29.03.2022

Yokoy: Schweizer FinTech holt sich 80 Mio. Dollar – Bitpanda-Gründer an Bord

Das Schweizer FinTech Yokoy sieht Österreich als einen wichtigen Hub für die weitere Expansion. Mit dem Investment soll auch die KI weiterentwickelt werden.
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Das Founder-Team von Yokoy © Yokoy
Das Founder-Team von Yokoy © Yokoy

Das Schweizer FinTech Yokoy ist mit einer Spesenabrechnungs-Automatisierung gestartet und kümmert sich mittlerweile um das gesamte Ausgabenmanagement größerer Unternehmen: Spesen, Lieferantenrechnungen, Firmen-Kreditkarten. Vergangenes Jahr ist das Scaleup bereits nach Österreich expandiert und baut hier einen von bis zu vier Hubs für den europäischen Markt auf. Für die Eroberung Europas hat sich Yokoy nun eine satte Finanzierung über 80 Millionen Dollar gesichert. Insgesamt seien damit bereits mehr als 107 Millionen Dollar von Investoren in das Startup geflossen.

Sequoia, Speedinvest, Bitpanda-Gründer Demuth investieren in Yokoy

Die Series B wird von viel Prominenz getragen. Lead-Investor ist Sequoia Capital, jener VC, der auch in Erfolgsgeschichten wie Stripe, Instagram, WhatsApp oder jüngst die Krypto-Börse FTX investiert hat. “Wenn man Sequoia hat, kann man sich weitere Investoren quasi aussuchen”, sagt Yokoy-Co-Founder und CEO Philippe Sahli im Gespräch mit dem brutkasten. Und die Wahl fiel auf Österreicher – mitgezogen sind der in Wien ansäßige VC Speedinvest und als Business Angel Eric Demuth, Co-Founder des österreichischen Krypto-Unicorns Bitpanda. Zu den Neo-Investoren zählen außerdem Visionaries Club und Zinal Growth, aber auch die Bestandsinvestoren Balderton Capital, Six FinTech Ventures, Left Lane und Swisscom sind mitgezogen.

Österreich einer der kompliziertesten Märkte

Österreich sei einer der kompliziertesten Märkte, was die Abrechnung von Spesen betreffe, meint Sahli. “Die Spesenabrechnung ist von Bestimmungen in Kollektivverträgen abhängig und davon gibt es hunderte”. In der Landwirtschaft gäbe es mitunter Regelungen, gemäß derer der genaue Spesenbetrag vom Wetter abhängt. “Das war eine sehr große Challenge”. Mittlerweile hat Yokoy diese vielen unterschiedlichen Einzelbestimmungen für die Abrechnungstools umgesetzt und sieht das als großen Wettbewerbsvorteil. “Wenn jetzt jemand neu in den Markt kommt, muss er das erst einmal schaffen”. Gleichzeitig könne Yokoy jetzt quasi nichts mehr schrecken: “Wenn man den kompliziertesten Markt kann, kann man alle”, sagt der CEO lächelnd.

Stephan Hebenstreit als Country Lead

Österreich war auch deshalb der perfekte erste Auslandsmarkt, weil Yokoy hier schnell einen Market Lead bei der Hand hatte. Sahli und sein Co-Founder Devis Lussi kennen sich aus der Unternehmensberatung EY, wo die Spesenabrechnung immer sehr Ressourcen-intensiv war. Gegründet haben sie 2019 gemeinsam mit Lars Mangelsdorf, der aus dem B2B-Vertrieb kommt und Erfahrungen aus dem Aufbau in Scaleups mitbringt, und Melanie Gabriel, die die Marketing-Kompetenz ins Team einbringt. Für Österreich konnten sie mit Stephan Hebenstreit einen Manager gewinnen, der wie die Gründer die Erfahrung der aufwändigen Spesenabrechnung in großen Unternehmensberatungen machen konnte. Hebenstreit, manchem Insider der österreichischen Startup-Szene vielleicht noch von dem gescheiterten E-Bike-Startup Freygeist bekannt, war zuletzt bei PwC Österreich tätig und hat dort den Bereich Innovation & Digitalisierung aufgebaut.

Österreichs Unicorns sind Kunden

Um in neuen Märkten Fuß fassen zu können, müsse man lokal Vertrauen aufbauen und das gehe nur über Menschen, die vor Ort vernetzt sind, ist Sahli überzeugt. Nicht zuletzt deshalb sind unter den Investoren nun auch Speedinvest und Bitpanda-Co-Founder Demuth. „Ich freue mich, den Wachstumskurs von Yokoy zu unterstützen, während sich die Plattform weiterentwickelt und Unternehmen Tag für Tag dabei hilft, ihre Prozesse etwas reibungsloser zu gestalten. Ich kenne die Vorteile der Plattform aus erster Hand und war sofort dabei, als ich gefragt wurde, ob ich an dieser Runde teilnehmen möchte”, sagt Demuth. Bitpanda ist Kunde – in Österreich zählen dazu auch das Scaleup und EdTech-Unicorn GoStudent, KTM und Verbund. International zählt Yokoy bereits mehr als 500 Kunden. Und es gibt noch viel zu tun: Der Markt für Ausgabenmanagement-Tools sei mehr als 200 Milliarden Dollar schwer und wachse jährlich um 11 Prozent.

Yokoy beschäftigt sich mit Payment-Trends

Die Expansion in neue Märkte sei kapitalintensiv, ganz besonders, seit Yokoy keine reine Software-Company mehr ist. Das Unternehmen bietet derzeit EU-weit Kreditkarten an – eine Mastercard in der Schweiz, eine Visa überall anders. Eine Banklizenz sei derzeit aber kein Ziel, sagt Sahli – eine solche biete aus jetziger Perspektive keinen Mehrwert. “Die Frage ist auch, wie überhaupt die Zukunft des Payments aussieht und ob Kreditkarten dabei überhaupt eine Rolle spielen”. Yokoy beschäftige sich derzeit beispielsweise mit Trends wie “Buy now, pay later”.

Yokoy bietet gemeinsam mit Visa auch eine eigene Karte an © Yokoy
Yokoy bietet gemeinsam mit Visa auch eine eigene Karte an © Yokoy

KI soll weiterentwickelt werden

Der Großteil des 80-Millionen-Dollar-Investments fließe in die hohen Entrykosten für neue Märkte. Aber auch die Künstliche Intelligenz, die die Abrechnung automatisiere, soll damit weiterentwickelt werden. “80 bis 90 Prozent der Spesenabrechnungen können wir bereits automatisieren”, sagt Sahli. 10 bis 20 Prozent werden von den Algorithmen als ungewöhnlich erkannt und Mitarbeitern zugewiesen. Dabei gehe es oft um Dinge, die ohne Algorithmus vielleicht nie auffallen würden – die gleiche Rechnung, die von zwei unterschiedlichen Mitarbeitern eingereicht wird zum Beispiel.

„Viele Fintech-Unternehmen versprechen, dass sie mit KI und Automatisierung das Leben ihrer Kunden und Kundinnen verbessern, ohne aber ein Produkt zu liefern, das tatsächlich deren Bedürfnissen entspricht. Yokoy schafft dagegen einen echten Mehrwert, indem es mit Hilfe seines hauseigenen KI-Labors die zeitaufwändigen Aufgaben des Ausgabenmanagements automatisiert und die Probleme der Kunden im Kern adressiert. Unter anderem unsere Portfoliounternehmen Bitpanda und GoStudent profitieren bereits davon. Wir freuen uns, das Yokoy-Team nun auf seiner Wachstumsreise zu begleiten”, sagt Speedinvest-Partner Tom Lesche.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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