09.07.2019

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

Das Wasserstoffauto ist- politisch gepusht - wieder einmal von den Toten auferstanden. Doch wo liegen seine Vor- und Nachteile im Vergleich zum Elektroauto? Wir bringen einen Abgleich zu den Punkten Umweltverträglichkeit, Handhabung, Reichweite und Kosten.
/artikel/elektroauto-wasserstoffauto-vergleich
Elektroauto vs. Wasserstoffauto - ein Vergleich
(c) fotolia.com - fotoak80

Im allgemeinen E-Auto-Boom kam die Ansage von ÖVP-Chef Sebastian Kurz letzte Woche, Österreich im Hinblick auf die Klimaschutz-Ziele zur “Wasserstoff-Nation Nummer eins” machen zu wollen, vielleicht überraschend. Denn während andernorts, etwa in Japan, stark auf die Technologie gesetzt wird, schien das Elektroauto hierzulande bereits das Rennen gegen das Wasserstoffauto gemacht zu haben. Genau sieben Wasserstoffautos wurden im gesamten Vorjahr in Österreich zugelassen – im Gegensatz zu rund 4000 E-Autos allein im ersten Halbjahr 2019. Was also spricht dafür – und was dagegen – doch noch die Kurve Richtung Wasserstoff zu kratzen?

+++ Fokus-Channel: Mobility +++

Es braucht eine Grundsatzentscheidung

Tatsächlich ist in dieser Frage eine Grundsatzentscheidung vonnöten. Schließlich braucht es eine entsprechende flächendeckende (Schnell-)Lade- bzw. Tank-Infrastruktur. Beides parallel aufzubauen wäre nicht effizient, wiewohl festzustellen ist, dass schon bislang mit Benzin und Diesel zwei (allerdings relativ ähnliche) Technologien nebeneinander bestanden.

Und noch eine kleine Anmerkung am Rande: Die besagte Infrastruktur sollte nicht an den Landesgrenzen halt machen – daher wäre in der Frage Elektroauto vs. Wasserstoffauto (zumindest) eine europäische Einigung angezeigt.


Elektroauto vs. Wasserstoffauto: 4 große Fragen

Doch zurück zur Fragestellung. Beide Technologien sind noch deutlich ausbaufähig – es lässt sich also kein endgültiges Urteil fällen. Im derzeitigen Entwicklungsstatus ergeben sich aber in einigen Punkten sehr klare Plus- und Minuspunkte. Wir haben vier große Fragen herausgegriffen.

1. Welche Technologie ist “grüner”?

Sowohl Elektroauto, als auch Wasserstoffauto laufen mit einem Elektromotor. Während der Strom beim E-Auto “getankt” und im Akku gespeichert wird, wird er im Wasserstoffauto mittels Brennstoffzelle lokal erzeugt – als “Abgas” entsteht dabei Wasserdampf. Wasserstoff kann aus verschiedenen Rohstoffen gewonnen werden. Gängig ist derzeit noch die Herstellung aus Erdgas, womit ein fossiler Energieträger zum Einsatz kommt. Potenziell umweltverträglicher ist die Erzeugung durch Elektrolyse, also die Aufspaltung von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff. Diese steht inzwischen klar im Fokus der Entwicklung. Dazu ist (viel) elektrischer Strom notwendig, wodurch der Wasserstoff im übertragenen Sinn zum Stromspeicher wird.

“Well to Wheel”-Effizienz: Elektroauto klar vor Wasserstoffauto

Damit ist für beide Technologien zunächst zu konstatieren: Sie sind nur so grün, wie der Strom, der zum Einsatz kommt. Eine Aufstellung des VCÖ (Verkehrsclub Österreich) zeigt dabei aber klar: Der Energieverlust bei der Erzeugung und Speicherung des Wasserstoffs, sowie bei seiner Rück-Umwandlung zu Strom ist vergleichsweise immens. Während es bei E-Autos im Schnitt 73 Prozent des ursprünglich generierten Stroms nach Verlusten am Weg bis auf die Straße schaffen (“Well to Wheel”-Effizienz), bleiben bei Wasserstoffautos derzeit nur 22 Prozent übrig.

Knackpunkt: Akku-Produktion und -Entsorgung

Ist das Elektroauto in dieser Kategorie also klarer Sieger? Die Sache ist leider nicht so einfach, denn es gibt noch einen weiteren Knackpunkt: Die verbauten Akkus. Auch Wasserstoffautos brauchen einen Akku als Zwischenspeicher, doch natürlich ist in einem E-Auto deutlich mehr Leistung und damit mehr Energie in der Herstellung notwendig. Laut einer aktuellen, vom schwedischen Umweltministerium in Auftrag gegebenen Studie, entstehen bei der Produktion des (Lithium-Ionen-)Akkus eines Tesla Model S (also des Luxusmodells) derzeit 17,5 Tonnen CO2. Demnach habe das Auto überhaupt erst nach mehreren Jahren Nutzung eine positive CO2-Bilanz im Vergleich zu einem Fahrzeug mit klassischem Verbrennungsmotor – die Ergebnisse der Studie sind jedoch umstritten. Zudem werden auch die im Akku genutzten Chemikalien potenziell zu problematischen Altlasten, wenn es später um die Entsorgung geht.

2. Welche Technologie ist praktischer in der Handhabung?

Bei dieser Fragestellung liegt der Vorteil derzeit noch klar auf Seiten des Wasserstoffautos. Denn Wasserstoff kann, wie man es von Benzin und Diesel gewohnt ist, einfach getankt werden – der Vorgang ist innerhalb weniger Minuten abgeschlossen. Der Ladevorgang von E-Autos dauert regulär mehrere Stunden. Auch mit verbesserten Technologien wie etwa Teslas Supercharger (der jedoch nicht bei Fremdmodellen funktioniert), sind für einen “typischen Ladestopp” in der bislang besten Ausbaustufe noch 15 Minuten einzurechnen. Zwar wird intensiv an schnelleren Ladetechnologien gearbeitet und auch Möglichkeiten wie etwa der Akku-Tausch werden verbessert. Wann und ob das E-Auto hier zeitlich mithalten können wird, ist aber derzeit noch unklar.

3. Mit welcher Technologie erzielt man die höhere Reichweite?

Diese Frage ist bei Weitem nicht mehr so klar zu beantworten, wie noch vor einigen Jahren. Zwar sind bei Wasserstoffautos Reichweiten über 500 Kilometer Standard und bei einzelnen Modellen auch maximale Reichweiten von 800 Kilometer gegeben, während einige gängige E-Auto-Modelle noch auf unter 300 Kilometer kommen. Doch es gab in letzter Zeit eine massive Steigerung. Dabei gilt die Faustregel: Je teurer das Elektroauto, desto mehr Strecke mit einer Akku-Ladung. Der oben erwähnte Tesla Model S kommt etwa – je nach Ausführung – teils auf mehr als 500 Kilometer.

Tankstellennetz: 5 vs. 3000

Noch eine zweite (nicht technologische) Komponente ist für diese Frage natürlich relevant: Das Tankstellennetz. Gerade einmal fünf Wasserstoff-Tankstellen gibt es in Österreich – alle von der OMV betrieben. Dagegen stehen mehr als 3000 Strom-Tankstellen – allerdings mit unterschiedlicher Qualität und Ladezeit. Dazu kommt noch die Möglichkeit, das Elektroauto (sehr zeitaufwendig) aus der Haushaltssteckdose zu laden.

4. Wie sieht es mit den Kosten aus?

In der Anschaffung gilt sowohl für Elektro- als auch Wasserstoffautos: Sie können noch nicht mit Verbrennern mithalten. Wasserstoff-Fahrzeuge sind (neu) unter 50.000 Euro nicht zu bekommen. Bei Elektroautos gibt es zwar deutlich günstigere Modelle ab ca. 20.000 Euro – allerdings mit entsprechend geringer Reichweite und kleiner Fahrzeug-Größe. Der mehrfach erwähnte Tesla Model S kostet je nach Ausführung 80.000 Euro aufwärts.

Klarer Sieger bei den laufenden Kosten

Bei den laufenden Kosten spielen Wasserstoff-Autos in einer Kategorie mit Verbrennern. Zwischen 9 und 9,50 Euro kostet ein Kilogramm Wasserstoff – damit kommt man mit den aktuellen Modellen rund 100 Kilometer weit. Mit dem E-Auto kommt man in diesem Punkt üblicherweise günstiger davon. Auch bei Modellen mit einem vergleichsweise hohen Verbrauch um die 20 Kilowattstunden pro 100 Kilometer (bei kleineren gängigen Typen sind es 15), kommt man bei 30 Cent pro Kilowattstunde auf 6 Euro pro 100 Kilometer. Haushaltsstrom kostet momentan zwischen 15 und 21 Cent – es geht also noch deutlich günstiger.

Fazit

Das Wasserstoffauto kommt deutlich näher an jene Standards heran, die man von Autos mit Verbrennungsmotoren gewohnt ist. Wenn es ein entsprechendes Tankstellennetz gäbe, würde es das Elektroauto zumindest momentan in Sachen Komfort klar ausstechen. Dieses kommt jedoch im (politisch) wichtigen Punkt Stromverbrauch und damit auch bei den laufenden Kosten deutlich besser weg. Die Entwicklungen im Aufholprozess in den anderen behandelnden Punkten sind vielversprechend. Und die Infrastruktur ist eben bereits signifikant besser ausgebaut. Gerade dieser letzte Punkt dürfte auch ein entscheidender Grund dafür sein, dass E-Autos, wie im ersten Absatz behandelt, statistisch gesehen in Österreich klar voran liegen.


Was steckt politisch hinter der Diskussion?

Warum sollte Österreich also auf Wasserstoff “umsatteln”? Hinter dem Vorstoß der ÖVP steht – wie sollte es anders sein – ein Politikum. Während der von Kurz präsentierte Plan etwa von Greenpeace negativ aufgenommen wurde, beurteilt man ihn bei der Industriellenvereinigung “sehr positiv”. Dort macht man sich traditionell Sorgen, dass der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen sich negativ auf den Standort auswirken könnte. Der Umstieg auf Wasserstoff dürfte hier als kleineres Übel gesehen werden. Das betrifft insbesondere Österreichs umsatzstärksten Konzern OMV. Der präsentierte just am Montag nach der ÖVP-Ankündigung gemeinsame Pläne mit dem Energieriesen Verbund, eine großangelegte Elektrolyse-basierte Wasserstoffproduktion zu starten. Für die Aufrechterhaltung eines der Kerngeschäftsfelder – des Tankstellennetzes – wäre der von der ÖVP anvisierte Aufbau eines flächendeckenden Wasserstoff-Tankstellennetzes bis 2025 eine mögliche Rettung aus der zu erwartenden Krise.

Redaktionstipps
Deine ungelesenen Artikel:
vor 16 Stunden

Woman in Business Award: Nadina Ruedl ist Gründerin des Jahres

Am Mittwoch wurde der Woman in Business Award erstmals verliehen. Nadina Ruedl, Gründerin des Wiener Startups "Die Pflanzerei" wurde als "Gründerin des Jahres" ausgezeichnet.
/artikel/woman-in-business-award-nadina-ruedl-ist-gruenderin-des-jahres
vor 16 Stunden

Woman in Business Award: Nadina Ruedl ist Gründerin des Jahres

Am Mittwoch wurde der Woman in Business Award erstmals verliehen. Nadina Ruedl, Gründerin des Wiener Startups "Die Pflanzerei" wurde als "Gründerin des Jahres" ausgezeichnet.
/artikel/woman-in-business-award-nadina-ruedl-ist-gruenderin-des-jahres
Nadina Ruedl | © Die Pflanzerei

Der Preis wurde von Frau in der Wirtschaft (FiW) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ins Leben gerufen und in diesem Jahr erstmals verliehen. Ziel des Awards ist es, die Leistungen österreichischer Unternehmerinnen zu würdigen, ihre Bedeutung für die Wirtschaft hervorzuheben und Frauen in Führungspositionen sichtbarer zu machen.

„Mit dem Woman in Business Award zeichnen wir heuer erstmals herausragende Unternehmerinnen aus und zeigen, was Frauen in der Wirtschaft bewegen. Sichtbarkeit schafft Vorbilder und fördert ein vielfältigeres Wirtschaftsumfeld, von dem wir alle profitieren können“, betonte WKÖ-Präsident Harald Mahrer bei der Übergabe der Trophäen.

Die Pflanzerei bietet vegane österreichische Küche

Nadina Ruedl, Gründerin des Wiener Food-Startups Die Pflanzerei, wurde mit dem Titel „Gründerin des Jahres“ ausgezeichnet. Ihr Startup vereint heimische Landwirtschaft und traditionelles Handwerk in pflanzlichen Fleischalternativen. Dabei zeigt Die Pflanzerei, dass vegane Ernährung und typisch österreichische Küche nicht unbedingt im Widerspruch stehen müssen.

Im Oktober 2021 startete das Startup mit seinem ersten Produkt, dem veganen Leberkäse “Gustl”. Nach einer einjährigen Pilotphase war der vegane Gustl in den Feinkosttheken von über 130 Billa-Filialen zu kaufen – brutkasten berichtete. Ende Mai letzten Jahres erweiterte Die Pflanzerei ihr Sortiment um zwölf weitere Produkte, darunter vegane Alternativen von Käsekrainer, Fleischknödel und Kaiserschmarrn.

Die Preisträgerinnen des Woman in Business Award 2024

  • Gründerin des Jahres: Nadina Ruedl, Die Pflanzerei – Veganer Lebensmittelhandel GmbH
  • Ein-Personen-Unternehmerin des Jahres: Maren Wölfl, FEMALE WAKE-UP CALL e.U
  • Innovatorin des Jahres: Birgit Mitter, Ensemo GmbH
  • Social Entrepreneurin des Jahres: Madeleine Alizadeh, dariadéh GmbH
  • Unternehmerin mit besonderer Leistung: Renate Ozlberger, Fleischhauerei Ozlberger GmbH
  • Unternehmerin mit Lebenswerk: Gesine Tostmann, Tostmann Trachten GmbH und CoKG

Weibliche Gründungen steigen an

Der Woman in Business Award will sichtbar machen, wie bedeutend der Beitrag von Unternehmerinnen zur heimischen Wirtschaft ist. Im Jahr 2023 wurden 39,3 Prozent der österreichischen Einzelunternehmen von Frauen geführt, was einem Anstieg von 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Zudem war 2023 ein Rekordjahr für weibliche Gründungen: Noch nie zuvor wurden so viele Einzelunternehmen von Frauen ins Leben gerufen. Der Anteil der Gründerinnen stieg auf 44,5 Prozent, ein Zuwachs von 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich