28.09.2018

Darwin’s Circle: “Digitalisierung als Schönheit ständiger Weiterentwicklung”

Im Haus der Industrie am Schwarzenbergplatz in Wien fand am Donnerstag, 27. September, der zweite Darwin's Circle statt. Das große Thema: Wie sich Europa der Digitalisierung nähert - im Vergleich zu unterschiedlichen Ansätzen aus China und den USA.
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Darwin's Circle
(c) Klaus Ranger

Die Message der Digitalkonferenz Darwin’s Circle lässt sich eigentlich mit zwei Worten zusammenfassen: Mehr Optimismus. Über 50 internationale Experten und Top-Speaker fanden sich ein, um ihre Ansichten zur Digitalisiserung zu teilen. Darunter Ling Ge von Tencent, Andreas Bierwirth, T-Mobile Austria, Jim Fanning, Amazon Web Services, Thomas Dimson von Instagram, Mirek Pospisil, LinkedIn und Stephen Biller von IBM Watson, um nur in paar zu nennen. Der brutkasten berichtete umfassend darüber. Am Ende des Artikels finden sich vier Video-Interviews mit den Foundern Rudi Kozba, Nikolaus Pelinka und Lorenz Edtmayer; Daniel Gamber, Director Global Business Development & Strategy bei BYTON; Jeff Jarvis, Professor an der City University New York beziehungsweise “Director of Center for Entrepreneurial Journalism” und Tilo Bonow, Gründer und CEO von PIABO PR.

+++ DC-Conference 2017 +++

“Digitale Infrastruktur als vierspurige Autobahn”

Den Anfang der Konferenz machte Markus Braun, Vorstandsvorsitzender von Wirecard, der in seiner Rede über die Digitalisierung in Europa sprach. “Es geht darum, einen weltweiten Standard zu haben”, sagte Braun als er über technologischen Fortschritt sinnierte. Eine digitale Infrastruktur sei wie eine vierspurige Autobahn, bei der Daten in Echtzeit verarbeitet werden. Der Wirecard-Chef, der es mit seinem Finanzdienstleistungsunternehmen schaffte im DAX gelistet zu werden und damit die knapp 14 Milliarden schwere Commerzbank aus der Riege der 30 DAX-Konzerne verdrängte, hob drei Elemente der Digitalisierung hervor, die besonders bedeutend sind, um die vorherrschende defensive Haltung Europas bei dieser Thematik abzulegen.

Daten weltweit vefügbar

Für die Digitalisierung brauche es Standards – eine weltweite Norm, um Fortschritt zu ermöglichen. Man könne heute als mittleres Unternehmen, als KMU oder auch als Großunternehmer an Daten aus der Trükei, Indonesien, oder etwa Südamerika ebenso leicht gelangen, wie aus dem eigenen Büro in Österreich oder Deutschland. Der selbsternannte Technologie-Optimist nannte fortan als zweites Element die Digitalisierung das “unglaublichste Echtzeitwerkzeug” in der Geschichte der Menschheit, die sich stets über einen breiten Zugang zu Wissen definiert habe. Seiner Ansicht nach vereinfache die Digitalisierung heute den Zugang zur Bildung, während früher der Gang zur Bibliothek der einzige Weg zu Literatur war.

Keine Angst vor dem D-Wort

Der dritte und eindringlichste Punkt in Brauns Aufzählung war, dass man ohne Furcht die Digitalisierung annehmen sollte. “Man kann die Digitalisierung als Herausforderung sehen, oder als die Schönheit ständiger Weiterentwicklung”, sagt er. “Es ist eine Frage der Geisteshaltung. Wenn man heute nicht auf den Zug aufspringt, hat man irgendwann ein Problem”.

“Der Gedanke als Beginn”

Digitaliserung eröffne neue Geschäftsmodelle. Früher, so Braun weiter, gab es Payment-Terminal-Produzenten, den Acquirer, Banken, die Kreditkarten ausgehändigt und Firmen, die dieses Karten produziert haben. Heute hat das 24 Milliarden wertvolle FinTech Wirecard all dies auf eine digitale Plattform gebracht. “Es gibt viele Industrien, die dieses Paradigma und jene Norm übernehmen können. Der Gedanke ist der Beginn”, sagt der Wirecard-CEO.

Bayern München goes digital

Wärhend beim Darwin’s Circle weitere Themen wie unter anderem Artificial Revolution, Macht der Information, Corporate Transformation und die Zukunft der Arbeit auf der Agenda standen, gab es mit Stefan Mennerich, Direktor für Medien, Digital und Kommunikation beim FC Bayern München, einen Exkurs in die digitale Welt des Sports.

Der Bayern-Speaker, der gleich zu Beginn charmant meinte, er würde zur Oktoberfest-Zeit München nur für Wien verlassen, erklärte, wie der “Stern des Südens” Technologien des digitalen Zeitalters nutze. Auch wenn Bayern München einen Verein und kein Unternehmen darstellt, gab Mennerich mit seiner Präsentation ein exzellentes Beispiel darüber ab, welche Möglichkeiten die digitalen Zeiten – auch für eine alte Traditionsmarke wie Bayern – sich darbieten. Der Klub übersetzt Inhalte seiner Homepage auf acht verschiedene Sprachen. “Wichtiger aber ist eine Sprache: Gifs, pictures, emotions”, sagt Mennerich und erwähnt, dass durch technologische Chancen die Marke des Klubs weltweit transportiert wird.

Eine Milliarde Kontakte im Monat

Der deutsche Rekordmeister verfügt über 35 Medienkanäle, mit denen er monatlich eine Milliarde Kontakte weltweit erzeugt (nicht zu verwechseln mit einer Milliarde Personen). Rund 50 Prozent des Merchandise werden pro Jahr mittels E-Commerce erwirtschaftet (50 Millionen Euro), weltweit zählt Bayern 650 Millionen Fans. Darunter Anhänger aus China oder Ägypten, die lokal von eigenen Agencies betreut werden. Eine weitere Anekdote Mennerichs, die von einem der 14 hauseigenen Kamerateams filmisch festgehalten wurde, zeigt ein weiteres Beispiel, inwieweit Digitalisierung und Kreativität heutzutage genutzt werden kann. Verteidiger und Weltmeister Mats Hummels hat am Weg zum Bus einen Becher Kaffee fallen lassen. Bayern-Star Thomas Müller lachte ihn hämisch aus. Eine normale Szene, die bloß von einer Kamera eingefangen, aber vom Verein mit ihren Möglichkeiten perfekt genutzt wurde.

Thermoskanne und Challenges als Kundenbindung

Anhand dieses Vorfalls, den Bayern als Content den Fans zur Verfügung stellte, entwickelte der Verein eine “FC Bayern München Thermoskanne”. Zudem kam es zu einer Video-Challenge-Serie zwischen dem Pechvogel Hummels und “Auslacher” Thomas Müller, die ebenfalls dazu genutzt wurde, den Kontakt zu den Fans, die auch Kunden sind, zu intensivieren. “Reach people and engage” sagt sinngemäß Mennerich in diesem Kontext und führt fort “Content, Relationship und Monetization” seien in dieser Reihenfolge die Erfolgsfaktoren für die Marke Bayern München. Zudem gehe es um die Entwicklung neuer Umsatz-Bringer.

Andere Clubs als Kunden

Bayern hat im Zuge der vereinseigenen Digitaliserung seit 2010 festgestellt, dass ihre Arbeit im eigens erschafften “FC Bayern Munich Digital Media Lab” derart gut funktioniert, dass sie andere Vereine als Kunden gewinnen konnten, um ihnen in dieser Hinsicht zu helfen. Etwa bei “media rights”. Um welche Klubs es sich da handelt, wurde nicht genannt, jedoch deutlich aufgezeigt, inwieweit Digitalisierung neue Einnahmemöglichkeiten bietet, die der 5-fache Champions-League-Sieger neben seinen bewährten “Streams” Ticketing, Merchandise, Sponsoring und TV-Rechte implementiert hat. Und dass Zusammenarbeit in diesem Bereich allen nutzt.

Hier schlägt der Mediendirektor auch eine Schleife zu den Worten Brauns, der neben seinem Optimismus, besonders dazu aufgerufen hat, China und die USA nicht bloß als Konkurrenz zu sehen, sondern mit ihnen zusammenzuarbeiten. Mennerichs Abschluss-Satz “football grows in total” kann als Synonym verstanden werden, welches europäische Unternehmen dazu aufruft, ihre ablehnende Haltung und Angst vor der Digitalisierung (und den Big Playern im Segment) abzulegen. Auch Wirtschaft wächst zusammen.

Vor Ort bei Darwin’s Circle

Der brutkasten berichtete umfassend per Video-Interviews vom Darwin’s Circle.

Vom Darwin’s Circle mit den Co-Foundern Rudi Kozba, Nikolaus Pelinka und Lorenz Edtmayer, die über die Anfänge und die neuen Ziele des Events sprechen:

Daniel Gamber, Director Global Business Development & Strategy bei BYTON spricht über “Mobility of the Future”, Automotive und Digitaliserung und die 500 Millionen Series B-Runde:

Jeff Jarvis, Professor an der City University New York und “Director of Center for Entrepreneurial Journalism” im Gespräch über Medien-Innovation und die Entwicklung von Medien rund um “Communites”:

Tilo Bonow, Gründer und CEO von PIABO PR über die Anfänge seines Unternehmens, Investments und Kommunikationsstrategien:


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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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