12.11.2021

WKÖ-Vizepräsidentin Groß: “Es braucht eine universitäre Startup-Offensive”

In Österreich werden vergleichsweise wenige Spinoffs gegründet. Das soll sich ändern. WKÖ-Vizepräsidentin Amelie Groß erklärt im Interview, was es dazu braucht.
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Amelie Groß ist Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich © WKÖ/Marek Knopp
Amelie Groß ist Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich © WKÖ/Marek Knopp

Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung haben eine Lösungskompetenz in den großen Problemfeldern der Zukunft. Dementsprechend groß ist das Potenzial, das in universitären Spinoffs steckt. Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), erklärt im Interview, welche Stärken Österreich in diesem Bereich hat und was es braucht, um Spinoffs stärker zu fördern.

In Österreich wurden 2019 laut den Hochschulen 19 Spinoffs gegründet. In anderen Ländern wird das bereits von einzelnen Hochschulen übertroffen (TU München 50, ETH Zürich 34). Warum gibt es in Österreich vergleichsweise so wenige universitäre Ausgründungen?

Amelie Groß: Maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass zum einen Entrepreneurship noch nicht als strategisches Standbein an unseren Universitäten und Hochschulen etabliert ist und damit noch nicht denselben Status wie Forschung und Lehre genießt. Zum anderen gibt es in Deutschland und der Schweiz deutlich mehr Venture Capital Fonds, die sehr eng mit den Hochschulen zusammenarbeiten und sogar teilweise von ihnen betrieben werden. Daher ist es nun wichtig, ein florierendes Ökosystem zu schaffen, das tausende neue universitäre Spinoffs in Österreich in den nächsten zehn Jahren hervorbringt. Es braucht eine universitäre Startup-Offensive, die zur Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in Österreich beiträgt. Und die uns in Österreich mehr technologische Souveränität bringt.

Warum wäre es wichtig, den Startup-Output der Hochschulen in Österreich zu steigern?

Groß: Wir müssen die Problemlösungskompetenz von Unternehmen noch besser unterstützen. Und dafür müssen wir eines tun – und hier kommen Spinoffs in Spiel: Wir müssen Sorge tragen, dass Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung ihre Problemlösungskompetenz einfacher als bisher in unternehmerische Aktivitäten umsetzen können. Denn davon haben alle Beteiligten etwas: Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft. Das ist auch deshalb wichtig, um den Spinoff-Standort Österreich international besser sichtbar und attraktiv für Investitionen zu machen. Entrepreneure, Startups und Wissenschaftler sind heute Katalysatoren für Investments und Technologien im Standortwettbewerb. Deswegen braucht es mehr und nicht weniger Entrepreneurship-Bildung an unseren Hochschulen. 

Was unterscheidet Spinoffs in dieser Hinsicht möglicherweise von anderen Startups?

Groß: Spinoffs sind ganz besondere Unternehmen mit besonderen Potenzialen. Hinter ihnen stehen häufig große, gesellschaftlich relevante Ideen und Anliegen. Ihre Entwicklungen können für sehr viele Menschen sehr bedeutsam sein. Vor allem, weil sie durch den großen Wissensschatz, der in ihnen steckt, großes transformatorisches Potenzial haben – Stichwort Energiewende. Die schaffen wir nämlich nicht durch Verbote, sondern nur durch Innovationen und ihre unternehmerische Umsetzung.

In welchen Bereich (oder an welchen Hochschulen) siehst du das größte Potenzial?

Groß: Wir haben in Österreich universitäre und wirtschaftliche Stärkefelder, auf denen man gut aufbauen kann – etwa bei Life Sciences, Künstlicher Intelligenz, Robotik oder Umwelttechnologien. Wir brauchen aber mehr Unternehmertum, um all diese Themen besser bewältigen zu können. Wir benötigen innovative Lösungen, die ein überzeugendes Angebot für eine besondere Nachfrage bieten. Denn Unternehmen sind exzellente Problemlöser – wenn man sie das auch sein lässt; wenn man ihnen die nötige Freiheit und die notwendigen Handlungsspielräume eröffnet. 

Was braucht es, um ein fruchtbares Spinoff-Ökosystem aufzubauen?

Groß: Wir brauchen einen echten Paradigmenwechsel, damit sich Entrepreneurship neben Forschung und Lehre an unseren Unis und Hochschulen etablieren kann. Denn es ist ein Problem, wenn man Forschungs-Know-how, das wir alle brauchen können, nicht durch Produkte, Dienstleistungen oder Businessmodelle nutzbar macht. Wir müssen daher unsere Universitäten als Plattformen und Marktplätze für Wissen und Lösungen verstehen. Wichtig ist es auch, unsere universitären Spin-offs international zu vernetzen und ihnen internationales Wissen auch in wirtschaftlicher Hinsicht zur Verfügung zu stellen. Gerade bei forschungsgetriebenen unternehmerischen Aktivitäten ist klar, dass es hier um Produkte und Dienstleistungen geht, die nicht nur in Österreich, sondern weltweit relevant sind und reüssieren können.

Welche konkreten Maßnahmen sollten wir sofort umsetzen?

Groß: An den Universitäten lernt man vieles, Unternehmertum wird bisher aber leider oft nicht in dem Ausmaß vermittelt, wie es nötig ist. Das muss sich dringend ändern, denn nur dann wird es mehr Startup-Ausgründungen aus Universitäten und Fachhochschulen geben. Es braucht aber auch einen einfacheren und schnelleren Zugang zum Unternehmertum. Daher arbeiten wir zurzeit an noch schnelleren Gründungsprozessen und an Möglichkeiten, um zu mehr privatem Venture Capital sowie zu größeren Datenmengen bzw. Open Data zu kommen. Wir setzen uns für einen einfacheren Zugang zu öffentlichen Auftraggebern und zu Talenten aus dem In- und Ausland ein, Stichwort Rot-Weiß-Rot Card. Wir wollen auch bessere steuerliche Anreize wie einen Beteiligungsfreibetrag, der mehr Kapital für junge Unternehmen mobilisiert. Mit all diesen Erleichterungen wird es gelingen, mehr Spinoffs zu schaffen.

Event Tipp

Die diesjährige zweite Ausgabe der Spin-off Austria Konferenz zielt darauf ab, die Vielfalt unternehmerischer Karrieren im akademischen Kontext zu erkunden.

  • 23. November 2021, 9:30 – 17:30 Uhr
  • Kostenlos
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AI in a Box kommt tatsächlich als Box | (c) Conquest Werbeagentur GmbH
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Dass man sensible Firmeninformationen besser nicht mit den großen bekannten KI-Sprachmodellen, ChatGPT und Co, verarbeiten sollte, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Und es hat mehrere Anbieter auf den Plan gerufen, die Lösungen mit entsprechendem Datenschutz versprechen – etwa weil das Sprachmodell auf lokalen Servern betrieben wird. Das Linzer Unternehmen schorn.io reiht sich in die Liste dieser Anbieter ein und bietet mit “AI in a box” dennoch eine ungewöhnliche Lösung.

“Sie können sich AI in a Box ähnlich einem Netzwerkdrucker vorstellen”

Das Sprachmodell wird im Angebot des Unternehmens nämlich tatsächlich in einer Box geliefert. Die KI läuft auf einem kleinen Hardware-Device, das sich ins bestehende Netzwerk integrieren lässt, und kann dort komplett offline und lokal, also ausschließlich innerhalb des Intranets, genutzt werden. “Sie können sich AI in a Box ähnlich einem Netzwerkdrucker vorstellen, der für eine definierte Anzahl von Benutzer:innen verfügbar ist”, sagt schorn.io-CEO Thomas Schorn. Es sei wortwörtlich “eine KI zum Angreifen”.

Offline-Betrieb zur Einhaltung von Datenschutzrichtlinien

Besonders in Branchen, die sensible Daten verarbeiten, wie Recht, Finanzen und Personalwesen, sei der Offline-Betrieb entscheidend für die Einhaltung von Datenschutzrichtlinien, argumentiert man bei schorn.io. Zudem sei die Lösung im Vergleich zu umfangreichen Cloud-Lizenzen kostengünstig. Genutzt werden könne sie etwa in den Bereichen Softwareentwicklung, Assistenz und Buchhaltung, Marketing und Kundensupport, Personalmanagement, Projektmanagement, Rechtsberatung und Vertrieb.

“Meeting in der Box” als konkreter Anwendungsfall

Schorn.io nennt dazu einen konkreten Anwendungsfall von “AI in a box”. “Besonderes Beispiel ist die Nutzung als ‘Meeting in der Box’: Die Transkription von vertraulichen Gesprächen in Echtzeit generiert automatische Protokolle und To-Do-Listen, die direkt in bestehende Workflows integriert werden können”, heißt es vom Unternehmen.

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