30.11.2015

Startup-Szene: Freudentaumel in Wien

Dank des Startup-Hypes wird Jungunternehmern in Wien der rote Teppich ausgerollt. Die Frühförderung sitzt - danach wird es eng.
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Es herrscht Aufbruchsstimmung in Wien: Regierungsvertreter tragen T-Shirts mit Startup-Hashtags, man trifft sich beinahe täglich zu Startup-Stammtischen oder Launch-Partys und arbeitet in Co-Working-Spaces oder Inkubator-Büros. Startups sind Teil der Alltagskultur geworden und erobern im Fernsehen mit dem Show-Wettbewerb “2 Minuten, 2 Millionen” die Herzen. Dass Österreich heuer im Startup-Fieber ist, ist kein Wunder:

Der Sportartikel-Gigant Adidas hat in einem Millionen-Deal Runtastic übernommen und damit international Staub aufgewirbelt. 220 Millionen € – je nach Ausstattung sind das rund 1800 neue Porsche Carrera. Diesen Erfolg hätte den vier jungen Linzern, damals frische FH-Absolventen, vor sechs Jahren niemand zugetraut. Das ist symptomatisch für Österreich: innovativen Ideen begegnet man mit einer großen Portion Skepsis. Man mag es den Skeptikern nicht verübeln, denn in Wahrheit fehlt ihnen der Umgang mit rasant wachsendem Geschäft und Millionen-Deals.

Internationale Aufmerksamkeit

“In Österreich sind Startups erst seit Kurzem für Öffentlichkeit und Politik sexy”, sagt Lisa Ittner von der Austrian Angel Investors Association (AAIA). Die new economy des Landes ist cool, jung und international erfolgreich, die Zukunft eben. Die Politik schraubt an den Rahmenbedingungen, beinahe jeden Monat scheint ein neuer Inkubator zu eröffnen und das “Pioneers Festival” lockt mittlerweile 3000 internationale Teilnehmer – Startups und Investoren – nach Wien. Immer öfter interessieren sich internationale Investoren für Startups aus der kleinen Alpenrepublik. Schibsted hat sich heuer auch noch die übrigen Anteile an der Kleinanzeigen-App Shpock gesichert, die Sprachlern-App Busuu, das Big-Data-Startup Cortical.io, die Diabetiker-Lösung MySugr und das Industrie-4.0-Startup Line-Metrics haben Millionen-Investments eingefahren und auch die Liste der kleineren international besetzten Investmentrunden ist lange.

Österreich wird gerne als das Tor zum Osten gesehen. Der wahre Standortvorteil ist aber die zentrale Lage: von Wien aus ist der Weg zu fast jeder großen europäischen Stadt ungefähr gleich kurz. Auch die überschaubare Größe macht das Land zu einem idealen Startup-Hub. Es ist klein genug, um rasch mit allen wichtigen Personen in Kontakt zu kommen, loben viele. Je kleiner der Heimatmarkt, desto früher wird international gedacht. Österreich ist ein guter Testmarkt, der in vielen Bereichen repräsentativ für die größten europäischen Märkte ist.

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Teure Gründung von Startups in Wien

Die meisten Startups beginnen in Wien – 70 Prozent aller jungen Unternehmen sind hier angesiedelt. Gestartet wird meist als Einzelunternehmer oder Offene Gesellschaft. Eine GmbH kommt aufgrund der hohen Kosten oft erst später infrage. Das einzubringende Kapital ist mit 35.000 € die höchste Summe weltweit und selbst die Vergünstigung für Neugründungen auf ein Kapital von 10.000 € liegt über dem europäischen Durchschnitt. Zur teuren Gründung kommen noch hohe Kosten für die ersten Mitarbeiter. Denn auch die Lohnnebenkosten in Österreich zählen zu den höchsten in Europa. Auf 100 € Bruttolohn kommen 36 € zusätzliche Kosten für den Arbeitgeber – in Malta sind es nur 9 € und der europäische Schnitt liegt bei 31 €.

Österreich lockt mit einer ausgezeichneten Frühförderung. Das Angebot ist sogar so gut, verrät Roman Rericha von der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Brandl & Thalos, dass Startups dafür aus dem Ausland zuziehen und ihre Gesellschaft in Österreich gründen. Um in den Genuss möglichst hoher Förderungen zu kommen befindet sich das junge Unternehmen bestenfalls noch in der Ideenphase. In den ersten zwei Jahren fließt laut McKinsey das meiste Fördergeld. Zusätzlich ist es nicht einfach, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, da die Förderlandschaft kaum unübersichtlicher sein könnte. Eine der wichtigsten Förderstellen des Bundes ist das “Austria Wirtschaftsservice” (aws), wo je nach Unternehmensphase bis zu 800.000 € ausgeschüttet werden. Die Förderlandschaft ist nicht nur unübersichtlich, sie ist auch – und das ist typisch für Österreich – sehr bürokratisch. Startups sind beispielsweise von diversen Gebühren befreit – allerdings nur, wenn sie sich zuvor von der jeweiligen Berufsvertretung das Formular NEUFÖG ausstellen haben lassen.

Lernen von den Älteren

Die meisten Wiener Startups durchlaufen in ihrer Frühphase mittlerweile ein Inkubator-Programm. Dort gibt es nicht nur einen Büroplatz, sondern vor allem viel Beratung und Unterstützung von Experten aus diversen Fachgebieten. Der wichtigste von öffentlicher Hand finanzierte Inkubator in Wien ist das Inits der Universität Wien, der TU Wien und der Wirtschaftsagentur Wien. Das Inits-Bootcamp hat Erfolgsgeschichten wie Shpock, MySugr oder Indoors auf Schiene gebracht. Mittlerweile wachsen dank eines Förderprogrammes in Wien auch zahlreiche private Initiativen. Der Telekom-Konzern A1, die Post und das Beratungsunternehmen LeitnerLeitner betreiben bereits eigene Inkubatoren.

Das verflixte dritte Jahr

Bereits im dritten Jahr kommt oft die Ernüchterung, denn dann versiegt die Quelle laut McKinsey. Startups sind in der Regel auf schnelles Wachstum ausgerichtet, haben in dieser Phase vielleicht noch kein erprobtes Geschäftsmodell und oft bleibt keine andere Möglichkeit als ein früher Verkauf, meist ins Ausland. Privates Geld zu lukrieren ist in Österreich schwierig. Die Beteiligungsinvestitionen sind seit Jahren rückläufig. In Wien können größere Fonds für die Wachstumsphase an einer Hand abgezählt werden: Speedinvest, Venionaire und i5invest sind die bekanntesten. 2014 flossen 85 Millionen € privates Wachstumskapital in österreichische Unternehmen – ausländische Fonds investierten hingegen 262 Millionen €. Seit Jahren fordern Interessensverbände die steuerliche Absetzbarkeit von Investments.

Mehr Geld als gute Ideen

Weil der Markt so klein ist, könnte es aber schon bald viel einfacher werden, an privates Geld heran zu kommen. Die Spatzen pfeifen es jetzt schon vom Dach: Es gibt mehr Geld als gute Ideen und daraus entsteht eine Konkurrenzsituation zwischen Investoren, die bereits jetzt gelegentlich zu überbewerteten Startups führt. Crowdfunding ist eine in Österreich noch recht junge Chance und nach wie vor werden gerne ausländische Angebote genutzt. Das kann große Vorteile haben, nicht nur bei der Vorfinanzierung, sondern auch beim internationalen Marketing neuer Produkte, wie das Grazer Startup Sunnybag beweist. Vom Marketing als Startup-Hub kann sich Österreich von Israel einiges abschauen. Die Voraussetzungen sind in vielen Bereichen ähnlich: die universitäre Forschung und Entwicklung im Bereich Hochtechnologie ist international anerkannt – die Ausgaben für Forschung und Entwicklung gehören zu den höchsten weltweit. Der Markt hat eine gute Größe für die Startphase international ausgerichteter Jungunternehmen – genau genommen sind die zwei Länder gemessen an der Einwohnerzahl sogar gleich groß. In internationalen Studien wie unlängst von Roland Berger taucht Österreich mit Wien allerdings nicht auf – Israel mit Tel Aviv belegt dafür die obersten Ränge. Würde Österreich seine Standortvorteile besser ausspielen und deutliche Schwerpunkte wie Life Sciences oder Industrie 4.0 setzen, würde es vielleicht nicht der Geheimtipp bleiben, der es jetzt ist.

FACTS rund um WIEN

  • Einwohner: Mit 1,8 Mio. Einwohnern ist
    Wien die größte Stadt Österreichs.
  • Größe: 414,87 Quadratkilometer.
  • BIP pro Kopf: Mit einem Bruttoregionalprodukt pro Kopf von 47.200 Euro hat Wien die höchste Wertschöpfung Österreichs und gehört zu den reichsten Regionen Europas.

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Benefits, Home-Office
(c) GrECo - Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits GrECo.

Es herrscht eine Zeit im Arbeitswesen, in der sich sehr viele Personen mit der Zukunft und davon ausgehend mit Benefits von Unternehmen beschäftigen. Dabei steht vor allem die betriebliche Vorsorge hoch im Kurs. Neun von zehn Befragte finden eine Pensionsvorsorge (91 Prozent), eine private Krankenversicherung (90 Prozent) oder steuerfreie Zukunftsleistungen wie lohnsteuerfreie betriebliche Vorsorge (89 Prozent) bei der Jobsuche besonders attraktiv. Das zeigt die aktuelle “Health & Benefits Studie” des Versicherungsunternehmens GrECo, die sowohl die Arbeitnehmer:innen- als auch die Arbeitgeberseite befragt hat.

Benefits: Anforderungen an Jobs steigen

Die unternehmenseigene Befragung unter österreichischen Unternehmen wurde im Juli und August 2024 durchgeführt, um die Sichtweisen und Strategien der Arbeitgeber zu beleuchten. Diese Umfrage richtete sich an heimische Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen “Human Resources” und “Benefits-Management”. Insgesamt nahmen 274 Unternehmensrepräsentant:innen an der Befragung teil. Dabei lag der Fokus auf den geplanten Benefits-Maßnahmen der nächsten zwei Jahre.

“Die Anforderungen an den Job steigen weiter. Viele Arbeitnehmer:innen wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sie bei den alltäglichen Herausforderungen unterstützt. Auch eine zusätzliche Pensions- und Krankenvorsorge, die deutlich über die staatliche Grundversorgung hinausgeht, wird zunehmend geschätzt. Lösungen, die Mitarbeiter:innen auch in Zukunft gut absichern, stehen insgesamt an oberster Stelle der Wunschliste”, erklärt Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits bei GrECo.

Für Unternehmen gilt es, sich bewusst zu machen, dass Benefits, die zeitgemäß und besonders relevant für die Lebensqualität der Mitarbeitenden sind, den besten Pull-Faktor darstellen und einen direkten Einfluss auf die Loyalität haben.

Langfristig vs. kurzfristig

Vor allem langfristige Benefits wie Vorsorgelösungen hätten laut der Umfrage für acht von zehn Befragten (83 Prozent) eine höhere Priorität als kurzfristige Vorteile wie Fitnessangebote. Ein Unterschied zeigt sich jedoch bei der Gen Z, deren Fokus auf anderen Herausforderungen wie beispielsweise mentaler Gesundheit und der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gerichtet ist.

“Das liegt nicht daran, dass die Gen Z Pensionsvorsorge oder Krankenversicherung nicht schätzt. Untersuchungen zeigen, dass die Gen Z anfälliger für Burnout und Stress ist. Der Mental Health-Aspekt wird somit immer wichtiger, um Fluktuation und geringer Produktivität entgegenzuwirken“, erklärt Schuller. “Es geht hier um ein abgestimmtes Paket, das sowohl Prävention als auch die entsprechende Absicherung im Bedarfsfall sicherstellen kann.”

Bemerkenswert ist, dass trotz aller Bemühungen aktuell 67 Prozent der Unternehmen die Vorteile betrieblicher Vorsorgeleistungen noch nicht ausschöpfen. Dabei bieten steuerfreie Zukunftssicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherung und Pensionszusagen gerade die finanzielle Sicherheit, die sich die Mitarbeiter:innen wünschen würden, so die Studie.

Der Jahresbericht der Pensionsversicherung Österreich zeigt, dass ein Viertel der österreichischen Arbeitnehmer:innen (25 Prozent) noch vor dem Ruhestand berufsunfähig sind und nur vier Prozent der Erwerbstätigen in Österreich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.

“Diese Lücke wird aber nach wie vor auch in der Praxis von nur rund 17 Prozent der Unternehmen abgedeckt. Auch eine “Pensionszusage” bieten nur 27 Prozent an und das, obwohl sie angesichts der steigenden Lebenserwartung ein wichtiges Angebot wäre, um die Erhaltung des Lebensstandards im Alter sicherzustellen”, liest man im Bericht.

Benefits kein Obstkorb

Im Kampf um die besten Talente steigt der Druck auf die Arbeitgeber, über das Gehalt hinaus ansprechende Sozialleistungen anzubieten. Über ein Drittel (35 Prozent) der heimischen Arbeitnehmer:innen ist sogar bereit, auf zehn Prozent des Gehalts zu verzichten, wenn sie dafür wichtige Benefits erhalten – in der Gen Z ist es sogar jede:r Zweite (46 Prozent).

Benefits wie Home-Office oder flexible Arbeitszeiten, zählen jedoch nicht dazu. Sie werden viel mehr als selbstverständliche Voraussetzung betrachtet und sind wie der Obstkorb, den nur mehr 24 Prozent als sehr ansprechend bewerten, seit langem kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

“Eine ‚One-size-fits-all-Lösung‘ bei Benefits ist nicht mehr zeitgemäß. Unternehmen, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen erkennen und entsprechend handeln, sind für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt besser gerüstet und langfristig erfolgreicher”, so Schuller weiter.

Kommunikation mangelhaft

Aufholbedarf gibt es auch in der Kommunikation: Nur 56 Prozent der Mitarbeiter:innen kennen auch alle angebotenen Benefits. Auf Seite der Arbeitgeber gilt es dringend, eine zugängliche Übersicht der angebotenen Benefits zu schaffen und diese laufend zu kommunizieren. Etwa ein Drittel (32 Prozent) der befragten Unternehmen gibt zudem an, keine genaue Kenntnis darüber zu haben, wie viel Prozent der Lohnsumme für Benefits aufgewendet werden.

“Das zeigt deutlich, dass Unternehmen ihre Kommunikationsstrategie für bestehende Mitarbeiter:innen dringend verbessern müssen, denn 88 Prozent wünschen sich einen Arbeitgeber, der sich um sie kümmert”, fasst Schuller abschließend zusammen. “Nur wer langfristige Absicherung und moderne Arbeitsmodelle kombiniert, wird im Wettbewerb um die besten Talente bestehen können – erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels.”

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