28.05.2019

Harte Fakten: Wirtschaft, Startups und Investoren in Bulgarien

Anlässlich der von der aaia initiierten Roadshow "CEE Unlimited" hat der brutkasten die wichtigsten Kennzahlen zur bulgarischen Wirtschaft zusammengefasst.
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Sofia Bulgarien
(c) fotolia / Boyan Georgiev

Am 28. Mai 2019 gastiert die von der aaia initiierte Roadshow „CEE Unlimited“ in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Als Partner der Roadshow bietet der brutkasten hier einen Blick auf die Wirtschaft Bulgariens, sowie auf diverse Aspekte des dortigen Startup-Ökosystemens.

Entwicklung der bulgarischen Wirtschaft

Die bulgarische Wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr laut Angaben der Außenwirtschaft Austria um 3,3 Prozent. Die in der EU-Förderperiode 2014-2020 vorgesehenen Projekte (Autobahn- und U-Bahnbau) liefen 2018 an und belebten die Inlandsnachfrage. Die Inflation lag 2018 bei 2,7 Prozent.

(c) Weltbank; IMF – WEO, Frühjahr 2019; IMF – IFS – (Werte 2019: Prognosen)

Im Jahr 2018 war die bulgarische Handelsbilanz stärker defizitär (-2,2 Mrd. Euro), das Exportwachstum verlangsamte sich auf 3,2 Prozent, die Importe stiegen aufgrund einer höheren Inlandsnachfrage um 6,3 Prozent. Die Exporte in die EU wuchsen um sieben Prozent. Tourismus, Transport, IT und die Outsourcing-Branche schlossen in der Bilanz überdurchschnittlich ab.

Im Jahr 2017 kamen laut dem Länderprofil der Außenwirtschaft Austria (kostenloser Download unter diesem Link) auf 100 Einwohner 63,4 Internetnutzer.

(c) IMF – WEO, Frühjahr 2019; Weltbank; IMF – IFS; (Werte 2019: Prognosen)

Außenhandel mit Österreich

Das österreichische Defizit in der Leistungsbilanz mit Bulgarien betrug 2018 123,7 Millionen Euro. Die Nachfrage nach bulgarischen Dienstleistungen steigt laut Außenwirtschaft Austria weiter, vor allem beim Outsourcing von Teilen der Produktion nach Bulgarien, Speditionsleistungen, sowie Dienstleistungen von bulgarischen Tochterfirmen für ihre österreichischen Mutterfirmen (Personalverrechnung, technische Planungsleistungen, Programmierarbeiten).

(c) Außenwirtschaft Austria

Chancen für österreichische Unternehmen werden unter anderem in den Bereichen Bergbau / Metallverarbeitung, Automotive, Verkehrsinfrastruktur/Tiefbau und Nahrungsmittel/Softdrinks gesehen.

IT-Fachkräfte in Bulgarien

Die Arbeitslosenrate ist laut Außenwirtschaft Austria mit fünf Prozent auf ihrem Tiefststand seit Überwindung der Krise, die 2008/2009 begann. Ein schwaches Wirtschaftswachstum in der Industrie (plus 0,8 Prozent) ist laut Außenwirtschaft Austria vor allem auf einen Mangel an Arbeitskräften zurückzuführen. Das trifft auch auf die IT-Branche zu: Hier fehlen dem AußenwirtschaftsCenter zufolge 40.000 Programmierer.

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Laut einem Report von infoshare.pl in Kooperation mit Stack Overflow aus dem Jahr 2017 gab es damals 51.024 Entwickler in Bulgarien, der Großteil davon (35.942) lebte in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, gefolgt von Städten Plovdiv, Varna und Burgas. Dem Report zufolge sind Kenntnisse in PHP unter bulgarischen Programmierern besonders ausgeprägt (23 Prozent), am wenigsten stark verbreitet sind die Kenntnisse in Python (sechs Prozent).

Interessant ist Bulgarien aber besonders wegen der vergleichsweise geringen Kosten für IT-Fachkräfte: Laut PayScale.com liegt das durchschnittliche Jahresgehalt eines Developers in Bulgarien bei 30.702 bulgarischen Lew (15.698 Euro). In einem Beitrag des Standard aus dem Jahr 2017 heißt es wiederum, dass das durchschnittliche Gehalt eines Software-Ingenieurs in Bulgarien bei 3500 Lew (1800 Euro) monatlich liegt. Ein anderer, aktueller Artikel führt wiederum eine Besonderheit des bulgarischen Tech-Ökosystems an: Der vergleichsweise sehr hohe Frauenanteil.

Startups in Sofia

Crunchbase listet in Sofia 145 Organisationen und 276 Gründer. Erwähnenswert ist weiters, dass eu-startups.com in seiner Liste der „10 startups to look out for in the Balkans in 2019 and beyond“ zwei Startups aus Bulgarien aufgenommen hat: Das 2015 gegründete FindMeCure und das Agrobiotech-Startup Nasekomo.

Laut dem CEE Fintech Atlas 2019 der Raiffeisen Bank International ist Bulgarien außerdem „eine der am schnellsten wachsenden Fintech-Destinationen“ in der CEE-Region. Besonders das schnelle Breitband-Internet ist laut RBI ein Treiber dieser Entwicklung. Als größte Fintech-Company gilt laut dem RBI-Report Cash Credit, welches den „unbanked“ einen Zugang zu Finanzdienstleistungen bietet und laut RBI auf Funding in Höhe von 18,9 Millionen Euro kommt.

Investoren in Bulgarien

Die beiden prominentesten seed-stage VCs in Bulgarien sind laut dem RBI-Report ELEVEN und LaunchHub – beide VC-Fonds spielen eine Rolle bei der Finanzierung von Startups und innovativen KMU und sind dem Report zufolge in Bulgarien sehr aktiv.

Laut Statistiken der europäischen Business Angel Vereinigung EBAN gibt es in Bulgarien 105 Business Angels, die im Jahr 2017 insgesamt sieben Millionen Euro investiert haben – 40 Prozent mehr als im Vorjahr.

+++Mehr zur aaia-Roadshow CEE Unlimited+++

Laut dem Bericht „Seed the Future“ von Stripe und Techstars fanden 0,01 Prozent der europäischen Early Stage Venture-Investments in Bulgarien statt. Das Land belegt somit den letzten Platz des Rankings – was im Umkehrschluss heißt: Es gibt noch viel Potenzial für Wachstum.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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