09.09.2022

Crypto Weekly #70: Ethereum-“Merge” steht knapp bevor – was man jetzt wissen muss

Diese Woche: Ethereum will kommende Woche auf den "Proof of Stake"-Konsensmechanismus umsteigen - und sich damit vom Mining verabschieden. Wir beleuchten in dieser Ausgabe Hintergründe, Risiken und Fehlannahmen zum "Merge". Außerdem: Der Kryptomarkt erholt sich nach einer Schwächephase zum Wochenausklang wieder.
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a coin with the logo of Ethereum
Foto: Unsplash/Kanchanara

Das brutkasten Crypto Weekly ist unser wöchentliches Briefing zum Kryptomarkt und kann hier als Newsletter abonniert werden. Jeden Freitag blicken wir auf die wichtigsten Kursbewegungen und Nachrichten der Krypto-Woche zurück.


Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 20.700 US-Dollar (+3 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 1.700 Dollar (+7 %)
  • Solana (SOL): 35 Dollar (+12 %)
  • Polkadot (DOT): 8 Dollar (+8 %)
  • Cardano (ADA): 0,50 Dollar (+8 %)

Bitcoin fiel zwischenzeitlich bis auf 18.600 Dollar, Erholungsversuch zum Wochenausklang

Bevor wir uns dem Ethereum-“Merge” widmen, werfen wir jedoch wie immer noch einen Blick auf die Kursentwicklung seit vergangenem Freitag. Und da lässt sich sagen: Nach einer Schwächephase zur Wochenmitte hat der Kryptomarkt am Freitag einen Erholungsversuch gestartet, der die Kursperformances der größten Krypto-Assets durchwegs ins Plus beförderte. 

Nehmen wir etwa Bitcoin (BTC): Der Kurs lag seit vergangenem Freitag über weite Strecken unter der 20.000-Dollar-Marke. Am Mittwoch geriet er unter Druck und fiel bis auf rund 18.600 Dollar. Der Push am Freitag hievte Bitcoin aber auf ein Wochenhoch von fast 20.700 Dollar. Seit vergangenem Freitag ist der Bitcoin-Kurs damit um knapp 3 Prozent gestiegen. 

Bei Ethereum (ETH) fiel das Plus etwas stärker aus, für den Ether-Kurs ging’s über 7 Prozent nach oben. Stark gefragt waren auch die Token anderer Smart-Contract-Blockchains wie ADA von Cardano (plus 8 Prozent) und SOL von Solana (plus 12 Prozent).

Der Kryptomarkt folgte damit weitgehend den traditionellen Finanzmärkten. Hier stand diese Woche vor allem die Geldpolitik im Mittelpunkt: Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte ihren Leitzins aufgrund der hohen Inflation deutlich um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Die US-Notenbank Fed dürfte übernächste Woche folgen. Diese Woche bekräftigte Notenbank-Chef Jerome Powell, dass die Fed ihre Geldpolitik weiter straffen werde, bis die Inflation tatsächlich eingedämmt sei.  Die jüngsten Entwicklungen rund um die Energiekrise in Europa – und mögliche Gegenmaßnahmen – sind natürlich ebenfalls weiterhin ein großes Thema, das die Finanzmärkte noch länger begleiten wird.

Ethereum: “Merge” soll in wenigen Tagen über die Bühne gehen

Kommen wir nun aber zum großen Thema im Kryptobereich: Dem “Merge”, der in der kommenden Woche – rund um den 15. September – über die Bühne gehen soll. Die Ethereum-Blockchain wird sich vom “Proof of Work”-Konsensmechanismus verabschieden. Das Mining wird damit obsolet. 

Stattdessen kommt künftig Staking zum Einsatz – etwas vereinfacht gesagt läuft es dann so: Wer als Validator aktiv werden und Blockchain-Transkationen verifizieren will, hinterlegt eine bestimmte Anzahl an Coins als “Einsatz” in einem Smart Contract, in dem diese dann für einen bestimmten Zeitraum “gesperrt” sind. Im Gegenzug erhält man dann weitere Coins als sogenannte “Staking Rewards” und kann so Erträge generieren.

Im Fall von Ethereum benötigt man dazu 32 ETH – was nach aktuellem Kurs rund 55.000 Dollar sind. Eine ordentliche Summe – alternativ kann man jedoch auch auf die Dienste eines sogenannten “Staking Pools” zurückgreifen, bei dem die Beteiligten – grob gesagt – zusammenlegen und so Staking auch mit kleineren Beträgen möglich wird. Einer der populärsten Staking Pools ist Lido.

Ethereum hat seit 2020 bereits eine “Proof of Stake”-Chain im Einsatz, die “Beacon Chain”. Bisher ist sie vom Mainnet jedoch getrennt. Kommende Woche sollen sie verschmolzen werden – daher übrigens auch der Name “Merge”. 

Was der “Merge” bringen soll – und welche Risiken es gibt

Die Vor- und Nachteile des Umstiegs werden seit Jahren kontrovers diskutiert, deshalb an dieser Stelle nur kurz: 

  • Als einer der größten Vorteile wird üblicherweise der niedrigere Energieverbrauch angeführt. Und “niedriger” heißt in dem Fall: Massiv niedriger. 
  • Nach Angaben der Ethereum Foundation soll der Energieverbauch um 99,95 Prozent sinken. Die Miner, die derzeit ihre Rechner rund um die Uhr laufen haben, um das Netzwerk zu sichern, werden nach dem Umstieg nicht mehr benötigt.
  • Nicht alle sind jedoch begeistert: Vor allem im Bitcoin-Lager gibt es massive und grundsätzliche Kritik am “Proof of Stake”-Mechanismus. Dieser führt nach Ansicht der Kritiker per se zu einer höheren Zentralisierung – oder birgt zumindest das Risiko einer solchen.
  • auf der bereits existierenden Ethereum-”Proof of Stake”-Chain, der “Beacon Chain”, sind vier Nodes-Betreiber (das bereits erwähnte Lido sowie die Börsen Coinbase, Kraken und Binance) für mehr als die Hälfte der gesamten Staking-Aktivitäten verantwortlich
  • brisant könnte dies etwa aufgrund der im August beschlossenen Sanktionen des US-Finanzministeriums gegen Tornado Cash werden, der die Anonymisierung von Krypto-Transaktionen anbietet. Für US-Bürgerinnen und -bürger wurde es damit illegal, mit Tornado Cash zu interagieren. 
  • dies wirft natürlich Fragen auf: Was, wenn US-Unternehmen wie Coinbase und Kraken in ihrer Rolle als Validatoren Transaktionen sanktionierte Transaktionen entsprechend der Vorgaben “zensieren” würden? Würde damit mittelfristig Eigenschaften der Blockchain wie “permissionless” und “censorship resistant” in Frage gestellt? Coinbase-CEO Brian Armstrong hat dazu gesagt, sein Unternehmen würde eher aus dem Staking-Geschäft aussteigen als eine solche “Zensur” auf der Protokoll-Ebene der Blockchain umzusetzen. Dass das Thema damit aber beigelegt ist, darf bezweifelt werden.

Daneben gibt es natürlich noch genug weitere Pro- und Kontra-Punkte, die in der Diskussion über die Jahre immer wieder angebracht wurden, ohne dass die eine Seite die andere wirklich überzeugen konnte. Ethereums Umstieg auf “Proof of Stake” ist ja auch bereits seit Jahren geplant. Dass seine Umsetzung aber auf sich warten ließ, hat immer wieder für Spott gesorgt. Der Umstieg auf “Proof of Stake” sei immer rund sechs Monate entfernt, wurde da gerne angeführt. 

In den vergangenen Monaten wurde es, wie berichtet, dann aber immer ernster. Seit Juni wurde der “Merge” etwa auf den Test-Netzwerken Ropsten, Sepolia und Goerli umgesetzt. Im August wurde dann auch ein ungefähres Datum für den “Merge” am Mainnet festgesetzt. Und jetzt dürften wir davon wirklich nur noch wenige Tage entfernt sein.

Tatsache ist auch: Die anderen großen Smart-Contract-Plattformen wie etwa Solana, Avalanche oder Cardano haben “Proof of Stake”-Konsensmechanismen (oder Variationen davon) schon länger im Einsatz. Unter den Top-10-Coins nach Marktkapitalisierung setzt aktuell nur Bitcoin auf den “Proof of Work”-Ansatz (der von der Bitcoin-Community als zentrales Element betrachtet wird, weshalb hier ein Umstieg auch undenkbar ist). Dogecoin (DOGE) verwendet übrigens ebenfalls einen “Proof of Work”-Ansatz, liegt aber aktuell knapp nicht in den Top 10.

Ethereum Foundation stellt Fehlannahmen zum “Merge” klar

Aber zurück zum “Merge”. Gerade weil er bereits so lange diskutiert und geplant wurde, sind mitunter auch Erwartungen entstanden, die nicht ganz erfüllt werden können. Die Ethereum Foundation hat wohl auch deshalb eine Liste an weitverbreiteten Fehlannahmen zum “Merge” veröffentlicht. 

Dabei wurde unter anderem klargestellt,

  •  dass der “Merge” Transaktionsgebühren nicht direkt senken wird (er ändert nichts an der Kapazität des Netzwerks)
  • dass der “Merge” auch nicht dazu führen wird, dass Ethereum-Transaktion deutlich schneller werden (die Geschwindigkeit wird sich nur geringfügig erhöhen)
  • dass gestakte ETH nach dem “Merge” noch nicht abgezogen werden können (dazu muss erst die entsprechende Funktionalität aktiviert werden, was noch mindestens weitere 6 bis 8 Monate dauern wird)

Die komplette Liste der Ethereum Foundation ist hier abrufbar.

Und die Miner?

Bleibt noch eine Frage. Was wird aus den Minern, wenn sie plötzlich nicht mehr gebraucht werden? Sie können natürlich ebenfalls ins Staking wechseln, würden dort aber bei Null beginnen. Sie könnten auch auf andere Blockchains wechseln, die mit ihrer vorhandenen Hardware kompatibel sind, und dort weiter minen.

Einen starken Kursanstieg gab es etwa in den vergangenen Wochen bei Ethereum Classic (ETC). Diese Blockchain entstand 2016 nach dem berühmt-berüchtigten DAO-Hack. In einer durchaus kontroversen Entscheidung wurde damals der Zustand der Blockchain vor dem Hack wiederhergestellt. Nicht alle machten dies jedoch mit – und so blieb die technisch gesehen ursprüngliche Ethereum-Blockchain als Ethereum Classic bestehen. Ethereum Classic macht auch den Umstieg auf “Proof of Stake” nicht mit – ob aber wirklich Miner in nennenswertem Ausmaß auf die vergleichsweise wenig genutzte Blockchain umsteigen werden, darf durchaus bezweifelt werden.

In gewisser Weise könnte sich die Geschichte aber wiederholen: Denn auch diesmal haben bereits einige Miner angekündigt, die aktuelle(also Proof-of-Work-basierte) Ethereum-Blockchain weiter betreiben zu wollen. Somit würde wieder ein Fork entstehen – im Grunde eine duplizierte Blockchain inklusive aller zum Zeitpunkt des “Merge” auf Ethereum laufenden Anwendungen inklusive eines eigenen “Proof of Work”-ETH-Tokens. 

Diese Blockchain könnte dann auch für sich beanspruchen, das “richtige” Ethereum zu sein – und würden die Community und die Börsen dem folgen, wäre es letztlich auch so. Allerdings ist das völlig unrealistisch. Der “Merge” ist in der Ethereum-Community nicht umstritten – weshalb es dem “Proof of Work”-Fork an Rückhalt fehlen wird. Einzelne Börsen werden den neuen Token wohl auch listen, allerdings ist es auch hier so, dass die großen Akteure hinter dem “Merge” stehen.


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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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