10.02.2023

Wohin mit der Karriere? – Wiener Startup setzt neuen Fokus im Coaching

Das Wiener Startup Coachfident vermittelte ursprünglich Coaches für die Bereiche Business, Karriere und Lifestyle. Inzwischen haben sie ihren Fokus geschärft und wollen damit eine von Orientierungslosigkeit geprägte Generation abholen.
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Von links: Thomas Gaar (CEO) und Tim Noldin (leitender Karriere-Coach) setzen bei Coachfident einen neuen Fokus auf Karrierecoaching © Stremayr-Productions
Von links: Thomas Gaar (CEO) und Tim Noldin (leitender Karriere-Coach) setzen bei Coachfident einen neuen Fokus auf Karrierecoaching © Stremayr-Productions
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Seit Mai 2022 konzentriert sich das Startup Coachfident bereits auf das Thema Karrierecoaching. Zuvor hatten es noch eine breitere Themenpalette. Die Zusammenarbeit mit Klient:innen hatte allerdings gezeigt, dass das Angebot im Bereich Karriere am häufigsten genutzt wird. Das Founderteam Tim Noldin und Thomas Gaar fokussiert sich dabei auf Menschen zwischen 25 und 40 Jahren, die das Gefühl haben, beruflich auf der Stelle zu treten. Im Gespräch erklären sie, warum ihr Angebot besser ist, als die eigene Google-Suche nach passenden Karrierecoaches.

Das ist Karrierecoaching

“Ich habe meinen Job bei McKinsey gekündigt und bin als CEO neu im Coachfident-Gründungsteam”, erklärt Thomas Gaar Ende 2022 im brutkasten-Gespräch. Wenige Tage danach erfolgt die Gründung als GmbH. Auch er habe im Laufe seiner Karriere Coaching in Anspruch genommen. Einmal während des Management-Studiums und einmal während seiner Tätigkeit beim Beratungsunternehmen McKinsey. “Davor hatte ich die typischen Ängste und Sorgen, die ich heute auch bei vielen Klient:innen erkenne. Man fragt sich: ‘Wie kann mir eine Person helfen, die nicht meinen Lebenslauf hat?'” Karrierecoach und Co-Founder Tim Noldin hat darauf eine Antwort. “Coaching sind erprobte Strategien und Methoden. Dir wird geholfen, etwas aus dir herauszuholen, das zwar in dir drin steckt, du selbst aber nicht in der Lage bist, einfach so aus dir herauszuholen.”

Im Gegensatz zur Psychotherapie liege der Fokus beim Karrierecoaching in der Gegenwart und der Zukunft. Laut Gaar und Noldin gibt es stets ein klares Ziel, das in einem abgegrenzten Zeitraum von zwei bis drei Monaten erarbeitet wird. Die Vision, wie man in den eigenen Traumjob kommt, ist hierbei extrem wichtig. Coachfident bietet dafür Gruppencoachings, Übungen, eine individuelle verschriftlichte Karrierevision und die Zusammenarbeit mit einem bzw. einer passenden Coach an. Ist man mit dem Match nicht zufrieden, kann man außerdem um einen bzw. eine neue Coach bitten. Laut Startup ist das bisher aber noch nie vorgekommen. Nachdem Coachfident in 2022 100 Menschen mit Karrierecoaching begleitet hat, sei das neue Ziel für 2023, die 500-Marke zu überschreiten.

Coaching für Millennials

Trotz der potentiellen anfänglichen Skepsis, erkennt das Startup eine erhöhte Nachfrage nach Karrierecoaching. Besonders aus einer Generation: Den Millennials. Die auch als Generation Y bekannte Generation sind jene Menschen, die zwischen 1980 und Ende der 1990er Jahre geboren wurden. Für sie hat sich nicht nur der Arbeitsmarkt hin zu unzähligen Möglichkeiten verändert sondern auch die Lebensbedürfnisse, ist sich das Startup sicher. Gaar meint dazu:

“Früher standen materielle Bedürfnisse stark im Fokus. Bei unseren Klient:innen ist dieses Bedürfnis nicht mehr so stark. Die Offenheit für Selbstentwicklung ist im Vergleich zu älteren Generationen deutlich größer. Außerdem stehen jetzt die mentalen Bedürfnisse im Mittelpunkt: ‘Ich möchte mich wohl fühlen und ich möchte etwas tun, das mir Spaß macht.’

Nicht zuletzt hätte auch die Corona-Pandemie ihren Beitrag dazu geleistet, dass viele Menschen ihren Fokus verlagert haben. “Immer mehr Menschen ist es wichtig, etwas Sinnvolles im Beruf zu machen, worin sie ihr volles Potenzial entfalten können”, meint Noldin.

Coachfident vs. Google

Um einen Karrierecoach zu finden, würden vermutlich die meisten Menschen erst einmal die Googlesuche heranziehen. Das Wiener Startup betont allerdings seine Vorteile gegenüber einer allgemeinen Suchmaschine: “Wenn du eine Herzkrankheit hast, kannst du dich an den Allgemeinarzt bzw. die Allgemeinärztin wenden, oder du begibst dich in ein Facharztzentrum. Bei Fachärzt:innen beschäftigt man sich allerdings täglich mit solchen Fällen und entwickelt die jeweilige Methodik kontinuierlich weiter”, vergleicht der CEO. Coachfident sei in diesem Beispiel mit dem Facharztzentrum gleichzusetzen, da auch sie sich auf ein bestimmtes Thema fokussieren und ihre Methodik durchgehend ausbauen.

Außerdem betont Tim Noldin die Qualitätssicherung ihres Unternehmens. Ihre Coaches würden sie schließlich nach einem Bewerbungsverfahren auswählen: “Bei Google findet man vielleicht nicht unbedingt die Person, die die beste Qualifizierung hat, sondern die die am meisten Geld für Werbung ausgibt”.


Disclaimer: Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Kooperation mit der Startup Live GmbH entstanden.

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Coworking Salzburg
(c) Romy Sigl -

Früher hieß es, steig nicht zu Fremden ins Auto. Oder: Lass keine Fremden in deine Wohnung. Dann folgten “absurde” Ideen und daraus Uber und Airbnb. Dies sind zwei Beispiele von Visionen, die anfänglich auf Skepsis gestoßen sind, sich dann aber zu weltweiten Erfolgen entwickelt haben. Zugegeben, die Thematik rund um das Ende von Coworking Salzburg – siehe hier – ist nun eine, die zu einem Teil der Scheiterkultur in Österreich geworden ist. Aber durch die Botschaft eines anonymen Kritikers das offenbart, womit man heutzutage noch in der Republik als Teil des Startup-Ökosystems zu tun hat.

Scheiterkultur in Österreich

Bereits vor zehn Jahren meinte Hansi Hansmann, dass Österreich eine schlechte Scheiterkultur habe. Dabei sei gerade hier der Lernprozess extrem hoch, sagte der Business Angel damals. Seitdem gab es immer wieder Beispiele von einem gesunden Umgang mit Fehlern und Fehleinschätzungen, etwa von CrowdFarming oder von Direct Sales. Vor knapp fünf Jahren machte sich zudem das Labor für schönes Scheitern dafür stark, einen “lockeren Umgang” im Scheitern zu pflegen.

“Die letzten zehn Jahre haben mir gezeigt, dass echte Veränderung dort beginnt, wo wir uns trauen, unsere Fehler anzunehmen und darüber zu sprechen – egal ob als Einzelperson, in einem Team oder in einer Organisation”, sagte auch Fuckup-Nights-Initiator Dejan Stojanovic im November des vorigen Jahres, als seine Idee die erste Dekade feierte.

Offener Umgang

Romy Sigl ging mit dem Ende von Coworking Salzburg, wie oftmals von der Szene empfohlen, dementsprechend offen um, kämpfte um die Rettung und musste sich schlussendlich mit dem Aus ihrer Vision abfinden. Wie sie kürzlich auf LinkedIn schrieb, erreichte sie jedoch eine anonyme Botschaft, die einige kritische Fragen zum Coworking-Space und der Startup-Kultur in Salzburg aufwarf. Sigl machte sie öffentlich und startete damit einen Diskurs rund um die Art und Weise von Kritik und das allgemeine österreichische Mindset, das ab und an mit Missgunst und Schadenfreude einhergeht.

Die Nachricht an die Founderin enthielt u.a. folgende Aussagen: “Die sogenannte ‘Startup-Bubble’ rund um den Coworking Space in Salzburg ist für mich eine reine Illusion. Sie besteht aus Menschen, die glauben, Geschäftsideen zu haben, die jedoch oft absurd und nicht realisierbar sind. (…) Ich sehe es positiv, dass dadurch Coworking-Spaces, die sich als vermeintliche Top-Adressen darstellen, letztlich verschwinden. Aus meinen eigenen Einblicken in diesen Coworking-Space kann ich nur sagen, dass ich es äußerst kritisch finde, wenn Menschen in ihren Ideen bestärkt werden, obwohl von Anfang an klar ist, dass diese nicht funktionieren können.”

Und weiter: “So schwer es für Romys Ego auch sein mag, es ist an der Zeit, die Realität zu akzeptieren: Es ist vorbei, und das Projekt kann nicht mehr künstlich am Leben gehalten werden. (…) Niemand möchte mit einem heruntergekommenen Gebäude und einer visionär überzogenen, aber wenig greifbaren Community in Verbindung gebracht werden. Es ist Zeit, loszulassen und die Realität anzunehmen. Liebe Romy, ich wünsche dir persönlich alles Gute, aber ich rate dir, dich in Zukunft von Startups und ähnlichen Projekten fernzuhalten.”

Auf eine inhaltliche Ebene heben

Sigl verlinkt in ihrem Post in den Kommentaren die komplette Botschaft des anonymen Absenders, macht aber noch weitaus mehr. Sie entbröselt die zum Teil persönliche Kritik und hebt sie auf eine inhaltliche Ebene, indem sie sachlich auf die einzelnen Kritikpunkte eingeht.

Sie schreibt: “Ein Vorwurf lautete, dass Coworking-Spaces ‘absurde und nicht realisierbare’ Geschäftsideen fördern. Hier möchten wir widersprechen: Innovation entsteht oft aus Experimenten und Ideen, die zunächst unkonventionell wirken. Airbnb, Uber oder Slack sind nur einige Beispiele von Unternehmen, die zunächst als unrealistisch abgetan wurden. Coworking-Spaces sind keine Erfolgsgaranten, sondern Plattformen. Sie bieten Gründern Zugang zu Netzwerken, Ressourcen und einer inspirierenden Umgebung. Es ist Teil des unternehmerischen Prozesses, Ideen zu testen – und manchmal auch zu scheitern. Wir sind stolz darauf, viele Startups auf ihrem Weg begleitet zu haben, von ersten Prototypen bis hin zu marktfähigen Produkten.”

Der Kritik, dass ihrer Community “jegliche echte Expertise” fehle, setzt sie entgegen, dass ihr Space von Beginn an eine bunte Mischung aus erfahrenen Unternehmer:innen, kreativen Köpfen und jungen Gründer:innen dargestellt habe: “Gerade diese Vielfalt macht Coworking-Spaces aus. Sie sind Orte des Austauschs, wo Wissen geteilt und gemeinschaftlich Lösungen gefunden werden. Darüber hinaus haben wir mit etablierten Organisationen wie Startup Salzburg und dem Techno-Z in Puch zusammengearbeitet, um unseren Mitgliedern Zugang zu weiterführenden Ressourcen und Programmen zu bieten. Expertise entsteht durch Zusammenarbeit, nicht durch Ausgrenzung”, so Sigl weiter.

“Feig” und “Schlag unter die Gürtellinie”

Weitere Punkte von Sigls Replik betreffen Förderungen, die Tragfähigkeit des Co-Working-Projekts und eine negative Stimmung als Folge, auf die sie eingeht. Unterstützung erhält sie dabei von Teilen der LinkedIn-Community, die die Anonymität des Kritikers “feige” bzw. seine Zeilen einen “Schlag unter die Gürtellinie” nennen und auf die nachhaltige Wirkung der Gründerin eingehen.

“Der Standort und die heimischen Startups, inklusive Symptoma, haben vom Beleben des Standorts eindeutig profitiert. Der Space hat viele Leute zusammengebracht – ein Grundbaustein für Innovationen”, schreibt etwa Jama Nateqi, Founder und CEO von Symptoma.

Und Sven Maikranz, Gründer von Upstrive hält einen besonderen Punkt fest, wo man eine große Chance verpasst hätte: “Menschen, die sich selbst nicht genug Signifkanz geben können, versuchen es dadurch zu erreichen, dass sie andere runter drücken und schlecht machen. Traurig und schade, weil es sicher zu den Themen eine konstruktive Diskussion geben könnte, der Autor durch die Form und Anonymität sich aber selbst disqualifiziert.”

Passend dazu zitiert Sigl den Buchschreiber und Berater Mario Kellermann: “Kritik ist nur dann wertvoll, wenn sie sagt, wie es besser geht. Alles andere ist sonst nur leeres Gerede und sinnlose Wichtigtuerei.”

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