06.10.2020

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

Notariatskammer-Präsident Michael Umfahrer spricht sich im brutkasten-Gespräch klar gegen die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform ("Austria Limited") aus.
/artikel/austria-limited-anpassung-der-gmbh-umfahrer
Michael Umfahrer zur Austria Limited - die notariellen Tätigkeiten bleiben dauerhaft online möglich
Michael Umfahrer, Präsident der Österreichischen Notariatskammer. (c) ÖNK / R. Tanzer

Die Forderung liegt bereits einige Jahre lang auf dem Tisch und wurde von Interessensverbänden, etwa vor rund einem Jahr von aaia, AVCO und AustrianStartups gemeinsam, immer wieder erneuert: Eine neue Kapitalgesellschaftsform – oft als AG Light bezeichnet, die primär für Startups gedacht ist, soll die Vorteile von GmbH und AG für Wachstumsunternehmen verbinden. Schon in ihrem Regierungsprogramm machte die türkis-grüne Koalition Pläne publik, eine solche neue Rechtsform schaffen zu wollen. Im Juni, nach einer vagen Ankündigung im Rahmen der Regierungsklausur, wurde Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck dann gegenüber dem brutkasten mit Aussagen zu einer geplanten “Austria Limited” erstmals konkreter. Im August wurde diese von Bundeskanzler Sebastian Kurz offiziell angekündigt.

Noch sind die Details des geplanten Gesetzesentwurfs nicht bekannt. Zwei große Versprechen wurden jedoch bereits gemacht: Die Gründung soll “unbürokratischer” werden. Zudem sollen Beteiligungen, etwa von Mitarbeitern, erleichtert werden. Daneben stehen gängige Kritikpunkte an den vorhandenen großen Kapitalgesellschaftsformen GmbH und AG im Raum, die wohl in die Überlegungen einbezogen werden. Der Tenor dabei ist: Die Gründung ist zu langwierig und zu teuer.

Braucht es die Austria Limited überhaupt?

Doch braucht es die “Austria Limited” überhaupt, um diese Ziele zu erreichen? “Es stellt sich die Frage, ob man innerhalb des Gesellschaftsrechts das große Risiko eingehen soll, eine vollkommen neue Rechtsform zu schaffen, anstelle sich zu überlegen, was wir schon im österreichischen Gesellschaftsrecht vorliegen haben und wo man noch an Stellschrauben drehen kann, um mehr zu unterstützen”, sagt Michael Umfahrer, Präsident der Österreichischen Notariatskammer (ÖNK) im Gespräch mit dem brutkasten.

Das Gespräch mit Michael Umfahrer im Video:

Denn bei den vorhandenen Kapitalgesellschaftsformen – auch in adaptierter Form – habe man die Sicherheit, auf eine gesicherte Rechtssprechung und ein gutes rechtliches Fundament zu bauen. “Das ist ja auch im Interesse des Wirtschaftsstandorts und möglicher Investoren. Wenn man sich auf eine völlig neue Gesellschaftsform einlässt, ist die Frage, ob der Schuss nicht nach hinten losgeht”, so Umfahrer. Einen derartigen “Flop” habe man etwa im Rahmen von Deregulierungsmaßnahmen vor einigen Jahren erlebt. “Wir haben neun Monate lang eine 10.000 Euro-GmbH gehabt und sind dann wieder auf die 35.000 Euro zurück gegangen. Das war im Ausland eine Lachnummer bei den Gesellschaftsrechtsexperten”, erzählt der ÖNK-Präsident.

Kosten: “GmbH-Gründung bereits jetzt unter 100 Euro möglich”

Generell sieht er die angesprochenen Deregulierungsmaßnahmen im Kapitalgesellschaftsrecht in den vergangenen Jahren aber positiv – und als besseren Lösungsweg. “Ich glaube, dass Österreich das recht gut gemacht hat. Wir haben zwar ein Mindeststammkapital bei der ‘normalen’ GmbH von 35.000 Euro. Aber wir haben gleichzeitig eine gründungsprivilegierte GmbH, die de facto für zehn Jahre lang mit einem Mindest-Stammkapital von 10.000 Euro auskommt”, sagt Umfahrer. Bei der Gründung der zweitgenannten müssen überhaupt nur 5000 Euro sofort eingezahlt werden. Und es gehe noch weiter. “Die Gründung einer GmbH ist heute mit einem Gründerpaket bereits unter 100 Euro möglich”, meint der ÖNK-Präsident. Davon, dass eine Gründung zu teuer sei, könne also bereits jetzt “überhaupt nicht die Rede” sein. Er hielte es aber für den richtigen Weg, das Mindest-Stammkapital der GmbH generell auf 10.000 Euro abzusenken.

Mitarbeiterbeteiligung: “Keine gesellschaftsrechtliche Frage”

Zur zentralen Frage der Mitarbeiterbeteiligung winkt der Rechtsexperte ab. “Das ist in Wirklichkeit keine gesellschaftsrechtliche Frage, sondern eine Steuer-rechtliche und damit vom Steuer-Gesetzgeber zu regeln”, so Umfahrer. “Und die Frage der Flexibilität der Anteilsübertragung ist aus meiner Sicht dadurch gelöst, dass wir als Notare ja den Online-Notariatsakt anbieten. Der digitale Notariatsakt ermöglicht dem Investor, wo immer er auf der Welt sitzt, zu unterzeichnen. Da sehe ich überhaupt kein Problem darin”. Apropos: Seit Beginn des Corona-Lockdowns seien ca. 1000 notarielle Amtshandlungen digital durchgeführt worden.

Dauer: GmbH-Gründung derzeit in zwei Tagen möglich

Auch Kritik an der Dauer des (GmbH-)Gründungsprozesses kann Umfahrer nicht nachvollziehen: “Hier gibt es eine Vorbereitungsphase bzw. eine Beratungsphase, wo es darum geht, dass der Konsens über den Gesellschaftsvertrag hergestellt wird. Ich glaube, da ist Geschwindigkeit nicht das richtige Thema. Da geht es darum, dass man letztlich gute Lösungen findet”. Wenn man dann aber wisse, wie der Gesellschaftsvertrag final aussehen und unterschrieben werden soll, dann könne man “auf die Stoppuhr drücken” und sehen, wie schnell man im Firmenbuch ist.

“Und da sage ich Ihnen: Im Prinzip kann man heute eine GmbH schon innerhalb eines Tages eintragen”, so Umfahrer. Hinderlich sei nur der sogenannte “Tagwechsel” beim Firmenbuch, der dafür sorge, dass die Firma dort erst am Tag nach der Bewilligung des Antrags durch den Rechtspfleger aufscheine. Dies sei aber eine technische Frage beim Bundesrechenzentrum. Wenn man die löse, wäre die Eintragung noch am selben Tag Realität. “Die durchschnittliche Dauer einer Gründung liegt zwischen drei und fünf Tagen”, so der ÖNK Präsident.

Firmenbuch: “undenkbar”, dass Austria Limited nicht die selben Erfordernisse hat

Auch bei einer Austria Limited müsse die Rolle des Firmenbuchs bedacht werden. “Aus meiner Sicht ist es undenkbar, dass man eine österreichische Kapitalgesellschaft ins Leben ruft, die nicht genau die selben firmenbuchrechtlichen Erfordernisse hat, wie die anderen beiden großen Kapitalgesellschaftsformen”, warnt Umfahrer. Die Eintragungen im bereits seit 1991 digitalen österreichischen Firmenbuch seien absolut verlässlich, weil ein ordentliches gerichtliches Verfahren dahinter liege. So könne sich auch ein etwaiger Investor darauf verlassen, dass das, was im Firmenbuch steht, wirklich stimme und keine Manipulationen möglich seien. Wenn eine neue Gesellschaftsform diese Anforderungen nicht erfüllen müsste, hätte dies eine Qualitätsminderung des gesamten heimischen Gesellschaftsrechts zur Folge, meint der ÖNK-Präsident.

Weitere Flexibilisierung auch bei AG möglich

Und es gebe eben sehr wohl ausreichend Gesellschaftsformen, um auch digitale Geschäftsmodelle aufzubauen, resümmiert Umfahrer. Es gebe innerhalb der GmbH eine so große Flexibilität, dass sie sowohl sehr kleine personenbezogene Unternehmen abbilden könne als auch sehr groß mit Aufsichtsrat ausgebaut werden könne. “Das macht den großen Erfolg der GmbH als Gesellschaftsform überhaupt aus”.

“Und bei der Aktiengesellschaft gibt es ja auch Tendenzen, denen man weiter folgen kann”, so der ÖNK-Präsident. Bei nicht börsennotierten AGs könne man etwa vom starren Konzept der sogenannten Satzungsstrenge weggehen, also das Treffen gewisser Vereinbarungen auch in der Satzung ermöglichen. Auch könne man sich “durchaus überlegen”, das Grundkapital der Aktiengesellschaft im selben Ausmaß zu senken, wie zuvor für das Stammkapital der GmbH beschrieben. “Für mich bleibt die GmbH aber das praktikabelste Modell, das man sich im Rahmen der Kapitalgesellschaften vorstellen kann, weil es so viele Möglichkeiten gibt, sie gesellschaftsvertraglich zu gestalten”, stellt Umfahrer klar.

Wortlaut “Austria Limited” könnte einfach im Gesetz verankert werden

Und wenn es eigentlich um den Wortlaut “Austria Limited” im Hinblick auf internationale Investoren geht? Dazu der ÖNK-Präsident: “Wenn man den englischsprachigen Firmenwortlaut ‘Austria Limited’ haben will, gibt es natürlich auch eine Möglichkeit, das gesetzlich zu verankern. Wenn der Gesetzgeber den Willen hat zu sagen, das ist ein zulässiger Firmenwortlaut-Bestandteil, dann geht das”.

Deine ungelesenen Artikel:
vor 6 Stunden

Startup-Versprechen auf den Leim gegangen

Erst Steyr Automotive, nun Magna Steyr. Der zweite heimische Auto-Zulieferer gerät in Bedrängnis, weil ein Startup zu viel versprochen hat.
/artikel/startup-versprechen-auf-den-leim-gegangen
vor 6 Stunden

Startup-Versprechen auf den Leim gegangen

Erst Steyr Automotive, nun Magna Steyr. Der zweite heimische Auto-Zulieferer gerät in Bedrängnis, weil ein Startup zu viel versprochen hat.
/artikel/startup-versprechen-auf-den-leim-gegangen
Magna Steyr
(c) Magna Steyr / Twitter: Am Produktionsstandort Graz beschäftigt Magna Steyr rund 10.000 Mitarbeiter.

Manchmal wiederholt sich die Geschichte, wie man weiß. Manchmal wiederholt sie sich so exakt, dass man zunächst nicht sicher ist, ob das nicht eh die Story ist, die man bereits gehört hat. So passiert mit Steyr Automotive und Magna Steyr, deren Namensähnlichkeit zusätzliches Verwirrungspotenzial birgt.

Erst Volta Trucks, nun Fisker

Vergangenen Oktober kam für Steyr Automotive die Hiobsbotschaft. Der wichtigste Kunde musste Insolvenz anmelden: das schwedische E-LKW-Startup Volta Trucks. Nun erging es Magna Steyr fast gleich: Das US-E-Auto-Startup Fisker, für das man in Europa produziert, steht am Abgrund.

Das Ergebnis war ein etwas anderes. Steyr Automotive konnte es abwenden, selbst in die Insolvenz gezogen zu werden, wartete ab und konnte schließlich, nachdem Volta gerettet wurde, weitermachen – Arbeitsplätze hat das gewiss trotzdem gekostet. Bei Magna Steyr fackelte man nicht lange herum. Noch während Fisker versuchte, sich zu retten, also bevor das Aus besiegelt war, verkündete Magna Steyr, ganze 500 Stellen kürzen zu wollen. Denn die Auftragslage ist generell schlecht. Schon davor mussten 450 Angestellte gehen.

Risiko-Angst bei Investments, aber anscheinend nicht bei Kunden

Man kann die Schuld also wohl zumindest im zweiten Fall nicht allein auf das Startup schieben. Die Parallele ist dennoch erstaunlich. Dass heimische Konzerne in Startups investieren ist – abgesehen von einer Handvoll herausstechender Corporate VCs – auch 2024 noch die Ausnahme. Wenn internationale Startups aber mit großen Umsatz-Versprechen als Kunde auftreten, scheint die Angst vor dem Risiko vergessen zu sein. Dabei bringt man sich mit so einem Deal in eine erheblich größere Abhängigkeit, als mit einem diversifizierten Portfolio an Startup-Beteiligungen.

Für die betroffenen Arbeitnehmer:innen bleibt freilich zu hoffen, dass es auch bei Fisker noch zu einer (unerwarteten) Kehrtwende kommt. Für die Autozulieferer bleibt eine Lehre für die Zukunft: Eine ordentliche Due Dilligence braucht es auch bei Kunden.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Austria Limited: Mit Anpassung der GmbH schneller am Ziel