20.09.2017

Zalando will Startups auf seine Plattform holen

Das E-Commerce-Imperium Zalando will sich einmal mehr unter die Startup-Szene mischen. Selbst ist das Unternehmen diesen Schuhen längst entwachsen. Einst gegründet mit Investorenkapital der drei Samwer-Brüder und deren Inkubator Rocket Internet, sind die Gründer David Schneider und Robert Gentz mittlerweile selbst zunehmend als Business-Angel aktiv.
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Benjamin Wörner

Der Online-Shop mit Firmensitz in Berlin wuchs mit seiner Spezialisierung auf Verkauf und Versand von Schuhen und Modeartikeln rasant. Bald ist es zehn Jahre her, dass Robert Gentz und David Schneider Schuhe von einer Altbauwohnung ausverschickten. Heute sitzt der MDax-Konzern in einem neuen Gebäude mitten in Berlin, sieben Stockwerke hoch und 29.000 Quadratmetern groß. Die Mitarbeiterzahlen steigerten sich rasant. Waren es Ende 2010 noch 400, lag der Stand vier Jahre später schon bei 7500. Ende 2016 waren es knapp 12.000 Mitarbeiter und mittlerweile hält Zalando bei 13.000 Mitarbeitern, davon mehr als 5.700 in Berlin.

Vom reinen Online-Händler hin zur Technologieplattform für Mode

Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren kräftig investiert, vor allem in der Technik, wo 1800 Mitarbeiter angestellt sind. 2015 eröffnete das Unternehmen zusätzliche Technologie-Standorte in Hamburg und Dortmund. Das deutet auf eine Entwicklung vom reinen Online-Händler hin zur Technologieplattform für Mode hin. Für die Eröffnung der zwei neuen Hubs in Helsinki and Dublin war Benjamin Wörner, Commercial Lead Product Partnerships zuständig. Nun will er mit Zalando Build eine Plattform für Startups launchen.
Junge Unternehmen sollen ihre technischen Lösungen in Zalando Fashion Store integrieren. Was haben Startups davon, wenn sie Zalando einer übermächtigen Konkurrenz, ihr Know How bieten? – Diese Frage käme oft von Startups, sagt Wörner und betont den Zugang zum größten Online-Publikum. Außerdem gehe es um einen Paradigmenwechsel in der Art, wie Zalando Partnerschaften mit externen Parteien abwickelt, auf Augenhöhe nämlich. „Es geht nicht nur darum, die Software eines Startups zu kaufen. Sie haben ein hohes Maß und Kontrolle über ihre Produkte“, meint Wörner.

Redaktionstipps

70 % der Seitenaufrufe, 55 % der Bestellungen werden mobil getätigt

Ein Produkt herzunehmen und im Internet zu verkaufen – Das war vielleicht 2008 revolutionär, 2017 ist es ein alter Hut. Auch wenn die Marke Zalando einen sehr hohen Bekanntheitsgrad hat, muss das Unternehmen die Kunden immer wieder durch Werbung zum Kauf animieren. Zalando gibt zu, dass es den Trend zum mobilen Internet zunächst verschlafen hat. Umso kräftiger will man entgegensteuern. Da nach Angabe des Unternehmens etwa 70 Prozent der Seitenaufrufe von Mobilgeräten kommen und mehr als 55 Prozent der Bestellungen mobil getätigt werden. Dabei geht es immer mehr in Richtung Personalisierung wie zum Beispiel mit dem automatisierten Antwortservice – einem Chatbot names Emma. Zalando erkennt, dass für seine Ziele, Machine Learning wichtig ist. „Der Computer soll wissen, wonach der Kunde sucht und wo es im Shop zu finden ist“, erklärt Linda Hübner, eine Unternehmenssprecherin. Benjamin Wörner beschreibt die Vision so: „Jeder Kunde hat dann eine komplett personalisierte Erfahrung“. Linda brauche zum Beispiel von ihrem Nutzerverhalten viele Inhalte, Inspirationen, Videos, Blogger-Styles. Er hingegen mag so etwas gar nicht. „Mir sind eher viele Optionen, die eigene Auswahl mit ausgeweitete Filter lieber“, nennt Wörner als Beispiel.

Verknüpfung von Online und Offline, Lieferung innerhalb einer Stunde

Er spricht vom Weiterentwickeln von einem puren Online-Händler zu einer Plattform für die gesamte Online-Modewelt: „Das bedeutet, dass alle Teilnehmer im Ökosystem verbunden werden sollen: Marken, Technologie-Anbieter, Kunden etc.“ So lautet das Konzept der Plattform-Strategie, auf die Zalando vor zwei Jahren umgestellt hat. Das Ziel: Alle Player am Modewelt miteinander zu verbinden. So kommen Stylisten mit Kunden zusammen oder man entwickelt Marketingstrategien mit anderen Unternehmen. Außerdem gehe es um die Verknüpfung von Online und Offline. Manche Bestellungen werden in lokale Geschäfte ausgeliefert. Zalando will die Testkultur leben und startet immer wieder Pilotprojekte. So testet man in Berlin gerade die Auswahlvariante eines Wunschzeitfensters. Innerhalb von einer Stunde soll die Ware beim Konsumenten ankommen.

Fokus Personalisierung

Mit dem neuen Projekt namens Zalando Build will man diese „Plattform-Strategie weiter ausbauen und gleichzeitig eben stärker auf Personalisierung im Shop setzen”. Konkret soll das aber heißen: „Wir geben Startups künftig die Möglichkeit, sich anzudocken und mit ihrem Produkt Zalando-Kunden neue Funktionalitäten zu bieten“ Der Hintergedanke ist, dass wir in Zukunft jedem Kunden eine personalisierte Erfahrung auf der Seite bieten möchten. Das braucht mehr Inhalt, Lösungen, Funktionalitäten. Bisher habe Zalando viele Neuerungen innerhalb des Unternehmens entwickeln. Jetzt möchte man sich öffnen. „Mit Build vernetzen wir uns mit der internationalen Startup-Szene und kreieren gemeinsam neue Funktionalitäten fürs Online-Shopping”, sagt Marc Lamik, Head of Partnerships bei Zalando.

Das israelische Startup Bllush ist erster Partner

Erster Partner ist das israelische Startup Bllush. Es verbindet Fotos von Social Media-Influencern mit dem Zalando Fashion Store. Alle Fotos sind “shoppable”, das heißt abgebildete Kleidungsstücke sind mit dem entsprechenden Artikel im Shop verknüpft und können direkt in den Warenkorb gelegt werden. Die Funktion wird zunächst für Sportbekleidung auf der deutschen Seite, spricht zalando.de verfügbar sein. „Aber da die es keine Sprachinhalte beinhalte, könne man problemlos den Pilot rasch ausweiten“, erklärt Wörner.

Was bedeutet das für österreichische Startups? – Anfragen aus Österreich kamen schon, weiß Wörner. Doch das gesamte Build-Programm sei in einer frühen Phase. „Das Schöne an Build ist, dass es speziell auf Märkte zugeschnitten werden kann. Ein österreichisches Startup könnte also etwas für den Markt entwickeln, den es am besten kennt.“ Im Übrigen geht es um digitale Erfahrungen auf der Seite, neue Methoden und Startup-Ideen bezüglich Zahlungsmöglichkeiten sind nicht im Build-Programm erfasst.
Apropos Zahlung: Was kostet Zalando Build? – „Im Moment haben ein Team von zehn bis 15 Leuten damit beschäftigt. Die Entwicklung des Zalando Build Projekts läuft seit einem halben Jahr. Jetzt gehen wir erstmals damit an die Öffentlichkeit.”

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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