15.10.2018

Wiener Startup Interactive Paper: “Bestes Kommunikationsmittel der Welt“

Interview. Das Interactive Paper ermöglicht es, rein durch die Berührung von Berührungspunkten auf dem Papier, digitale Inhalte auf dem Smartphone aufzurufen.
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Das Interactive Paper-Team vlnr.: Tobias Macke, Merlin Duty, Raphael Besnier und Adrian Strobl
(c) Christian Scherl: Das Interactive Paper-Team vlnr.: Tobias Macke, Merlin Duty, Raphael Besnier und Adrian Strobl

Beim “EY Entrepreneur Of The Year Award” lohnte es sich auf jeden Fall einen Blick ins Programmheft zu werfen. Darin findet sich das “Interactive Paper” – das erste Tool, das eine nahtlose Interaktion zwischen Print und Digital ermöglicht mit Hilfe von im Papier eingearbeiteten Tags. Hinter dem Wiener Startup stehen Tobias Macke, Raphael Besnier, Merlin Duty und Adrian Strobl. Der Brutkasten hat zwei der vier Co-Founder zum Interview getroffen.

+++ Philipp Maderthaner ist “Entrepreneur Of The Year” 2018 bei EY +++


Promotion-Video des Startups:

Wie kam es zur Idee von Interactive Paper?

Raphael Besnier: Tobias und ich kennen uns aus der Schulzeit. Wir haben uns beide für Video-Content interessiert und rasch festgestellt, dass es schwierig ist, die Zielgruppe zu erreichen, weil man in der Flut an Informationen im Internet untergeht. Uns werden pro Tag rund 10.000 Informationen kommuniziert. Das zeigt schon sehr deutlich, wie schwer es für den Einzelnen ist, mit seiner Idee aus der Masse hervorzustechen. Hinzu kommt, dass Kreativschaffende mehr oder weniger von zwei Konzernen (Facebook und Google) abhängig sind, ob die Posts bei der Community ankommen oder nicht. Wir möchten den Kreativschaffenden das optimale Werkzeug zur Hand geben, um ihre Message an die User zu bringen. Losgelöst von der Abhängigkeit von Google und Facebook. Das Resultat ist das Interactive Paper.

“Viele prophezeiten uns, unsere Idee sei nicht umsetzbar.”

Wie viel Geld musstet ihr bisher in die Entwicklung stecken?

Tobias Macke: Bisher haben wir rund 40.000 Euro reingesteckt. Deshalb nicht mehr, weil wir in Deutschland zwei Produktionspartner hinter uns stehen haben, mit denen wir den Prozess aufgestellt und umgesetzt haben. Für die Test- und Entwicklungsphase haben uns unsere Produktionspartner keinen Cent verrechnet. Anfangs war es nicht leicht, Kooperationspartner zu finden. Wir klapperten unzählige Druckereien ab. Viele prophezeiten uns, unsere Idee sei nicht umsetzbar. Umso größer ist nun unsere Genugtuung, das Interactive Paper zur Serienproduktion gebracht zu haben.

Wird das Interactive Paper in Österreich oder Deutschland produziert?

Raphael Besnier: Ein Teil der Produktion findet bei uns in Wien statt, wie etwa das Beschreiben der Tags. Die restliche Produktion findet in Deutschland statt. Wir starten daher nicht nur in den österreichischen, sondern auch in den deutschen Markt und haben dort schon einige Anfragen.

Für wen kommt das Interactive Paper derzeit in Frage?

Raphael Besnier: Unsere ersten Kunden und Interessenten kommen aus den Bereichen Werbung, Corporate Publishing, Direct Mailing, Weiterbildung, Messestände und Point of Sale. In erster Linie ist unser Produkt für Unternehmen interessant, die Print für ihre Kommunikation nutzen und einen deutlichen Mehrwert schaffen möchten.

Warum wird sich das Interactive Paper durchsetzen?

Raphael Besnier: Wir haben es mit Interactive Paper geschafft, aus den Grenzen, die bei Papier bestehen, auszubrechen und wir verbinden die Vorteile von Digital und Haptik, um alle Sinne anzusprechen und eine neue User-Experience zu ermöglichen. Die Inhalte kommen beim User besser an, weil sie interaktiv und spannend sind. Wir schaffen das beste Kommunikationsmittel der Welt.

Wie kann man das Interactive Paper in Broschüren oder Magazine integrieren?

Tobias Macke: Technisch gesehen kann man das Interactive Paper nathlos in ein Magazin oder eine Broschüre einheften, wie es auch bei der Auflage für EY der Fall ist. Es können auch mehrere Interactive Papers in einer Broschüre integriert werden. Das haben wir zum Beispiel schon bei E-Learning Broschüren umgesetzt, wo mehrere Interactive Paper integriert sind und man bei sogenannten Checkpoints das gelesene nochmals vertiefen kann – etwa mit Videos und Tests und man Response von dem Tool erhält. Mit Interactive Paper ist Kommunikation per Print keine Einwegkommunikation mehr, sondern es ist eine Interaktion möglich, die bisher nur auf dem digitalen Sektor möglich war.

Wie langlebig ist das Produkt

Raphael Besnier: Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass das Interactive Paper technisch absolut perfekt ist. Interactive Paper ist sehr robust und hält aus, was herkömmliches Papier aushält.

Wie kommt Interactive Paper ohne Batterie aus?

Tobias Macke: Ab dem Moment, wo ich mein Smartphone auf das Interactive Paper lege, lädt sich das Modul über das Handy auf. Es verwendet das Handy als Energiespender und wartet sozusagen nur darauf, dass jemand das Papier berührt. Daher kann das Interactive Paper problemlos über das Altpapier entsorgt werden.

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Ein Startup-Studio nach Vorbild von Rocket Internet sollte es werden. Acht Startups in vier Jahren aufzubauen lautete der Plan in Zahlen des Wiener Startup-Studios Trive Studio. Und die Zeichen standen gut. Es war Jänner 2022, die Boomphase seit Ende 2020 war in vollem Gange und niemand sollte ahnen, dass diese mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ein jähes Ende finden würde.

“Es gab noch nie eine bessere Zeit, um etwas zu gründen. Denn aktuell passen alle Rahmenbedingungen, man muss es nur tun”, sagte Trive Studio-Gründer Martin Sirlinger damals zum offiziellen Start im brutkasten-Interview. Das erste Startup des Studios – Emma Wanderer – war bereits einige Monate zuvor gelauncht worden.

Liquidation von Holding-Gesellschaft trive studio GmbH & Co KG

Doch keine drei Jahre später ist es mit dem “ersten Vollblut-Startup-Studio Österreichs”, wie Sirlinger es damals nannte, vorbei. Die trive studio GmbH & Co KG, die als Holding-Gesellschaft fungiert hat und namhafte Investoren, darunter Hansi Hansmann, an Bord hatte, wird liquidiert.

Unter der Hand gegenseitige Kritik nach Konkursen und Übernahme

Die Bilanz: Zwei Startups wurden gegründet, in ein weiteres investiert. Von diesen drei Startups wurde eines verkauft, die beiden anderen mussten Konkurs anmelden. Begleitet wurden diese Vorgänge von Kritik an Sirlinger und der Arbeit von Trive Studio – immer unter der Hand. Von Trive Studio gab es auf brutkasten-Anfrage kein öffentliches Statement dazu. Ein geplantes Interview kam nicht zustande. Fest steht: Zumindest einige der involvierten Akteur:innen gingen nicht im Guten auseinander.

Pluz Care lebt weiter, Emma Wanderer kürzlich neu gestartet

Dabei leben im Trive Studio geschaffenen Ideen auf die eine oder andere Weise weiter. Emma Wanderer startete kürzlich mit dem alten Gründer:innen-Team und einem neuen Konzept erneut. Pluz Care, das zweite im Studio gegründete Startup, besteht als Teil des Wiener Startups Teledoc, von dem es 2023 übernommen wurde, weiter. Doch Sirlingers Anfang 2022 formuliertes Ziel, zu “beweisen, dass das Studio-Modell als Assetklasse für Investor:innen sehr spannend sein kann und in der Lage ist, mit dem klassischen VC-Modell mitzuhalten”, kann wohl als gescheitert angesehen werden.

Statement von Trive-Studio-Gründer Martin Sirlinger

Edit: Nach Veröffentlichung dieses Artikels erhielt brutkasten ein Statement von Trive-Studio-Gründer Martin Sirlinger, das folgend im Wortlaut wiedergegeben wird:

“Die Liquidation der trive studio GmbH & Co KG ist der letzte Schritt eines geordneten Rückzugs. Er erfolgt aufgrund der Nichterreichung unserer gesetzten Ziele. Diese Maßnahme ist leider ebenso notwendig wie unausweichlich.

Das Studio-Modell per se zu kritisieren, trifft zu kurz. Externe Faktoren, wie etwa die Verschlechterung der makroökonomischen Lage, als auch interne Entwicklungen waren im Nachhinein betrachtet wesentlich ausschlaggebender.

Alle Beteiligten haben aus meiner Sicht ihr Bestes gegeben und es sind auch gute Dinge passiert, auf die man in Zukunft aufbauen kann.”

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