07.06.2023

Warum die SPÖ wirklich Excel lernen muss

Kommentar. Der Excel-Fail der SPÖ steht sinnbildlich für Defizite im Bereich Digitalisierung. Dabei könnte Österreich eine Sozialdemokratie gut brauchen, die die Zeichen der Zeit versteht.
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SPÖ Excel Andreas Babler
Andreas Babler und Hans Peter Doskozil (c) SPÖ/David Višnjić / brutkasten-Redakteur Dominik Perlaki (c) brutkasten
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Was haben wir alle gelacht. Die SPÖ machte sich mit der Vertauschung der Stimmen von Andreas Babler und Hans Peter Doskozil, die zur Kür des falschen Parteivorsitzenden führte, national und international zum Gespött. Zurückgeführt wurde der absurde Fehler in der eilig einberufenen Pressekonferenz am Montag auf einen “technischen Fehler eines Mitarbeiters in der Excel-Liste”. Seitdem kursieren im Netz zahlreiche Witze, von in die SPÖ-Parteizentrale bestellten Exemplaren von “Excel for Dummies” über Abbildungen eines alten “weil der Mensch zählt”-Plakats bis zu Wortspielen zum “Excelbad der Gefühle”.

Mit 150 Jahre alten Konzepten auf die Digitalisierung reagieren

Das ist lustig. Doch wenn wir fertig gelacht haben, können wir uns ein tiefergehendes Problem ansehen. Der Excel-Fail steht sinnbildlich für das Verständnis eines Großteils der politischen Elite des Landes (nicht nur der SPÖ) von Digitalisierung. Da ist auf theoretischer Ebene wenig und auf praktischer Ebene fast gar nichts da. Die Folge: Die Zeichen der Zeit werden verkannt. Statt die Digitalisierung als Treiber des gesellschaftlichen Wandels zu akzeptieren, versucht man, mit mehr als 150 Jahre alten politischen Konzepten auf sie und die mit ihr verbundenen Herausforderungen zu reagieren.

Der neue SPÖ-Chef Andreas Babler passt gut in dieses Bild. Er gilt als “echter Sozialdemokrat”. Das bedeutet: Sein voller Einsatz gilt – so sein Ruf – den “einfachen Leuten”. Weniger schmeichelhaft könnte man auch von einer Affinität zum “Klassenkampf” sprechen, wie es einige Beobachter:innen tun. Jedenfalls trägt Babler ein politisches Verständnis nach außen, das sich im Laufe der industriellen Revolutionen herausgebildet hat. In Österreich erlebte es seinen bisherigen Höhepunkt unter der Kanzlerschaft des SPÖ-Heiligen Bruno Kreisky. Seitdem ist nicht viel genuin sozialdemokratisches nachgekommen.

Ein erfolgreicher Kompromiss zwischen marktwirtschaftlichen und sozialdemokratischen Konzepten

Nun schreiben wir aber das Jahr 2023 und die Bruchlinien zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen, zwischen Blue Collar und White Collar, zwischen Arm und Reich haben sich im Laufe der Zeit massiv verändert. Das liegt erstens daran, dass unser System (wie jene der meisten anderen westlichen Länder) längst ein erfolgreicher großer Kompromiss zwischen marktwirtschaftlichen und sozialdemokratischen Konzepten ist. Der freie Markt sorgt für den Wohlstand, und Arbeitsrecht und Sozialsystem dafür, dass dieser an viele Menschen verteilt wird. Weder rot noch schwarz hätten das alleine zusammengebracht.

Mit Gewerkschaften gegen die Automatisierung

Zweitens schreitet die Automatisierung, die mit der ersten industriellen Revolution begonnen hat, dank der Digitalisierung heute in atemberaubender Geschwindigkeit voran. Auch wenn der aktuelle KI-Hype vielleicht ein höheres Tempo verspricht, als letztlich auf den Boden gebracht werden kann: Es ist absehbar, dass nicht nur repetitive Tätigkeiten, sondern auch Jobs, die Lösungskompetenz und kreatives Denken erfordern, immer mehr automatisiert werden.

Der klassische sozialdemokratische Reflex ist, zusammen mit den Gewerkschaften dagegen anzugehen. Denn Arbeitskräfte durch Computer zu ersetzen, ist natürlich böse. Man muss freilich nicht sehr viel weiter denken, um festzustellen, dass dieser Reflex sehr kurzsichtig und wenig nachhaltig ist. Gegen die Digitalisierung kämpfen bringt nichts – es gilt im Gegenteil, sie konstruktiv zu nutzen.

Der große Kompromiss muss immer wieder neu verhandelt werden

Es braucht auch und gerade im Jahr 2023 politische Akteur:innen, die die “einfachen Leute” im Blick haben. Es braucht gerade im Lichte einer extrem schnell voranschreitenden Automatisierung Politiker:innen, die darauf achten, dass das System mitkommt und weiterhin für einen Großteil der Gesellschaft funktioniert, und nicht nur für jene, die im Besitz des Kapitals sind. Denn, der oben beschriebene große Kompromiss zwischen Kapitalakkumulation und Wohlstandsverteilung muss immer wieder neu verhandelt werden, um unseren allgemeinen Lebensstandard aufrechtzuerhalten.

Ein “richtiger Sozialdemokrat”, dem es tatsächlich um die Menschen und nicht um sich selber geht, ist da durchaus gefragt. Sinnvolle Konzepte für die Gegenwart und Zukunft wird Andreas Babler aber nur liefern können, wenn er und die SPÖ sich ernsthaft darum bemühen, ein tiefes Verständnis für die Digitalisierung und ihre Implikationen zu entwickeln. Bereits an der Nutzung einer Excel-Tabelle zu scheitern, ist da ein schlechtes Vorzeichen.

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Vizzard360, Peter Pane
(c) zVg - Das Vizzard360-Team mit Founderin Jana Sabel (2.v.l.).

Jana Sabel ist einmal im Monat in Wien. Sie pendelt zwischen Hamburg und der österreichischen Hauptstadt hin und her, um zu netzwerken, wichtige Events zu besuchen und sich um den Wiener Standort ihres Startups Vizzard zu widmen. Wie sie Kind und Karriere unter einen Hut bringt, hat sie bereits berichtet – hier nachzulesen.

Dieses Mal erzählt sie von einem großen Deal ihres Startups, der zugleich den Eintritt in den deutschen Markt bedeutet. Und weitere Vorteile bietet.

Vizzard erstellt digitale Zwillinge

Vizzard ist spezialisiert auf die Erstellung von virtuellen Rundgängen. Jeder, der in oder mit Immobilien arbeitet, könne mit VR-Erlebnissen des Startups Prozesse vereinfachen, Mitarbeiter:innen einschulen, Gäste begeistern oder den aktuellen Bestand einer Immobilie erfassen. Dafür erstellt das Startup digitale Zwillinge, die “zeitlos sind”, wie Sabel erklärt. Die Gründerin hat bereits Investitionsangebote ausgeschlagen und konnte dennoch mit Vizzard seit 2021 jedes Jahr den Umsatz verdoppeln.

Dem offiziellen Eintritt in Deutschland am ersten Jänner 2024 folgte kurz danach ein Großauftrag von der Restaurantkette Peter Pane. Es handelte sich um einen sechsstelligen Auftrag um 60 Restaurant-Filialen aufzunehmen und in 3D zu erfassen.

“Besser als jeder Kredit”

“Das ist besser als jeder Kredit oder Investor”, meint Sabel. “So kann man das Team wachsen lassen. Ich habe viel über Skalierung gelernt, wie man Mitarbeiter schult, wie man Konzepte aufsetzt. Und wir haben viel mehr unseren eigenen USP erkannt. Dadurch, dass wir Wissen über die Hotellerie und Tourismus besitzen, haben wir ein gutes Auge für Details.”

Genau aus diesem Know-how entstand schlussendlich das Konzept für den Großauftrag aus Deutschland. Es wurde etwa jedes Detail im Restaurant derart verarbeitet, sodass es im gleichen Licht dasteht, wie das nächste. Zudem wurde jeder Tisch wurde gleichsam hergerichtet. Bis dato konnte Vizzard bereits über 50 Restaurants von Peter Pane scannen.

Vizzard360, Peter Pane
(c) zVg – 3D-Erfassung von Peter Pane in Osnabrück.

Der Effekt von diesem Deal war neben dem Durchstarten im deutschen Markt die Entwicklung einer internen Organisationsroutine, “um größer rauszukommen” in den Branchen, die das Startup als Zielgruppen ausgemacht hat: Immobilien, “Short und Long Stays”, Alters- und Studentenheime.

Bei Peter Pane war vorrangig das Dogma die Gemütlichkeit zu transportieren und auf Google Maps die Sichtbarkeit zu steigern bzw. ihre Website zu pushen. Denn: “Die Verweildauer bei 3D-Rundgängen ist länger”, weiß Sabel zu berichten.

3-fach längere Verweildauer

Die US-All-in-One-Plattform für die 3D-Raumerfassung Matteport zeigt in diesem Sinne ein Beispiel eines Immobilienhändlers, bei dem es eine deutliche Steigerung der Buchungen gab: “Fast 90 Prozent der Vacasa-Immobilienangebote sind mit Matterport verknüpft. Und die Ergebnisse sprechen für sich: Bei Angeboten mit digitalen Zwillingen von Matterport haben wir unsere Buchungsrate um fast zwölf Prozent gesteigert. Die Gäste verbringen auch dreimal so viel Zeit damit, sich diese Häuser anzusehen”, heißt es dort.

Glaube an Österreich

Sabel selbst erwähnt, dass ihr Startup nun stärker in Deutschland tätig ist, da der österreichische Immobilienmarkt schwieriger sei. In der Republik würden “alle das Geld noch zusammenhalten”. In der Bundesrepublik erkenne man bereits die Möglichkeiten, sich durch 3D-Rundgängen zu positionieren.

“Wir glauben weiter an Österreich”, so Sabel, “und wollen auch hier große Kunden erreichen. Wir befinden uns in Gesprächen zu virtuellen Ausstelllungen, wo man weiter Tickets verkaufen könnte, auch wenn sie in der realen Welt nicht mehr da sind. So könnte man andere Märkte erreichen. Zum Beispiel mit einer Seite für US-Kunstliebhaber, die ihre 20 US-Dollar zahlen, um virtuell durch Ausstellungen zu laufen, als wären sie vor Ort. Es hat ja nicht jeder hat die Möglichkeit zu reisen.”

Vizzard mit Zukunftsideen

Zwar noch Zukunftsmusik, aber bereits in den Köpfen des Vizzard-Teams sind zudem Ideen, wie Tisch-Reservierungen im virtuellen Raum zu ermöglichen, bei dem sich User:innen ganz genau umsehen und den Wunsch-Tisch reservieren können.

“So etwas hat den Vorteil, dass im Vergleich ein Promo-Video irgendwann endet. Nach wenigen Sekunden vielleicht. Der virtuelle 3D-Rundgang endet erst, wenn das Interesse vorbei ist”, sagt Sabel.

Sie selbst möchte im nächsten Jahr weiterhin den Umsatz ihres Startups verdoppeln und weiter Akquise betreiben.

“Wir haben monatlichen Cash-Flow und die Ausgaben sind gedeckt”, so die Gründerin. “Wenn man nur ‘bootstrapped’ ist, hat man normalerweise nicht die Zeit, mit jenen Kunden zu sprechen, die man haben möchte. Wir aber haben jetzt einen langen Atem.”

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