04.04.2022

Wie die neue steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung funktioniert

Die beiden Steuerrechtsexperten von Ecovis David Gloser und Erdem Mehmet liefern in einem Gastbeitrag einen Überblick zur neuen Mitarbeitergewinnbeteiligung und analysieren deren Bedeutung spezifisch für Startups.
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Erdem Mehmet (Senior Manager) und David Gloser (Partner) bei Ecovis Austria | (c) Ecovis Austria
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Mit der Ökosozialen Steuerreform wurde eine neue Mitarbeitergewinnbeteiligung eingeführt, um insbesondere die Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen und die Motivation der Mitarbeiter zu fördern. Ab dem 1.1.2022 ist demnach die Beteiligung von Mitarbeitern am Gewinn bis zu einem Betrag von 3.000 Euro pa pro Mitarbeiter unter gewissen Voraussetzungen steuerfrei möglich. Kürzlich wurde dazu eine BMF-Info veröffentlicht (siehe BMF 25.3.2022, 2022-0.227.090). Die wesentlichen Highlights werden nachfolgend zusammengefasst:

Rahmenbedingungen für die neue Mitarbeitergewinnbeteiligung

Die neue steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung beträgt pro Mitarbeiter jährlich bis zu Euro 3.000 und ist an folgende Voraussetzung geknüpft:

  • Begünstigung muss allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird.
  • Insoweit die Summe der jährlich gewährten Gewinnbeteiligung das unternehmensrechtliche Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT bzw alternativ im Konzernbereich das EBIT des Konzerns) der im letzten Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahre übersteigt, besteht keine Steuerfreiheit. Demnach kommt es zu einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung, da auf das Ergebnis des Vorjahres abgestellt wird.
  • Die Zahlung erfolgt nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG (zB Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung).
  • Die Gewinnbeteiligung darf nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung geleistet werden.

Die Gewinnbeteiligung ist von der Lohnsteuer befreit, nicht jedoch von den Lohnnebenkosten (Sozialversicherung, DB, DZ und KommSt).

Highlights aus der BMF-Info

Die Befreiung für Gewinnbeteiligungen steht nur dann zu, wenn sie allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird, unabhängig vom Ausmaß der Arbeitszeit der Arbeitnehmer. Sofern die Gewinnbeteiligung an bestimme Gruppen gewährt wird, müssen die Gruppenmerkmalen betriebsbezogen sein (z. B. technisches Personal, Vertriebspersonal oder aber auch Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit von einer bestimmten Anzahl von Jahren).

Die Arbeitszeit (Vollzeit oder Teilzeit) hat auf die maximale Höhe der steuerfreien Gewinnbeteiligung keine Auswirkungen. Jedoch kann innerhalb einer Gruppe die Höhe der gewährten Gewinnbeteiligung nach objektiven Gründen gestaffelt sein (z.B. Prozentsatz des Bruttobezuges) und muss demnach nicht in gleicher Höhe an alle in dieser Gruppe befindlichen Arbeitnehmer gewährt werden.

Weiters kann die Begünstigung auch aufgrund einer innerbetrieblichen Vereinbarung erfolgen, nicht jedoch aufgrund einer Regelung einer lohngestaltenden Vorschrift. Demnach können bisher individuell ohne Rechtsanspruch oder bisher aufgrund einer Vereinbarung iSd § 68 Abs. 5 Z 7 EStG gewährte Prämien als steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung behandelt werden, sofern die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Folgende Beispiele dazu:


  1. Einem Mitarbeiter wurde in den vergangenen Jahren jährlich auf Basis einer Vereinbarung im Dienstvertrag eine Erfolgsprämie gewährt. Eine ab 1.1.2022 allfällig gewährte Erfolgsprämie kann als Mitarbeitergewinnbeteiligung behandelt werden, wenn diese (hinkünftig) allen Mitarbeitern oder Gruppen von Mitarbeitern gewährt wird.
  1. In einer innerbetrieblichen Vereinbarung wurde für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern vor einigen Jahren ein Prämienmodell entwickelt, wonach den Mitarbeitern eine Erfolgsprämie, die sich an vereinbarten Gewinnzielen orientiert, vereinbart wurde. Nachdem diese Betriebsvereinbarung für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gilt, erfüllt diese Erfolgsprämie grundsätzlich die Voraussetzungen und kann an Mitarbeiter bis zu jeweils € 3.000 im Kalenderjahr steuerfrei gewährt werden

Die Höhe der Gewinnbeteiligung kann, sofern die übrigen Voraussetzungen, auch an eine für das jeweilige Unternehmen passende, objektivierbare Erfolgsgröße (z.B. Umsatz, Deckungsbeitrag, Betriebsergebnis) anzuknüpfen. Unabhängig davon besteht allerdings die absolute Deckelung mit dem Vorjahresergebnis.

Beim Arbeitgeber ist die gewährte Gewinnbeteiligung Teil der Personalkosten und als Betriebsausgabe abzugsfähig. Pro Jahr kann neben der steuerfreien Gewinnbeteiligung von bis zu 3.000 Euro auch eine steuerfreie Kapitalbeteiligung von ebenfalls bis zu 3.000 Euro gewährt werden.

Sofern die Summe der gewährten Gewinnbeteiligung das EBIT des vorangegangenen Wirtschaftsjahres übersteigt, ist die Zuwendung steuerpflichtig und es kommt zur Haftung des Arbeitgebers hinsichtlich der Lohnsteuer, die auf den zu Unrecht steuerfrei belassenen Teil der Zuwendung entfällt.

Nur für aktive Arbeitnehmer

Die Gewinnbeteiligung kann nur aktiven Arbeitnehmer gewährt werden. Unter aktiven Arbeitnehmern sind grundsätzlich Personen zu verstehen, welche sich in einem aufrechten Dienstverhältnis befinden und zwar auch dann, wenn für eine gewisse Zeit kein Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht (zB Elternkarenz). Kein aktives Dienstverhältnis besteht, wenn dieses arbeitsrechtlich beendet ist. Bezieht sich eine Gewinnbeteiligung, welche nach Beendigung des Dienstverhältnisses (z.B. wegen Pensionierung) an einen ehemaligen Arbeitnehmer ausbezahlt wird, auf Zeiträume des aktiven Dienstverhältnisses, ist auch diese Gewinnbeteiligung steuerfrei möglich.

Die Begünstigung für Mitarbeitergewinnbeteiligungen gilt bereits ab 1.1.2022 und bezieht sich somit schon auf Unternehmensgewinne des Jahres 2021.

Bedeutung der Mitarbeitergewinnbeteiligung für Startups

Bei der Umsetzung der steuerfreien Mitarbeitergewinnbeteiligung wird auf ein positives Vorjahresergebnis aus abgestellt. Daher bleibt die Begünstigung einer Reihe von Unternehmen von vornherein verwehrt (z.B. ein großer Teil an Startups erwirtschaftet gerade in der Anfangsphase Verluste; weiters auch Entwicklungsunternehmen, Sanierungsunternehmen oder Non-Profit-Unternehmen) und es kommt somit zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung dieser Unternehmen bzw zu Mitnahmeeffekten für gut gehende Unternehmen. Die Schlechterstellung ist auch gerade deshalb nicht nachvollziehbar, da gerade in den genannten Branchen einer erhöhter Arbeitseinsatz von den Mitarbeitern abverlangt wird (zB Mitarbeiter von Startups, Pflegekräfte bei Non-Profit-Unternehmen).

Die Problematik für Startups

Gerade bei Startups sind Beteiligungsprogramme von ganz wesentlicher Bedeutung, da Startups Schlüsselarbeitskräften in der ersten Phase keine marktüblichen Gehälter im Vergleich zu etablierten Unternehmen bezahlen können und große Gehaltssprünge erst mit der Entwicklung des Unternehmens erfolgen. Im „war for talents“ stellt eine betragsmäßige Begünstigung von 3.000 Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein dar. In Deutschland hat man den Handlungsbedarf für diese wichtige Branche bereits erkannt und kürzlich wesentlich attraktivere Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen im Startup-Bereich geschaffen. Es bleibt daher zu hoffen, dass die bisherigen politischen Ankündigungen in Bezug auf die Mitarbeiterbeteiligungen bei Startups auch tatsächlich zur Umsetzung gebracht werden, damit Österreich hier keinen noch größeren Standortnachteil erleidet.


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Florian WImmer (Blockpit), Henriette Lininger (Wiener Börse) und Norbert Haslacher (Frequentis)
Florian WImmer (Blockpit), Henriette Lininger (Wiener Börse) und Norbert Haslacher (Frequentis) | Fotos: brutkasten, Wiener Börse, Frequentis

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Themenpartnerschaft mit der Wiener Börse im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Der Gang an die Börse ist ein großer Schritt für jedes Unternehmen. Während er in den USA für die meisten Gründer:innen ein selbstverständliches Ziel ist, sind Unternehmen in Österreich oft etwas zurückhaltender. Aber warum eigentlich? Tatsächlich gibt es nämlich eine ganze Reihe von Gründen, die für einen Börsengang sprechen – egal, ob Scaleup, KMU oder Familienunternehmen.

Florian Wimmer gehört jedenfalls nicht zu jenen Gründer:innen, die Berührungsängste mit der Börse haben: Sein 2017 gegründetes Linzer Startup Blockpit entwickelt Steuer-Software für Krypto-Anleger:innen. „Für das Unternehmen ist ein Börsengang eine Option, für mich persönlich fast schon ein Ziel“, sagt Wimmer, der Blockpit als CEO führt. Er hält einen Börsengang auch für attraktiver als einen Unternehmensverkauf.

Kapital, Sichtbarkeit und Struktur

Was sind aber generell die wichtigsten Gründe, warum ein Unternehmen an die Börse gehen sollte? „Es gibt grundsätzlich drei Faktoren: Kapital, Sichtbarkeit und Struktur“, sagt Henriette Lininger. Sie ist bei der Wiener Börse Director für den Bereich Issuers. Mit frischem Kapital kann weiteres Wachstum finanziert werden. Gleichzeitig ist ein Börsengang eine Möglichkeit für Bestandsinvestor:innen, ihre Anteile zu Geld zu machen.

Doch auch Sichtbarkeit ist ein wichtiger Grund: Durch einen Börsengang wird ein Unternehmen öffentlich und transparent, was zu einer besseren Bonitätseinschätzung führt und das Vertrauen von Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Lieferant:innen stärkt. Und auch, was die Struktur angeht, bringt ein Börsengang Vorteile: „Der Prozess wirkt wie ein Fitnessprogramm für Unternehmen“, erläutert Lininger. Durch den ständigen Austausch mit Investoren und Analyst:innen erhalten Firmen wertvolles Feedback.

„Stärkere Professionalisierung als ohne Notiz”

Dies bestätigt auch Norbert Haslacher. Er ist seit 2018 CEO des Wiener Technologieunternehmens Frequentis, das unter seiner Führung 2019 an die Börse ging. „Durch die regulatorischen Anforderungen und den Dialog mit dem Kapitalmarkt kam es zu einer noch stärkeren Professiona-
lisierung des Unternehmens als ohne Notiz“, erläutert Haslacher.

Ein weiterer Grund für einen Börsengang gilt spezifisch für Familienunternehmen – und spielte auch bei Frequentis eine Rolle: Ein Börsengang ermöglicht nämlich die Heranziehung eines externen Managements und einen Übergang der Gründer in den Aufsichtsrat. „Vonseiten der Eigentümerfamilie, der Familie Bardach, wurde der IPO als optimaler Weg für die Transformation vom inhaber- zum managementgeführten Unternehmen gesehen“, erläutert Frequentis-CEO Haslacher.

„Timing ist alles“

So weit zu den unterschiedlichen Gründen für einen Börsengang. Wenn man sich aber dafür entschieden hat, was gibt es dann zu beachten? Hier sind einige Fragen zu klären; ganz grundlegend etwa, welcher Finanzierungsbedarf besteht und ob die Unternehmensstruktur bereits den Erfordernissen entspricht – oder ob beispielsweise eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (AG) notwendig wird. Weiters muss man festlegen, wie hoch der Streubesitz sein soll.

Doch es geht nicht nur um formale Dinge: Ein Unternehmen, das an die Börse will und Investor:innen von sich überzeugen möchte, braucht eine Equity Story – also eine klare Vision,
wo das Unternehmen hinwill und warum sich Investor:innen daran beteiligen sollten.

Und auch der Zeitpunkt muss passen, denn die beste Equity Story hilft nichts, wenn das Marktumfeld nicht mitspielt. „Timing ist alles“, bringt es Henriette Lininger von der Wiener Börse auf den Punkt. Daher ist es für Unternehmen wichtig, gut vorbereitet zu sein, um offene Fenster für Transaktionen nutzen zu können.

 Von der Vorbereitung über die Vermarktung zum finalen Preis

Hat sich ein Unternehmen dann für einen Börsengang entschieden, gibt es einen klaren Ablauf: In der Vorbereitungsphase wählt man die Partner für den Börsengang aus – jedenfalls eine oder mehrere Investmentbanken, aber auch Kapitalmarktanwälte und Steuerprüfer. Die Investmentbanken sammeln im Rahmen einer Due Diligence alle wichtigen Informationen über das Unternehmen. Auf deren Basis wird dann der Börsenprospekt erstellt und im nächsten Schritt eine Preisspanne definiert.

Mit der „Intention to Float“, einer Absichtserklärung, an die Börse zu gehen, wird das Vorhaben dann öffentlich. Dann geht es an die Vermarktung: Auf Roadshows wird die Equity Story potenziellen Investor:innen präsentiert. Diese geben ihre Angebote ab und das Orderbuch füllt sich. Im Pricing wird der IPO-Preis festgelegt. Aus diesem ergeben sich auch die Bewertung und die Einnahmen, die im Zuge des Börsengangs generiert werden. Danach erfolgt die Aktienzuteilung sowie der Handelsstart.

Warum Wien als Handelsplatz attraktiv ist

Entscheidet sich ein Unternehmen grundsätzlich für einen Börsengang, stellt sich allerdings noch eine wichtige Frage: An welchem Handelsplatz soll der IPO erfolgen – an der Heimatbörse oder im Ausland? „Hier spielen drei Dinge eine Rolle: Visibilität, Internationalität und Liquidität“, erläutert Henriette Lininger. „Was die Visibilität angeht, muss ich mir überlegen, dass das Unternehmen in Wien vielleicht unter den Top 25 ist, während es in Frankfurt nur unter den Top 150 oder an der Nasdaq möglicherweise unter den Top 1.000 ist.“

Damit einher geht auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, in einen wichtigen Index aufgenommen zu werden – was auch wieder die Liquidität der Aktie erhöht, unter anderem, weil Fonds die Indizes replizieren.

Ein wichtiges Argument auch für Florian Wimmer von Blockpit: Eine mögliche Aufnahme in den österreichischen Leitindex ATX sei einer der Gründe, die für den Handelsplatz Wien sprächen, weil sie potenziell „sowohl für den Aktienpreis als auch für die Sichtbarkeit ein starker Boost“ sei, wie der Gründer sagt. Ein weiterer Grund für ihn: „Wenn das Unternehmen und die Börse im selben Land reguliert sind, macht das viele Prozesse leichter und effizienter.“

Bleibt noch die Frage nach der Internationalität: Auch die ist in Wien gegeben, wie Henriette Lininger von der Wiener Börse bestätigt: „Unsere institutionelle Investorenbasis ist sehr international, wobei die zwei größten die USA und Großbritannien sind, auf die gemeinsam über 50 Prozent entfallen. Außerdem sind alle namhaften Handelsteilnehmer aus der ganzen Welt an unser Handelssystem angebunden.“

Ob Florian Wimmer mit Blockpit in den nächsten Jahren den Sprung an die Börse wagt, wird sich zeigen. Für Frequentis war die Entscheidung für ein Listing jedenfalls goldrichtig, wie CEO Norbert Haslacher sagt: „Wir sind mit dem Börsengang in die Liga der Großen aufgestiegen.“


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