24.11.2017

Zombies, Aliens & Star Trek: “Lemmings”-Inkubator holt Silicon Valley Mindset nach Wien

Mitten im kreativen Herzen Wiens, ganz ohne mediale Aufmerksamkeit und rein mit Hilfe der wachsenden Lemmings-Community wurde von Thomas Schranz, Allan Berger und David Pflügl ein Inkubatorprogramm aus dem Boden gestampft, das längst auch mit Programmen aus dem Silicon Valley mithalten kann. Die Bewerbungsphase für den vierten Batch des Wiener Artificial Intelligence und Chatbots-Inkubator "Lemmings.io" geht noch bis Anfang Jänner.
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Der Lemmings-Inkubator zeichnet sich auch durch eine Hohe IT-Frauenquote aus.

Um das entrepreneurische Mindset werden Amerikaner oft beneidet, dabei muss man nicht nach San Francisco fliegen, um Teil einer Gründercommunity zu werden, die genau dieses Gedankengut lebt. Ganz nach dem amerikanischen “Let’s do this”-Ansatz riefen die Gründer Thomas Schranz, Allan Berger und David Pflügl vor inzwischen über einem Jahr “Lemmings.io” ins Leben. Ein Inkubator, der sich um die Entwicklung von Konzepten und Projekten rund um angewandte Artificial Intelligence dreht. Den ersten Batch, der wie die folgenden rein über Mundpropaganda beworben wurde, konnten im Sommer letzten Jahres über dreißig Teilnehmer durchlaufen.

Silicon Valley mitten in Wien

Allan Berger, Thomas Schranz und David Pflügl, die Organisatoren und Gründer von Lemmings.io.

Wahrscheinlich ist es ihrer Zeit im Silicon Valley zu verdanken, dass Schranz und Berger gemeinsam mit David Pflügl rein mit einer Idee im Gepäck und ohne viel Tamtam an einem Abend beschlossen, ihre Inkubator-Idee einfach umzusetzen und auszuprobieren.

International sind die drei jedenfalls bestens vernetzt. In ihrem Telefonbuch befinden sich etwa die direkten Kontakte zu erfolgreichen Startup-Programmen wie dem britischen Seedcamp oder dem amerikanischen Y-Combinator. Berger und Schranz haben selbst mehrere Jahre in San Francisco verbracht und möchten mit Lemmings die “can do”- und “pay it forward”- Kultur nach Wien bringen. In Amerika ist dieses Gedankengut selbstverständlich- da kann sich Europa noch etwas abschauen, gerade auch in Hinblick auf die “Scheiterkultur”. 

Aww, got mail from Sam Altman / Y Combinator ?/cc Michael, Jan, Gustav

Gepostet von Thomas Schranz am Mittwoch, 20. September 2017

Community-Gedanke trifft auf Künstliche Intelligenz

“Wir wollten einfach die neugierigsten Köpfe der Stadt zusammen bringen und uns anschauen, was passiert, wenn wir den Sommer über die Grenzen von “Künstlicher Intelligenz” austesten”, meint Schranz über den Startschuss und das Warum von Lemmings.

Drei Batches später haben über 130 Teilnehmer das Programm absolviert und aus Lemmings heraus hat sich etwas noch größeres entwickelt: eine Community aus Menschen, die anders denken und an Probleme mit Lösungen herangehen. “Da entsteht so viel wertvolles, in dem Programm, bei dem Leute aus verschiedenen und komplementären Disziplinen acht Stunden oder länger an einem Projekt arbeiten. Da wird “next level”-Kreativität freigesetzt”, meint etwa Lena Traninger, die mittlerweile in Hamburg Analyst bei Accenture ist, und der ich es verdanke, von Lemmings erstmals gehört zu haben.

Kein CV notwendig

Kaum zu glauben – dachte ich mir damals-, dass sich still und heimlich in Wien ein Inkubatorprogramm entwickelt hat, das einige der besten Informatiker, Marketer, Designer, Journalisten und Kreativdenker, also Menschen mit Stärken in allen Richtungen, alleine durch Mundpropaganda erreicht und zu einer Community zusammen geschweißt hat. Menschen, die auf den ersten Blick nicht zwangsweise mit Artificial Intelligence zu tun haben. Das ist außergewöhnlich.

An den Lemmings-Wochenenden trifft man sich immer an neuen Locations. Hier im Bild: Die Verfasserin des Artikels, Theresa Sophie Breitsching, mit Stefan Paul Kernjak und Katrin Lachmann im Sektor5.

Im Herbst 2016 öffnete auch ich das Bewerbungsformular für Batch 2, um mich für das Winterprogramm 2017 zu bewerben. Und da fiel es mir erstmals auf. Die typischen CV-Fragen finden sich dort nicht. Ein Beispiel: “Is there a quote that transformed the way you think?”- und spätestens da, wurde mir dann auch klar, dass es bei Lemmings um etwas geht, das es noch nicht zuvor in Wien gegeben hat. Da geht es um einen selbst, als Teil von etwas Größeren- also irgendwie auch gar nicht um einen selbst.

Ein Mix aus Zombies, Alien und Star Trek

Die Teilnehmer, auch “Lemminge” genannt, alle an sich spezielle, außergewöhnliche und smarte Kreative, vereint das “anders denken”, das “darüber hinaus denken”- oder dies zumindest zu versuchen. Nur so kann Lemmings auch funktionieren, denn es geht vor allem auch um die Challenge mit sich selbst und um das Vertreiben der Dämonen (“Ich kann das nicht”), die man mit sich und in der Gruppe bekämpft, um dann zusammen etwas entstehen zu lassen. Am Ende eines jeden Wochenendes des dreimonatigen Programms ist dann tatsächlich etwas entstanden: ein Gedanken-Projekt oder etwas, das man tatsächlich als “Produkt” gelten lassen kann- immer mit dem Fokus auf “Künstliche Intelligenz”/ Chatbots natürlich.

Die Challenges erstrecken sich von “Zombie-Apokalypse” zu “Alien-Invasion” oder “Star Trek”-Fantasien. Projekte, die auf den ersten Blick vielleicht nicht alltagstauglich erscheinen, aber bei näheren Hinsehen geht es genau darum eben auch nicht- sondern um das Denkmuster, das sich leicht auf jede Art von Projekt umlegen lässt. Daher sind seitdem auch viele Startup- und Chatbot-Projekte aus Lemmings heraus entstanden. Oder es haben sich auch einfach die richtigen Leute gefunden, die nun zusammen an etwas arbeiten. Ein paar Beispiele, die auch bereits im Brutkasten gefeatured wurden, sind Chatbird.io, ComicBot oder Artnapper.

Authentisch, organisch, Lemmings

Dass es Inkubatoren, die mit viel Herzblut und minimalster finanzieller Unterstützung betrieben werden, in Wien nicht unbedingt einfach haben, beweist das Ende einer der wichtigsten Inkubationsstätten, nämlich des Sektor5. Damit schließt mit November eine der wenigen authentischen Geburtsstätten der Wiener Startup-Szene seine Türen. Eine Lücke, die sich so schnell nicht schließen wird. Der Aufruf des Sektor5 Co-Founders und Managing Directors Yves Schulz, Lemmings zu unterstützen, damit der ursprüngliche Aufbau-Spirit der Szene nicht verlischt, ist daher wenig überraschend:

“Dieses Projekt ist wie unseres, eines der wenigen organisch wachsenden, das auch direkt von der Community betrieben wird. Durch Eure Unterstützung besteht definitiv die Hoffnung, dass es auch noch Bestand haben wird, wenn sich die, durch die jetzigen -unorganisch wachsenden- Projekte erstellten, Erwartungen nicht erfüllen werden.”

Anmeldungen für den 4. Lemmings Batch laufen bis 1. Jänner. Ein ausführliches Interview mit Thomas Schranz erscheint Anfang Dezember. 

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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