das Unternehmen unfreiwillig. Darüber warum, gibt es widersprüchliche Aussagen.
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Martin Eberhard gründete Tesla und wurde von Elon Musk gegen seinen Willen als CEO abgesetzt
Mertin Eberhard 2006 noch als CEO neben dem Tesla Roadster und Elon Musk 2011 als CEO neben dem Modell S | (c) linkes Bild: Nicki Dugan; (c) rechtes Bild: Maurizio Pesce - beide via Wikimedia Commons

Das Elektroauto scheint derzeit auf einem nicht mehr aufzuhaltenden Siegeszug. Doch noch vor einigen Jahren war das noch den wenigsten Menschen klar. Anfang des 21. Jahrhunderts waren es nur eine handvoll Visionäre, die daran glaubten. zu diesen zählten Martin Eberhard und Marc Tarpenning. Sie hatten im Jahr 2000 einen 187 Millionen US-Dollar Exit mit dem Ebook-Unternehmen NuvoMedia geschafft. In einem Interview mit der Schweizer Handelszeitung vor ein paar Jahren erzählte Eberhard, dass er sich wenig später, nach seiner Scheidung mit einem Sportwagen “trösten” wollte. Aber weil er vom CO2-Ausstoß gängiger Modelle schockiert gewesen sei, habe er begonnen sich mit Elektroautos zu beschäftigen. 2003 gründeten er und Tarpenning das Unternehmen Tesla Motors.

2004: Elon Musk wird zum Hauptinvestor bei Tesla

Auch Elon Musk beschäftigte sich zu der Zeit schon intensiv mit dem Thema E-Mobilität. Er hatte sich kurz zuvor beim Exit des von ihm mitgegründeten Bezahldienstes Paypal an Ebay rund 165 Millionen US-Dollar geholt. Nun war er gemeinsam mit Geschäftspartner Jeffrey B. Straubel auf der Suche nach einem vielversprechenden E-Auto-Startup, in das er investieren konnte. 2004 wurde er in einem zweieinhalbstündigen Pitch von Eberhard und Tarpenning, die Tesla schon damals als gleichzeitig Auto- und Tech-Unternehmen konzipierten, überzeugt. Eines ihrer wichtigsten Argumente waren gute Beziehungen zum britischen Sportwagenhersteller Lotus, der später die Karosserie für das erste Modell am Markt, den Roadster, lieferte. Musk übernahm den Lead in einer Finanzierungsrunde und zahlte dabei 6,5 von 7,5 Millionen US-Dollar.

2007: Martin Eberhard verliert den CEO-Posten an Musk

Es sollten in den kommenden Jahren mehrere Finanzierungsrunden folgen, in denen Elon Musk immer mehr Geld ins Unternehmen pumpte. Und er baute damit auch seine Macht-Position bei Tesla aus. Noch bis 2007 aber war Eberhard CEO und er “nur” Vorstandsvorsitzender. Doch nach einer späteren Darstellung von Eberhard hatte Musk schon länger daran gearbeitet, die Kontrolle über das Unternehmen zu erlangen. In diesem Jahr war es dann soweit. Im Oktober 2007 verkündete Tesla in einer Aussendung das Eberhard aus der Geschäftsführung ins Advisory Board gewechselt habe. 2008 schieden er und Tarpenning endgültig aus – just in dem Jahr, in dem der erste Roadster auf den Markt kam.

Gegenseitige Vorwürfe

Weder Eberhard noch Musk erzählten die Geschichte, was genau geschehen war, je im Detail – auch mit Bezug auf eine unterschriebene Verschwiegenheitsvereinbarung. Doch Eberhard machte in den Folgejahren deutlich klar, dass es gegen seinen Willen passiert war. Er führte zwischenzeitlich einen Blog, in dem er Elon Musk einen bösartigen Führungsstil vorwarf, den er aber später wieder löschte. Und der Gründer klagte den neuen CEO schon 2009 unter anderem wegen Verleumdung, Rufmord, Vertragsbruch, Verletzung von Sorgfaltspflichten sowie Nichtauszahlung von Anteilen und Gehältern. Doch wenige Monate später ließ er die Klage ohne Angabe von Gründen fallen. Musk lieferte 2020 in einem Tweet nochmal einen kleinen Einblick auf seine Sicht der Dinge, in der ebenfalls klar ist, dass sein Vorgänger unfreiwillig ging: “Als Eberhard Mitte 2007 als Tesla-CEO entlassen wurde, weil er mir und dem Vorstand falsche Informationen geliefert hatte, ging niemand mit ihm. Das sagt alles.”, schrieb er.

Twitter-Übernahme-Versuch weckt Erinnerungen

Ein Grundstein mag 2007 schon gelegt gewesen sein. Doch es sollte noch viele Jahre unter Elon Musks Führung dauern, bis Tesla zu dem Unternehmen wurde, das es heute ist und dessen Performance an der Börse den CEO zum reichsten Menschen der Welt machte. Die Geschichte der Anfangsjahre hinterlässt freilich trotzdem einen fahlen Beigeschmack, der vielen gerade jetzt, bei Musks Twitter-Übernahme-Versuch, wieder ins Gedächtnis kommen dürfte. Eberhard und Tarpenning gründeten übrigens noch einmal – und verkauften ihr nächstes Startup InEVit an den Tesla-Konkurrenten SF Motors, wo Eberhard nach wie vor als Chefentwickler tätig ist.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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