Wiener Fahrrad-App Bikemap erhält Millioneninvestment
Der auf nachhaltige Energie und Mobilität spezialisierte niederländische VC Ponooc investiert einen Millionenbetrag in die Wiener Fahrrad-App Bikemap. Das frische Kapital soll in erster Linie in die Produktentwicklung und Skalierung des Teams fließen.
Mit mehr als fünf Millionen Nutzern in über 100 Ländern zählt die Wiener Fahrrad-App Bikemap laut eigenen Angaben zur weltweit führenden nutzergenerierten Fahrradroutensammlung. Bisher wurden in der App des Wiener Startups über sieben Millionen Routen erstellt. Die App, die für iOS und Android verfügbar ist, bietet neben Karten- und Navigationssoftware für verschiedene Radtypen und Anspruchslevel zahlreiche zusätzliche Funktionen und unterscheidet sich somit zu allgemeiner konzipierten Apps wie Google Maps. Zu den Funktionen zählen unter anderem personalisierte Routenempfehlungen und die Angabe von Standorten von Fahrradwerkstätten oder Abstellplätzen.
2014 als Idee leidenschaftlicher Radfahrer gegründet setzte das Startup in der Vergangenheit stark auf digitales Community-Building. Und das mit Erfolg: Im Coronajahr 2020 konnte die App-Nutzung aufgrund des aktuellen Fahrradbooms laut dem Startup mehr als verdreifacht werden. Aktuell zählt Deutschland mit rund einer Million geteilter Fahrradrouten zu den wichtigsten Märkten in Europa.
Millionen-Investment für Bikemap
Wie das Startup am Mittwoch bekannt gab, konnte Bikemap nun diesen “positiven Trend” für sich nutzen und erhält im Rahmen einer Series-A-Finanzierung eine siebenstellige Summe des niederländischen Investors Ponooc. Bereits im Jahr 2016 konnte sich das Startup ein Investment mit Speedinvest als Lead-Investor sichern – der brutkasten berichtete.
Der Venture Capital Fonds Ponooc mit Sitz in Amsterdam ist der unabhängige Investmentarm von Pon Holdings und investiert seit 2014 in Startups mit Fokus auf nachhaltiger Energie oder Mobilität. Bekanntheit erlangte der Investor in der VC-Landschaft unter anderem durch die Finanzierung des niederländischen Anbieters für Fahrrad-Abonnements Swapfiets und seine Beteiligung am Berliner Scooter-Startup Unu.
Max van Zoest, Investment Manager bei Ponooc, über die jüngste Beteilung am Wiener Startup: “Bikemap ist in der Lage, sichere, maßgeschneiderte Routen für jeden Fahrradtyp anzubieten und verbessert dabei kontinuierlich seine Algorithmen durch Feedback der User. Diese Fähigkeiten, kombiniert mit einer schnell wachsenden Bikemap-Community, die bereits über 7,5 Mio. Fahrradrouten geteilt hat, werden Nutzer weltweit dazu ermutigen, ein Fahrrad für ihre nächste Fahrt zu wählen.”
Kapital soll in Produktentwicklung fließen
Das 30-köpfige Bikemap-Team möchte das frische Kapital nun in die weitere Produktentwicklung und die Skalierung des Teams investieren. Zudem sollen in enger Zusammenarbeit mit den Nutzern neue Produkt-Features realisiert werden.
“Langfristig wollen wir durch diese Mischung Fahrradfahren besser und sicherer gestalten. Mit Ponooc haben wir einen Partner an unserer Seite, der diesen Ansatz nicht nur versteht, sondern den Weg in eine gleichzeitig nachhaltigere Zukunft mit uns gemeinsam geht”, so Matthias Natmessnig, CEO von Bikemap.
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.
„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.
Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.
Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen
Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“
Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft
Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.
Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.
Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.
Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“
Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit
Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.
“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.
Langfristiges Potenzial heben
Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“
Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“
Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?
Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.
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