06.10.2015

Wie schätzen Führungskräfte von Versicherungen die Zukunft ein?

Die Digitalisierung hat längst auch die Versicherungsbranche erfasst. Die neue #disrupting Brutkasten-Serie, die nach und nach jeden Bereich beleuchten möchte, analysiert aktuell die Herausforderungen, Innovationen, Chancen und Risiken von Versicherungen.
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Denn aufgrund von digitalen Möglichkeiten in der Kommunikation müssen auch alteingesessene Firmen wie eben Unternehmen der Versicherungsbranche umdenken. Dabei bietet der digitale Wandel große Chancen: Der Kunde rückt mehr in den Fokus und kann umfassend im Netz betreut werden.

Die Beratungsfirme KPMG hat in einer aktuellen Studie “A new world of opportunity: The insurance innovation imperative” 280 Führungskräfte der Branche aus 20 Ländern dazu gefragt, wie sie die Zukunft einschätzen. Dabei kommt das Papier zum Ergebnis, dass die zum Teil starren Versicherungsunternehmen um das Thema “Innovation” nicht länger herum kommen. Wenig verwunderlich, dass daher über 80 Prozent der befragten Manager Innovationen als Schlüssel zum Erfolg und richtigen Weg in die Zukunft einschätzen.

Über 80 Prozent der 280 befragten Führungskräfte der Versicherungsbranche aus 20 Ländern sehen in Innovationen den Schlüssel in die Zukunft.

Das große Manko: Es scheitert an der Umsetzung. Man sei entweder bereits komplett ausgelastet oder die Kernkompetenz im Unternehmen selbst fehle. Außerdem werde Konkurrenz als Challenge wahrgenommen – vor allem von Unternehmen mit flexibler Struktur.

(© KPMG – Unter dem Bild geht es weiter)

Bildschirmfoto 20

„Versicherungskunden, Aktionäre und Mitarbeiter erwarten Innovationen und sehen sie als zukünftigen Wettbewerbsvorteil und Wachstumsfaktor. Versicherungsunternehmen können nicht weiterhin mit Wachstum rechnen, ohne innovative Ideen zu fördern“, erklärt KPMG-Partner Georg Weinberger.

Startups gesucht?

In der Zukunft möchte eine Mehrheit in die Innovationsfindung investieren. Dabei sehen rund 60 Prozent die größte Chance in Verbesserungen der operativen Prozesse und rund die Hälfte sieht Chancen via Integration von Technologien in die Unternehmensziele.

Während die Versicherungsbranche von außen von Innovationsmodellen noch recht unberührt aussieht, hat sich dies in der Bankenindustrie rasant geändert. Und das sehen auch die befragten Führungskräfte: Zwei Drittel der Befragten gaben an, sich bereits in anderen Branchen Inspiration für Innovationsmodelle zu holen.

„Österreichische Versicherungen haben Aufholbedarf. Sie müssen das Rad nicht neu erfinden sondern können von globalen Spielern und anderen Branchen lernen. Wichtig ist dabei, nicht nur bestehende Geschäftsbereiche oder Prozesse neu zu überdenken sondern innovative, für den Kunden wertschöpfende Dienstleistungen zu entwickeln“, meint KPMG-Partner Alexander Lippner.

„Österreichische Versicherungen haben Aufholbedarf”, KPMG-Parnter Alexander Lippner.

Zu KPMG: Die Firma ist mit rund 162.000 Mitarbeitern in über 155 Ländern eine der größten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen weltweit. Die Initialen von KPMG stehen für die Gründerväter der Gesellschaft: Klynveld, Peat, Marwick und Goerdeler. In Österreich hat das Unternehmen 1.100 Mitarbeitern an 8 Standorten. 

Quelle, Brutkasten-Serie: Leitartikel, Versicherungs-Startup L’Amie, Interview mit Gründer Christian Pedak

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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