03.07.2017

Wiener Startup oratio: Über 10 Mio Nachrichten an Kunden per Chatbots

Zufriedene Kunden sind das Rezept erfolgreicher Firmen. Dazu zählt auch ein guter Kundenservice. Das Startup oratio lässt Unternehmen auf Messenger-Plattformen wie Facebook oder Viber ihre Kundenkommunikation optimieren. Ein Interview mit Co-Founder David Pichsenmeister über automatisierte Bots.
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Der Wiener David Pichsenmeister hat zusammen mit Co-Founder Bernhard Hauser das Startup oratio gegründet.

Im Juni hat das Startup oratio der beiden Wiener David Pichsenmeister und Bernhard Hauser einen Rekord gebrochen: Über 10 Millionen Nachrichten haben Firmen über ihre Plattform an Messenger-Dienste wie Facebook oder Viber bereits versendet. Das hilft Unternehmen etwa im Kundenservice. Denn die Kommunikation über Messaging-Plattformen soll nicht nur schneller und persönlicher sein, sondern im Gegensatz zu anderen Lösungen, muss der Kunde nicht etwas Neues lernen- er befindet sich in einer bereits gewohnten “Umgebung”, auf Facebook zum Beispiel. Auch Facebook wurde auf oratio aufmerksam und empfiehlt das Unternehmen seit kurzem als “Messenger-Platform-Development-Provider” auf einer Liste von nur fünfzehn Service-Anbietern in ganz Europa.

oratio: Neue Idee, gleicher Name

Seit knapp zwei Jahren arbeiten die beiden Gründer an oratio. Gestartet hat die Startup-Geschichte der beiden allerdings bereits vor über fünf Jahren. Sie blicken auf bewegte Jahre mit vielen Höhen und Tiefen zurück, die sie auch die Ländergrenzen wechseln ließen: Von Berlin, wo oratio als Kommentarfunktion für Onlinemedien gestartet wurde, ging es schließlich zurück nach Wien. Nachdem Hauser und Pichsenmeister ein Jahr pausierten, starteten sie neu durch. Heutzutage ist von der ursprünglichen Idee allerdings nur noch der Name übrig geblieben.

Frühphasen-Investor an Board

Unternehmen können mit Hilfe von oratio die Kommunikation mit ihren Kunden auf mehreren Messenger-Plattformen betreuen- ob Facebook oder Viber, via Telegram Messenger oder Kik. Überzeugt hat das Startup neben dem Uni-Inkubator-Programm INiTS übrigens auch den Londoner Frühphasen-Investor Seedcamp, der seit 2016 in das Unternehmen investiert ist. 

Im Interview mit David Pichsenmeister hat der Brutkasten nachgefragt, welche Vorteile die Kommunikation auf Messenger-Plattformen bietet und ob der Kunde eigentlich das “Recht” hat zu erfahren, dass er mit einem automatisierten Bot schreibt- und keinem Menschen.

+++ Chatbots: The Next Big Thing? +++

In Wien scheint man um das Thema “Chatbots” in der Startup-Community nicht umhin zu kommen. Einige sprechen von einer Revolution, die tiefgreifende Veränderungen bringen wird. Siehst du das auch so?

Ich würde hier von keiner Revolution sprechen: Die Human Computer Interfaces haben sich in den letzten 30 Jahren stark geändert, bspw. von ‘Desktop’ auf ‘mobile’. Das ist keine echte Revolution, aber ein Paradigmenwechsel. Wenn man Smartphones als Revolution sieht, sind Bots definitiv auch eine. Für mich wäre eine echte Revolution das Bestehen des Turing Tests. (Erklärung: Siehe am Ende des Artikels, Anm.) Wenn man sich das Verhalten von Menschen ansieht, dann haben Bots definitiv ein großes Potenzial. Bis sie sich aber durchsetzen werden – das sieht man auch in den USA – liegt noch ein langer Prozess vor uns. Und es braucht noch viel Aufklärung beim Consumer. (Endnutzer, Anm. der Red.)

Jugendliche etwa chatten heutzutage lieber, als dass sie anrufen…

Generell sieht man, dass die Kommunikation immer mehr auf Messenger Plattformen stattfindet. Das ist im privaten Bereich längst der Fall, aber auch immer mehr im b2c-Bereich. Und hier kann man auch noch viel automatisieren. Die Kommunikation über Messenger hat mehr Möglichkeiten, als in einer E-Mail. Ein Beispiel: Bei Burgerking kann man im Messenger bestellen und kann aber auch den Costumer Support kontaktieren. Man hat einfach viele Use Cases (Anwendungsbereiche, Anm. der Red.) im gleichen Channel.

Hat der User eigentlich das “Recht” zu wissen, dass er nicht mit einem Menschen schreibt?

Die Erwartungshaltung des Users ist vor allem bei Facebook sehr groß, da ist es schon sinnvoll, dem User zu erklären, was gerade passiert und was er sich erwarten kann. Viele, die mit einem Bot noch nicht interagiert haben, glauben auch, dass sie in einer App gelandet sind. Man sollte als Entwickler auch immer die Möglichkeit geben, dass er bspw. über einen Live Chat mit einem Admin schreiben kann.

Oft fällt die Frage, ob Chatbots Apps ersetzen werden. Du hast darüber einen Gastbeitrag geschrieben. Bist du noch derselben Meinung?

Das Smartphone kam erst nach 2007- und sie werden wahrscheinlich auch nicht die nächsten 30 Jahre lang bleiben. Wenn man sich die Entwicklung über die letzten Jahre ansieht, und mit wie vielen Geräten – Laptop, Smartphone, Smartwatch, ua. – man kommunizieren muss, werden Apps wahrscheinlich nicht die Zukunft sein. Natürlich wird bis dahin noch Zeit vergehen. Aber Menschen benutzen bereits Kanäle wie Messenger-Plattformen, wenn es die Kommunikation erleichtert.

Welche Vorteile sprichst du konkret an?

Kommuniziert man über eine Messaging-Plattform, müssen nicht beide Kommunikationspartner online sein, während aber beim Telefonieren beide Seiten verfügbar sein müssen. Somit kann viel Zeit erspart werden, wenn man etwas schnell erledigen möchte. Weiß man etwa, dass eine Firma einen Chatbot oder automatisierten Live Chat hat, kann man möglichst automatisiert und einfach zu Informationen kommen. Im Costumer Support sind ohnehin 60-80 Prozent der Anfragen den typischen “FAQ”s ähnlich – das kann automatisiert werden.

Anderes Thema: Wie viel Artificial Intelligence steckt in den Chatbots heutzutage?

Mittlerweile behauptet jeder A.I. zu machen, obwohl nichts dahinter ist. Viele können damit nichts anfangen. Menschen können gut Kontext bewahren, obwohl die menschliche Kommunikation natürlich sehr komplex ist. Das könnte man theoretisch mit Maschine Learning auch, aber die Systeme sind nicht so einfach zu implementieren. Wenn man sich erfolgreiche Bots wie Poncho ansieht, geht das auch simpler. Dazu braucht man aber auch 4-5 Texter, die hauptberuflich nur Texte schreiben – das können kleinere Firmen und Entwickler-Teams nicht. Es bedeutet viel Arbeit, einen sprachlich gut ausgestatteten Bot zu entwickeln- und gerade dieser sprachliche Teil ist bei der Entwicklung eines Bots entscheidend.

 

Anmerkung der Redaktion: Der Turing Test wurde von Alan Turing entwickelt und führt zurück ins Jahr 1950. Im ersten Kapitel “The Imitation Game” in Turings Arbeit “Computing Machinery and Intelligence” wirft er die Frage auf: “Können Maschinen denken?”. Sein Test umfasst drei Personen: Einen Interviewer, sowie einen Mann und eine Frau, denen er Fragen stellt. Einer der beiden ist allerdings eine Künstliche Intelligenz. Der Interviewer weiß aber nicht, wer von den beiden Personen die Maschine ist. Bestanden hat eine Künstliche Intelligenz den Turing Test genau dann, wenn der Interviewer nicht erkennt, dass er mit einem Computer kommuniziert- den Computer also für einen Menschen hält. Andersherum: Sobald der Interviewer erkennt, dass die Künstliche Intelligenz kein Mensch ist, besteht sie den Test nicht.

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OVE, LCM
(c) OVE/Fürthner - (v.l.) Johann Hoffelner, Josef Passenbrunner und Hubert Mitterhofer von LCM.

Seit August des heurigen Jahres hat das LCM mit Johann Hoffelner einen neuen CEO – brutkasten berichtete. Rund drei Monate später darf man sich über den OVE Innovation Award freuen.

Pankl Turbosystems beschäftigt sich mit Brennstoffzellen-Luftversorgungssystemen (FCAS – Fuel Cell Air Supply) sowie mit elektrisch unterstützten Abgasturboladern (EAT – Electrically Assisted Turbocharger) für Kleinserien. Weil aber Turbosysteme technologisch extrem anspruchsvoll sind, setzt die Mannheimer (Deutschland) Firma bei der Optimierung spezieller Komponenten auf externe Entwicklungspartner.

LCM mit Neuauslegung des E-Motors

“Die Elektromotoren für den Antrieb der Verdichterräder sind das Herzstück in FCAS-Systemen. Mit der kompletten Neuauslegung dieses Elektromotors hat LCM einen unentbehrlichen Beitrag zum gelungenen Innovationssprung und Wettbewerbsvorsprung geleistet”, erklärt Pankl Turbosystems-Geschäftsführer Gerhard Krachler.

Konkret hat es neun Monate gedauert, bis das LCM-Team rund um Hubert Mitterhofer und Josef Passenbrunner die ersten Funktionsmuster für den Elektromotor lieferte. Diese erfüllten die Erwartungen von Pankl und liefern Drehzahlen von bis zu 140.000 U/min und eine Nennleistung von 22kW. In diesem Sinne könnte ein FCAS von Pankl Turbosystems, in dem ein von LCM ausgelegter Motor arbeitet, schon bald bei einem Stratosphärenflug an Bord sein, heißt es.

Im Auftrag der britischen Stratospheric Platforms Ltd, eines Herstellers von Bauteilen für die Luft- und Raumfahrt, hat Pankl gemeinsam mit weiteren internationalen Unternehmen an der Entwicklung eines unbemannten Zero-Emission-Flugobjekts gearbeitet: “Selbst wenn dieses Projekt noch in einem sehr frühen Stadium ist, unterstreicht es die enorme Dynamik in der Brennstoffzellen-Technologie”, so Krachler weiter.

“Begrenzter Bauraum”

So unterschiedlich die Einsatzgebiete der FCAS sind, haben sie doch eine Gemeinsamkeit: Der Bauraum ist immer extrem begrenzt. Mithilfe der LCM-Software-Plattform “SyMSpace” konnte aus dieser Not eine Tugend gemacht werden. Damit wurden alle Komponenten – von der Baugröße des Motors über die Materialauswahl bis zur Dimensionierung jedes Bauteils – so aufeinander abgestimmt, dass die errechnete Motorauslegung nicht mehr verbessert werden kann, wie es in einer Aussendung heißt.

“Aus mehreren tausenden Varianten entsteht auf diese Art ein Elektromotor in der geforderten Baugröße, der in der Simulation 97 Prozent Wirkungsgrad erreicht. Es lässt sich kein Parameter weiter verbessern, ohne einen anderen zu verschlechtern”, erklären Passenbrunner und Mitterhofer.

Welches enorme Potential Brennstoffzellen haben, unterstreicht auch das Projekt SkalTABs (skalierbares Thermomanagement und Antriebsstrang für Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge). In dem vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojekt arbeiteten mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) neben Infineon, GreenIng, AVL LIST und MACCON auch Pankl Turbosystems zusammen.

Das Ziel war es, für mittelständische Unternehmen und Fahrzeughersteller mit kleineren Stückzahlen einen Baukasten für verschiedene Leistungsstufen eigener Brennstoffzellensysteme zu erforschen: “Selbstverständlich war auch unser gemeinsam mit LCM entwickeltes FCAS mit an Bord”, sagt Krachler. Weitere Förderprojekte für Antriebssysteme im Megawatt-Bereich werden gerade vorbereitet.

Award für LCM mit Signalwirkung

Dass LCM und Pankl Turbosystems für ihr Projekt mit dem OVE Innovation Award ausgezeichnet werden, hat für Hoffelner Signalwirkung. Gerade bei nicht-fossilen Antriebtechnologien sei Reichweite das entscheidende Kriterium: “Reichweite ist immer eine Frage der Effizienz. Je effizienter Antriebsysteme arbeiten, desto mehr Reichweite ist möglich. Mit der Zusammenarbeit am FCAS haben wir die Grenzen des Möglichen gemeinsam ein wenig verschoben”, sagen Hoffelner und Krachler.

Bernhard Jakoby, OVE-Juryvorsitzender und Vorstand des Instituts für Mikroelektronik und Mikrosensorik an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU), begründet die Entscheidung LCM zu prämieren wie folgt: “Das ausgezeichnete Projekt zeigt wieder einmal, dass es in Österreich gelingt, innovative Technologien aus der Forschung in die Praxis zu bringen und am Weltmarkt zu etablieren.”

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