Kleidungsstücke online shoppen ist oft ein bisschen ein Überraschungsei. Man weiß zwar eigentlich, was man bekommt, aber es bleibt immer ein gewisses Restrisiko bezüglich des Inhalts. Sitzt die Hose? Sind die Schuhe nicht zu klein? Passt der Schnitt vom Hemd oder lag es doch am Model, dass es so gut ausgesehen hat?

Um dem Risiko entgegenzuwirken, hat der europäische Online-Shopping-Riese Zalando eine virtuelle Umkleidekabine ins Leben gerufen. Diese ist nun erstmals auch in Österreich verfügbar. Dabei können Kund:innen online einen 3D-Avatar erstellen, indem sie ihre Körpergröße, Gewicht und ihr Geschlecht eingeben. Eine generische Figur erscheint. Anschließend kann man aus 22 verschiedenen Marken wählen und dabei unterschiedliche Größen ausprobieren.

Funktion vorerst nur für allseits beliebtes Kleidungsstück verfügbar

Vorerst ist die Anprobe nur für Jeans möglich. Laut Zalando sind Jeans erfahrungsgemäß eine der schwierigsten Produktkategorien in Bezug auf die Passform, daher wird die virtuelle Umkleidekabine vorerst nur für den blauen Hosenklassiker angeboten.

So funktioniert der 3D-Anprobier-Avatar von Zalando

Bei der Angabe der Körperformen gibt es nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten – “weiblich” und “männlich” stehen zur Auswahl. Offen bleibt, ob die Diversität der Körperformen abgebildet werden kann, da es auch innerhalb dieser Kategorien sehr nuancenreiche Formen gibt.

Praktisch erscheint hingegen das Farbbarometer, das anzeigt, an welchen Stellen die Hose vermutlich “zwickt” oder wo sie schlabbern könnte. Ist flächendeckend violett dabei, sollte man also eher die Finger von der Hose lassen, außer man steht auf den einschlägigen Schlabberlook.

Zalando, virtuelle Umkleidekabine
(c) Zalando

Größenbedingte Retouren reduzieren

Das Pilotprojekt ist Teil von Zalandos Size-&-Fit-Initiativen – einem Fokusbereich des Unternehmens. Ziel soll es unter anderem sein, größenbedingte Retouren zu reduzieren. “Wir wollen unseren Kund:innen dabei helfen, die richtige Passform gleich beim ersten Mal zu finden. Auf diese Weise möchten wir das Einkaufen bei Zalando persönlicher und ansprechender gestalten und die Kund*innenbeziehungen vertiefen”, sagt Christoph Lütke Schelhowe, General Manager von Zalando im DACH-Raum. Für Kund:innen hat das Feature vermutlich den Vorteil, dass Fehlkäufe verringert und dementsprechend Nerven geschont werden.

Totes Kapital verhindern

Um Retouren zu verringern, gibt Zalando außerdem bereits seit längerem personalisierte Größenempfehlungen für seine Kund:innen aus, die auf deren Kauf- und Retourenhistorie sowie auf Referenzartikeln basieren. Allein diese sollen größenbedingte Rücksendungen um bis zu 10 Prozent verringern. Für den E-Commerce ist das von Vorteil, da es Mehrkosten aufgrund von Wiederaufbereitung und Bearbeitung reduziert und “totes Kapital” in Form von sich in Umlauf befindenden Produkten verhindert. Der 3D-Avatar soll nun weiter zu einer Reduktion der Retouren beitragen. Die Technologie dazu kommt vom Schweizer Startup Fision, das Zalando 2020 kaufte.

Mehr als 30.000 Kund:innen nutzten den Avatar

Ein weiteres Ziel der Pilotkampagnen soll zudem sein, neue Technologien in den Online-Mode-Handel zu bringen und den Bedarf bei den Kund:innen zu ermitteln. „Mit den Pilotkampagnen wollen wir verstehen, wie Kund*innen die neue Technologie nutzen. Auf dieser Basis können wir eine skalierbare Lösung für die Zukunft entwickeln. Bereits jetzt sehen wir, dass das Interesse an den Kampagnen wächst: Etwa die Hälfte der Kund*innen hat mehr als eine Größe am Avatar ausprobiert“, sagt Stacia Carr, VP des Size-&-Fit-Teams bei Zalando.

Bereits zwei Pilotkampagnen mit ausgewählten Artikeln von Puma und der Eigenmarke Anna Field hat Zalando erfolgreich durchgeführt. Dabei haben nach Angaben des Unternehmens mehr als 30.000 Kund:innen die virtuelle Umkleidefunktion ausprobiert haben. Die Kampagneninhalte jedes Pilotprojekts laufen jeweils mehrere Wochen.

Nicht das erste Mal

Der 3D-Avatar ist nicht die erste Online-Anwendung von Zalando, um die Passform zu überprüfen. Zalando war 2022 der erste Online-Modehändler im deutschen Markt, der beim “Try On”-Feature von Snapchat mitmachte. Dabei konnten Snapchat-User:innen ein Foto von sich in die App laden und virtuell Kleidungsstücke von ausgewählten Anbieter:innen anprobieren. Bei Gefallen leitete Snapchat die User:innen direkt in den Zalando-Online-Shop weiter. Mit der eigenen virtuellen Umkleidekabine will Zalando nun seinen Kund:innen aber eine hausgemachte Möglichkeit zur Verfügung stellen, ohne Umwege über einen amerikanischen Drittanbieter.