19.05.2022

Y Combinator pessimistisch: 9 Punkte für Startups, um jetzt zu überleben

Folgt man dem vielleicht bekanntesten Startup-Programm der Welt, Y Combinator im Silicon Valley, ist die Lage für Startups wirklich ernst.
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Y Combinator Startup School 15.000 Startups versehentlich aufgenommen
(c) Y Combinator: Ein Kurs im Hauptprogramm

Zu den Eigenschaften, die man nicht unbedingt mit dem Silicon Valley verbindet, zählt Vorsicht. Viel bereitwilliger als bei uns wird dort oft Kapital in haarsträubende Ideen gesteckt, aus denen letztlich nichts wird. Oder aus denen eben das nächste Google oder Facebook wird, die ja auch von dort kommen. Das hohe Risiko zahlt sich also am Ende oft aus. Das gilt auch für das 2005 gestartete Startup-Programm Y Combinator, bei dem im Laufe der Zeit mehrere Tausend Unternehmen, darunter Airbnb, Coinbase, Dropbox oder OpenSea durchliefen und auch Seed-Investments bekamen. Übrigens waren auch immer wieder österreichische Startups dabei.

Die fetten Jahre sind vorbei: Y Combinator will Startups Krisen-fit machen

Doch bei Y Combinator meint man nun scheinbar, dass die fetten Jahre jetzt vorbei sind. Ein aktuelles Schreiben an die Unternehmen im Netzwerk lässt jedenfalls den gewohnten Optimismus zumindest im Großen vermissen. Stattdessen werden in neun Punkten Informationen gegeben und Ratschläge für die Reaktion auf die wirtschaftliche Situation erteilt. Denn der aktuelle Konjunkturabschwung sei zwar eine große Chance, aber nur, wenn man ihn überlebe, so die Verfasser:innen des Schreibens.

9 Punkte für den Konjunkturabschwung: Es geht ums Überleben

Hier die neun Punkte im Wortlaut in der deutschen Übersetzung (englischsprachiges Original via TechCrunch):

1. Niemand kann vorhersagen, wie schlecht es der Wirtschaft gehen wird, aber es sieht nicht gut aus.
2. Am sichersten ist es, für das Schlimmste zu planen. Wenn die derzeitige Situation so schlimm ist wie die letzten beiden Konjunkturabschwünge, ist es am besten, sich darauf vorzubereiten, indem man innerhalb der nächsten 30 Tage die Kosten senkt und damit den Runway verlängert. Euer Ziel sollte es sein, “Default Alive” zu erreichen. [Anm. “Defaut Alive” bedeutet, mit dem verbleibenden Kapital profitabel werden zu können, also zu überleben, wenn keine weitere Kapitalrunde folgt]
3. Wenn ihr nicht über den nötigen Runway verfügt, um das Ziel “Default Alive” zu erreichen, und eure bestehenden oder neuen Investor:innen bereit sind, euch jetzt mehr Geld zu geben (sogar zu den gleichen Bedingungen wie bei der letzten Finanzierungsrunde), solltet ihr das unbedingt in Betracht ziehen.
4. Unabhängig davon, ob ihr in der Lage zu Fundraising seid, liegt es in eurer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass euer Unternehmen überleben kann, wenn ihr in den nächsten 24 Monaten kein Geld beschaffen könnt.
5. Ihr sollten euch darüber im Klaren sein, dass die schlechte Performance von Technologieunternehmen an der Börse erhebliche Auswirkungen auf VC-Investitionen hat. VCs werden es viel schwerer haben, Geld aufzutreiben, und ihre Fonds-Investoren werden mehr Investitionsdisziplin erwarten.
Infolgedessen verlangsamen in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs selbst die besten VC-Fonds mit viel Geld ihren Kapitaleinsatz (weniger bedeutende Fonds hören oft auf zu investieren oder sterben). Dies führt zu einem geringeren Wettbewerb zwischen den Fonds um Geschäftsabschlüsse, was sich in niedrigeren Bewertungen, geringeren Rundengrößen und viel weniger abgeschlossenen Deals niederschlägt. In solchen Situationen halten die Investoren auch mehr Kapital zurück, um ihre leistungsstärksten Unternehmen zu stützen, was die Zahl der neuen Finanzierungsrunden weiter verringert. Diese Verlangsamung wird sich unverhältnismäßig stark auf internationale Unternehmen, Unternehmen mit hohen Vermögenswerten, Unternehmen mit niedrigen Gewinnspannen, Hardtech-Unternehmen und andere Unternehmen mit hohem Burnout und langer Zeit bis zum Erreichen der Einnahmen auswirken.
Beachtet, dass die Anzahl der von Investoren durchgeführten Meetings nicht proportional zum Rückgang der Gesamtinvestitionen abnimmt. Es ist leicht, den Eindruck zu erwecken, dass ein Fonds aktiv investiert, obwohl dies nicht der Fall ist.
6. Diejenigen unter euch, die ihr Unternehmen in den letzten fünf Jahren gegründet haben, sollten das, was sie für das normale Fundraising-Umfeld halten, hinterfragen. Eure Erfahrung mit der Kapitalbeschaffung war höchstwahrscheinlich nicht normal und zukünftige Fundraising-Runden werden viel schwieriger sein.
7. Wenn ihr eure Series-A-Runde schon hattet, aber noch keinen Product-Market-Fit erreicht habt, solltet ihr nicht mit einer weiteren Finanzierungsrunde rechnen, bevor ihr den Product-Market-Fit nicht offensichtlich erreicht habt. Wenn ihr eure Series-A-Runde noch nicht hattet, müsst ihr die Series-A-Milstones wahrscheinlich nach oben korrigieren.
8. Wenn ihr plant, in den kommenden sechs bis zwölf Monaten Kapital aufzunehmen, könntet ihr den Höhepunkt des Abschwungs erwischen. Denkt daran, dass eure Erfolgschancen äußerst gering sind, selbst wenn es eurem Unternehmen gut geht. Wir empfehlen euch daher, euren Plan zu ändern.
9. Denkt daran, dass viele eurer Konkurrenten nicht gut planen werden, einen hohen Finanzierungsbedarf haben und erst dann merken, dass sie am Ende sind, wenn sie versuchen, ihre nächste Finanzierungsrunde aufzustellen. In einem wirtschaftlichen Abschwung kann man oft erhebliche Marktanteile hinzugewinnen, indem man einfach am Leben bleibt.

Die englischsprachige Original-Liste enthält übrigens noch einen zehnten Punkt. In diesem wird auf ein Video von Y Combinator zur möglichen Reaktion auf die Krise verlinkt.

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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