01.07.2022

Diese drei Biases sollten Gründer:innen kennen & kritisch hinterfragen

Der Verhaltensökonom Felix Günther wirft in einem Gastbeitrag einen Blick auf die Bedeutung von Biases, die nicht nur unsere alltägliche Wahrnehmung beeinflussen, sondern auch das Mindset beim Gründen. Zudem verrät uns Günther spannende Buchtipps rund um das Thema.
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Während sich unser gesellschaftliches Umfeld in den letzten Jahrzehnten gewaltig verändert hat, ist unsere Gehirn nach wie vor auf das Leben unter knappen Ressourcen und wilden Gefahren ausgelegt. Dies führt dazu, dass ehemals überlebenswichtige Denkmuster heute zu systematisch irrationalem Verhalten führen. Diese sogenannten Biases zeigen sich unter anderem in einer verzerrten Risikopräferenz.

Wieso sind Biases relevant? Während Wissen für sich genommen nicht schützt, ermöglicht es den Aufbau von Schutz- und Bewusstseins-Mechanismen. Diese relativieren die Auswirkungen und helfen uns somit, bessere Entscheidungen zu treffen. Was im Alltag hilfreich sein kann, wird beim Gründen essentiell. Um Fehler zu vermeiden,  schauen wir uns im Folgenden drei Biases an, die Gründer:innen kennen sollten.

1. | Confirmation Bias

Wir filtern Informationen nach Meinungen, die wir hören wollen. In Zeiten von Algorithmen, die individuelle Vorschläge machen, ist es einfacher den je, in einer Blase zu versinken. Bei Netflix kann dies vielleicht zur Entdeckung der neuen Lieblingsserie führen – beim Gründen jedoch an einer Produktentwicklung oder den tatsächlichen Kundenwünschen vorbei.

Wieso wir diese Tendenz haben? Wer von dem Buch Schnelles Denken, langsames Denken gehört hat, erinnert sich vielleicht auch an System 1 des Gehirns. Hier werden schnelle Entscheidungen ohne Mühe getroffen. Was einerseits energiesparend ist, verleitet andererseits dazu, nur das zu hören, was wir ohnehin schon wissen.

Wie man diesen Bias überkommt: die Antwort liefert System 2, das bewusst denkende und potentiell alles hinterfragende System. So, wie Wissenschaftler:innen daran arbeiten sollten, ihr eigene Disziplin zu hinterfragen, sollte jede:r Gründer:in ihre fundamentalen Hypothesen kritisch begutachten.

In seinem Buch Talking to Humans erklärt Giff Constable, dass Interviews dafür da sind, um zu lernen. Dabei empfiehlt er eine klare Zielsetzung – eine Möglichkeit den Confirmation Bias zu überkommen. Helfen tut zudem das im Innovationsbereich häufig genannte Beginners Mind; der Sweet-Spot aus Expertise und Offenheit für Neues.

2. | Contrast Bias

Diese Wahrnehmungsverzerrung lässt uns eine Option umso stärker bevorzugen, je schlechter die Alternative erscheint. Dies liegt daran, dass Beurteilungen häufig im Kontext stattfinden.

Im Alltag zeigt sich dies beim Vergleich von Restaurant-Preisen. Kosten die Gerichte auf der Karte zwischen 15 und 30 Euro, so scheint der 17 Euro Fisch günstig. Gibt es aber ein Mittagsmenu mit Gerichten um die zehn Euro, ändert sich der Kontext und der Fisch wirkt weniger günstig – ohne seinen Preis zu ändern.

In der Geschäftswelt kann diese Verzerrung starke Folgen haben. Angenommen, es werden zwei Möglichkeiten für die Go-to-Market Strategie eines neuen Produktes vorgestellt. Sollte die erste Option offensichtliche Schwächen aufzeigen, so wirkt die andere direkt besser – und zwar besser, also sie für sich genommen ist. Entsprechend lohnt es sich, die Optionen gelöst vom Kontext zu beurteilen. 

3. | Survivorship Bias

Ja, jeder und jede von uns ist einzigartig und besonders – nichtsdestotrotz sind auch wir Teil der Statistik. Wenn also die meisten Menschen an einem Sommertag am Meer einen Sonnenbrand bekommen, dann gilt das vermutlich auch für dich. Entsprechend macht es Sinn, präventiv Sonnencreme zu nutzen und Zeit im Schatten zu verbringen.

Fürs Gründen bedeutet dies, dass auch wenn ihr ein super Team habt und die Idee neu ist, viele mit ähnlicher Qualifikation gescheitert sind. Der Survivirship Bias betitelt dabei die systematische Überschätzung der eigenen Erfolgschancen. 

Anstatt sich jedoch von dem Bias demotivieren oder gar abschrecken zu lassen, lade ich euch zu einem Gedankenexperiment ein: Woran könntet ihr scheitern? Was muss für einen Erfolg gegeben sein? Leitet man davon präventive Maßnahmen ab, kann man sich zwar nicht von der Statistik lösen, jedoch beeinflussen, ob man einen Sonnenbrand bekommt.


Zum Gastautor:

Felix Günther ist nicht nur Verhaltensökonom, sondern hat im Rahmen der Sustainability-Challenge der Universität Wien auch das Startup One Meal A Day gegründet. Für den brutkasten schreibt Günther als Gastautor in regelmäßigen Abständen über die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie und welche Bedeutung sie für Startup-Gründer:innen haben.

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Johannes Luger von SEOschmiede über KI & SEO
Johannes Luger von SEOschmiede | Foto: SEOschmiede, Adobe Stock (Hintergrund)

Die rasante Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) revolutioniert die Welt des Online-Marketings. KI bietet Unterstützung bei der Analyse von Daten und der Erstellung von Inhalten, doch der Einsatz birgt auch Risiken für Website-Betreiber:innen.

Was sich für Onlineshops & Websites durch KI ändert

Noch bevor fortschrittliche Technologien wie ChatGPT den Markt erreichten, erleichterten Plattformen wie Fiverr, Upwork und Co. die Erstellung von Webinhalten erheblich. Diese Online-Marktplätze ermöglichten es, auf ein globales Netzwerk von Freelancer:innen zuzugreifen, die Texte, Grafiken und andere Inhalte zu erschwinglichen Preisen anbieten.

Der einfache Zugang zu Inhalten und spätestens die Einführung von ChatGPT führte zu einer erheblichen Zunahme von Duplikaten und nur geringfügig modifizierten Texten im Internet, was letztlich die Qualität der Suchergebnisse beeinträchtigte.

Als Antwort darauf setzte Google mehrere Updates durch, zuletzt im März 2024, um gegen minderwertige Inhalte vorzugehen und das Nutzererlebnis zu verbessern.

Um sich in diesem veränderten Umfeld hervorzuheben, ist es heutzutage entscheidend, einzigartige und originelle Inhalte zu erstellen, die sich klar von der Masse abheben. Sichtbarkeit in den Suchmaschinen wird zukünftig mehr denn je mit authentischem und unverwechselbarem Content verbunden sein.

Interaktivität wird unglaublich wichtig

Interaktivität entwickelt sich aus Sicht der SEO-Agentur SEOschmiede zu einem zentralen Element einer herausragenden Nutzererfahrung. Rechner, Tools, interaktive Checklisten und Tabellen, unterstützt durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), werden zu einem entscheidenden Faktor in der Content-Strategie. Die gute Nachricht ist, dass KI hervorragend eingesetzt werden kann, um solche interaktiven Anwendungen zu entwickeln.

In der nahen Zukunft wird entscheidend sein, welche Akteur:innen im digitalen Umfeld die Nase vorn haben werden. Aus SEO-Perspektive könnte argumentiert werden, dass Webseiten mit interaktiven Features durch längere Verweilzeiten und ihr Potenzial als linkwürdige Assets – also Inhalte, die zur Verlinkung durch andere Webseiten anregen – einen klaren Wettbewerbsvorteil erzielen.

Dies bedeutet, dass Webseitenbetreiber:innen, die in interaktive Tools investieren und diese durch KI noch weiter verbessern, nicht nur das Engagement und die Zufriedenheit ihrer Nutzer:innen steigern, sondern auch ihre Sichtbarkeit und vor allem die Autorität im Internet weiter ausbauen können. In einer Zeit, in der der Wettbewerb um Aufmerksamkeit stetig wächst, könnte dies ein entscheidender Faktor für den Erfolg sein.

Funktioniert klassische SEO-Optimierung noch?

Die Landschaft der Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist dynamisch, doch grundlegende Optimierungsstrategien bleiben auch in Zeiten von ChatGPT und weiteren KI-Tools erhalten. Dazu gehören Maßnahmen wie die Optimierung von Title-Tags, die Strukturierung von Überschriften und weitere Faktoren wie Meta-Beschreibungen, Alt-Texte für Bilder, interne Verlinkungen sowie der Fokus auf Suchintentionen der Zielgruppen. Diese Maßnahmen sind keineswegs überholt; vielmehr bilden sie das Fundament für eine effektive SEO.

Googles primäres Ziel war und ist es, die Nutzererfahrung zu verbessern. Die Qualität und Relevanz des Contents, eine klare und logische Website-Architektur sowie eine mobilfreundliche Gestaltung sind Aspekte, die in diesem Bestreben weiterhin entscheidend sind.

Es ist möglich, dass die Bedeutung von Backlinks als Rankingfaktor zugunsten von Nutzersignalen, wie etwa der Verweildauer oder der Interaktionsrate, leicht abnimmt. Auch der Pagespeed, also die Ladezeit einer Webseite, wird wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen, da dieser die Nutzerzufriedenheit direkt beeinflusst. Aber das bleibt vorerst Spekulation.

SEO für ChatGPT und andere Sprachmodelle (LLMs)

Neben den etablierten Kanälen wie Suchmaschinen und Social Media entsteht mit den fortschrittlichen Sprachmodellen wie ChatGPT ein neuer, wesentlicher Bereich für das Online-Marketing. Für Expert:innen in diesem Sektor ist es unerlässlich, die Bedeutung der Optimierung in diesem neuen Umfeld zu erkennen.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Menschen beginnen, direkt in LLMs (Large Language Models) nach Informationen, Dienstleistungen oder Produkten zu suchen. Die Anpassung an diese Entwicklung ist nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit für zukunftsorientierte Marketingstrategien. Die Optimierung für LLMs ähnelt auf den ersten Blick der Suchmaschinenoptimierung, hat aber ihre eigenen Feinheiten und ist sehr viel dynamischer, wie einige Tests bereits zeigen konnten.

Fazit

Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) im Online-Marketing präsentiert sowohl signifikante Chancen als auch Herausforderungen für die gesamte Branche. KI transformiert die Landschaft durch fortschrittliche Datenanalyse und Content-Erstellung, fordert aber gleichzeitig Website-Betreiber:innen heraus, sich durch hochwertigen Content von der Masse abzuheben. Die Integration von KI zur Entwicklung interaktiver Tools öffnet neue Wege, um Nutzerbindung und -zufriedenheit zu verbessern, was essenziell für die Steigerung der Online-Sichtbarkeit und -Autorität ist.

Obwohl die Bedeutung klassischer SEO-Techniken bestehen bleibt, zeichnet sich ein Wandel hin zu Nutzersignalen und einer agileren Optimierung von Inhalten ab. Die Anpassung an neue Technologien wie fortschrittliche Sprachmodelle, exemplarisch ChatGPT, wird zunehmend kritisch, um in der dynamischen digitalen Welt erfolgreich zu sein.

Für Online-Marketer:innen, Shopbetreiber:innen und Website-Besitzer:innen bergen die aktuellen Entwicklungen sowohl enorme Chancen als auch alltägliche Herausforderungen. Der Wettbewerb im Bereich der Suchmaschinenoptimierung und des Online-Marketings wird intensiver, was sowohl Gewinner als auch Verlierer hervorbringen wird.

Es ist entscheidend, sich kontinuierlich mit den neuesten Trends und Entwicklungen auseinanderzusetzen und schnell auf Neuerungen reagieren zu können. Diese Anpassungsfähigkeit ist der Schlüssel, um die sich bietenden Möglichkeiten zu ergreifen und den bevorstehenden Herausforderungen effektiv zu begegnen.


Über den Autor

Johannes Luger ist Gründer und Head of SEO bei SEOschmiede. Die Agentur für SEO & Content Marketing hat Standorte in Wien und Oberösterreich. Sie ist offizieller Google Ads Partner.

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