06.07.2021

Warum deutsche Startups jetzt einen Vorteil im “War for Talents” haben

KOMMENTAR. Deutschland hat die Mitarbeiterbeteiligung massiv erleichtert. Es ist höchste Zeit, dass Österreich nachzieht.
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Mitarbeitern ein Stück vom Firmenkuchen abzugeben ist in Deutschland jetzt einfacher © Pexels/brutkasten/Montage
Mitarbeitern ein Stück vom Firmenkuchen abzugeben ist in Deutschland jetzt einfacher © Pexels/brutkasten/Montage
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Besonders junge Startups haben es oft nicht leicht, wenn es darum geht, die besten Köpfe ins Team zu holen. Oft können sie (noch) nicht so viel Lohn bezahlen, die Firma ist noch unbekannt, Produkt oder Service mitunter noch nicht einmal marktreif. Firmenanteile können dann ein gutes Lockmittel sein – sie binden frühe Schlüsselarbeitskräfte eng ans Unternehmen und können auch Ausgleich für eine vielleicht anfangs niedrigere Entlohnung sein. Könnten. Denn in der Praxis sind sie meist eher eine steuerrechtliche Falle. Eine direkte Beteiligung am Unternehmen ist nämlich Lohnsteuer-pflichtig. Ein Beispiel: Das Startup hat bereits eine erste Finanzierungsrunde hinter sich, bei der die Firma mit 3 Millionen Euro bewertet wurde. Jetzt wird das Team kräftig ausgebaut und für die Marketingleitung eine erfahrene Managerin an Bord geholt. Sie soll mit zwei Prozent am Unternehmen beteiligt werden. Diese zwei Prozent sind also 60.000 Euro wert, auf die in dem Moment der Beteiligung Lohnsteuer anfällt.

Dry Income: Kein Geld bekommen, aber Steuern zahlen

Dry Income nennen das Steuerexperten. “Man hat kein Geld hereinbekommen, muss aber trotzdem Steuer bezahlen”, bringt es David Gloser von Ecovis auf den Punkt. Dabei geht es bei Startups schon bei kleinen Beteiligungen durchaus um Summen, die sich zu diesem Zeitpunkt vielleicht weder Mitarbeiter noch Firma leisten können oder wollen. Noch dazu kann es ja sein, dass die Anteile bei einem späteren Verkauf vielleicht gar nicht so viel wert sind, wie zum Zeitpunkt der Beteiligung angenommen – zurück bekommt man das zu viel bezahlte Geld vom Fiskus freilich nicht. Diese doch bedeutende Hürde besteht in Österreich – Deutschland hat sie mit 1.7. beseitigt und damit Startups im Nachbarland einen nicht zu unterschätzenden Vorteil im “War for Talents” in die Hand gegeben.

Deutsche Lösung: Stundung für 12 Jahre

Die deutsche Regelung sieht quasi eine Stundung der zum Zeitpunkt der Mitarbeiterbeteiligung fälligen Lohnsteuer vor. Und zwar eine großzügige: 12 Jahre lang muss die Beteiligung nicht versteuert werden – bis dahin gab es vielleicht ohnehin bereits einen Exit (der steuerrechtlich anders behandelt wird) oder man hatte zumindest 12 Jahre lang Zeit, den Betrag anzusparen. Nach der neuen deutschen Regelung wird nach 12 Jahren sogar eine eventuelle Wertminderung der Anteile berücksichtigt – sollte der Wert der Firma gesunken sein, wird auch weniger Lohnsteuer fällig. Last but not least kommt auch noch ein niedrigerer Steuersatz zum Tragen. Die neue Regelung gilt für eine recht großzügige Definition von Jungunternehmen: Die Gründung darf höchstens 12 Jahre her sein und es müssen weniger als 250 Vollzeitbeschäftigte sein.

Phantom Shares: Auch nicht optimal

Derweil in Österreich greifen die meisten Startups auf eine Lösung über Phantom Shares zurück. Dieses Modell hat viele Vorteile, ist vergleichsweise einfach umzusetzen, scheint nicht im Cap Table auf und räumt Mitarbeitern keine umfassenden Gesellschafterrechte ein. Ob damit der Effekt der engen Bindung früher Schlüsselarbeitskräfte ans Unternehmen wirklich umsetzbar ist, bleibt allerdings fraglich. Am Ende handelt es sich um eine Bonusvereinbarung – so sieht das auch Gloser von Ecovis. Der Bonus wird in diesem Fall beim Exit fällig. Wird das Jungunternehmen also beispielsweise um 3 Millionen Euro verkauft und eine Mitarbeiterin hält 2 Prozent in Form von Phantom Shares bekommt sie beim Exit 60.000 Euro. Der Vorteil: Zum Zeitpunkt der Gewährung fallen keine Steuern an. Der Nachteil: Der Bonus wird beim Exit voll besteuert – Lohnnebenkosten, Lohnsteuer, Sozialversicherung. Übrig bleiben weniger als 50 Prozent davon. Zur Erinnerung: Bei der deutschen Lösung kommt bei einer direkten Beteiligung im Fall eines Exits nach mindestens drei Jahren ein niedrigerer Steuersatz zum Tragen.

In Österreich gibt es also zwei Möglichkeiten: Entweder die direkte Beteiligung ist im Moment der Gewährung für den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eine Kostenfalle. Oder es frisst die Steuer im Fall von Phantom Shares die Hälfte des in Aussicht gestellten Bonuses auf. Wirklich überzeugend ist keines der beiden Modelle. Damit österreichische Startups im “War for Talents” am ohnehin derzeit schwierigen Arbeitsmarkt eine Chance gegen Startups aus dem direkten Nachbarland haben, sollte die heimische Politik rasch nachziehen. Die Stundung auf 12 Jahre ist eine durchaus attraktive Lösung.

Cherry on top: Klare Lösung für die Firmenbewertung

Worüber wir auch reden sollten ist die Firmenbewertung, die bei Startups bei Mitarbeiterbeteiligungen angenommen wird. Die ist nämlich Grundlage für die Lohnsteuer, die bei der Gewährung des Dry Income in Form von Anteilen anfällt. Und sie ist selbst für Expertinnen und Experten eine harte Nuss. Ob man richtig lag, entscheidet das Finanzamt vielleicht erst bei einer Prüfung Jahre später. Und: Geht die Geschäftsidee nicht auf, bekommt man die Steuer nicht mehr zurück. Gloser empfiehlt für diese Problematik in die USA zu blicken, wo es bereits eine vereinfachte Bewertung für die Steuer gibt, die deutlich unter dem Verkehrswert liege. Mag sein, dass das ferne Zukunftsmusik ist, aber zumindest die deutsche Regelung könnte sich Österreich jetzt gleich zum Vorbild nehmen.

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Wie steht es um die Haltung und Aktivitäten rund um Nachhaltigkeit in der heimischen Wirtschaft? Ein umfassendes Bild liefert eine neue Befragung der Unternehmenberatung Deloitte, die gemeinsam mit Foresight im Herbst 2024 über 400 Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen befragt hat.

Strategische Verankerung fehlt

Das Ergebnis: Unternehmen erkennen zunehmend die Relevanz von Nachhaltigkeit. So schätzen 86 Prozent der Befragten das Thema als entscheidend für ihren künftigen Geschäftserfolg ein. Zudem haben mehr als die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Dekarbonisierung eingeleitet, etwa durch Photovoltaikanlagen oder den Umstieg auf grünen Strom. Diese Maßnahmen bleiben laut Deloitte jedoch häufig oberflächlich. Die strategische Verankerung von Nachhaltigkeit im Kerngeschäft – inklusive klarer Zielsetzungen – ist oft nicht ausreichend ausgeprägt.

“Zwar setzen viele Betriebe bereits Einzelmaßnahmen um, aber es fehlen die strategische Verankerung sowie klar definierte und laufend überprüfte Nachhaltigkeitsziele. Die nachhaltige Transformation kann allerdings nur mit einem klaren strategischen Fokus gelingen“, so Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory & Financial Advisory bei Deloitte Österreich.

Geschäftskunden üben Druck aus

Besonders der Druck aus den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen treibt Unternehmen an. 60 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Geschäftskunden (30 Prozent) sowie öffentliche und private Kunden die Haupttreiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind. Dieser Druck wird durch strikte Berichtspflichten und die zunehmende Nachfrage nach Transparenz verstärkt.

Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen. 61 Prozent der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 Prozent) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen.

Investitionsbereitschaft geht zurück

Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000,- bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent gesunken.

Ein wesentlicher Stolperstein ist die fehlende Klarheit bei der Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht. Rund ein Viertel der Unternehmen in Österreich weiß noch nicht, ob sie von der neuen Berichtspflicht betroffen sind, was Unsicherheiten bei der Planung verstärkt. Gleichzeitig bleibt die Bürokratie für viele kleinere Unternehmen eine fast unüberwindbare Hürde.



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