21.01.2021

Biden: Das darf die Startup-Welt vom neuen US-Präsidenten erwarten

Der Demokrat Joe Biden hat die US-Präsidentschaftswahlen für sich entschieden und wurde am 20. Jänner ins Amt eingeführt. Die globale Startup-Gemeinde spekulierte schon länger, welche Auswirkungen die Administration Biden-Harris für die gesamte Szene nach sich ziehen könnte. Eine Analyse.
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(c) Biden/FB -

Die Wahlmänner haben gesprochen. Joe Biden wird der 46. Präsident der USA. Der in Pennsylvania geborene Demokrat übernahm mit dem 20. Jänner das höchste Amt der Vereinigten Staaten und löst bereits vorher breite Spekulationen darüber aus, wie sich seine Politik auf die Startup-Szene auswirken wird. Auch wenn heute noch keine Details sicher sind: Fix ist, dass sich etwas ändern wird.

Protektionistische Kommunikation unter Trump

Um mögliche Entwicklungen unter Biden zu verstehen, muss man zuallererst einen kurzen Blick auf Donald Trumps Aktivitäten und deren Folgen setzen. Politik ist Kommunikation. Und jene ist unter dem 45. Präsidenten protektionistischer geworden.

Das sorgte dafür, dass US-Standorte für internationale Fachkräfte weniger attraktiv wurden und Tech-Firmen Probleme hatten, für ihre Mitarbeiter und Fachkräfte Visa zu bekommen. Hier scheint eine Änderung in Sicht.

Mindeststeuer für Tech-Giganten?

Auch die von Trump getätigte Senkung des Körperschaftssteuersatz von 28 auf 21 Prozent 2017 möchte Biden umkehren. Darüber hinaus schlug der neue US-Leader eine alternative Mindeststeuer (AMT) von 15 Prozent auf “pre-tax book income” vor, um zu verhindern, dass profitable Unternehmen die Steuerschuld umgehen, wie dies Amazon und Netflix getan haben. Der AMT soll auf Unternehmen mit einem Wert von 100 Millionen US-Dollar oder mehr erhoben werden.

Biden und sein “Made in America”

Zusätzlich soll Biden ins Auge fassen, US-Unternehmen mit Sitz in Übersee eine Mindeststeuer von 21 Prozent aufzuerlegen, was doppelt so hoch wie der derzeitige Steuersatz wäre. Das Ziel dabei: Die Nutzung globaler Steueroasen zu vermeiden und seine Initiative “Made in America” zu fördern, um Arbeitsplätze in den USA wiederherzustellen und gleichzeitig die Inlandsinvestitionen zu erhöhen.

Die langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft können derzeit jedoch nicht genau abgeleitet werden. Während Moody’s Analytics unter Bidens Führung ein stärkeres Wirtschaftswachstum prognostiziert, schätzt die Tax Foundation, dass mit Bidens Steuerplan das Bruttoinlandsprodukt langfristig um 1,62 Prozent sinken wird. Das bleibt abzuwarten. Allerdings gibt es im Tech-Bereich ein paar Anhaltspunkte, die bestimmte politische Agenden der “Neuen Zwei” erkennen lassen.

Regulierung stärker?

Biden und Harris sind dafür bekannt, gegen Technologiegiganten vorzugehen. Wie sich dies auf die Technologiepolitik, die Regulierung von Internetplattformen und aufkommende Technologien auswirken wird, steht zwar logischerweise noch nicht fest. Einige Leitlinien, wie die neue US-Führung handeln wird, lassen sich aber zumindest jetzt schon mutmaßend zusammenbauen.

Biden-Administration strenger gegen Tech?

Da sowohl Biden als auch sein Mitstreiterin Harris Tech-Unternehmen kritisch gegenüberstehen, bleibt eine stärkere Regulierung des Tech-Sektors sehr wahrscheinlich. Dies bedeutet eine strengere Handhabe gegen große Technologieunternehmen, denen vorgeworfen wird, wettbewerbswidrige Taktiken anzuwenden, um Kartellrichtlinien, Datenschutzgesetze, Cybersicherheit und Reformen in Abschnitt 230 des Communications Decency Act durchzusetzen.

Gegen KI-Vorurteile und Überwachungs-Tech

Spannend für die Szene ist auch der Begriff “Algorithmische Verantwortlichkeit” für Startups mit künstlicher Intelligenz. Man kann davon ausgehen, dass Biden und Harris eine strengere “Anti-Bias-enforcement”-Policy implementieren möchten, um die in KI-Systemen auftretenden Vorurteile zu bekämpfen, die dazu neigen, Stereotypen zu vergrößern und die Umstände von “protected groups” zu verschlechtern.

Durch den Fokus von Harris auf Transparenz von Algorithmen und Rechenschaftspflicht, kann das für KI-Startups ein erhöhtes Aufkommen von Investitionsmitteln bedeuten, damit diese die Vorgaben einhalten können. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die beiden Demokraten auch versuchen werden, mehr Barrieren in Sachen Gesichtserkennung und anderen Überwachungstechnologien der Polizei aufzubauen.

Förderung der Diversity

Incentives könnte es indes für jene Startups geben, die auf Diversity setzen. Technologie-Startups unter der Leitung diverser Gründer sollen unterstützt werden und Ressourcen erhalten. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass Biden-Harris mehr Arbeitnehmerrechte für Auftragnehmer fördern.

Dies würde vor allem Unternehmen betreffen die unabhängige Vertragspartner engagieren, die nur wenige Rechte haben. Allerdings sind das Vorhaben, deren Umsetzung noch äußerst fraglich bleibt. So hat etwa das demokratische geführte Kalifornien unter Senator Gavin Newsom am vierten November doch noch eine Gesetzesvorlage gestoppt, mit der Gig-Arbeiter als Vollzeitbeschäftigte eingestuft werden sollen.

Besserer Zugang zu Tele-Medizin

Dennoch könnte der allgemein bessere Zugang zur digitalen Infrastruktur für benachteiligte Personen eine der großen Punkte der neuen Administration werden. Die zukünftige Vizepräsidentin Harris hat mehrmals schon laut darüber sinniert, wie sie die Ungleichheit beim Zugang zur Gesundheitsversorgung bekämpfen möchte.

Besonders Menschen mit dunkler Hautfarbe hätten unter mangelhaftem Möglichkeiten zu Telemedizin und digitaler Gesundheit, sowie “online learning” gelitten, was in diversen Gruppen zu höheren COVID-19-Infektionsraten geführt habe, betont sie.

Das “altneue” Thema Netzneutralität

Auch in Sachen Netztneutralität könnte Bewegung hineinkommen. Unter Trump wurden von der “Federal Communications Commission” die von Obama implementierten Netz-Regeln aufgehoben, die es Internet Service Providern untersagt hätten, Inhalte zu blockieren oder zu diskriminieren.

Biden selbst hatte sich bei diesem Diskurs bisher zurückgehalten, mit Harris’ Einstellung zu sozialer Gerechtigkeit darf angenommen werden, dass es im Telekommunikationssektor Gespräche für ein offenes Internet geben wird.

Biden: “USA tritt Pariser Klimaabkommen wieder bei”

Einer der Hauptpunkte, von denen Startups profitieren könnten, wird Bidens Einstellung zur Klimakrise sein. Der zukünftige US-Präsident hat die USA bereits zurück ins Pariser Klimaabkommen geführt, aus dem Trump ausgestiegen war. Und könnte mit dieser Aktion eine bereits boomende Branche noch weiter nach oben treiben. Biden selbst hat zudem verlautbart, zwei Billionen US-Dollar in Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu investieren. Seine Pläne umfassen dabei Infrastruktur, Automobilsektor, Verkehr, saubere Energie, Gebäude und Wohnungen sowie Landwirtschaft.

Auch nachhaltige Technologien wie Batteriespeicher, Technologien für negative Emissionen, Baumaterialien der nächsten Generation, erneuerbaren Wasserstoff und fortschrittliche Kernenergie werden von Biden mitgedacht.

Österreichische Green-Startups und ihre Chancen unter neuer US-Führung

Florian Krisch vom Österreichisches AußenwirtschaftsCenter New York sieht hierbei besonders für heimische Gründer große Chancen: “Österreichische Startups können von einer Biden-Präsidentschaft insofern profitieren, da die Biden-Administration gezielt auf ‘Green Technology’ setzen will und Milliarden in Infrastruktur und Forschung investieren möchte. Heimische Green-Tech Startups die in diesem Sektor innovative Lösungen haben, könnten dadurch für Investoren interessanter werden”, sagt er: “Geplante Steuererhöhungen für Firmen, könnten auch für Startups zum Nachteil werden – dazu müssten am US-Markt allerdings zuerst Gewinne erzielt werden. Grundsätzlich bewerten Experten und Analysten Bidens geplante Wirtschaftspolitik als stabiler und nachhaltiger als Trumps Vorschlag und gehen davon aus, dass sie größeres Wirtschaftswachstum ermöglicht – was die Gesamtsituation von Startups in den USA weiter verbessern sollte.”

“Präsident Biden to Ground Control”

Insgesamt ist eine positive Einstellung hinsichtlich des neuen Präsidenten zu bemerken, auch wenn es für manche Tech-Firmen drastische Veränderungen geben könnte. Überhaupt hat der am 20. November 2020 78 Jahre alt gewordene Politiker Kritikern und Besorgten die Angst genommen, dass Tech-Themen und Startups nicht in seinen Dunstkreis fallen könnten. Ein Beispiel zeigt seine Affinität zu Startups: Die Kooperation mit Ground Control.

(c) Bidens Briefing – Joe Biden bei seinem podcastähnlichen Format, bei dem er ausgewählte Artikel vorlas.

Joe Biden hat sich mit dem neuen Startup zusammengetan, um Podcasts zu erstellen, die zwischen drei und 15 Minuten lang sind. Die Themen handeln vom Gesundheitswesen und Klimawandel sowie Wirtschaft. Dabei liest und teilt der Präsiden in “Biden’s Briefing” Artikel und gibt seine Meinung dazu ab. Das Unterhaltungsunternehmen Creative Artists Agency und das Sprachbetriebssystem SpokenLayer sind bei diesem Projekt ebenfalls mit dabei. Es ist über Dienste wie iTunes und Spotify verfügbar und mit dem Alexa-Sprachassistenten von Amazon kompatibel.

“Welt verändert sich schnell”

“Es ist nicht nur eine Sammlung von Geschichten, die ich genossen habe, es ist Teil eines viel größeren Gesprächs”, meinte Biden während einer Episode: “Die Welt verändert sich schnell und jetzt müssen wir mehr denn je unsere Perspektive erweitern und besser informiert sein. Diese Briefings enthalten eine Reihe von Gedanken und Meinungen, denen ich zustimme und denen ich nicht zustimme, die ich jedoch für wichtig halte, um einige Zeit damit zu verbringen, darüber nachzudenken.”

Kampf gegen Fake-News und Hate-Speech

Auch in Sachen Regulierung wird Biden eine andere Schiene fahren als sein Vorgänger. Dabei geht es vor allem um die bereits erwähnte “Sektion 230 des Communication-Decency-Acts”, einer Art Haftungsschutz für die Inhalte sozialer Netzwerke.

Während Donald Trump angekündigt hatte, dagegen vorzugehen, um Facebook und Twitter zu verbieten “zu moderieren” und Content zu löschen, möchte Biden eine Reform einleiten, die einen Anstieg der Moderation anpeilt. Um gegen Hassrede und Fake-News anzugehen, die für beide Portale ein Problem darstellen. Ein wichtiger Punkt zur Handlungsmacht von Joe Biden lag an der Zusammensetzung des Senats, der bisher republikanisch dominiert war. Heute aber zu gleichen Teilen, 50 zu 50, auf beide Parteien aufgeteilt ist. Bei einem Patt kann jedoch Vize-Präsidentin Harris mit ihrer Stimme den entscheidenden Ausschlag geben.

Handlungsmacht kommt auf Senatsverteilung an

Krisch dazu: “Grundsätzlich erwarten Experten von einer Biden-Administration, dass sie Tech-Konzerne stärker reguliert und die absolute Marktmacht der FAAN- Companies (Anm.: Facebook, Amazon, Apple, Netflix and Alphabet) etwas einschränken möchte. Ein wichtiges Grundgesetz für viele Tech-Konzerne, die ‘Section 230’ des Communications Decency Act von 1996, stand in den vergangenen Jahren immer wieder unter Kritik. Dieses Gesetz legt im Grunde fest, dass Plattformbetreiber nicht für User-generierten Content haftbar sind. Demokraten und Republikaner haben, wenn auch aus teilweise unterschiedlichen Motiven, bereits öfter einen Widerruf der Regelung debattiert und wollen Internet-Konzerne im Fall von ‘Hate-Speech’ und ‘Fake-News’ haftbar machen.”

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(c) WKO – Florian Krisch vom Österreichisches AußenwirtschaftsCenter New York sieht mit Joe Biden für Green-Tech-Startups große Chancen.

Allerdings, so eine weit verbreitete Meinung, werde der internationale Druck auf das Valley sinken. Diese Annahme bezieht sich auf die Beziehung zwischen der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung der USA und den Social-Media-Plattformen Youtube, Facebook und Twitter.

Die Folgen der letzten Jahre lassen erkennen, dass sich die US-Tech-Giganten im Visier der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments wiedergefunden haben. Der internationale Druck könnte mit einem neuen Präsidenten, der nicht als wandelndes Mahnmal für Hate-Speech bezeichnet wird, etwas abnehmen.

Die Krux mit der Visa

Als einer der Erfolgsfaktoren des Silicon Valley galt, dass man weltweit Tech-Talente ins Land geholt hat. Unter Trump wurde es sowohl für Unternehmen als auch Fachkräfte schwieriger in den USA zu arbeiten. Die H-1B Visa, mit denen viele Unternehmen internationale Mitarbeiter ins Valley gebracht hatten, gilt nur für Jobs mit mehr als 208.000 Dollar Einkommen pro Jahr. Biden strebt hierbei eine Reform an.

“In Bezug auf die H-1B Visa für Fachkräfte dürfte sich in der Tat eine Erleichterung der Situation einstellen. Biden möchte Talente ins Land holen, setzt aber auch stark darauf, Jobs an Amerikaner zu vergeben. Ein plötzlicher Einwanderungsstopp, wie etwa Trumps kontroverser ‘Muslim Ban’ wird von ihm nicht erwartet” sagt Krisch, der aber auch weiß, dass der US-Arbeitsmarkt in der Krise steckt und deswegen Startups weiterhin gut argumentieren müssen, warum etwa ein Europäer statt einem Amerikaner einen bestimmten Job in der US-Niederlassung ausüben soll

Kein Brain-Drain aus Europa

“Europa wird nur dann unter einem ‘Brain-Drain’ in die USA leiden, wenn es die europäische Entrepreneur-Szene vernachlässigt. Da sich dort aber in den letzten Jahren auch starke Ökosysteme entwickelt haben, halte ich die Gefahr eines Brain-Drains nach Amerika für überschaubar”, so Krisch weiter.

Ende des China-Handelskonflikt?

Auch der Handelskrieg mit China könnte mit einem moderateren Biden entschärft werden, was für einige Startups eine Erleichterung in Sachen Lieferketten und direkten Export, Stichwort Strafzölle, bedeuten könnte.

US-Präsident für Ö-Startups “untergeordneter Faktor”

Krisch abschließend: “Im Endeffekt sollte die Rolle des US-Präsidenten für österreichische Startups aber ein untergeordneter Faktor sein. Viel entscheidender für den Erfolg am US-Markt ist der „US market fit“ des Produkts, ausreichend Kapital und das passende Team.”

(Der Artikel wurde aktualisiert)

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Das Gründerteam Christian Hill und Gerhard Prossliner © BRAVE Analytics, Leljak

Das Grazer Spin-off BRAVE Analytics wurde von Christian Hill und Gerhard Prossliner im Jahr 2020 gegründet. Den Gedanken an ein gemeinsames Unternehmen gab es schon einige Zeit davor an der MedUni Graz. Nach erfolgreicher Dissertation und dem FFG Spin-off Fellowship kam es zur Ausgründung, zu ersten Kund:innen und einem Standortwechsel. Und schließlich zur erfolgreichen Einbindung in den Life Science Cluster Human.technology Styria unterstützt von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG.

Mittlerweile zählt BRAVE Analytics ein 14-köpfiges Team und sitzt im ZWT Accelerator in Graz, einem Kooperationsprojekt zwischen SFG und Medizinischen Universität Graz.

Das Team von BRAVE Analytics (c) © BRAVE Analytics, Leljak

Mut in der Geschäftsphilosophie

BRAVE Analytics steht für Mut in der Geschäftsphilosophie der beiden Gründer und des gesamten Teams: Christian Hill und Gerhard Prossliner fühlen sich “zu Entdeckungen hingezogen und lieben es, die Dinge aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Und genau diesen Spirit leben wir auch im Team.”

Wahrlich hat das Gründerduo mit seinem Spin-off das Forschungsgebiet Life Science in ein neues Licht gerückt: Denn BRAVE Analytics beschäftigt sich mit der automatisierten Qualitätssicherung für Pharma-, BioTech-Produkte, Wasser, Mineralien und Chemikalien. “Und das auf Partikel-Ebene. Das Ganze nennt sich Partikel-Charakterisierung und -Analytik”, erklärt Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten.

Neu ist die Technologie insofern, als dass die Partikel-Analyse direkt im Herstellungsprozess von Pharmaprodukten passiert. Also integriert, das heißt weder vor- noch nachgelagert, und damit effizient und kostensparend. “Damit machen wir eine sogenannte Prozessanalytik im Nano-Bereich”, erklärt Co-Founder Hill.

Die Lösung für ein Bottleneck

Damit haben die beiden Gründer zusammen mit ihrem Team eine Lösung für ein bis dato bestehendes “Bottleneck in der Industrie” geschaffen. Mit den modularen Messgeräten von BRAVE Analytics kann die Qualität von Produkten im Pharma- und BioTech-Sektor nämlich in Echtzeit gemessen werden. Das Kernstück der Lösung bildet die vom Spin-off eigens entwickelte, mehrfach patentierte OF2i Technologie.

Doch bekannterweise benötigen Life-Science-Lösungen wie diese einen breiten Umfang an Forschungsinfrastruktur, der sich gerade für frisch gegründete Spin-offs schwer stemmen lässt. Und: Es braucht die richtigen Verträge, das richtige Kapital und das richtige Team. Auf der Suche danach gab es für BRAVE Analytics einige Schlüsselmomente, wie Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten erzählt.

Der Standort für Life Science Startups

Die ersten Hardware-Aufbauten und Experimente fanden an der Medizinischen Universität Graz statt, die von den Anfängen mit Infrastruktur und Forschungspersonal unterstützte, die Universität Graz deckte die Bereiche Theorie und physikalisches Modelling und in Kooperation mit dem FELMI/ZFE der Technischen Universität Graz wird seit 2022 ein Zusatzmodul entwickelt.

Beim Schutz des geistigen Eigentums standen die Medizinische Universität Graz, die Steirische Wirtschaftsförderung SFG und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG als helfende Hände zur Seite. Konkret mit Unterstützung für die Erarbeitung von Exklusiv-Lizenzen, Agreements und generell mit dem Know-how, wie man eine Firma aufbaut. Hier waren uns auch das Unicorn der Universität Graz, die Gründungsgarage und der Science Park Graz eine große Hilfe”, so Prossliner.

“Wir sind klassische Science-Preneure”

Die fachspezifische Unterstützung kam im richtigen Moment: “Wir sind die klassischen Science-Preneure. Unser Background ist das Universitäts- und Ingenieurswesen. Für uns war es wichtig zu lernen, wie man in das Unternehmertum reinkommt und den Produkt-Market-Fit findet. Man muss diese Produktverliebtheit, die man als Erfinder meistens hat, loswerden. Und das passiert ganz viel durch Learning by Doing.”

Besonders hilfreich habe sich vor allem das Bootcamp des FFG-Spin-off-Fellowship und das LBG Innovator’s Road Programme erwiesen, welche “eine schrittweise Einführung für den Weg von der Wissenschaft in Richtung Unternehmung” geboten haben, so Hill. Förderungen erhielt das Spin-off außerdem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, der Austria Wirtschaftsservice aws, der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und auf EU-Ebene.

Die Szene, die “Gold wert” ist

Nicht nur “by doing”, sondern vor allem auch “von anderen, die die gleichen Themen, Probleme und Potenziale haben”, hat das Startup im Aufbau sehr viel an Know-how und Erfahrung gewonnen. “Das Peer-Learning ist für uns einer der wichtigsten Wissensfonds”, so Co-Founder Prossliner im Interview.

Ein dafür zugeschnittenes Netzwerk gibt es in der Grazer Life Science Szene: “Auch abseits institutioneller Veranstaltungen befinden wir uns hier in einem sehr lebendigen Startup-Umfeld. Vieles passiert auf Eigeninitiative von Gründer:innen. Das Startup-Leben hier ist wirklich Gold wert.”

Global Player nur “fünf Rad-Minuten entfernt”

“Wir sind Hardware-Hersteller, wir brauchen Hochpräzisionsfertiger für unsere Prozesstechnologie. Die Steiermark und insbesondere Graz haben sich zu einem Stakeholder-Nest der besonderen Vielfalt entwickelt. Kooperationspartner aus Industrie, Wirtschaft und Forschung sitzen hier in unmittelbarer Nähe. Wir finden Experten, Lieferanten und Fertiger mit extremer Präzision und einer super Verlässlichkeit”, erzählt Prossliner und meint weiter: “Wir arbeiten hier in einem sehr engen Umfeld mit einer sehr schnellen Dynamik. Das ist unglaublich wertvoll.”

Ein ganzes Stakeholder-Feld mit internationaler Spitzenstellung findet sich also im Grazer Becken. Oder, wie es Gründer Prossliner erneut unterstreicht: “Da sind Global Player dabei, die wir in wenigen Rad-Minuten erreichen. Man muss also nicht gleich nach Asien oder in die USA, das Netzwerk gibt es hier auch.” Nicht umsonst spricht man seit geraumer Zeit von der “Medical Science City Graz” – mit Playern wie der Medizinischen Universität und dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer ZWT im Netzwerk.

Gerhard Prossliner (links) und Christian Hill (rechts) mit der Geschäftsführung des ZWT – Anke Dettelbacher (Mitte rechts) und Thomas Mrak (Mitte links) ©ZWT/Lunghammer.

Besenrein eingemietet

Grund genug auch für BRAVE Analytics, sich hier als aufstrebendes Life-Science-Startup niederzulassen. Nach seinen Anfängen in den Räumlichkeiten der MedUni Graz hat sich BRAVE Analytics nämlich im ZWT Accelerator einquartiert: “Wir waren unter den Ersten, die hier eingezogen sind. Als alles noch ziemlich besenrein war.”

Mittlerweile wird auch mit anderen dort sitzenden Startups stockwerkübergreifend genetzwerkt. Sei es im Stiegenhaus, bei Weihnachtsfeiern oder informellen ZWT-Treffen. Manchmal wird auch gemeinsam gefrühstückt und in den Abendstunden philosophiert. Daneben gibt es regelmäßige Get-Together-Formate wie das ZWT-Frühstück. Im Zuge der Startupmark finden auch themenspezifische Kooperationsformate wie der Life Science Pitch Day, ein exklusives Pitchingevent für Startups und Investor:innen aus dem Life Science-Bereich, statt.

Fußläufig flexibel

Thomas Mrak, Geschäftsführer des ZWT, erzählt dazu: “Vernetzung steht bei uns an erster Stelle. Und zwar nicht nur unter Foundern, sondern auch zwischen bereits etablierten Firmen, Unis, Instituten, Professor:innen und Ärzt:innen, die alle flexibel und fast fußläufig zu erreichen sind. Ich würde sagen, das ist die Essenz der Medical Science City Graz und bildet das optimale Umfeld, um als Spin-off Fuß zu fassen.”

Unterstützung gibt es im Grazer ZWT auch mit einer optimalen Infrastruktur und “startup freundlichen” Mietverträgen und Mietkonditionen: “Wir bieten Startups, die bei uns einziehen, ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis, eine perfekte Ausstattung und sehr flexible Bedingungen. Vor allem hohe Investitionskosten und lange Bindungszeiten sind für Startups schon aufgrund ihrer dynamischen und teils volatilen Entwicklungen sehr kritisch, dabei helfen wir. Je nach Möglichkeit stellen wir nicht nur Büros und Laborinfrastruktur, sondern auch Seminar- und Besprechungsräume zur Verfügung.”

“Wir verstehen uns hier einfach sehr gut”

Unverkennbar gestaltet sich der Life Science Bereich in Graz als multidimensionaler Hub für Startups und Spin-offs – und das nicht nur auf akademischer Ebene: “Wir verstehen uns hier alle untereinander sehr gut. Es gibt kurze Wege, kurze Kommunikationswege und wir arbeiten zusammen auf Augenhöhe. Es klappt einfach zwischenmenschlich”, so Mrak.

BRAVE Analytics-Co-Founder Prossliner empfiehlt dahingehend: “Nutzt das tolle österreichische Förderungssystem. Wir haben hier vonseiten der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Austria Wirtschaftsservice aws und der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG tolle Unterstützung erhalten. Vom ZWT, der MedUni Graz, der Uni Graz und der TU Graz ganz zu schweigen.”

Und: “Bindet schon frühzeitig Kund:innen ein. Nur so ermittelt man die real-life Kundenbedürfnisse potentieller Märkte, und man kann vielleicht auch erste Umsätze generieren, die man wiederum mit Förderungen hebeln kann. Man muss sich schließlich auch finanziell stabilisieren, um für Investor:innen attraktiv zu sein.”

Der Asia Pull für Life Science

Aktuell erarbeitet BRAVE Analytics eine Investitionsrunde. Mittlerweile hält das Spin-off unterschiedliche Produkte und Kunden am Markt. Auch Industriepartner sind vorhanden. Aktuell befinde man sich in der Prescaling-Phase – mit einem starken “Asia Pull”. Interesse kommt nämlich zunehmend von Abnehmern aus Asien, wie Christian Hill erzählt:

“Unsere Technologie eignet sich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für Wasser, Kläranlagen und Mikroplastik – und sogar für die Halbleiterindustrie. Wir bewegen uns hier in einem multidimensionalen Anwendungsfeld, gerade für das Umwelt- und Wassermonitoring. Das zieht viele Kunden aus Übersee an. Jetzt heißt es: die richtigen Schritte setzen und klug skalieren.”

Damit Christian Hill und Gerhard Prossliner ihre Ziele auch weiter verfolgen können, braucht es Menschen, die in den Life Science Sektor investieren: “Life Science ist ein Technologie- und Wissenschaftsfeld, das uns in Zukunft noch viel intensiver begleiten wird. Und auf das wir angewiesen sind”, so Thomas Mrak. Der ZWT-Geschäftsführer appelliert indes: “Es arbeiten so viele tolle Menschen mit persönlicher Motivation in diesem Feld. Diese haben das Potenzial, die Zukunft maßgeblich zu verändern. Doch dafür braucht es finanzielle Unterstützung, fundierte Netzwerke und noch mehr Aufmerksamkeit.”

Mehr Informationen zum steirischen Startup-Ökosystem und der Startupmark sind hier zu finden.

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AI Summaries

Biden: Das darf die Startup-Welt vom neuen US-Präsidenten erwarten

  • Trump sorgte dafür, dass US-Standorte für internationale Talente weniger attraktiv wurde und Tech-Firmen Probleme hatten für ihre Mitarbeiter und Fachkräfte Visas zu bekommen.
  • Ein Beispiel zeigt Bidens Affinität zu Startups: Die Kooperation mit Ground Control.
  • Biden möchte Talente ins Land holen, setzt aber auch stark darauf, Jobs an Amerikaner zu vergeben.
  • Unter Biden steigen die Chancen für Green-Tech-Startups.

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  • Biden möchte Talente ins Land holen, setzt aber auch stark darauf, Jobs an Amerikaner zu vergeben.
  • Unter Biden steigen die Chancen für Green-Tech-Startups.

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